Corona-Debatte: Es ist Zeit für eine Rückkehr zur wissenschaftlichen Seriosität

Unter die­sem Titel wird auf ber​li​ner​-zei​tung​.de am 3.3.23 ein wei­te­rer Diskussionsbeitrag ver­öf­fent­licht. Dr. Agnes Imhof und Prof. Christof Kuhbandner füh­ren dort zunächst zur Vorgeschichte (s. Erst de‑, jetzt repu­bli­ziert) aus:

»… Im Normalfall kann einer Zeitung nichts Besseres pas­sie­ren als eine öffent­li­che Debatte. Es ist also eher unüb­lich, einen Text von Experten auf­grund der Einwände eines ande­ren Experten vom Netz zu neh­men. Vor allem aber ist die Gegenrede Wylers ein ein­drück­li­ches Beispiel für die Notwendigkeit einer Rückkehr zu fun­dier­ter Logik und soli­der Wissenschaft. Um dies ein­mal bei­spiel­haft vor Augen zu füh­ren, wol­len wir uns im Folgenden zwei Argumente näher anse­hen. Beide Argumente hat man in die­ser und ähn­li­cher Form oft gele­sen, sodass bei­de als cha­rak­te­ri­stisch gel­ten können.

Aus logischer Perspektive fragwürdige Argumente

Die Auflösung der Kontrollgruppe, so Wyler, sei aus ethi­schen Gründen erfolgt: Man habe der Kontrollgruppe die wirk­sa­me Impfung nicht vor­ent­hal­ten dür­fen. Denn sol­che Menschenversuche bedürf­ten der Rechtfertigung.

Das Argument über­nimmt unre­flek­tiert die Darstellung der Hersteller zur Auflösung der Kontrollgruppe. Hersteller aber kön­nen aus nahe­lie­gen­den Gründen nicht als unab­hän­gi­ge Quelle gel­ten. Und auch vom Standpunkt der Logik aus ist die Argumentation hochproblematisch.

Der erste Teil (Auflösung der Kontrollgruppe aus ethi­schen Gründen, weil die Impfung nicht ver­sagt wer­den durf­te) stellt einen Zirkelschluss dar: Die Kontrollgruppe dient in Zulassungsprozessen bekannt­lich der Klärung der Frage, ob die Impfung über­haupt sicher und wirk­sam ist. Wenn man aber der Kontrollgruppe die Impfung ver­ab­reicht, weil man ihr deren Schutz nicht ver­sa­gen dür­fe, setzt man bereits vor­aus, dass die Impfung sicher und wirk­sam ist. Man nimmt also das, was das Experiment bewei­sen soll, als bereits gege­ben an (peti­tio prin­ci­pii). Das Argument ist damit ein Scheinargument und ver­letzt das prin­ci­pi­um ratio­nis suf­fi­ci­en­tis. Durch die „ethi­schen“ Gründe wird die­ses Vorgehen dar­über hin­aus mora­lisch (auf-)gewertet (Euphemismus).

Der Kontrollgruppe die Impfung zu ver­sa­gen, sei ein Menschenversuch, meint Wyler im zwei­ten Teil des Arguments. Nun, jede kli­ni­sche Studie ist im Prinzip ein Versuch am Menschen. Der Nürnberger Kodex unter­sagt dies nicht gene­rell, aber er stellt in der Tat hohe Anforderungen dar­an. Insbesondere Freiwilligkeit und infor­mier­te Zustimmung. Von bei­dem ist bei Wyler kei­ne Rede, dafür wer­den durch die Wortwahl („Menschenversuch“, „unethisch“) nega­ti­ve Emotionen gegen­über dem regu­lä­ren Vorgehen bei kli­ni­schen Studien erzeugt (ein soge­nann­ter Dysphemismus). Was er aller­dings nicht schreibt: Überspringt man die kli­ni­sche Studie (bzw. bricht sie vor­zei­tig ab) und wen­det das Produkt gleich am Menschen an, macht man jeden ein­zel­nen Patienten zum Teilnehmer an einem Menschenversuch – und dies gänz­lich ohne infor­mier­te Zustimmung und, im Falle einer 2G-Regelung etwa, nicht ein­mal freiwillig…

Aus empirisch-statistischer Perspektive fragwürdige Argumente

Ein zen­tra­les Argument in Wylers Gegenrede ist wei­ter­hin, dass die schlimm­ste Phase der Pandemie deut­lich län­ger gedau­ert hät­te, wenn die Corona-Impfstoffe nicht so schnell zuge­las­sen wor­den wären. Dieses Argument wird damit belegt, dass im zeit­li­chen Zusammenhang mit dem Beginn der Corona-Impfungen die Anzahl der berich­te­ten Corona-Todesfälle gesun­ken ist…

Wyler führt also den Rückgang in der Anzahl der Corona-Todesfälle vom Zeitraum November 2020 bis Januar 2021 (von Wyler „Corona-Winter 2020/21“ genannt) auf den Zeitraum Februar 2021 bis Juni 2021 (von Wyler „bis zum Ende des Winterhalbjahres“ genannt) kau­sal auf die Ende Januar begin­nen­den Corona-Impfungen zurück – er schließt also von einer beob­ach­te­ten Korrelation auf einen kau­sa­len Zusammenhang.

