BW: Kritik an Maskenpflicht in Pflegeheimen wächst

Auf swr​.de ist unter die­ser Überschrift am 29.9. zu lesen, was nicht nur auf Baden-Württemberg zutrifft:

»"Grottenschlecht" und "außer­halb jeder Realität": Sozialverbände und Pflegeeinrichtungen kri­ti­sie­ren das neue Covid-19-Schutzgesetz und for­dern eine Aufhebung der Maskenpflicht.

Die Kritik an der ab 1. Oktober gel­ten­den gesetz­li­chen Maskenpflicht in Pflegeheimen reißt nicht ab. Am Donnerstag haben sich nun auch Wohlfahrtsverbände, Pflegeeinrichtungen und Caritas ableh­nend dazu geäu­ßert, dass Heimbewohner außer­halb ihres Zimmers Maske tra­gen müs­sen. "Die Maskenpflicht ist ein mas­si­ver Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und sozia­le Teilhabe der betrof­fe­nen Menschen, schrei­ben der "Paritätische", der Sozialverband VdK sowie ver­schie­de­ne Einrichtungen in einer gemein­sa­men Mitteilung.

Bis zu 16 Stunden Masketragen am Tag

Menschen in beson­de­ren Wohnformen müss­ten bis zu 16 Stunden pro Tag eine FFP2-Maske tra­gen, kri­ti­sier­te Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des "Paritätischen" Baden-Württemberg. Konkret tref­fe dies zum Beispiel auf Menschen mit Behinderungen in der Eingliederungshilfe zu, da die Maskenpflicht sowohl in deren Arbeits- und Ausbildungsstätten als auch in betreu­ten Wohngemeinschaften gel­te, wie Wolfgramm dem SWR erläuterte.

VdK sieht Widerspruch zu Lockerungen im öffentlichen Leben

Hans-Josef Hotz, Landesverbandsvorsitzender des VdK Baden-Württemberg, schreibt: "Es ist mehr als ver­wun­der­lich, dass sich beim Oktoberfest oder auf dem Cannstatter Wasen frem­de Menschen ohne Masken tref­fen und fei­ern dür­fen, wohin­ge­gen die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen ab sofort eine FFP2-Maske tra­gen sollen."

Nach Ansicht von Boris Strehle und Wolfgang Wasel, Sprecher des "Netzwerks Alter und Pflege" im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart, ist eine Maskenpflicht in den Alten- und Pflegeheimen "schlicht­weg nicht umsetz­bar". Es sei ein­fach nicht mög­lich, die älte­ren Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften zum Maskentragen zu verpflichten.

Caritas: Umsetzbarkeit in der Pflege fraglich

"Insbesondere für Demenzerkrankte ist eine Maskenpflicht oft nicht nach­voll­zieh­bar", erklär­te Eva-Maria Bolay, die Pressesprecherin des Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart auf Nachfrage des SWR. Ein wei­te­res Problem sei in dem Zusammenhang auch die Durchsetzbarkeit der Maskenpflicht. "Was soll das Pflegepersonal denn tun, wenn eine demenz­kran­ke Person die Maske immer wie­der ent­fernt?", fragt Bolay. Das Gesetz sei am Schreibtisch ent­wor­fen wor­den, meint die Pressesprecherin.

Laut Strehle und Wasel wer­de die Maskenpflicht vor allem in der Tagespflege zum "Spießrutenlauf". Dort müss­ten pfle­ge­be­dürf­ti­ge Menschen die Maske laut Gesetz den kom­plet­ten Tag – bis zu neun oder zehn Stunden – auf­be­hal­ten, Essenszeiten aus­ge­nom­men. Auch wäh­rend der gemein­sa­men Mittagsruhe in einem dafür vor­ge­se­hen Raum sei die Maske zu tra­gen, "und das hal­ten wir für schlicht­weg außer­halb jeder Realität", so Wasel und Strehle. Im Netzwerk "Alter und Pflege" haben sich 74 katho­li­sche Anbieter von sta­tio­nä­rer und ambu­lan­ter Hilfe in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zusammengeschlossen.

Auch Kritik an Maskenpflicht für Beschäftigte

Auch die Evangelische Heimstiftung hat das Covid-19-Schutzgesetz schwer kri­ti­siert. "Es ist mir völ­lig unbe­greif­lich, wie ein so grot­ten­schlech­tes Gesetz Bundestag und Bundesrat pas­sie­ren konn­te", lässt sich Bernhard Schneider, der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, in einer Pressemitteilung zitie­ren. „Insbesondere die Maskenpflicht für Bewohnerinnen, Bewohner und Mitarbeitende ist mehr als eine Zumutung“, fin­det Schneider. Die FFP2-Maskenpflicht bedeu­te eine Verschärfung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte – obwohl die­se einen über­durch­schnitt­li­chen Immunitätsstatus haben und sich regel­mä­ßig testeten.

Ähnlich äußer­te sich auch Ursel Wolfgramm vom "Paritätischen" zur Maskenpflicht für Beschäftigte in der Pflege. Sie sprach sich gegen­über dem SWR für eine Rückkehr zur Pflicht zum Tragen medi­zi­ni­scher Masken aus. In der Behindertenhilfe kön­ne die Maskenpflicht nach ihrer Ansicht voll­stän­dig auf­ge­ho­ben wer­den, "denn wer Hilfe im Alltag benö­tigt, gehört des­halb nicht auto­ma­tisch zu den vul­ner­ablen Gruppen", so Wolfgramm.

Ausdrücklich gegen die Abschaffung der Maskenpflicht für Beschäftigte in der Pflege posi­tio­nier­te sich der Caritasverband. "Die im Caritasverband zusam­men­ge­schlos­se­nen katho­li­schen Träger hal­ten es nicht für erfor­der­lich, auch die Belegschaft in Alten- und Pflegeheimen von der Maskenpflicht zu befrei­en", schreibt Pressesprecherin Bolay. Die Maskenpflicht bie­te einen zusätz­li­chen Schutz sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für das Personal.«

8 Antworten auf „BW: Kritik an Maskenpflicht in Pflegeheimen wächst“

  1. "Die im Caritasverband zusam­men­ge­schlos­se­nen katho­li­schen Träger hal­ten es nicht für erfor­der­lich, auch die Belegschaft in Alten- und Pflegeheimen von der Maskenpflicht zu befrei­en", schreibt Pressesprecherin Bolay. Die Maskenpflicht bie­te einen zusätz­li­chen Schutz sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für das Personal.«

    Schließlich ist bei Kirchens alles Liebe.
    Befreien vom Unsinn wäre dem­nach Haß?

  2. Jessica Hamed Retweeted
    RND
    @RND_de
    Hendrik #Streeck plä­diert für ein Masken-Gebot in Fernzügen und Flugzeugen, bei dem jeder selbst ent­schei­den kön­ne, ob er eine Maske trägt oder nicht. Auch zu den Themen #Quarantäne und Isolation äußert sich das Mitglied des Expertenrats der Regierung.
    Der Virologe Hendrik Streeck stellt die Maskenpflicht und die in Deutschland gel­ten­den Isolations- und Quarantäne-Regeln für Corona-Infizierte infrage.
    rnd​.de
    Virologe Streeck stellt Quarantäneregeln und Maskenpflicht infrage
    Hendrik Streeck kri­ti­siert die in Deutschland gel­ten­den Isolations- und Quarantäne-Regeln für Corona-Infizierte. Quarantäne und Isolation sei­en eins der schärf­sten Schwerter des öffent­li­chen Gesund…
    9:46 AM · Sep 30, 2022
    https://​twit​ter​.com/​R​N​D​_​d​e​/​s​t​a​t​u​s​/​1​5​7​5​7​8​4​2​4​3​4​9​7​6​8​9​0​8​8​?​c​x​t​=​H​H​w​W​g​I​C​z​x​f​X​a​p​9​4​r​A​AAA

  3. Genauso bescheu­ert ist das Masketragen beim Zahnarzt in Fluren und Wartezimmer. Oder gibt es zwi­schen den Patienten immer einen kom­plet­ten Luftaustausch im Behandlungszimmer?

