Tanzende Bulgaren

Die FAZ scheint ihren Werbespruch "Dahinter steckt immer ein klu­ger Kopf" nicht ernst zu neh­men. Wie könn­te sie heu­te ihren LeserInnen in einem Beitrag zur legen­dä­ren Hochzeit in Hamm sol­ches präsentieren?

»Inzwischen habe man die Namen des Brautpaars und den Veranstaltungs­ort, den­noch blei­be vie­les nebu­lös. Bekannt ist bis­her, dass sich die Feierlichkeiten über meh­re­rer Tage zogen und an drei Orten statt­fan­den. In Hamm heißt es, der Großteil der Gäste gehö­re "Nationalitäten des süd­ost­eu­ro­päi­schen Raums" an – die mei­sten sind offen­bar Angehörige tür­ki­scher Minderheiten auf dem Balkan, vor allem aus Bulgarien. Auftakt der Hochzeit war ein gro­ßes Fest zur Verabschiedung der Braut in Hamm, bei dem offen­bar aus­gie­big und eng getanzt wurde.«

So geht Ressentiment auf gut bür­ger­lich. Keine mus­li­mi­sche Schafeficker besche­ren den deut­schen HammerInnen fast einen Lockdown, und unan­greif­bar bleibt man schön im Konjunktiv, bevor "offen­bar" wird, daß Bulgarien auf dem Balkan liegt und die­ser wie­der­um im "süd­ost­eu­ro­päi­schen Raum".

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Das Volk ist doch nicht blöd

So über­schreibt faz​.net einen Lästerartikel vom 25.9. Es geht um klu­ge Beobachtungen der Sprache der uns Regierenden. Das liest sich u.a. so:

»Politikern und ihren Stäben wür­de es nicht scha­den, ab und zu das Handy aus der Hand zu legen und statt­des­sen zu Wolf Schneiders "Deutsch für Profis" zu grei­fen. Der Journalismus-Lehrer schrieb das Buch zwar schon im ver­gan­ge­nen Jahrhundert, als Twitter und Co. noch nicht ein­mal Albträume waren. Doch auch und gera­de im Zeitalter der digi­ta­len Revolution sind sei­ne Empfehlungen so nötig wie eh und je. Das zeigt uns auch ein Blick in "Das Magazin der Bundesregierung", das sich aus gege­be­nem Anlass mit der deut­schen Einheit beschäftigt.

In des­sen "Editorial" wie­der­holt die Bundeskanzlerin ihre Äußerung, das Coronavirus sei "für uns alle, auch für mich, eine demo­kra­ti­sche Zumutung". Für uns alle? Wir sit­zen selbst im Glashaus und wol­len daher allen­falls mit Sandkörnchen werfen. 

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US-Demokraten schießen sich mit Corona ins Knie

»"Wir machen ech­ten Wahlkampf – trotz Covid." Die Demokraten hin­ge­gen schlie­fen, sagt sie.«

"Sie" ist die repu­bli­ka­ni­sche Kandidatin in Phoenix, Arizona, von der die FAZ am 25.9. spricht. Das Blatt sieht "eine unbe­kann­te Größe":

»Wie anders­wo ver­zich­ten die Demokraten auf eine tra­di­tio­nel­le Kampagne mit Haustür-Wahlkampf und Kundgebungen. "Wir neh­men Covid ernst", sag­te Díaz-Martínez [ein Sprecher der Demokraten, AA]. Das sei die zen­tra­le Wahlkampfbotschaft gegen Trump. Und natür­lich sei das der Grund dafür, dass die Partei haupt­säch­lich einen digi­ta­len Wahlkampf füh­re. Kann das funk­tio­nie­ren? Trump mobi­li­siert, er füllt die Plätze…

Als Trump die­ser Tage in Phoenix war, … sag­te er mit Blick auf das Präsidentenamt: "Es erfor­dert viel Kraft, um die­sen Job ordent­lich zu machen", und füg­te mit Blick auf Biden hin­zu, man kön­ne nicht über Tage im Keller sitzen.«

Er spiel­te damit dar­auf an, daß der demo­kra­ti­sche Präsidentschafts­kandidat sei­nen Wahlkampf über­wie­gend mas­kiert per Video aus einem Keller führt.