Ein sol­cher Schluss ist aus wis­sen­schaft­li­cher Perspektive unzu­läs­sig, und nor­ma­ler­wei­se erfolgt in sol­chen Fällen ein öffent­li­cher Aufschrei der sta­ti­sti­schen Fachexperten…

Selbst ein Rückgang der Covid-Todesfälle unab­hän­gig von sai­so­na­len Effekten wür­de nicht not­wen­di­ger­wei­se einen Effekt der Impfungen bele­gen. An Corona ver­ster­ben vor allem hoch vul­nerable Personen. Da die Anzahl hoch vul­nerabler Personen begrenzt ist, sinkt mit der Zeit die Anzahl der Personen in der Bevölkerung, die an Corona ver­ster­ben kön­nen. Ein Rückgang der Corona-Todesfälle nach der star­ken Sterbewelle um den Jahreswechsel 2020/21 muss also nicht not­wen­di­ger­wei­se auf den Effekt der Impfungen zurück­ge­hen, son­dern könn­te auch ein­fach dar­auf beru­hen, dass zuneh­mend weni­ger hoch vul­nerable Personen am Leben waren, die an Corona ver­ster­ben konnten…

Betrachtet man nun die Gesamtanzahl aller Todesfälle unab­hän­gig von der ange­ge­be­nen Todesursache, so ist im von Wyler betrach­te­ten Zeitraum (Anfang Februar bis Ende Juni) die Gesamtanzahl der Todesfälle nach dem Beginn der Impfungen im Vergleich zum Vorjahr um knapp 4500 Todesfälle ange­stie­gen. Nach der Logik von Wyler müss­te man damit schluss­fol­gern, dass die Corona-Impfungen ins­ge­samt mehr Menschenleben geko­stet haben als sie geret­tet haben, weil nach Beginn der Impfungen mehr Menschen ver­stor­ben sind als vor den Impfungen..

Ein Appell für die weitere Aufarbeitung der Corona-Krise

Wie die bei­den Beispiele zei­gen, ent­hält die Gegenrede von Wyler Argumente, wel­che einer genaue­ren logi­schen bzw. empi­risch-sta­ti­sti­schen Prüfung nicht stand­hal­ten. Es stellt sich die Frage, ob sol­che Scheinargumente unbe­wusst oder bewusst ein­ge­setzt wer­den. Ersteres wäre hin­sicht­lich des Vertrauens in wis­sen­schaft­li­che Institutionen fatal. Denn schließ­lich wer­den die­se Argumente von einer Person ver­tre­ten, die mit einer eigent­lich als renom­miert wahr­ge­nom­me­nen Institution, dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft ver­bun­den ist. Letzteres wäre nach gän­gi­ger Definition eine Propagandatechnik – und damit eben­so fatal.

Wenn eine seriö­se Aufarbeitung der ver­gan­ge­nen drei Jahre mög­lich sein und die gesell­schaft­li­che Spaltung über­wun­den wer­den soll, muss zunächst ein­mal wie­der ver­nünf­tig und wis­sen­schaft­lich soli­de argu­men­tiert wer­den kön­nen. Zirkelschlüsse, mora­li­sie­ren­de Verzerrungen und empi­risch-sta­ti­stisch frag­wür­di­ge Interpretationen sind der fal­sche Weg.

8 Antworten auf „Corona-Debatte: Es ist Zeit für eine Rückkehr zur wissenschaftlichen Seriosität“

  1. Patrick Breyer #JoinMastodon
    @echo_pbreyer
    Unsere Gesundheitsdaten sind Privatsache!

    Die rechts-kon­ser­va­ti­ven Berichterstatter wol­len mehr Datenschutz beim 'Europäischen Raum für Gesundheitsdaten' (#EHDS), aber um einen Kontrollverlust zu ver­hin­dern fehlt noch viel.

    Mein vol­les Statement: https://​peer​tu​be​.euro​pean​-pira​tes​.eu/​w​/​4​t​K​r​e​1​C​E​a​S​u​v​K​1​4​f​a​J​1​GYZ
    Translate Tweet
    8:45 AM · Mar 3, 2023
    https://​twit​ter​.com/​e​c​h​o​_​p​b​r​e​y​e​r​/​s​t​a​t​u​s​/​1​6​3​1​5​7​6​4​6​8​4​3​3​1​2​1​2​8​0​?​c​x​t​=​H​H​w​W​g​M​C​9​j​e​q​J​w​6​Q​t​A​AAA

  2. Es wird ja durch­aus auch wis­sen­schaft­lich kor­rekt argu­men­tiert, nur lei­der blei­ben dann die­se wirk­lich wis­sen­schaft­li­chen Argumente ungehoert …

