Die Enttäuschung mit den Schnelltests

Das ist die Überschrift eines Artikels auf faz​.net am 16.4. (Bezahlschranke). Auch bis dort hat sich inzwi­schen her­um­ge­spro­chen, was hier seit Monaten zu lesen ist: Schnelltests tau­gen nichts. Die Schlußfolgerung der drei AutorInnen der FAZ: Lieber kei­ne Öffnungen.

»Schein­bar hat­ten sie alles rich­tig gemacht. Zwei Schwestern woll­ten sich mit ihren Familien zu Ostern bei den Großeltern tref­fen, und alle haben sich Schnelltests unter­zo­gen, um sicher­zu­ge­hen. Trotzdem aber regi­strier­te das Gesundheitsamt in Hamburg-Eimsbüttel nach dem Treffen vier Infektionen. Es sei zwar nicht ganz aus­zu­schlie­ßen, dass das Virus durch die nicht gete­ste­ten Kinder hin­ein­ge­tra­gen wor­den sei, heißt es dort, viel wahr­schein­li­cher aber sei, dass eine der Schwestern bereits, ohne es zu wis­sen, infi­ziert gewe­sen sei – und der Schnelltest nicht ange­schla­gen habe. „Das macht die Tests als sol­che nicht schlecht, aber sie funk­tio­nie­ren eben nur dann, wenn die Viruslast hoch ist. Es ist ein Kompromiss, des­sen muss man sich bewusst sein“, sagt die Leiterin des Gesundheitsamtes Eimsbüttel, Gudrun Rieger-Ndakorerwa. „Es ist gut und schön, dass wir die Schnelltests haben. Aber die Tests sind eigent­lich nicht dafür da, in eine stei­gen­de drit­te Welle hin­ein alles öff­nen zu kön­nen, son­dern nur, um Infektionen schnell zu erkennen.“…

Superspreader aufspüren

Offenbar gibt es immer noch die Vorstellung, mit den Schnelltests kön­ne man eine groß­an­ge­leg­te Öffnungsstrategie beglei­ten und sich bei­spiels­wei­se fürs Shopping „frei­te­sten“ – und für alle ande­ren Aktivitäten gleich mit, die mit einer Öffnung ein­her­ge­hen. Diese Illusion von Sicherheit kann und konn­te ein Schnelltest noch nie lie­fern. Die gro­ße Mehrheit der unab­hän­gig vali­dier­ten Antigen-Schnelltests auf dem Markt hat grund­sätz­lich eine hohe Sensitivität. Sie beträgt deut­lich über neun­zig Prozent und ist zum Teil auch genau­so hoch wie die der PCR-Tests – aller­dings nur, wenn die Infizierten zum Testzeitpunkt auch wirk­lich infek­ti­ös sind. Aussagekräftig sind die Antigen-Schnelltests, wenn sich vie­le Viren im Nasenrachenraum fin­den und die Wahrscheinlichkeit, dass die­se infek­tiö­sen Viren mit Aerosolen etwa beim Sprechen abge­ge­ben wer­den, sehr hoch ist…

Der Effekt könnte verpuffen, wenn man die Tests mit Öffnungen kombiniert

Eines kann man sich in kom­mu­na­len Behörden noch nicht so recht erklä­ren. Obwohl die Zahl der Infizierten steigt, ist der Anteil der mit Schnelltests posi­tiv gete­ste­ten Personen noch immer unter einem Prozent. Eine These ist, dass ein Teil der Bevölkerung sehr gewis­sen­haft und regel­mä­ßig testen lässt; dass es aber einen ande­ren Teil gibt, der die Regeln nicht befolgt und Tests mei­det. Dazu passt, dass Falschangaben gegen­über Behörden in den ver­gan­ge­nen Monaten zuge­nom­men haben…

Epidemiologen schät­zen, dass die Schnelltests bis zu zwan­zig Prozent zur Senkung des R‑Wertes bei­tra­gen kön­nen. Wird aller­dings so viel gelockert an ande­ren Maßnahmen, dass die­se Öffnungen die Virusausbreitung und damit den R‑Wert deut­lich anstei­gen las­sen, kann die Wirkung der Schnelltests schnell verpuffen.«

Da es in die­sem Land nur einen wirk­li­chen Epidemiologen gibt, dürf­te klar sein, von wem die Erkenntnis stammt.

7 Antworten auf „Die Enttäuschung mit den Schnelltests“

  1. Toll! Der Stilblüten-R-Wert steigt expo­nen­ti­ell (es ist ja noch Pollensaison). Und ein Superspreader in einem ein­zi­gen Abschnittchen!

    "Eines kann man sich in kom­mu­na­len Behörden noch nicht so recht erklä­ren." (nur "Eines"?)
    "Obwohl die Zahl der Infizierten steigt" (Ömm. wie hat man das noch­mal raus­ge­fun­den? etwa PCR-Tests? Ommmmm!)
    "ist der Anteil der mit Schnelltests posi­tiv gete­ste­ten Personen noch immer unter einem Prozent." (Mein Favorit! Die sind also immer noch unzu­frie­den, wenn sich, sagen wir, "nur" 10 Millionen pro Woche "sehr gewis­sen­haft und regel­mä­ßig testen lässt" und dabei "nur" 100000 posi­tiv sind????!)
    "dass es aber einen ande­ren Teil gibt, der die Regeln nicht befolgt und Tests mei­det" (ach so, zu den "Regeln" gehört also, dass man Tests eben nicht "mei­det"! )
    "Dazu passt, dass Falschangaben gegen­über Behörden in den ver­gan­ge­nen Monaten zuge­nom­men haben…" (und wie genau haben die das "ermit­telt"? Gibt sicher eine dazu pas­sen­de "Studie":
    Einmal Befragung mit mit, ein­mal mit ohne Lügendetektor?)
    "… kann die Wirkung der Schnelltests schnell ver­puf­fen". (Stimmt! Je gerin­ger der "Teil der Bevölkerung [der sich] sehr gewis­sen­haft und regel­mä­ßig testen lässt", desto gerin­ger die Testmenge und je gerin­ger die Testmenge desto gerin­ger die Anzahl der Positivtests und je gerin­ger die Anzahl der Positivtests desto klei­ner R‑Wert und "7‑Tage-Inzidenz").

  2. die mas­sen­tests schaf­fen nur eine bes­se­re Ausgangslage für die PCR-Tests, man trifft qua­si eine Vorauswahl, um die Anzahl der PCR-Positiven zu erhö­hen. Da man das jetzt mas­sen­haft an den Schulen macht, wer­den bald die Schulen als "Pandemietreiber" her­hal­ten müssen.
    Ich kann nicht mehr glau­ben, dass das alles Dilettantismus ist, das ist Absicht. Seit einem Jahr!! sei­tens des RKI nicht eine reprä­sen­ta­ti­ve Kohortenstudie, um die Dunkelziffer zu ermit­teln, Boykottieren von Obduktionen, die Zählweise der Coronatoten, Schließen von 20 Krankenhäusern in der schlimm­sten Pandemie aller Zeiten, so viel Unfähigkeit ist selbst bei Behörden nicht anzunehmen.

  3. Alle reden vom Schnelltest und sei­nem Nutzen.
    Hat sich schon eimal einer Gedanken über die Sondermüllberge
    die­ser Tests gemacht?
    Habe heu­te im Lidl Schnelltests für 3, 99€ das Stück gesehn.
    Die haben mehr Verpackung als 'ne 20er Packung Aspirin.
    Genauso die Gesichtswindel und genorm­te Affenschnautze.
    Auch Sondermüll.
    Und dann heisst es immer: Müll vermeiden.

  4. Argh… schon rein mathe­ma­tisch kön­nen Schnelltests (und bei posi­ti­vem Erstergebnis nach­fol­gen­de PCR-Tests), die zusätz­lich zu her­kömm­lich ver­an­lass­ten PCR-Tests durch­ge­führt wer­den, die gemes­se­ne Inzidenz und die Positivrate aus­schließ­lich erhö­hen, da eine Präselektion posi­ti­ver Ergebnisse statt­fin­det. Die ein­zi­ge Ausnahme wäre, wenn der Schnelltest eine Sennsitivität hät­te, die unter­halb der Positivrate her­kömm­lich ver­an­lass­ter PCR-Tests liegt, also der­zeit zehn Prozent.
    Dieser Effekt tritt unaus­weich­lich auf, solan­ge die Zahl der Schnelltests erhöht wird oder PCR-Tests nach Schnelltests die ande­ren PCR-Tests zuneh­mend ver­drän­gen. Solange bleibt der R‑Wert auch über 1.
    Es gibt nur drei mög­li­che Ereignisse, die das aus­brem­sen kön­nen: ent­we­der Chuck Norris greift ein, oder die Regierung erhält das Gehirn aus der Wartung zurück, oder die Frühjahrs/Sommer-Erhoung, wel­che alle vira­len Atemwegserkrankungen aus­bremst tritt ein. Ich set­ze auf Ereignis 3.

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