Kreativ oder kretinös?

"Wie Frankreich die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen ver­spielt" ist am 24.9. ein Artikel auf faz​.net über­schrie­ben. Dort lesen wir:

»Frankreich wird künf­tig nicht mehr nur in rote und grü­ne Zonen ein­ge­teilt, es kom­men "schar­lach­ro­te" Zonen für Gebiete mit beson­ders inten­si­vem Infektionsgeschehen hin­zu. Die Kriterien für die Zonen­einteilung, die schon zuvor will­kür­li­chen Änderungen unter­wor­fen waren, wur­den auf ein Neues revi­diert. Die Abstimmung mit den loka­len und regio­na­len Entscheidungsträgern, die als Lehre aus dem Versagen des zen­tral­staat­li­chen Bürokratismus im Frühsommer ange­kün­digt wor­den war, fand nicht stand.

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie im März muss die Regierung jetzt mit einer mas­si­ven Front des Widerstands kämpfen…

Für die Akzeptanz der Maßnahmen zum Infektionsschutz dürf­te sich der Rückgriff auf das auto­ri­tä­re, uni­la­te­ra­le Entscheidungsverfahren als ver­hee­rend erwei­sen.«

Dies gilt offen­bar nur für Frankreich:

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Schülerin will Maskenpflicht – und scheitert vor Gericht

Es kann nur so sein, daß die Schülerin das Prinzip der para­do­xen Intervention ange­wandt hat: Schlagt sie mit ihren eige­nen Waffen (s. Paradoxe Intervention). swr​.de berichtet:

»Unter ande­rem hat­te die Schülerin einen Mindestabstand auch unter Schülern sowie zwi­schen Schülern und Lehrkräften, die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht sowie die Sicherstellung einer dau­er­haf­ten Belüftung ein­ge­for­dert. Das Abstandsgebot hat­te die Landesregierung zum Start des Schuljahres auf­ge­ho­ben, ein Mund-Nasen-Schutz muss ledig­lich auf dem Schulgebäude und im Pausenhof getra­gen wer­den, nicht aber wäh­rend des Unterrichts.«

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat den Eilantrag der Schülerin vom 11. September zurückgewiesen.

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Spanien: Ist das Virus gefährlich oder der Kapitalismus?

In einem Video auf tages​schau​.de mit dem Titel "Corona-Maßnahmen spal­ten spa­ni­sche Gesellschaft" ist u.a. fol­gen­des zu sehen:

850.00 Menschen in "sozia­len Brennpunkten" sind von weit­ge­hen­den "Abriegelungen" betrof­fen. Zur Arbeit in den Reichenvierteln dür­fen sie aller­dings fah­ren. Im Gesundheitszentrum "wur­de in den ver­gan­ge­nen Jahren immer nur gespart und gekürzt". "Der Klassenkonflikt ist auch im Opernhaus Madrids ange­kom­men". Es ist also nicht das Virus, das die Gesellschaft spal­tet. Umgekehrt ver­schärft der Umgang mit Corona die bestehen­den Konflikte in der Klassengesellschaft. Etwas abge­fe­dert bei uns, bru­tal in Spanien und ande­ren ärme­ren Ländern.

Wieder ohne Schweden

Halb Europa ist nach den frag­wür­di­gen RKI-Kriterien inzwi­schen Risikogebiet. Schweden ist wie­der ein­mal nicht dabei. focus​.de ver­sucht am 24.9. eine Erklärung:

»Kein Lockdown. Kaum Schulschließungen. Gefüllte Restaurants und Bars. Schweden ging in der Corona-Krise einen Sonderweg – und schien zunächst zu schei­tern. Zu Beginn der Pandemie star­ben vie­le Menschen, bis heu­te muss das Land 5870 Tote ver­zeich­nen. Das Vorgehen des Staatsepidemiologen Anders Tegnell geriet hart in die Kritik.

