Burgfrieden

Bislang wur­de als Burgfrieden-Politik die Haltung der SPD bezeich­net, die 1914 dem Kaiser ver­sprach, im Kampf gegen den "gemein­sa­men Feind" alle innen­po­li­ti­schen Konflikte zurück­zu­stel­len, ins­be­son­de­re auf Lohnbewegungen und Streiks zu verzichten.

Der Begriff muß heu­te erwei­tert wer­den. Inhaltlich eben­so wie von den poli­ti­schen Akteuren her.

Der heu­ti­ge Feind ist min­de­stens so tückisch wie sei­ner­zeit der Franzmann. Selbst die Linke kennt heu­te fast nur noch die­sen Gegner. Sicher, ein wenig Geziere gibt es, das als Fußnote zur umfas­sen­den Stützung der Regierungspolitik zu Protokoll gege­ben wird.

Die Linksfraktion hat in der ent­schei­den­den Bundestagssitzung vom 25.3.2020 ein Ermächtigungsgesetz für den Gesundheitsminister per Enthaltung mit­ge­tra­gen. Gerade ein­mal 13 ihrer Abgeordneten haben zumin­dest die Ermächtigung der Bundesregierung kri­ti­siert, für ein Jahr über die Aussetzung von Grundrechten zu ent­schei­den. Für die­se Sitzung wur­den sämt­li­che Tagesordnungspunkte abge­setzt – bis auf Corona und den Bundeswehr-Einsatz im Irak (ist halt irgend­wie auch von natio­na­ler Bedeutung).

Da paßt dann auch: Im thü­rin­gi­schen Suhl hal­ten sich Ende März eini­ge Asylbewerber nicht an Quarantänemaßnahmen. Daraufhin tele­fo­niert der lin­ke Ministerpräsident mit der Verteidigungsministerin. 'Er habe per­sön­lich mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) über "zivi­le Unterstützung" gespro­chen, so wie die Bundeswehr sie schon 2015 und 2016 in der Flüchtlingskrise gelei­stet habe. Da habe die Bundeswehr "einen wirk­lich wun­der­ba­ren Job gemacht".' Sein SPD-Innenminister hin­ge­gen stellt es so dar: 'der Freistaat habe die Bundeswehr für Bewachungsaufgaben angefordert'.

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Dir mei­sten Menschen sind der Meinung, Corona stel­le eine noch nie dage­we­se­ne Bedrohung dar, die streng­ste Maßnahmen erfor­de­re. Weltweit mel­den sich dut­zen­de Forscher, die dazu vor­sich­ti­ger for­mu­lie­ren – kei­ne Verschwörungstheoretiker, son­dern Fachleute.
Doch selbst bei die­ser Grundannahme gibt es unter­schied­li­che Umgangsweisen mit der Bedrohung. Sie rei­chen vom sehr libe­ra­len schwe­di­schen Modell über das des bra­si­lia­ni­schen Ignorierens hin zum offen dik­ta­to­ri­schen in Ungarn.
Die Linke hat bis­her nicht mit­ge­teilt, was ihre Gründe dafür sind, sich dem Mainstream anzu­schlie­ßen, der uns ein­trich­tert: Es gibt zur jet­zi­gen auto­ri­tä­ren Lösung kei­ne Alternative. Sie kann nicht wirk­lich ver­ges­sen haben, daß TINA schon immer das ver­lo­ge­ne Mantra der Rechten war. Nicht erst seit 1914.

2 Antworten auf „Burgfrieden“

  1. Ich glau­be Herr Aschmoneit, das die soge­nann­te Linke ein­fach nicht mehr die Parias sein wol­len. Man ist jetzt mit­ten­drin statt nur dabei, alte Kamellen wer­den nicht auf­ge­wärmt, dafür nimmt man auch kei­ne K‑Wörter mehr in den Mund wie Gesine Lötzsch 2011

    Klartext bei der Linken: Mitten in der Programmdebatte bekennt sich Parteichefin Gesine Lötzsch zum Kommunismus. Im Marxisten-Blatt "Junge Welt" hat sie einen Text plat­ziert – dar­in fehlt jedes kri­ti­sche Wort über die Verbrechen, die im Namen der Ideologie began­gen wurden.
    https://​www​.spie​gel​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​p​r​o​g​r​a​m​m​d​e​b​a​t​t​e​-​l​i​n​k​e​-​c​h​e​f​i​n​-​e​r​k​l​a​e​r​t​-​k​o​m​m​u​n​i​s​m​u​s​-​z​u​m​-​z​i​e​l​-​d​e​r​-​p​a​r​t​e​i​-​a​-​7​3​7​7​8​0​.​h​tml

    Man merkt schon wie der Spiegel (und auch ande­re Medien) dar­über damals berich­tet haben. Selbstverständlich kam das nie wie­der danach vor.
    Als Kevin Kühnert über ande­re Eigentumsformen in der ZEIT nach­dach­te wur­de er fast "geschlach­tet". Auch Kevin Kühnert wird sich 2x über­le­gen öffent­lich zu for­dern die Parteigroßspender Quandt zu enteignen. 

