"Extremismus eigener Art"

Ist das ein Tor der eige­nen Art? Auf sued​deut​sche​.de ist am 4.12. zu lesen:

»Der Vorschlag von Niedersachsens Verfassungsschutz-Chef Witthaut geht nun dahin, auch die­je­ni­gen, die Verschwörungsideologien tei­len, ohne ins klas­si­sche Schema des Rechtsextremismus zu pas­sen, mit in den Blick zu neh­men. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat­te dafür kürz­lich in einem inter­nen Lagebild den Begriff eines "Extremismus eige­ner Art" vor­ge­schla­gen.«

Also ein Mißverständnis. Der Inlandsgeheimdienst will gar nicht den Extremismus in den eige­nen Reihen beob­ach­ten. Der Niedersachse will wie auch sein Thüringer Kollege vielmehr:

»Kurz vor der Innenministerkonferenz in der kom­men­den Woche plä­diert er für eine Beobachtung der Verbreiter von Verschwörungsideologien durch den Verfassungsschutz. "Es geht bei die­ser Hetze dar­um, den Staat aus den Angeln zu heben", sag­te Witthaut der Süddeutschen Zeitung. "Die gehen immer offe­ner dazu über zu sagen: Wir wol­len die­sen Staat nicht, wir wol­len ein ande­res System."

[Er] rät nun dazu, sich nicht nur auf Querdenker zu fokus­sie­ren. "Wer weiß, ob es die in ein paar Monaten noch gibt?" Ebenso wich­tig sei, die dahin­ter­ste­hen­de Ideologie in den Blick zu neh­men. Diese sei auch schon vor den Corona-Protesten ver­brei­tet gewe­sen, "und sie wird auch nach einem Ende der Corona-Proteste nicht wie­der verschwinden".«

Angesichts der gesam­ten Geschichte des Verfassungsschutzes (s. V‑Leute und Nazi-Tradition im Verfassungsschutz) wäre es reich­lich blau­äu­gig zu unter­stel­len, der Dienst habe hier die Rechte im Blick. Mit ihr war er stets aufs Innigste ver­bun­den. Dabei gibt es natür­lich auf der Rechten Bestrebungen, die "Corona-Proteste" zu nut­zen, um für auto­ri­tä­re und natio­na­li­sti­sche Alternativen zum Grundgesetz zu mobilisieren.

Warum aber sol­len Fragen an das gegen­wär­tig erleb­te "System" ver­fas­sungs­wid­rig sein? An ein System, das beden­ken­los mit Impfungen Menschenversuche durch­füh­ren will? In dem aus Gründen des "Bevölkerungsschutzes" das Demonstrationsrecht sus­pen­diert wird? In dem eine Medienlandschaft uni­so­no Pressemitteilungen von Pharmakonzernen für bare Münze nimmt und eine Diskussion wis­sen­schaft­li­cher Positionen weit­ge­hend unter­bin­det? Ein System, das in einer Krise stets die Mächtigen und Reichen noch mäch­ti­ger und rei­cher wer­den läßt? Ein System, in dem Konzernlobbyisten bei den Regierungen ein und aus gehen und des­sen Kontrollinstrumente wie die Bankenaufsicht regel­mä­ßig ver­sa­gen? Ein System, das Umweltzerstörung im Sinne von "wirt­schaft­li­chem Wachstum" zum Programm macht, das ohne Verelendung der Länder des "glo­ba­len Südens" nicht über­le­bens­fä­hig ist?

Nein, Fragen an das "System" sind drin­gend erfor­der­lich. Sie soll­ten nun auch von den­je­ni­gen in den Fokus genom­men wer­den, die eine rech­te, auto­ri­tä­re und natio­na­li­sti­sche Lösung der Krisen ablehnen.

8 Antworten auf „"Extremismus eigener Art"“

  1. Wie deut­lich muss die Frage denn noch legi­ti­miert wer­den, ob es hier um Gesundheit geht??? Wer das jetz­noch allen Ernstes nicht min­de­stens ansatz­wei­se hin­ter­fragt, wird ver­mut­lich blau­en Wunder erle­ben. Die Uhr tickt.

  2. "Es geht bei die­ser Hetze dar­um, den Staat aus den Angeln zu heben", sag­te Witthaut der Süddeutschen Zeitung. "Die gehen immer offe­ner dazu über zu sagen: Wir wol­len die­sen Staat nicht, wir wol­len ein ande­res System."

    FALSCH. Der Staat bzw. sei­ne gewähl­ten Politiker haben sich selbst aus den Angeln geho­ben. Die "bösen" Corona-Kritker wol­len das, was wir bis vor knapp einem Jahr hat­ten, wie­der her­stel­len: Demokratie, Rechtsstaat, kein Ermächtigungsgesetz.

  3. Eine erstaun­li­che Forderung nach wei­te­rer Gängelung ledig­lich unbe­que­mer Mitbürger, kommt sie doch aus dem Mund eines ehe­ma­li­gen hohen Gewerkschafts- und Personalvertreters der Polizei. Herr Witthaut soll­te eigent­lich auf­grund die­ser frü­he­ren Funktionen mit Vorgängen des kri­ti­schen Hinterfragens bestens ver­traut sein und Bestrebungen des "Untertanen" nach Aufklärung grund­sätz­lich begrü­ßen. Allerdings steht er bereits seit 2013, nach­dem er durch den dama­li­gen nie­der­säch­si­schen Innenminister Boris Pistorius zum Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Osnabrück ernannt wur­de, natur­ge­mäß wohl nicht mehr auf der der Seite der "Schwachen" son­dern genau gegenüber.
    Man betrach­te den ins­ge­samt kome­ten­haf­ten Aufstieg von Herrn Witthaut, der es schaff­te, aus Besoldungsgruppe A 13 letzt­lich nach B 4 zu gelan­gen. Die vor­läu­fi­ge Krönung sei­ner Beamtenlaufbahn erfolg­te 2019 mit der Ernennung zum nie­der­säch­si­schen Verfassungsschutzpräsidenten (Quelle: Wikipedia).
    Eine Frage sei in die­sem Zusammenhang erlaubt: "Könnte es sein, dass man vor dem Hintergrund einer der­art stei­len Karriere frü­he­re Überzeugungen aufgibt?"

  4. …"Verfassungsschutz", haha­ha.
    An einer Verfassung man­gelt es nach wie vor. Das Grundgesetz ist das Einzige ist, was wir hier haben durften.
    Insofern müss­te es dann schon "Grundgesetzschutz" lauten.
    Und selbst die­ses Gesetz wird geflis­sent­lich lau­fend missachtet.

    Falls der Verfassungsschutz es sich zur Aufgabe gemacht haben soll­te, uns vor einer seit lan­gem aus­ste­hen­den Verfassung zu schüt­zen, bekä­me der Begriff einen tref­fen­den Wortsinn.

    Aber das ist sicher nur eine wei­te­re Verschwörungstheorie.

  5. Flachere Strukturen einer Protestbewegung oder Kultur, die sich gegen Corporatocracy zur Wehr set­zen, sind natür­lich staats­zer­set­zend, wenn staat­li­che und wirt­schaft­li­che Macht ver­schmel­zen sol­len (ein bzw. das Kernmerkmal das Faschismus).

    Was liegt da näher, als die schon im Vorfeld zu kriminalisieren. 

    Schlapphüte bei der Arbeit, so wie wir das gewohnt sind. 

    Werden wir die nicht irgend­wie los, ist alles ande­re hoffnungslos.

  6. " …Nach Ansicht von Thüringens Innenminister Maier mischen bei Demonstrationen der "Querdenken"-Bewegung zu einem Drittel Rechtsextremisten mit. … Der SPD-Politiker sprach sich dafür aus, dass die Polizei schon im Vorfeld von "Querdenken"-Demonstrationen ver­hin­dert, dass Extremisten aus ande­ren Teilen Deutschlands anrei­sen. …die Polizei müs­se, "wenn nötig, die Teilnehmer streng kon­trol­lie­ren" – etwa auf Waffen.…" 

    https://​www​.tages​schau​.de/​i​n​l​a​n​d​/​q​u​e​r​d​e​n​k​e​n​-​1​0​5​.​h​tml

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