    Prominentes Beispiel dafuer sind die von Tom Lausen am 28.02. beim Symposium des Vereins MWGFD vor­ge­tra­ge­nen Daten zu den Krankschreibungen:

    https://​tkp​.at/​2​0​2​3​/​0​3​/​0​3​/​k​r​a​n​k​e​n​k​a​s​s​e​n​-​i​n​-​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​-​1​-​v​o​n​-​5​0​-​g​e​i​m​p​f​t​e​n​-​a​r​b​e​i​t​s​u​n​f​a​e​h​i​g​-​g​e​m​e​l​d​e​t​-​w​e​g​e​n​-​i​m​p​f​-​n​e​b​e​n​w​i​r​k​u​n​g​en/

    Es ist erschreckend und ein ein­deu­ti­ges Argument *gegen* die "Impfung", wenn es wegen Covid-19 in 2021 "nur" mit weni­ger als 325.000 Krankschreibungen fast dop­pelt so vie­le wie in 2020 gege­ben hat (eine Krankschreibung, sprich "Au-Bescheinigung" wegen Covid-19 durf­te nur bei "sym­pto­ma­ti­schen Erkrankungen" aus­ge­stellt wer­den, ein posi­ti­ver PCR-Test mit ange­ord­ne­ter Quarantaene reich­te nicht), waeh­rend die Zahl der Krankschreibungen wegen Impfnebenwirkungen bei mehr als 1,24 Mio lag. 

    Ich emp­feh­le den Vortrag von Tom Lausen im ver­link­ten Video anzu­hoe­ren und anzu­se­hen. Dort stellt er auch Vegleiche mit den ent­spre­chen­den Zahlen aus der "vor Corona Zeit" her. Diese Daten sind wirk­lich erschreckend, wer­den aber ver­mut­lich wie auch schon zuvor sei­ne vor­ge­tra­ge­nen Daten zur Anzahl an Impfnebenwirkungen laut den Abrechnungsdaten der Krankenkassen unge­hoert verhallen …

  3. Wie wohl­tu­end eine ratio­na­le, sach­li­che Argumentation doch wirkt, im Gegensatz zu den irra­tio­na­len Glaubenssätzen der inter­es­sen­ge­steu­er­ten oder fana­ti­sier­ten Zeugen Coronas.

  4. Bravo Prof. Kuhbandner.
    So geht Wissenschaft, Herr Wieler.
    Und die Ergebnisse dür­fen nicht nur, wie alles in der Welt sehr wohl hin­ter­fragt wer­den, son­dern müs­sen es.
    Was nötig ist, ist mehr Hirn und Charakter. Aufplustern allein reicht nicht.
    Die Dummköpfe und Opportunisten in Politik und Wissenschaft und die Verbrecher in bstimm­ten NGOs und Konzernen wer­den sich noch jah­re­lang mit die­sen Tatsachen aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Ich hof­fe es jedenfalls.

  5. Kuhbandner, das ist doch der, der den Lausen ange­pisst hat? Lausen habe fal­sche Zahlen falsch ana­ly­siert. Nur Kuhbandner wis­se es besser.

    Gleiche Masche die­ser Karsten Montag bei Multipolar: Wodarg habe Tödlichkeit von "Corona" unter­schätzt. Montag wis­se es eben ein­fach besser.

    Und noch so eine Figur: die­ser Nano-Wiesendanger laut dem Corona aus dem Labor stamme.

    Für mich alles instal­lier­te Zersetzer und Täuscher. Und es gibt sicher­lich noch mehr davon …

    Es gibt ziem­lich deut­li­che Zeichen, sol­che Figuren zu erkennen:
    man schaue sich an, wie die von den Großmedien und Insititutionen, etwa ihrer Uni, ange­fasst werden.

    ZB man ver­glei­che die Reaktionen auf
    den Nano-Wiesendanger ver­sus Reaktionen auf den Bakhdi

    auch ein Blick auf die Wikiblödia-Einträge mag da hilf­reich sein.

    Leider wer­den wir nicht ein­fach nur offen und direkt ver­arscht … so sehr das das nai­ve Bewusstsein auch wünscht. Diese Gegner kämp­fen prin­zi­pi­ell "mit geschlos­se­nem Visier", unter Masken, mit Verstellung, Täuschung und Betrug allerorten.

    1. "Corona aus dem Labor stamme"
      min­de­stens wur­de das Projekt "COVID-19" der US-Regierung recht­zei­tig, vor dem November 2019 in Kiew beendet
      (sie­he Veröffentlichung der US-DoD, Reiter „Sub-Awards“ , Pos 19–6192

      - https://​www​.usaspen​ding​.gov/​a​w​a​r​d​/​C​O​N​T​_​A​W​D​_​0​0​0​4​_​9​7​0​0​_​H​D​T​R​A​1​0​8​D​0​0​0​7​_​9​700
      ),

      viel­leicht recht­zei­tig für die Corona-Übung "201" im Oktober 2019. Für das Projekt "COVID-19" wäre es bequem, wenn das Pathogen aus einem US-Biolabor gelie­fert wäre, statt suchen ihn ein Jahr spä­ter auf einem chi­ne­si­schen Markt.

      (akac)

Schreibe einen Kommentar zu D. S. Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert