Noch eher zaghaft melden sich auch im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk kritische Stimmen zum Umgang mit den "Corona-Maßnahmen". In einem Beitrag von heute mit obigem Titel auf rbb24.de wird berichtet über einen SPD-Abgeordneten aus Berlin, der das undemokratische Vorgehen des Senats nicht mehr billigt, einen Verfassungsjuristen der Goethe-Universität (!) mit großen Bedenken und einen Senatssprecher, der alles in Ordnung findet ("Es ist keine Zeit."):
»Sven Kohlmeier hat einen ganzen Stapel Papier in der Hand. Es sind Unterlagen aus dem Rechtsausschuss, in dem er als SPD-Abgeordneter im Landesparlament sitzt. "Das hier sind alles Gesetzesvorhaben, zu denen es ausführliche Sachverständigenanhörungen gab", berichtet Kohlmeier rbb|24. Ob Mietendeckel oder Datenschutzgesetze: Jede Fraktion dürfe bei solchen Anhörungen die Sachverständigen einladen, deren Positionen ihnen im Gesetzgebungsverfahren wichtig erscheinen. "Bei den Corona-Maßnahmen könnte man sich so nicht nur mit den gesundheitlichen Auswirkungen auseinandersetzen, sondern auch mit den sozialen, wirtschaftlichen oder bildungspolitischen."
Der SPD-Mann wundert sich nun, warum die SPD-geführte Berliner Landesregierung so ein öffentliches und demokratisches Verfahren ausgerechnet bei einschneidenden Maßnahmen, wie sie im Kampf gegen das Corona-Virus eingesetzt werden, nicht einsetzt. "Die Diskussion muss ins Parlament, und zwar nicht nur hier in den Plenarsaal, sondern auch in die Ausschüsse mit den Experten, damit eine breite Diskussion über die Maßnahmen möglich ist". Kohlmeier ist mit dieser Forderung nicht allein. Vor allem aus AfD und FDP kommt großer Protest gegen die Verordnungspolitik des rot-rot-grünen Senats.
Grundrechtseinschränkungen am Gesetzgeber vorbei
Dennoch hat sich am Verfahren, dass sich die Länderchefs mit der Bundeskanzlerin über die anstehenden Maßnahmen beraten, nicht viel geändert: Sie geschehen stets hinter verschlossener Tür. In der anschließenden Pressekonferenz können einige wenige Fragen gestellt werden, doch der Abwägungsprozess ist nicht annähernd so transparent wie in einem förmlichen Gesetzgebungsverfahren.
Die Bund-Länder-Gipfel sind keine gesetzgebende Institution. Auch Verordnungen dürfen sie nicht erlassen. Deswegen müssen die einzelnen Bundesländer die dort getroffenen Beschlüsse beraten und mit einer Rechtsverordnung umsetzen. Aber auch dieser Prozess geschieht bislang hinter verschlossener Tür. Die jeweilige Verordnung muss grundsätzlich nicht im Parlament beraten werden und gelangt auch in keinen Ausschuss.
Rechtsverordnungen gelten als "untergesetzliche Normen"
"Das ist ein Problem für die Legitimität der Maßnahmen", befürchtet der Verfassungsjurist Uwe Volkmann von der Goethe-Universität in Frankfurt. "Eine parlamentarische Debatte eröffnet die Chance, Alternativen und andere kritische Positionen zu Wort kommen zu lassen. Das findet gerade nicht statt, so dass sich vielleicht auch deswegen der Protest gegen die Maßnahmen teilweise so verquere Räume sucht wie etwa die Querdenker", sagt Volkmann gegenüber rbb|24…
Das Spiel auf Zeit
Warum der Berliner Senat dennoch seit Monaten anders verfährt, rechtfertigt Christian Gaebler als Chef der Senatskanzlei so: "Es ist keine Zeit. Wenn ich hochgehende Infektionszahlen habe, dann kann ich kein normales Gesetzgebungsverfahren machen. Wenn der Senat ein Gesetz vorlegen würde, dann müssten wir erstmal in drei Wochen eine Anhörung machen mit den jeweiligen Verbänden und Beteiligten. Dann wird es ins Parlament gegeben, das dann das Gesetz in zwei Lesungen behandelt eventuell auch noch mit Anhörungen. Das funktioniert in einer Pandemie nicht." Der Verordnungsweg ist daher schneller und unkomplizierter…
Hoffnung auf eine gesetzliche Regelung im Bundestag
Diese Neuregelung im Infektionsschutzgesetz hat die erste parlamentarische Beratung, die sogenannte erste Lesung, bereits in der vergangenen Woche durchgemacht. Am Donnerstag war der Entwurf dann im Gesundheitsausschuss des Bundestags Thema einer mehrstündigen Anhörung. Das Urteil der meisten Sachverständigen war jedoch wenig optimistisch. "Aus dem grundrechtlichen Wesentlichkeitsvorbehalt und dem Bestimmtheitsgrundsatz ergibt sich, dass der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Befugnisnorm selbst regeln muss. Je schwerer in Grundrechte eingegriffen wird, desto detailreicher und genauer muss die parlamentarische Norm sein", sagte Anika Klafki, Juniorprofessorin für öffentliches Recht an der Universität in Jena. Um dem zu genügen, müsse ein Gesetz drei Fragen beantworten: Was darf angeordnet werden? Unter welchen Voraussetzungen darf die jeweilige Maßnahme angeordnet werden und welchen Grenzen unterliegt die Maßnahme. "Auf keine dieser drei Fragen gibt der derzeitige Entwurf eine klare Antwort", so Klafki.
Noch kann der Entwurf nachbearbeitet werden, bevor er nächsten Mittwoch nach der zweiten und dritten Lesung zur Abstimmung im Bundestag steht. Das ist ein weiterer wesentlicher Vorteil eines Gesetzgebungsverfahrens: Handwerkliche Mängel können entdeckt werden, bevor es in der Praxis Probleme gibt.«
Ist das der gleiche rbb, der im Frühjahr das Interview mit der Virologin Karin Mölling als »Einzelmeinung« bezeichnete und sich mehr oder weniger davon distanzierte, daß es geführt und bei rbb (/radioeins) veröffentlicht wurde?
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland darf auch mal ganz vorsichtig Kritik üben:
https://www.rnd.de/beruf-und-bildung/kinder-in-der-corona-pandemie-politik-muss-die-kleinsten-in-den-fokus-nehmen-LLBMV5NUNBEYZNS35LCRUVYMVU.html
– (Kinder) sollen dicke Jacken anziehen, lüften, sich nicht anfassen und in ihren Kreisen stehen. Fast scheint es, als gälten Kita-Kinder und Grundschüler in diesem Land vor allem als Betreuungsproblem.
– „Mama, ist jetzt der Kindergarten zu, weil ich mir nicht ordentlich die Hände gewaschen habe?“
– Ein Lehrer sagt laut „Süddeutscher Zeitung“ vor 13-Jährigen: „Corona ist wie die Pest. Ihr seid die Pestratten, vor denen ich mich schützen muss.“