Corona-Fälle in Bayerns Kliniken – Verzerrtes Bild

Wenn immer mehr Berich­te auf­tau­chen wie die­ser vom 28.1. auf br​.de, dann müs­sen wir nicht auf dem bestehen, was wir wis­sen und sie wis­sen, daß näm­lich wir dies schon sehr lan­ge belegt haben:

»Der Blick in die Kran­ken­häu­ser soll­te eigent­lich dabei hel­fen, die Coro­na-Gefahr bes­ser ein­schät­zen zu kön­nen. Aber die Zah­len von den Nor­mal­sta­tio­nen ver­wir­ren: Auch in Bay­ern sind vie­le Coro­na-Pati­en­ten wegen ganz ande­rer Lei­den in Behandlung…

Das Lan­des­amt für Gesund­heit und Lebens­mit­tel­si­cher­heit (LGL) ver­mel­de­te auf sei­ner Web­sei­te zuletzt einen deut­li­chen Anstieg der "hos­pi­ta­li­sier­ten Fäl­le": Die Zahl der gemel­de­ten neu­en Coro­na-Pati­en­ten der ver­gan­ge­nen sie­ben Tage stieg dem­nach gegen­über der Vor­wo­che um 47,6 Pro­zent auf 685 (Stand: Frei­tag, 28.1.). Die Pro­zent­zahl ist auf der LGL-Sei­te rot hin­ter­legt, eine Fuß­no­te zu den Details der Daten fin­det sich nicht.

Dabei gibt es bei die­ser Zahl meh­re­re Pro­ble­me. Eines davon: Es wird nicht unter­schie­den zwi­schen Pati­en­ten, die wegen ihrer Coro­na-Infek­ti­on in die Kli­nik müs­sen, und Men­schen, die aus einem ande­ren Grund im Kran­ken­haus auf­ge­nom­men wur­den und bei denen dann zusätz­lich eine Infek­ti­on fest­ge­stellt wur­de. In der Argu­men­ta­ti­on vie­ler Poli­ti­ker taucht die­se wich­ti­ge Unter­schei­dung bis­her kaum auf. Bay­erns Staats­kanz­lei­chef Flo­ri­an Herr­mann (CSU) twit­ter­te zum Bei­spiel am 17. Janu­ar: "Vor­sicht und Umsicht auch bei Omi­kron: Wenn die Hos­pi­ta­li­sie­rungs­ra­te nied­rig und Krank­heits­ver­läu­fe weni­ger schwer blei­ben, sind Locke­run­gen in Sicht."

Kliniken in Bayern: Viele Patienten aus anderem Grund eingewiesen

Da weder das LGL noch Bay­erns Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um die Daten mit genaue­ren Grün­den für den Kran­ken­haus­auf­ent­halt zur Ver­fü­gung stel­len kön­nen, hat der BR stich­pro­ben­ar­tig bei meh­re­ren Kran­ken­häu­sern in grö­ße­ren baye­ri­schen Städ­ten nach­ge­fragt. Alle berich­ten mit Blick auf ihre Nor­mal­sta­tio­nen: Die Mehr­zahl der posi­tiv getes­te­ten Pati­en­ten ist wegen ande­rer Erkran­kun­gen sta­tio­när in Behand­lung – Coro­na ist eine Nebendiagnose.

Damit zeich­net die vom LGL gemel­de­te Zahl der hos­pi­ta­li­sier­ten Coro­na-Fäl­le ein unge­nau­es Bild – weil sie nicht zwangs­läu­fig abbil­det, wie vie­le Pati­en­ten durch die Pan­de­mie zusätz­lich zum gewöhn­li­chen Pati­en­ten­auf­kom­men behan­delt wer­den müs­sen. Ange­sichts der stark stei­gen­den Infek­ti­ons­zah­len wegen der Omi­kron-Vari­an­te dürf­te sich die­se Pro­ble­ma­tik noch verstärken.

So teilt etwa das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Regens­burg am Don­ners­tag mit, dass dort im Janu­ar bis­her ins­ge­samt 35 Pati­en­ten auf der Covid-All­ge­mein­sta­ti­on auf­ge­nom­men wor­den sei­en – 14 davon pri­mär wegen einer Coro­na-Infek­ti­on, 21 auf­grund ande­rer medi­zi­ni­scher Grunderkrankungen.

