Am Rad drehen

Sagte ich bereits loben­de Worte über die Bildredaktionen?

Allerlei erfährt man über alte Weisheiten und sin­ken­de Grenzerträge, Marketing-Binsen und merk­wür­di­ge Zahlenspiele:

»Eine alte Weisheit wird der­zeit ein wenig umfor­mu­liert. Sie lau­tet nun: Wenn der Arm nicht zur Nadel kommt, kommt eben die Nadel zum Arm

Ziel ist es, die 62-Prozent-Hürde zu neh­men, also bald deut­lich mehr als jene nicht ein­mal zwei Drittel der Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft zu haben.

Was gerade passiert, war mehr als erwartbar

Doch eigent­lich ist es über­ra­schend, dass vie­le jetzt so über­rascht sind ange­sichts der Tatsache, dass es mit der Immunisierung nicht mehr so schnell vor­wärts geht. Denn der Trend folgt bekann­ten öko­no­mi­schen und sozio­lo­gi­schen Gesetzmäßigkeiten. Eine davon lau­tet, dass ein knap­pes Angebot hohe Nachfrage befeu­ert – und umge­kehrt. Anfangs gab es kaum Impfstoff, aber fast alle schie­nen ihn zu wol­len. Jetzt gibt es jede Menge – und weni­ger wird nach­ge­fragt. Ein ande­res sol­ches Gesetz ist das des „sin­ken­den Grenzertrags“.

Es besagt, leicht ver­kürzt, dass bei glei­chem Marketing-Aufwand bald immer weni­ger neue Kunden ein Produkt haben wol­len. Und auch das soge­nann­te Pareto-Prinzip scheint zu wir­ken. Ihm zufol­ge wer­den durch Einsatz von nur 20 Prozent des Arbeitsaufwandes bereits 80 Prozent der Ergebnisse eines Arbeitsprozesses erreicht. Und für die rest­li­chen 20 Prozent sind 80 Prozent des Gesamtaufwandes nötig.

Vermeintliche Alternativen im Impfland

Dazu kom­men noch ein paar ande­re Gesetzmäßigkeiten, etwa die, dass in frei­en Gesellschaften Marketing oder Kampagnen immer auch Gegenmarketing und Gegenkampagnen erzeu­gen. Dahinter kön­nen Marktteilnehmer ste­hen, die selbst ein Konkurrenzprodukt anzu­bie­ten haben. Aber auch Akteure, die von ande­ren Interessen, Überzeugungen und Ideologien getrie­ben den Erfolg eines Produktes oder einer Dienstleistung schmä­lern wol­len, spie­len eine Rolle…

Es steht 80 zu 20

… Müsste man das Angebot wie­der ver­knap­pen, damit die Nachfrage wie­der steigt? Oder soll­te man dem sin­ken­den Grenzertrag mit neu­en Marketingstrategien ent­ge­gen­tre­ten? Beziehungsweise ein­se­hen, dass bei 80 Prozent – also fast genau dem Wert „erreich­ter“ Personen, die bis­lang auch geimpft wer­den durf­ten – für die ver­blei­ben­den 20 Prozent extrem viel mehr Aufwand nötig sein wird?

Ökonomische und sozio­lo­gi­sche „Gesetze“ sind kei­ne Naturgesetze, son­dern eher knackig for­mu­lier­te Erfahrungswerte…

Sinkender Grenzertrag

Denn den Impfstoff künst­lich zu ver­knap­pen kommt ja prin­zi­pi­ell nicht infra­ge. Also muss man wohl – sofern man kei­nen Zwang anwen­den will, Stichwort Impfpflicht – ihn bes­ser bewer­ben, den Zugang erleich­tern, dem nega­ti­ven Gegenmarketing über­zeu­gen­des neu­es Pro-Marketing entgegensetzen…

Schon vor der Aktionswoche gab es zahl­rei­che ähn­li­che Aktionen, mit teil­wei­se recht ernüch­tern­den Ergebnissen. Im Bratwurstland Thüringen etwa brach­ten – so berich­te­te am Dienstag der Deutschlandfunk – meh­re­re Wochen einer sol­chen Offensive so vie­le Impfungen wie sie im Mai in Impfzentren des Bundeslandes an einem Tag ver­ab­reicht wur­den. Ein bes­se­res Beispiel für trotz erhöh­ten Aufwandes sin­ken­den „Grenzertrag“ gibt es kaum.

Was wirkt? Und was würgt ab?

… Was bleibt dann – außer Impfpflichten oder mas­si­ven Einschränkungen für Ungeimpfte – noch an Optionen?

