Neben Sätzen, die man nicht haben muß, wie
»Op de Roodt trägt einen hellblauen Schutzkittel und dazu Handschuhe, Maske und Brille. Die Haare hat sie zu einem Dutt zusammengebunden. "Man ist manchmal platt, wenn das Regal immer wieder voll wird und man kein Ende sieht", sagt sie. Draußen hat sich schon die Dunkelheit über den Rhein gelegt.«
findet sich durchaus Lesenswertes und Alarmierendes in einem Artikel vom 30.10. auf faz.net:
»Für die Labore sind es goldene Zeiten, könnte man meinen. Für jeden Test bekommt ein Labor zwischen 40 und 50 Euro – je nachdem, wer ihn in Auftrag gibt. Doch viele Laborärzte sagen, mehr geht nicht.«
Das ist nicht wirklich so gemeint.
»Der Verband der akkreditierten Labore in der Medizin warnt, man arbeite schon seit einigen Wochen "am Anschlag". Maschinen und Personal seien einer ständigen Dauerbelastung ausgesetzt.«
»Der Laborarzt führt mit Elan durch den Ingelheimer Gerätepark, durch die große Halle und die anderen Gebäudetrakte. Er hat seit dem Frühjahr deutlich aufgestockt, neues Blech für Corona: mehrere Analysegeräte, sterile Werkbänke, dazu jede Menge Verbrauchsmaterial. Und natürlich Personal. Das Labor in Ingelheim hat wegen der Pandemie 64 neue Leute eingestellt.«
Diese Investitionen müssen sich rentieren. Die teuren Analysegeräte brauchen eine hohe Auslastung, um rentabel zu sein. Das Stöhnen über die "Dauerbelastung" würde sehr schnell von wirtschaftlichem Katzenjammer abgelöst werden, wenn der Wahnwitz der Tests (s.u.) nicht mehr so geschmiert laufen würde.
Hilfskräfte analysieren Proben – Prinzip Hoffnung
Nachdem ausführlich beschrieben wird, wie gewissenhaft und fleißig Vanessa mit den Proben umgeht, erfahren wir:
»Die Quereinsteigerin hat früher als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb gearbeitet, ganz andere Branche. Seit September hilft sie in dem Labor in Ingelheim aus. Als sie die Stelle antrat, hatte sie keine Angst, so nah am Virus zu arbeiten. "Ich bin da relativ schmerzfrei", sagt sie. Jeder neue Mitarbeiter bekomme schließlich eine Einarbeitung. "Und wenn man sich auf diesen Job bewirbt, dann weiß man ja, worauf man sich da einlässt."«
Doch nicht nur das.
»Damit das Labor immer arbeitsfähig ist, werden Abstriche auf unterschiedlichen Geräten ausgewertet. Insgesamt vier unterschiedliche Verfahren gibt es dort. Das macht die Arbeitsprozesse zwar aufwendiger, aber es erhöht die Ausfallsicherheit…
Wir hoffen einfach, dass die Maschinen halten, dass wir genügend Arbeitsmaterialien kriegen und dass wir keine menschlichen Fehler machen", sagt Harzer. "Wir belasten unsere Leute bis an die Grenze."«
Testen auf Teufel komm raus
»Wie das Robert-Koch-Institut berichtet, meldeten zuletzt 57 Labore einen Rückstau von Corona-Tests. Das entsprach fast 70.000 Proben, deren Ergebnisse verspätet eintrafen. Zudem nannten 39 Labore Lieferschwierigkeiten für Reagenzien, die für die Analyse benötigt werden, sowie bei Verbrauchsmaterial. Für Andreas Bobrowski vom Laborärzteverband gibt es einen Grund für diese Probleme. "Schuld ist die massiv gestiegene Zahl von Kontakt-Untersuchungen an symptomfreien Menschen", sagt er. Ein Beispiel: "Wenn in einer Pflegeeinrichtung vier Corona-Fälle nachgewiesen werden, dann kommen schnell 400 Personen zusammen, die vorsichtshalber getestet werden müssen."
Die gegenwärtige Teststrategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht vor, dass Personen mit Krankheitsanzeichen einen Test machen sollen. Ebenso jene, die direkten Kontakt zu einem Infizierten hatten. In Krankenhäusern und Pflegeheimen sollen bei einem Corona-Ausbruch alle Patienten und Bewohner getestet werden, aber selbst ohne bestätigte Infektion sind Tests möglich. Bundesweit seien die Labore mit 89 Prozent praktisch ausgelastet, rechnete der Laborverband kürzlich vor. Bei 1,6 Millionen Tests pro Woche sei Schluss.«
Wenig Positiv sind "frustierend"
»Dass zuletzt in der Tat viele auf Corona untersucht werden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Infektion gering ist, zeigen die Zahlen. Im Sommer war nach Angaben des Robert-Koch-Instituts manchmal nicht einmal ein Prozent aller Tests positiv. "Besonders frustrierend" sei das gewesen, sagt der Ingelheimer Laborarzt Oliver Harzer. Inzwischen greift das Virus wieder massiv um sich, dementsprechend ist die Quote in den vergangenen Wochen kontinuierlich gestiegen. Derzeit melden die deutschen Labore im Mittel knapp sechs Prozent positiver Tests. In Ingelheim sind es sogar noch etwas mehr, zwischen acht und zehn Prozent.«
Der Bericht endet, wie er begonnen hat:
»An ihrer Werkbank in einem Nebenraum zur großen Halle hat Vanessa Op te Roodt die Zange gewechselt und ein neues Gestell mit Proben bereitgestellt. Eine Glasscheibe trennt sie von dem Material, unten bleibt lediglich ein Spalt zum Arbeiten, durch den sie ihre Arme steckt. Das Licht über der Werkbank hat sie ausgeschaltet, so sieht sie die Flamme des Bunsenbrenners besser. "Die Zange muss immer da hin, wo es am heißesten ist", sagt sie.«
Den Bericht geschrieben hat Kim Björn Becker, sein "Abitur am dortigen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, das einst auch Karl Marx besuchte" machte. Er promovierte über die "Frage, warum deutsche Politiker in Skandalen so oft keine gute Figur machen". Vielleicht könnte er sich auch mit bekannten "Corona-Experten" beschäftigen.