Heute sieht die Lage in Skandinavien anders aus. Während die Betten des im Stockholmer Karolinska Universitätshospital ein­ge­rich­te­ten "Pandemie-Saal" leer­ste­hen, muss­ten im benach­bar­ten Dänemark erneu­te Maßnahmen ver­hängt werden…

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Immunität viel größer?

Für coro​na​-tran​si​ti​on​.org ist es eine Sensation, was dort unter dem Titel "Bis zu 50 Prozent der Menschen haben reak­ti­ve T‑Zellen die auf das Coronavirus reagie­ren, und das schon seit 2015" mit­ge­teilt wird. Das Portal stützt sich auf eine Publikation im renom­mier­ten Fachblatt British Medical Journal (BMJ).

»Damit müs­se in Sachen Covid-19 umge­dacht wer­den, schreibt Mitherausgeber Peter Doshi. Zudem müs­se man auch die Bedeutung der Antikörper neu bewer­ten.«

In der deut­schen Übersetzung, die freund­li­cher­wei­se Michael Seiz vor­ge­nom­men hat und die hier ein­seh­bar ist (zu den Quellen sie­he das Original), ist zu lesen:

»Die Studien machen sehr deut­lich klar, dass in der Immunologie sehr wenig letzt­lich geklärt ist. Physiologische Reaktionen kön­nen weni­ger trenn­scharf aus­fal­len als in der popu­lä­ren Vorstellung: Ausgesetztsein führt nicht not­wen­di­ger­wei­se zu einer Infektion, eine Infektion führt nicht not­wen­di­ger­wei­se zur Erkrankung, und eine Erkrankung pro­du­ziert nicht not­wen­di­ger­wei­se nach­weis­ba­re Antikörper. 

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Perkolationisten nun auch im Focus

»Manche Experten spre­chen im Zusammenhang mit dem fran­zö­si­schen Ausbruchsgeschehen inzwi­schen von einer soge­nann­ten Perkolation. Das bedeu­tet: Das Virus brei­tet sich in zahl­rei­chen klei­nen Clustern aus – wer­den sie recht­zei­tig ent­deckt, kön­nen sie viel­leicht noch ein­ge­dämmt werden.

Manchmal sprin­gen die Cluster aber auch auf ihre Umgebung über, dann brei­tet sich das Virus immer wei­ter aus und die Infektionskurve steigt irgend­wann wie­der expo­nen­ti­ell – wie es aktu­ell in Frankreich laut den zustän­di­gen Gesundheitsbehörden schon zu beob­ach­ten ist.«

So dilet­tiert focus​.de am 25.9. und fügt eine Grafik für die­se Behauptung an:

»Die Kurve der Neuinfektionen in Frankreich steigt seit Ende August wie­der sehr steil an.«

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Ein Kessel Buntes

focus​.de berich­tet am 24.9. aus der Corona-Szene, wobei die zeit­li­che Reihenfolge undurch­sich­tig ist. Die wirr­ste Meldung:

»09.26 Uhr: Menschen aus den aktu­el­len Corona-Hotspots München und Würzburg müs­sen der­zeit mit deut­li­chen Einschränkungen rech­nen, wenn sie in ande­re Bundesländer rei­sen und dort über­nach­ten wol­len. Im Nachbar-Bundesland Baden-Württemberg gilt bei­spiels­wei­se: "Es ist unter­sagt, in Beherbergungsbetrieben Gäste zu beher­ber­gen, die sich in einem Land‑, Stadtkreis oder einer kreis­frei­en Stadt inner­halb der Bundesrepublik Deutschland auf­ge­hal­ten oder dar­in ihren Wohnsitz haben, in dem der Schwellenwert von 50 neu gemel­de­ten SARS-CoV-2-Fällen (Coronavirus) pro 100.000 Einwohner in den vor­an­ge­hen­den sie­ben Tagen (7‑Tage-Inzidenz) über­schrit­ten wur­de", wie es auf der Homepage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) heißt. Ausnahmen sind mög­lich, wenn nega­ti­ve Corona-Testergebnisse vor­ge­legt wer­den kön­nen, die nicht älter als 48 Stunden sind.

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