Bartsch will mitreden bei Verschärfungen

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken, gab heu­te ein Interview im Deutschlandfunk. Darin sorgt er sich, "dass die Akzeptanz der Maßnahmen wei­ter abneh­me". Als gebe es nicht gewich­ti­ge Stimmen von Fachleuten, die dies für einen grund­fal­schen Weg hal­ten, erklärt er:

»Es ist doch völ­lig klar, dass wir alle Anstrengungen unter­neh­men müs­sen, dass das Virus ein­ge­dämmt wird. Das ist unbestritten.«

Siehe dazu etwa Hunderte ÄrztInnen ste­hen auf. Offener Brief und Das läßt sich nicht mehr igno­rie­ren: Ärzteverbände und Virologen zu "Maßnahmen", Fast 3.000 WissenschaftlerInnen gegen vor­herr­schen­de COVID-19-Maßnahmen.

»Und was mich noch gewal­ti­ger stört ist, dass das, was heu­te beschlos­sen wird, in allen Medien zu lesen ist, dass die Ministerpräsidenten jetzt auch offen­sicht­lich maxi­mal noch abnicken und dass dann die Parlamente gar kei­ne Chance mehr haben. So geht das nicht, weil man so Vertrauen in der Bevölkerung zer­stört. Man kann ja noch so viel fest­le­gen; wenn die Menschen nicht mit­ma­chen, das ist unser höch­stes Pfund, unser bestes Pfund, dann wer­den wir mit all die­sen Dingen kei­ne Effekte erreichen.«

»Ich will wis­sen, was pas­siert bei wel­chen Zahlen. Wir müs­sen dar­um wer­ben, dass die Bevölkerung mit­tut, denn wir sehen doch lei­der, dass die Akzeptanz der Maßnahmen nachlässt.

Ich bin voll dage­gen! Ich habe beim letz­ten Mal viel kri­ti­siert, aber wenn ent­schie­den wird, dann mögen sich bit­te alle Bürgerinnen und Bürger dar­an hal­ten. Aber die jet­zi­ge Strategie, die wird Vertrauen zer­stö­ren, und das ist wirk­lich das Schlechteste, was eine Regierung tun kann…

Ich habe immer dafür gewor­ben, dass wir ein höhe­res Maß an Transparenz haben. Wir ken­nen immer die täg­li­chen Wasserstandsmeldungen vom RKI. Das ist mir, ehr­lich gesagt, zu wenig. Ich möch­te, dass ich auch nach­voll­zie­hen kann, was Virologen, Soziologen, Wirtschaftsfachleute bera­ten, und da ist ein Mehr an Transparenz für die Bevölkerung wich­tig.«

Ramelow soll nicht ausscheren

»Müller: Aber Sie kön­nen doch jetzt Bodo Ramelow anru­fen, der ohne­hin immer sehr kri­tisch die­sem Weg gegen­über­stand, und sagen, dann mach doch ein­fach nicht mit, dann haben wir schon die Opposition inner­halb die­ser Runde.

Bartsch: Mit Bodo Ramelow bin ich da in engem Kontakt. Aber das Schlechteste wäre jetzt, wenn 16 Ministerpräsidenten – das hat­ten wir eine Zeit lang – dann jeder sei­nen eige­nen Weg ver­sucht zu gehen.«

»Bartsch: Warum ist es so, dass die November-Hilfen mit gro­ßem Tamtam ange­kün­digt wer­den und das Formular ist noch nicht mal im Internet? Da sage ich, da gibt es hand­werk­li­che Fehler, und die wer­den wir auch als Opposition wei­ter­hin kri­ti­sie­ren. Wir brau­chen Transparenz, ja dann auch Vertrauen. Ja, wenn Entscheidungen getrof­fen wor­den sind, wer­de ich immer dafür sein, dass die Maßnahmen ein­ge­hal­ten wer­den. Ja, wir müs­sen Kontakte ein­schrän­ken. Das ist alles nicht mei­ne Frage. Aber das Verfahren und die Art und Weise macht lei­der Vertrauen kaputt.

Müller: Jetzt sagen vie­le, wir haben nicht so viel Zeit, wir müs­sen schnell reagie­ren, und die Exekutive, die Regierung ist für das Reagieren und damit für das Entscheiden auch da.

Bartsch: Das ist rich­tig. Das sol­len sie auch. Wir haben über Bodo Ramelow gespro­chen. Das wird auch da, wo wir Regierungs­verantwortung tra­gen, gemacht. Was ich kri­ti­sie­re sind die Dinge, die ich eben bereits gesagt habe. Erstens kei­ne Vorbereitung in der Sommerpause, viel zu wenig ist getan wor­den. Dann völ­lig unter­schied­li­che Maßstäbe, wo quer durchs Land gefah­ren wird, bei Fußball-Länderspielen quer durch Europa gefah­ren wird, Ikea offen ist und vol­le Hütte ist, teil­wei­se der öffent­li­che Nahverkehr voll ist, viel zu wenig kon­trol­liert wird das, was an Maßnahmen beschlos­sen wird, und auf der ande­ren Seite knall­har­te Maßnahmen gegen Menschen, die sehr, sehr viel inve­stiert haben. Das ist das, was ich kritisiere.

Müller: Jetzt haben wir, Herr Bartsch, noch knapp zwei Minuten. Reden wir ein­mal über die­se Verschärfungsmaßnahmen, Vorschläge wie auch immer in die­sem Regierungspapier, was gestern Abend spät auf­ge­taucht ist. Kontaktbeschränkungen, wei­te­re Kontaktbeschränkungen, ein Haushalt plus zwei wei­te­re Personen in der Öffentlichkeit, ein Haushalt, wenn wir das rich­tig ver­stan­den haben, mit nur einer Person in geschlos­se­nen Räumen, also zuhau­se. Machen Sie da mit?

Bartsch: Ich wer­de da selbst­ver­ständ­lich als Politiker vor­bild­lich sein und mich an die Maßnahmen halten.

Müller: Sie fin­den das auch sinn­voll? Das ist mei­ne Frage.

Bartsch: Wenn Menschen in einem Prozess erkannt haben und sagen, das ist eine rich­ti­ge Maßnahme, dann soll­ten wir gemein­sam dafür wer­ben, dass sie dann auch umge­setzt wer­den. Alles ande­re wür­de gera­de die­je­ni­gen, die jetzt unter der Krankheit lei­den, die­je­ni­gen, die in Intensivbetten sind, ver­höh­nen. Das will ich genau nicht.«

Das ist Simulation von Opposition noch weit unter dem Niveau einer "Schülermitverwaltung" der 70er Jahre des letz­ten Jahrhunderts.

(Hervorhebungen nicht im Original.)

Eine Antwort auf „Bartsch will mitreden bei Verschärfungen“

  1. Könnte man Brandt und Bahr bit­te exhu­mie­ren und den Corona-Impfstoff sprit­zen? Vielleicht keh­ren Sie damit zu den Lebenden zurück.

    Bei der letz­ten Bundestagswahl unter­lag ich noch dem Eindruck, mit der Linken eine Alternative wäh­len zu können.

    Diese Vorstellung ist die­ses Jahr beer­digt worden.

    Schlimmer noch, wie man es inzwi­schen geschafft hat, das Bild von lin­ker Politik zu zer­trüm­mern. Wenn man sich beim Kollegen Reitschuster Kommentare anschaut und erfährt, wie das Gros der Politik und Leitmedien sei links und sozia­li­stisch, wird mir übel.
    Albrecht Müller beschreibt die­se Entwicklung in sei­nen Werken ganz anschaulich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert