Das verbale Aggressionsverhalten nimmt zu

Unter die­sem Titel erscheint am 22.1. auf stutt​gar​ter​-nach​rich​ten​.de nicht etwa eine Selbst­kri­tik. Es geht um den " Demons­tra­ti­ons­zug einer pan­de­mie­kri­ti­schen Grup­pe", wie die Ver­fas­se­rin for­mu­liert. Aller­dings kann sie nichts berich­ten, das die Über­schrift stützt, es sei denn, sie hält die­se thea­tra­li­sche Schil­de­rung für einen Beleg:

»Stutt­gart – Die älte­re Frau sucht Schutz hin­ter einer Rei­he von Poli­zis­ten vor dem Gebäu­de des Süd­west­rund­funks (SWR) in der Wer­der­stra­ße. Als der von zahl­rei­chen Tromm­lern beglei­te­te Demons­tra­ti­ons­zug einer pan­de­mie­kri­ti­schen Grup­pe dann am Funk­haus ange­kom­men war, rief sie den Pro­test­lern ent­ge­gen, wie gefähr­lich der Virus sei und unter wel­chen Long-Covid-Fol­gen sie zu lei­den hät­te. Dabei hob sie ihr ein­drück­li­ches Plakat.

Die lau­te Mas­se hin­ge­gen brüll­te die Frau nie­der und mach­te sich über sie lustig… 

Rolle der Medien im Fokus

Mehr als die ange­kün­dig­ten 1000 Teil­neh­men­den waren am Sams­tag­nach­mit­tag gekom­men, um vor dem SWR gegen die Pan­de­mie­be­richt­erstat­tung in den Medi­en zu pro­tes­tie­ren. „Wir zie­hen vor die Medi­en­häu­ser, denn da sitzt das Virus“, war auf Ban­nern zu lesen und die Men­ge skan­dier­te „Lügen­pres­se“ und wei­te­re demo­kra­tie- und medi­en­feind­li­che Paro­len. Ein Poli­zei­spre­cher sprach von einer „zuneh­men­den Stei­ge­rung des ver­ba­len Aggres­si­ons­ver­hal­tens“, das sich glei­cher­ma­ßen gegen Poli­zis­ten und Medi­en­schaf­fen­de rich­te. Wer „Lügen­pres­se“ ruft und behaup­tet, der SWR und ande­re Medi­en wür­den berich­ten, was ihnen „von oben“ gesagt wird, irrt.«


Lügenpresse

Ver­tre­ter von Jour­na­lis­ten­ge­werk­schaf­ten stimm­ten der Poli­zei­füh­rung zu. Sie bau­en mit eini­gem Recht dar­auf, daß das Wort "Lügen­pres­se" durch Pegi­da dis­kre­di­tiert wur­de. Aller­dings unter­schlägt die­se Sicht­wei­se, daß gera­de in Stutt­gart das Wort eine ganz ande­re Tra­di­ti­on hat. Auf einem Blog, der sich dem Kampf gegen "Coro­na-Leug­ner" ver­schrie­ben hat, ist dazu zu lesen:

»In der „ver­ba­len Schlacht“ um das Bahn­pro­jekt „Stutt­gart 21“ vor über zehn Jah­ren tauch­te die­se Begriff­lich­keit auch schon auf.
Die Geg­ner des Pro­jekts ver­brei­te­ten Fal­sch­nach­rich­ten und Lügen dar­über. Da die­se leicht zu durch­schau­en waren, haben sich die lin­ken Grup­pen, die die Anti-Stutt­gart-21-Bewe­gung befeu­er­ten, die­ser Prak­tik bedient und die Befür­wor­ter als „Lügen­pack“ und die Pres­se als „Lügen­pres­se“ bezeichnet.«
d‑sch.com

Pikant ist, daß sich am 4.2.2020 mit Win­fried Wolf einer der lin­ken Akti­vis­ten, ehe­ma­li­ger wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Sabi­ne Lei­dig (Par­tei Die Lin­ke) und Mit­ver­fas­ser des Zero-Covid-Auf­rufs so äußerte:

»Die 500. Montagsdemo gegen das Monsterprojekt S21 und die fünf Lügen der „Süddeutschen Zeitung“ zu Stuttgart 21

Das Pro­jekt Stutt­gart 21 wird in die­sen Tagen neu in die Schlag­zei­len rücken, unter ande­rem weil es in zwei Tagen, am 3. Febru­ar 2020, in Stutt­gart die 500. Mon­tags­de­mo gibt. Heu­te ist das The­ma wich­tig, da die größ­te Tages­zei­tung dem Pro­jekt S21 eine Sei­te wid­met und dabei fünf Mal die Unwahr­heit sagt.

Es ist einer die­ser Tage, an denen mir das Wort „Lügen­pres­se“ durch den Kopf schießt – das ich mir dann jedoch schnell wie­der ver­bie­te. Bloß kein Peg­in­da-AfD-Jar­gon [sic]!…

Die Süd­west­deut­sche Medi­en­hol­ding trom­mel­te mehr als ein Jahr­zehnt lang fast geschlos­sen für das Mons­ter­pro­jekt Stutt­gart 21. Ent­hül­lun­gen zu dem Pro­jekt und S21-kri­ti­sche Publi­ka­tio­nen wur­den ver­schwie­gen. Der Wider­stand wur­de und wird sys­te­ma­tisch kleingeschrieben.

Der SZ-Bei­trag ver­deut­licht ein wei­te­res Mal, wie wich­tig die Ent­wick­lung einer unab­hän­gi­gen Öffent­lich­keit ist – mit unab­hän­gi­gen Medi­en, wie es sie im Inter­net und teil­wei­se auch noch gedruckt gibt. Und wie wich­tig der Wider­stand auf der Stra­ße und vor dem Bahn­hof gegen das stadt­zer­stö­re­ri­sche Pro­jekt Stutt­gart 21 ist.«
lenk​-in​-stutt​gart​.de (4.2.2020)


Zurück zu den "Stutt­gar­ter Nachrichten":

»Vor dem SWR blieb es ins­ge­samt friedlich.

Den­noch kam es beim Demo­start auf dem P9-Park­platz am Wasen zu den übli­chen Pro­vo­ka­tio­nen sei­tens der Demons­tran­ten gegen­über der Poli­zei. Obwohl der Ver­samm­lungs­lei­ter immer wie­der zum Tra­gen einer Mas­ke auf­rief, wur­de dies von eini­gen igno­riert. Des­halb regis­trier­te die Poli­zei zahl­rei­che Ord­nungs­wid­rig­kei­ten und in einem Fall kam es auch zu einer Anzei­ge wegen Wider­stand gegen die Beam­ten. Ein wei­te­rer Mann zeig­te den Hit­ler­gruß und wur­de wegen Volks­ver­het­zung ange­zeigt.«

Man wird mit Sicher­heit davon aus­ge­hen kön­nen, daß es auf der Demo für die Ver­fol­gung des letzt­ge­nann­ten Vor­falls Ver­ständ­nis gab. Denn so endet der Bericht:

»Im Vor­feld war noch befürch­tet wor­den, dass Per­so­nen mit extre­mis­ti­schen Moti­ven die Demo nut­zen könn­ten, um ver­un­si­cher­te Men­schen auf ihre Sei­te zu zie­hen. Eine „spür­bar wahr­nehm­ba­re Beein­flus­sung vor die­ser Sei­te“ hät­te es an die­sem Sams­tag jedoch nicht gege­ben, ana­ly­sier­te ein Polizeisprecher.«

8 Antworten auf „Das verbale Aggressionsverhalten nimmt zu“

  1. Ein Poli­zei­spre­cher sprach von einer „zuneh­men­den Stei­ge­rung des ver­ba­len Aggres­si­ons­ver­hal­tens“, das sich glei­cher­ma­ßen gegen Poli­zis­ten und Medi­en­schaf­fen­de rich­te. Wer „Lügen­pres­se“ ruft und behaup­tet, der SWR und ande­re Medi­en wür­den berich­ten, was ihnen „von oben“ gesagt wird, irrt. 

    Ist das ein Druckfehler?

    Ein Poli­zei­spre­cher : "Wer „Lügen­pres­se“ ruft und behaup­tet, der SWR und ande­re Medi­en wür­den berich­ten, was ihnen „von oben“ gesagt wird, irrt."
    Soll­te das nicht hei­ßen, ein SWR-Spre­cher oder hat die Poli­zei neue Auf­ga­ben über­nom­men, z.B. Fak­ten­che­cke­rei (im Auf­trag des SWR)?

    Übri­gens, den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten, die hier zitiert wer­den geht es lei­der nicht sehr gut.
    Schlech­te Nach­rich­ten betref­fend die „Stutt­gar­ter Nach­rich­ten“ („StN“) und die „Stutt­gar­ter Zei­tung“ („StZ“).
    https://​mee​dia​.de/​2​0​2​2​/​0​1​/​2​0​/​s​t​e​l​l​e​n​a​b​b​a​u​-​i​m​-​s​t​u​t​t​g​a​r​t​e​r​-​p​r​e​s​s​e​h​a​u​s​-​g​e​p​l​a​nt/
    https://​www​.swr​.de/​s​w​r​a​k​t​u​e​l​l​/​b​a​d​e​n​-​w​u​e​r​t​t​e​m​b​e​r​g​/​s​t​u​t​t​g​a​r​t​/​b​e​i​-​s​t​u​t​t​g​a​r​t​e​r​-​z​e​i​t​u​n​g​-​d​r​o​h​t​-​s​t​e​l​l​e​n​a​b​b​a​u​-​1​0​0​.​h​tml

  2. Ich glau­be, ich schrieb's hier schon­mal: was Stuttgart21 im Klei­nen ist Coro­na im Gro­ßen. Und zwar was das Lügen­pack angeht (Pres­se und Poli­ti­ker) und was die Nutz­nie­ßer (Kapi­ta­lis­ten) angeht. Ob die Ursa­chen ähn­lich sind, las­se ich mal offen.
    Stuttgart21 war not­wen­dig, weil das Kapi­tal kei­ne Nach­fra­ge mehr fand. Durch die ent­stan­de­nen und noch ent­ste­hen­den rie­si­gen Schul­den erhal­ten die Kapi­ta­lis­ten wie­der mehr Zins­zah­lun­gen. Offen­sicht­lich ist das bei Coro­na auch so.
    Lügen­pack: Zwar waren die Grü­nen eher gegen das Bahn- (eigent­lich Umverteilungs-)Projekt, aber der Kret­sch­mann war, soweit ich mich erin­ne­ren kann, nie auf einer Anti-S21-Demo. Er sag­te sogar mal in einem Inter­view, das das nichts für ihn sei (Details und sei­ne Begrün­dung habe ich lei­der ver­ges­sen. Hör­te sich aber damals schon ziem­lich arro­gant an.) Der Herr­mann war dage­gen schon auf den Demos. Als er Ver­kehs­mi­nis­ter wur­de tön­te er anfangs sogar noch, daß es unter ihm kein S21 geben wer­de, dann besann er sich sei­ner Minis­ter­kar­rie­re und ließ es doch geschehen.
    Lügen­pres­se: Die taz mach­te sich anfangs über den S21-Wider­stand lus­tig. Erst als die schwä­bi­schen Abon­nen­ten mit der Kün­di­gung droh­ten, schwenk­te die taz um. Sogar das BUND-Maga­zin hat­te für den Wider­stand nur Rand­no­ti­zen übrig. Wie die Bericht­erstat­tung in den ande­ren Mas­sen­me­di­en ver­lief, weiß ich nicht mehr genau. Schwä­bi­sche Zei­tung und SWR gehör­ten aber damals schon zum größ­ten Lügenpack.
    Lei­der sind die dama­li­gen Wider­ständ­ler größ­ten­teils ideo­lo­gisch ver­blen­det. Sie kön­nen bezüg­lich Coro­na nicht klar den­ken, weil sie nicht auf der glei­chen Sei­te ste­hen wol­len, wie die angeb­lich Rech­ten. Selbst­auf­er­leg­te Frei­heits­be­schrän­kung, traurig.

  3. Der soge­nann­te ÖRF zur Klar­stel­lung, neben dem übli­chen Framing, des
    mitt­ler­wei­le inter­na­tio­na­len Wor­tes Lügenpresse:

    „Wie­wohl oft behaup­tet, ist die­ses Unwort "Lügen­pres­se" kei­nes, für das die Nazis die Urhe­ber­schaft rekla­mie­ren könn­ten. Schon in einem Arti­kel der Wie­ner Zei­tung vom 2. Sep­tem­ber 1835 steht der Satz: "Nur durch Unter­drü­ckung der Lügen­pres­se kann der wah­ren Pres­se auf­ge­hol­fen werden."
    In der Gra­zer Pos­til­le Arbei­ter­wil­le vom 7. Sep­tem­ber 1915 wird das "Werk der Lügen­pres­se" geta­delt, und in der Arbei­ter-Zei­tung, dem Zen­tral­or­gan der Sozi­al­de­mo­kra­tie Deutsch­ös­ter­reichs, wird am 18. Okto­ber 1920 beklagt, es sei einer "Lügen­pres­se, wie sie in glei­cher Gewis­sen­lo­sig­keit wohl in der gan­zen Welt nicht anzu­tref­fen sein wird, gelun­gen, den Men­schen den Wahn­sinn einzureden".
    In Vic­tor Klem­pe­rers Münch­ner Revo­lu­ti­ons­ta­ge­buch von 1919 taucht die "Lügen­pres­se" eben­falls auf, da kommt das Unwort aus lin­kem Mund – vom Spar­ta­kus­bund, des­sen eines Mit­glied Klem­pe­rer so zitiert: "Wir müs­sen zum rei­nen Sozia­lis­mus hin­durch wie die vor­bild­li­chen, nur von einer Lügen­pres­se mit Schmutz bewor­fe­nen Bolschewisten."

    Lin­ke wie Rech­te benutz­ten die­sen Begriff und wei­ter geht es im Arti­kel mit dem irren Frame:
    „Kampf­be­griff der „Spa­zier­gän­ger“
    Die dif­fa­mier­ten Spa­zier­gän­ger skan­die­ren zu Recht Lügen­pres­se, und die getrof­fe­nen Hun­de bellen…

    https://​www​.br​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​k​u​l​t​u​r​/​l​u​e​g​e​n​p​r​e​s​s​e​-​d​a​s​-​w​o​r​t​-​u​n​d​-​s​e​i​n​e​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​,​S​t​X​o​iKF

  4. Das Ableh­nen einer Gesichts-Bewin­de­lung ist also eine 'übli­che
    Provokation'.
    Und sol­che Arti­kel sind auch eine üble Pro­vo­ka­ti­on. Und Belei­di­gung. Mei­ner Intelligenz.

  5. Oh, jetzt sind wir schon "Pan­de­mie­kri­ti­ker". Das ist ja wie "Coro­na­kri­ti­ker". Kri­tik ist etwas, was zwi­schen Men­schen pas­siert. Ich kann kein Wet­ter kri­ti­sie­ren ("Wet­ter­kri­ti­ker") und auch kei­nen Regen­wurm ("Regen­wurm­kri­ti­ker"). Man kann ein Mer­kel-Kri­ti­ker und auch ein FIFA-Kri­ti­ker, denn die FIFA ist ja von Men­schen erschaf­fen. Das ergibt dann Sinn. Will die Stutt­gar­ter Zei­tung andeu­ten, die Pan­de­mie ist von Poli­ti­k­er­hand initi­iert worden? 

    Was die komi­sche Frau angeht, dann soll die mal in sich gehen. Ihr per­sön­li­ches Schick­sal stellt nie­mand in Abre­de. Es gibt genau­so Leu­te, die Lang­zeit­fol­ge bei Grip­pe davon­tra­gen. Das ist im Ein­zel­fall schlimm, aber das Leben beinhal­tet sol­che Risi­ken. Das ist kein Grund, die Men­schen mit Maß­nah­men vor­sätz­lich zu schä­di­gen, in ihrer Gesund­heit und in ihrer finan­zi­el­len Situa­ti­on. Fra­gen sich die­se Leu­te über­haupt, woher das Geld für The­ra­pien her­kom­men soll, wenn man die Wirt­schaft mas­sivst schä­digt? Letzt­end­lich ist alles davon abhän­gig, dass Men­schen wert­schöp­fend tätig sind (dazu gehö­ren auch Kul­tur, Bespa­ßung und Gas­tro) und Geld in die Sozi­al- und Steu­er­kas­sen spü­len. Dazu muss man nicht Volks­wirt­schaft stu­diert zu haben, um das zu kapieren.

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