  4. die funk­tio­nä­re distan­zie­ren sich von einem gesetz, das sie im ent­ste­hungs­pro­zeß kri­ti­sie­ren hät­ten sol­len, oder konn­ten sie das gesetz bis gestern nicht verstehen?

    1. @holger blank: Sehe ich ganz genau­so. Wo war die­se Kritik, BEVOR das Gesetz ver­ab­schie­det wur­de? Jetzt ist es dafür zu spät. Lauterbach wird bis April nichts davon zurücknehmen.

  5. Der Schutz der vul­ner­ablen Gruppen ist halt wichtig!

    Ich ken­ne Pflegeheime, die seit Monaten wegen Personalmangel und häu­fi­gen Erkrankungen von Mitarbeitern immer knapp am Zusammenbruch vor­bei­schram­men. Ich ken­ne Pflegedienste, die wegen Personalmangels Anfragen ableh­nen müssen.

    Und ich ken­ne meh­re­re Pflegefachkräfte per­sön­lich, die unter erheb­li­chen Unsicherheiten ihre Ausbildung im September dann doch noch abschlie­ßen konnten.
    seit heu­te sind die­se Fachkräfte arbeits­los, weil sie nicht geimpft sind.

    Ach wie gut, dass die Regierenden die vul­ner­ablen Gruppen nicht nur durch Maskenzw.…. schüt­zen, son­dern auch vor sol­chen Fachkräften

    Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich k.……könnte

  6. immer­hin

    Jung kann Kritik nachvollziehen

    Der saar­län­di­sche Gesundheitsminister Magnuns Jung (SPD) kann die Kritik nach­voll­zie­hen. Die FFP2-Maskenpflicht für behin­der­te Menschen in Werkstätten beru­he aller­dings auf der ent­spre­chen­den Vorgabe, die sich aus dem Bundesgesetz ergebe.

    "Als Gesundheits- und Arbeitsminister des Saarlandes habe ich wie­der­holt dar­auf hin­ge­wie­sen, dass dies nicht gewollt sein kann. Es ist mir ein wich­ti­ges Anliegen, wei­ter­hin auf die ent­spre­chen­de Änderung im Gesetz zu drän­gen. Daher unter­stüt­ze ich auch die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung bei der Durchsetzung ihrer dies­be­züg­li­chen Forderung", sag­te Jung auf SR-Anfrage.

    Dennoch müs­sen die Beschäftigten in Werkstätten für behin­der­te Menschen 1. Oktober – auch im Saarland – laut dem dann in Kraft tre­ten­den Infektionsschutzgesetz bei der Ausführung ihrer Tätigkeit per­ma­nent eine Maske tragen.

    https://​www​.sr​.de/​s​r​/​h​o​m​e​/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​p​o​l​i​t​i​k​_​w​i​r​t​s​c​h​a​f​t​/​i​n​f​e​k​t​i​o​n​s​s​c​h​u​t​z​g​e​s​e​t​z​_​m​a​s​k​e​n​p​f​l​i​c​h​t​_​w​e​r​k​s​t​a​e​t​t​e​_​b​e​h​i​n​d​e​r​t​e​_​m​e​n​s​c​h​e​n​_​d​i​s​k​r​i​m​i​n​i​e​r​u​n​g​_​1​0​0​.​h​tml

  7. Gerade die­se Einrichtungen, die jetzt betrof­fen sind, haben die Impfverweigerer der­ar­tig schlecht behan­delt und dis­kri­mi­niert. Jetzt grei­fen end­lich die kar­mi­schen Gesetze. Jeder wird das ern­ten, was er gesät hat.

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