Uniklinik Würzburg: Mehrzahl "mit anderem führenden Leiden"

Die Uni­kli­nik Würz­burg lie­fert auf BR-Anfra­ge Daten zu allen Coro­na-posi­ti­ven Pati­en­ten, nicht nur auf der All­ge­mein- son­dern auch auf der Inten­siv­sta­ti­on. Dem­nach wur­den in der Kli­nik zuletzt (Stand: 27.1.) ins­ge­samt 31 Covid-Pati­en­ten sta­tio­när behan­delt – davon 10 beatmet und folg­lich auf der Inten­siv­sta­ti­on. Für die ver­blei­ben­den 21 Covid-Pati­en­ten auf Nor­mal­sta­ti­on galt: 19 davon, also fast alle, wur­den "mit ande­rem füh­ren­den Lei­den und beglei­ten­der SARS-CoV-2-Posi­ti­vi­tät behandelt"

Im Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Augs­burg besteht "bei weit über der Hälf­te der sta­tio­nä­ren SARS-CoV-2-infi­zier­ten Pati­en­ten eine asym­pto­ma­ti­sche oder mil­de ver­lau­fen­de Infek­ti­on und die sta­tio­nä­re Kran­ken­haus­be­hand­lung erfolgt aus ande­ren Grün­den". Das bedeu­te, dass cir­ca 30 Pati­en­ten einen sym­ptom­frei­en oder sym­ptom­ar­men Ver­lauf hät­ten, teil­te das Klin­kum mit. "Es han­delt sich hier­bei häu­fig um gegen SARS-CoV‑2 geimpf­te und/oder geboos­ter­te Patienten."

Bereits ver­gan­ge­ne Woche zeich­ne­te ein Spre­cher des LMU Kli­ni­kums in Mün­chen ein ähn­li­ches Bild für die dor­ti­gen Covid-Sta­tio­nen. Für den 18. Janu­ar teil­te er mit: "Ins­ge­samt behan­deln wir aktu­ell 50 Covid-19 Pati­en­ten im LMU Kli­ni­kum (Inten­siv- und Nor­mal­sta­tio­nen). Auf den Covid-Nor­mal­sta­tio­nen sind knapp die Hälf­te der Pati­en­ten wegen ande­rer Erkran­kun­gen auf­ge­nom­men wor­den, haben nun aber ein posi­ti­ves Test­ergeb­nis." Das Kli­ni­kum Nürn­berg konn­te auf Anfra­ge zunächst kei­ne Auf­schlüs­se­lung der Zah­len zur Ver­fü­gung stellen…

Verzerrte Daten: Gradmesser für Corona-Belastung?

Beson­ders poli­tisch sind die offen­bar ver­zerr­ten Daten aber bri­sant. Denn die Zahl der Coro­na-Hos­pi­ta­li­sie­run­gen dient in der Argu­men­ta­ti­on vie­ler Poli­ti­ker auch als Grad­mes­ser dafür, wie sehr die Kran­ken­häu­ser durch die Coro­na-Pan­de­mie zusätz­lich belas­tet wer­den – und wie gefähr­lich eine Coro­na-Infek­ti­on ist…

Daten aus anderen Bundesländern

Laut "Bild" lie­gen Covid-Pati­en­ten in Deutsch­land inzwi­schen "immer öfter" aus einem ande­ren Grund in der Kli­nik. Die Bou­le­vard­zei­tung frag­te nach eige­nen Anga­ben in Bun­des­län­dern nach, in denen dif­fe­ren­zier­te­re Daten vor­lie­gen. Dem­nach war im Saar­land in den ver­gan­ge­nen zwei Wochen "nur jeder vier­te offi­zi­ell gemel­de­te Coro­na-Pati­ent tat­säch­lich wegen Coro­na im Kran­ken­haus". Im Dezem­ber – also vor Omi­kron – sei es noch jeder Zwei­te gewesen.

Ähn­lich sieht es dem­nach in ande­ren Bun­des­län­dern aus: In Bre­men sei ver­gan­ge­ne Woche nur bei 40 Pro­zent der Coro­na-Pati­en­ten Covid auch der Ein­wei­sungs­grund gewe­sen – im Dezem­ber sei­en es noch 68 Pro­zent gewe­sen. In Rhein­land-Pfalz habe in den ver­gan­ge­nen zwei Wochen mit 44 Pro­zent eben­falls weni­ger als die Hälf­te der Coro­na-Pati­en­ten wegen des Virus im Kran­ken­haus gele­gen. In Baden-Würt­tem­berg sei es mit 58 Pro­zent noch die Mehr­zahl, die Ten­denz sei aber fal­lend…«

Eine Antwort auf „Corona-Fälle in Bayerns Kliniken – Verzerrtes Bild“

  1. "Wer suchet, der findet"
    Ich gehe auch jede Wet­te ein, daß vie­le Beses­se­ne direkt ins Kran­ken­haus gehen, weil sie Hus­ten oder Erkäl­tungs­sym­pto­me haben, weil man inner­halb von Stun­den ster­ben kann, wenn man sich infi­ziert hat.
    Hof­fent­lich hat die Lach­num­mer bald ein Ende, auch wenn es wie schon ein­mal die Deutsch­land, den wah­ren Schul­di­gen dann nicht an den Kra­gen geht.

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