    Bodo Ramelow wur­de jahr­zehn­te­lang vom Verfassungsschutz beob­ach­tet, jetzt ist er Ministerpräsident und ist in der Liveschalte mit der Kanzlerin dabei. 

    Und so hat jeder ein­zel­ne "Linke", wir könn­ten gleich mit dem vom Verfassungsschutz beob­ach­te­ten Blatt "jun­ge Welt" wei­ter­ma­chen – sei­nen eige­nen Grund sich mit den System zu arran­gie­ren. Weiter vor­ne haben Sie gefragt ob es neue Organisationen braucht. Antwort Einerseits ja – Neue Organisationen ohne Ballast aber mit einem Klaren Ziel. Andererseits die Linke Szene ist schon viel zu sehr frag­men­tiert. Außerdem bekämp­fen sich die Grüppchen viel zu sehr unter­ein­an­der als mit­ein­an­der zu agie­ren (man sieht es ja recht deut­lich an Linke vs SPD aber das gan­ze funk­tio­niert natür­lich auch mit KPD (Ost) vs DKP vs MLPD vs PSG) Vielleicht wäre eine Linke Ideenplattform zunächst das Richtige, denn neue Akteure wie z.B. die Basis oder die Sonneborn-PARTEI machen die Sache nicht ein­fa­cher – sind auch schwer als Linke Kräfte einschätzbar. 

    Zum Schluß noch herz­li­chen Glückwunsch zum ein­jäh­ri­gen Bestehen des Blogs. Danke für die vie­le Arbeit.

  2. Einen ganz inter­es­san­ten Artikel habe ich soeben hier entdeckt:

    https://healthcare-in-europe.com/de/news/r‑wert-corona-schwieriger-schluesselfaktor.html

    Wie immer habe ich ihn auch gleich archi­viert, falls er ver­schwin­den sollte:

    https://web.archive.org/web/20221019182024/https://healthcare-in-europe.com/de/news/r‑wert-corona-schwieriger-schluesselfaktor.html

    Kurz zusam­men­ge­fasst geht es um den soge­nann­ten R‑Wert, wel­cher uns ja gera­de zu P(l)andemiebeginn medi­al tag­taeg­lich um die Ohren gehau­en und mass­geb­lich zur poli­tisch gewoll­ten Angst- und Panikmache ein­ge­setzt wurde.

    Ich fische an die­ser Stelle ein­fach mal zwei Kerninterpretationen heraus:

    1.) "In Wirklichkeit war der R‑Wert deut­lich nied­ri­ger als bis­her angenommen."

    2.) "Diese eher nied­ri­ge Spanne von R0-Werten stim­me viel bes­ser mit den Beobachtungen des Pandemieverlaufs über­ein als vie­le frü­he­re und viel höhe­re Schätzungen, so die an der Studie Beteiligten. Hauptursachen für die­se Überschätzung ist ihrer Ansicht nach die mas­si­ve Ausweitung der Testkapazitäten in der Frühphase der Pandemie in Verbindung mit Änderungen der Teststrategie. Dieser rela­tiv nied­ri­ge R0-Wert hat nach Ansicht der Forschungsgruppe wesent­lich zu einem Rückgang der Infektionszahlen im Frühjahr 2020 bei­getra­gen. Die Effekte des Lockdowns auf die Ausbreitung des Virus sei­en des­halb mög­li­cher­wei­se nicht so hoch gewe­sen wie es schei­nen mag."

    Einschraenkungen hin­sicht­lich der Aussagekraft wer­den (durch­aus zu Recht) hin­zu­ge­fuegt, aber unab­haen­gig davon ist es wich­tig, dass es end­lich ver­mehrt zum Infragestellen einst als unum­stoess­lich defi­nier­ter Wahrheiten kommt.

    Ob die in die­sem Fall her­an­ge­zo­ge­ne Uebersterblichkeit tat­saech­lich ein geeig­ne­ter Faktor ist, ver­mag ich aller­dings beim besten Willen nicht zu beur­tei­len. Das ist mir schlicht zu hoch, das gebe ich gern zu.

    Ich weiss halt nur, dass bis heu­te flei­ssig "an und mit" Corona gestor­ben wird und die seit 2021 teil­wei­se dra­stisch anstei­gen­de Uebersterblichkeit in vie­len durch­ge­spritz­ten Laendern welt­weit oft­mals lapi­dar mit "ist wegen Hitze und Klimawandel" vom Tisch gewischt wird. Gleichzeitig wird sie von einem Teil von uns Corona-Impfskeptikern ver­mut­lich im Gegensatz dazu zu sehr aufgebauscht.

    Schwierig. Aber der Studienansatz und natuer­lich auch die Schlussfolgerungen dar­aus ver­die­nen mei­nes Erachtens zumin­de­stens eine oef­fent­li­che Diskussion. Dass die­se ver­mut­lich nicht kom­men wird, weiss ich natuer­lich auch, aber grund­saetz­lich machen sol­che unab­haen­gi­gen bzw. ideo­lo­gie­frei­en Untersuchungen Hoffnung auf Aufarbeitung.

    Poppy

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