Überzeugende Kommunikation, lau­tet eine der Antworten. Das klingt gut. Und ist schwie­rig. Überzeugt kur­ze, slo­g­an­haf­te Werbung auf gro­ßen Plakaten? Überzeugen Promis als Impf-Fluenzer – eine Idee, die gera­de die­ser Tage wie­der die Runde macht? Überzeugen Schreckensbilder von Intensivstationen? Überzeugen Argumente, Studienergebnisse. Überzeugen „Fakten“?…

Ein hohes Maß an Information und Transparenz kön­ne auch schäd­lich sein, sagt Katrin Schmelz, Verhaltensökonomin an der Universität Konstanz. Die sich sei­ner­zeit fast täg­lich ändern­de Faktenlage zum Impfstoff von AstraZeneca sei hier ein Beispiel…

Deutschland blei­be also, sagt Katrin Schmelz, nichts übrig, als wei­ter mit ver­schie­den­sten nie­der­schwel­li­gen Angeboten und nicht über­rum­peln wol­len­der Kommunikation zu ver­su­chen, die Nadel zum Arm zu brin­gen. Und: Man sol­le die ja durch­aus hohe Quote – 77 Prozent dop­pelt geimpf­te Erwachene – stär­ker beto­nen. Denn nicht nur Impfskepsis sei ansteckend, „Impfbereitschaft ist es auch.“«

Die Ratlosigkeit kann einem zum Herzen gehen. Aber nur kurz.

15 Antworten auf „Am Rad drehen“

  1. "dass ein knap­pes Angebot hohe Nachfrage befeuert"

    Dass Journalisten kei­ne Ökonomen sind, ist ja noch nach­voll­zieh­bar, dass sie noch nicht­mal Hilfe holen, wenn sie kei­ne Ahnung haben, ist hin­ge­gen peinlich.

    So gibt es kei­ne "öko­no­mi­sche Gesetzmäßigkeit" die das obi­ge Zitat decken könn­te. Vielmehr bestim­men Angebot und Nachfrage den Preis. Sollte letz­te­rer bei 0 lie­gen (rein peku­ni­är betrach­tet), so ergibt sich die nach­ge­frag­te Menge aus der sog. Sättigungsmenge. Sie zu stei­gern lässt sich nur durch eine Verschiebung der Nachfragekurve nach oben/rechts erreichen.
    Sie ver­schiebt sich aller­dings nicht(!) durch das Angebot. Die Bestimmung der gesamt­wirt­schaft­li­chen Nachfrage ist aus der Mikroökonomie herzuleiten.

    Das ist Thema des Grundstudiums in den Wirtschaftswissenschaften. Offensichtlich zuviel für die Journaille. Ziemlich pein­lich so ein Artikel.

    Der wei­te­re Unfug im Artikel spricht ohne­hin Bände…

  2. Wo ist die Grenze des Aufwands bzw. der ein­ge­setz­ten Ressourcen erreicht? 

    Der Begriff "Grenzertrag" ist unpas­send gewählt, weil er davon aus­geht das bezüg­lich Impfstoffen nach dem öko­no­mi­schen Prinzip gehan­delt wird. Eher ein Marktversagen.
    " moral hazard"

  3. Eine inter­es­san­te Sichtweise der kol­lek­ti­ven Dynamik. Das Gossensche Gesetz vom abneh­men­den Grenznutzen treibt in jedem Fall die Stückkosten in die Höhe. Aber die Regierungen kön­nen sich ja fast unbe­grenzt ver­schul­den – solan­ge die Zinsen nicht stei­gen. Ein Saettigungsmanko von 20% wird wohl blei­ben. Aber das Produkt Impfstoff hat ein Verfallsdatum. Deswegen kann man den Markt immer wie­der beleben. 

    Dummerweise wer­den mit zuneh­men­der Immunität auch die uner­wünsch­ten Nebenwirkungen immer mehr her­vor­tre­ten. Beides wird die Nachfrage mit­tel­fri­stig sen­ken und aus der künst­li­chen Herden Immunität wird nichts.
    (Uebrigens schon des­we­gen, weil es sich um eine Zoonose han­delt und des­halb auch Haus-und Wildtiere geimpft wer­den müssten)

    So lang­sam kip­pen alle Hypothesen von der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Verbreitung des Coronavirus. Geimpfte stecken sich erfreu­li­cher­wei­se gegen­sei­tig an. Zum Beispiel die Muensteraner 2D-Gesellschaft. Bekanntermaßen reicht seit Popper ja ein ein­zi­ges Beispiel, das der Hypothese wider­spricht. Es bedarf kei­ner wei­te­ren Studien, die die poten­ti­el­le Infektiositaet Geimpfter und Genesener bewei­sen müsste.
    Deswegen ist ein Nichtgeimpfter kei­ne grö­sse­re Gefahr für den Geimpften, als der Genesene oder Geimpfte. Das wider­legt, dass eine Pandemie haupt­säch­lich unter den Nicht geimpf­ten statt­fin­det. Bei den Geimpften bleibt sie ledig­lich unter dem Radar. 

    Das Märchen von einer Herden Immunität, für die mög­lichst vie­le geimpft sein müss­ten wird trotz­dem noch eine Weile erzählt wer­den. Ob sich das RKI, das von einer Infektionsdunkelziffer von 10 schwa­dro­nier­te auch mal aus­ge­rech­net hat, dass es in Deutschland ohne Impfung schon 40 Millionen Immune geben müss­te. Natürlich! Deswegen wird die Dunkelziffer jetzt run­ter gerech­net, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Jede Welle hin­ter­lässt mehr natuer­li­che Immunität, als sei­ne Vorgänger. Mit oder ohne Impfung.

    Bis dass die Regierungen das kapiert haben wird eine Menge Volkseigentum in die Hände von Big Pharma und an die ame­ri­ka­ni­schen IT-Oligarchen geflos­sen sein.

  4. [ Impfmuffelforscherin und Impfmuffelflüsterin Katrin Schmelz ist wie­der da ] 

    13.09.2021 tages­schau

    Corona-Pandemie: Beginn der bun­des­wei­ten Impf-Aktionswoche 

    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​Z​a​t​l​e​N​5​1​1jY

    „Impfskepsis ist so ansteckend wie Impfbereitschaft“, sag­te die Verhaltensökonomin Dr. Katrin Schmelz von der Universität Konstanz. 

    https://​www​.aerz​te​zei​tung​.de/​P​o​l​i​t​i​k​/​E​x​p​e​r​t​e​n​-​f​o​r​d​e​r​n​-​A​e​r​z​t​e​-​s​o​l​l​t​e​n​-​U​n​g​e​i​m​p​f​t​e​-​a​k​t​i​v​-​a​n​s​p​r​e​c​h​e​n​-​4​2​2​7​4​3​.​h​tml

  5. Ein Mastschwein kannst du nur bis zu ca. 90–100 kg Lebendgewicht wirt­schaft­lich mästen. Darüber wird über­wie­gend Fett aus der Nahrung ein­ge­la­gert und ein Kilogramm Gewichtszuwachs dau­ert bis zu fünf­mal län­ger. Es ist aber das Fett, was den Geschmack bringt. Also wun­dert euch nicht, wenn ihr mal wie­der ein geschmack­lo­ses trocke­nes Schnitzel esst.

  6. Es gibt kei­ne Pandemie. Man kanns dre­hen und wen­den wie man will.
    Die Daten geben es nicht her.
    @Archimdes: Ich wür­de nicht davon aus­ge­hen wol­len, daß "die Regierungen" die­se oben geschil­der­ten Sachverhalte nicht kapie­ren, das wäre zu schön, um wahr zu sein. Dann wären sie ja nur dumm. Und dumm allein reicht nicht.

  7. Bei der­art klas­se Kommentaren muss ich nichts mehr sagen, außer DANKE!
    Vor allem Ihnen, Archimedes, denn es erin­nert mich an mein Soziologie-Studium – lang, lang ists her…

  8. Die Meldung von DWN im Original:

    Bayerischer Minister will finan­zi­el­le Existenz von Ungeimpften erschweren

    Der baye­ri­sche Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat es auf die finan­zi­el­le Existenz von Ungeimpften abgesehen.

    Klaus Holetschek (CSU), Gesundheitsminister von Bayern, spricht auf der Pressekonferenz nach dem Corona-Impfgipfel der baye­ri­schen Staatsregierung im Prinz-Carl-Palais. (Foto: dpa)

    Der baye­ri­sche Gesundheitsminister Klaus Holetschek will ein gemein­sa­mes Vorgehen der Länder bei der Streichung des Entgeltersatzes für Ungeimpfte ver­ein­ba­ren. Es gebe die Regel im Bundesinfektionsschutzgesetz, wonach der Anspruch auf Entschädigung ent­fällt, wenn eine öffent­lich emp­foh­le­ne Impfung mög­lich ist, sagt der CSU-Politiker in der ARD. „Es geht jetzt um das Datum, wann man die (Regel) gemein­sam umsetzt.“ Es sei genü­gend Impfstoff da. „Jedem, dem es zumut­bar ist und wo kei­ne gesund­heit­li­chen Gründe dage­gen spre­chen, kann sich imp­fen las­sen und damit auch die Quarantäne vermeiden.“

    „Die Welt“ wört­lich: „Gesundheitsminister Jens Spahn fin­det es rich­tig, dass Impfunwillige die finan­zi­el­len Konsequenzen ihrer Entscheidung tra­gen. Das sei auch Teil der per­sön­li­chen Freiheit. Die Allgemeinheit sol­le dafür nicht bezah­len müssen.“

    „Aktuell ist es beson­ders ein­fach, sich imp­fen zu las­sen“, schreibt der CDU-Politiker auf Twitter. „Überall im Land gibt es nied­rig­schwel­li­ge Angebote.“ Aktuell haben laut Spahn 62,4 Prozent oder 51,9 Mllionen Menschen in Deutschland den vol­len Impfschutz, 66,7 Prozent oder 55,5 Millionen sind min­de­stens ein­mal geimpft.

    https://​deut​sche​-wirt​schafts​-nach​rich​ten​.de/​5​1​4​5​6​1​/​B​a​y​e​r​i​s​c​h​e​r​-​M​i​n​i​s​t​e​r​-​w​i​l​l​-​f​i​n​a​n​z​i​e​l​l​e​-​E​x​i​s​t​e​n​z​-​v​o​n​-​U​n​g​e​i​m​p​f​t​e​n​-​e​r​s​c​h​w​e​ren
    https://​www​.welt​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​a​r​t​i​c​l​e​2​3​3​7​6​1​2​6​2​/​J​e​n​s​-​S​p​a​h​n​-​I​m​p​f​u​n​w​i​l​l​i​g​e​-​m​u​e​s​s​e​n​-​f​i​n​a​n​z​i​e​l​l​e​-​K​o​n​s​e​q​u​e​n​z​e​n​-​t​r​a​g​e​n​.​h​tml

    1. Dass die­ser "Gesundheits"-Minister sol­chen Schwachsinn ver­brei­tet, emp­fin­de ich schon wegen der Ähnlichkeit sei­nes Nachnamens mit mei­nem als intel­lek­tu­el­le Beleidigung. Die soge­nann­ten Impfstoffe bewir­ken (anders als im oben zitier­ten Artikel eben­falls falsch dar­ge­stellt) eben KEINE Immunisierung; das behaup­ten im übri­gen auch noch nicht ein­mal die Hersteller. Wie kommt man dann auf die Idee, mit der Impfung lie­ße sich "die Quarantäne vermeiden"?
      Man soll­te den Begriff "Milchmädchenrechnung" (den heu­te ohne­hin wohl kaum noch jemand ver­steht) erset­zen durch "Politikerlogik".

  9. "Ein hohes Maß an Information und Transparenz kön­ne auch schäd­lich sein".
    Passt. Danach han­deln unse­re Politdarsteller und 'Journalisten' ja
    schon seit langem.
    Und wtf macht eine Verhaltensökonomin ??
    Beschäftigt die sich auch mit 'Gesundheitsmanagement' und
    'Produktivitätssteigerungspotenzialen' ?

  10. Angelika Slavik macht sich in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung Sorgen, um die "immer grö­ßer wer­den­de Kluft" in der Gesellschaft und meint:

    "Es gibt Menschen, die nicht Zeitung lesen und nicht "Tagesschau" gucken, son­dern Falschnachrichten aus den Tiefen des Internets als ein­zi­ge Nachrichtenquelle nut­zen – und folg­lich ihre Entscheidungen auf einer völ­lig ande­ren Grundlage tref­fen als der Rest der Bevölkerung. Das gehört, unab­hän­gig von der Pandemie, zu den größ­ten gesell­schaft­li­chen Problemen. Und es ist abseh­bar, dass der Ausschluss vom gesell­schaft­li­chen Leben die Abschottungstendenzen die­ser Gruppe ver­stär­ken wird. Das Risiko, sie für immer zu ver­lie­ren, wird größer."

    Zum Glück hat sie schon regi­striert, dass wir auch lesen kön­nen, aber halt lei­der das Falsche! Und sie hat auch schon bemerkt, dass die Abschottungstendenzen eines Teils der Bevölkerung grö­ßer wer­den, wenn die­ser Teil vom gesell­schaft­li­chen Leben aus­ge­schlos­sen wird. Wahrscheinlich hät­te sie gehofft, dass wir jetzt um Aufnahme in den 2G-Club betteln?
    https://www.sueddeutsche.de/meinung/corona-2g-regel-impfung-deutschland‑1.5411021

Schreibe einen Kommentar zu Brian Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert