Falsches Masken-Attest: Amtsgericht Diez verurteilt 32-Jährigen

Bei einem Masken-Attest kann die Justiz gering­fü­gig gna­den­lo­ser wal­ten als bei­spiels­wei­se beim Millionen-Betrug mit der Beschaffung von Masken. Unter genann­ter Überschrift ist auf swr​.de am 14.12.22 zu lesen und zu hören, daß nach Auffassung des Redakteurs nicht etwa das Urteil skur­ril ist, son­dern der Verurteilte:

»Das Amtsgericht Diez hat einen Mann zu 1.200 Euro Geldstrafe ver­ur­teilt: Er hat­te bei einer Kontrolle in einem Diezer Supermarkt kei­ne Corona-Maske – angeb­lich aus medi­zi­ni­schen Gründen.

Das Amtsgericht Diez begrün­de­te die Verurteilung des Mannes damit, dass der Hamburger Arzt ihn nie unter­sucht hat­te. Der 32-Jährige habe des­we­gen wis­sen müs­sen, dass das Attest falsch war. Trotzdem habe er es bei einer Kontrolle in einem Supermarkt in Diez Ende Dezember 2021 der Polizei gezeigt. In Rheinland-Pfalz galt bis Anfang April eine Maskenpflicht beim Einkaufen«

11 Antworten auf „Falsches Masken-Attest: Amtsgericht Diez verurteilt 32-Jährigen“

  1. Vielleicht hat­te er dochh lie­ber einen Anwalt beauf­tra­gen sol­len, der dann haet­te argu­men­tie­ren koen­nen, dass es ja bereits eine gericht­li­che Entscheidung gibt, dass man aus einer feh­len­den aerzt­li­chen Untersuchung noch nichht schlie­ssen koen­ne, dass ein Attest wirk­lich falsch ist. Dazu mues­se man expli­zit bewei­sen, dass die atte­stier­ten Beschwerden zum Zeitpunkt der Ausstellung tat­saech­lich nicht vor­la­gen (oft­mals ein ziem­lich aus­sichts­lo­ses Unterfangen).
    Zwar ist auch das noch kein Garant fuer ein sinn­vol­les Urteil, aber es haet­te viel­leicht die Chancen des Mannes vor Gericht erhoeht.

  2. Ich hat­te den Hinweis auf die­ses bizar­re Urteil, ver­se­hen mit einem klei­nen Kommentar, gestern an ande­rer Stelle plat­ziert, hier passts jetzt bes­ser (ich hof­fe die noch­ma­li­ge Veröffentlichung ist für den Blogbetreiber in Ordnung).

    14. DEZEMBER 2022 UM 23:30 UHR

    Das nach wie vor gro­tes­ke Gebaren der deut­schen Justiz lässt sich schwer­lich bes­ser beleuch­ten als mit die­ser Meldung des SWR vom 14.12. 2022:

    https://​www​.swr​.de/​s​w​r​a​k​t​u​e​l​l​/​r​h​e​i​n​l​a​n​d​-​p​f​a​l​z​/​k​o​b​l​e​n​z​/​c​o​r​o​n​a​-​f​a​l​s​c​h​e​s​-​m​a​s​k​e​n​a​t​t​e​s​t​-​m​a​n​n​-​v​e​r​u​r​t​e​i​l​t​-​d​i​e​z​-​1​0​0​.​h​tml

    Verurteilt näm­lich wur­de ein 32 Jähriger Mann, der sich im Dezember 2021 die uner­hör­te Freiheit nahm, ein­kau­fen zu gehen. Allerdings trug er dabei kei­ne (vor­ge­schrie­be­ne) Maske und muss­te sich infol­ge­des­sen den kri­ti­schen Fragen der hin­zu­ge­zo­ge­nen Polizei stel­len. Aber der klu­ge Mann hat­te vor­ge­sorgt und zeig­te den Beamten ein Maskenbefreiungsattest, wel­ches jedoch lei­der von einem Hamburger Arzt stamm­te, der sich, wie das Gericht durch­blicken ließ, auf die gene­rö­se Austellung von Maskenbefreiungsattesten spe­zia­li­siert hat­te und daher auch die­ses Maskenbefreiungsattest sowohl von Exekutive wie Judikative als völ­lig unbrauch­bar ange­se­hen und ein­ge­stuft wur­de. Da der in Rede ste­hen­de Arzt zu allem Überfluss "nach eige­nen Angaben inzwi­schen in Portugal lebe", war der Fall des unein­sich­ti­gen, sich selbsver­tei­di­gen­den (wenn das alle machen wür­den!) Nichtmaskenträgers eigent­lich klar:

    "Das Amtsgericht Diez ver­ur­teil­te den Mann zu 1200 Euro Geldstrafe"

    Das Maskenbefreiungsattest sei zwar von einem rich­ti­gen Mediziner aus­ge­stellt aber trotz­dem falsch, schließ­lich habe "der Hamburger Mediziner den Mann ja nie untersucht". 

    Man wird es sicher schon ver­mu­ten: glück­lich war der Mann mit dem Urteil nicht und ließ sich am Ende sogar dazu hin­rei­ßen von einem "poli­ti­schen" zu spre­chen. Das hät­te er nicht müs­sen, die Schuldfrage ist ein­deu­tig, gab es doch, man höre und stau­ne, noch einen zwei­ten Arzt:

    "Ein (wei­te­rer) Arzt aus Nahstätten hat­te dem Mann ein Attest aus­ge­stellt, das ihn von der Pflicht befrei­te eine Coronamaske zu tragen".

    Dieser Arzt ist nun aber­mals ein rich­ti­ger Mediziner, lebt nicht in Portugal und stellt sogar rich­ti­ge Maskenbefreiungsatteste aus, obgleich auch er:

    "dafür kei­ne kör­per­li­che Untersuchung gemacht habe, son­dern dem 32-Jährigen die Schilderungen über sei­ne Beschwerden beim Besuch in der Praxis geglaubt habe".

    Aber deut­sche Gerichte glau­ben eben Gott sei Dank nicht alles, denn:

    "die­ses Attest sei für das Urteil nicht rele­vant, weil der Angeklagte bei der Kontrolle das offen­bar fal­sche Attest des Hamburger Arztes vor­ge­zeigt habe"

    D.h. und mit ande­ren Worten, der Angeklagte hät­te also nur das rich­ti­ge Maskenbefreiungsattest bei­sicht­ra­gen müs­sen und nicht das fal­sche oder am besten gleich bei­de und zwar unge­ach­tet des­sen, daß die Maskenbefreiungsatteste (wie das Gericht ja selbst fest­stell­te) im Ausfertigungsverfahren der bei­den Ärzte doch auf­fal­lend ähn­lich waren, ja sich sogar wie ein Ei dem ande­ren gleichen…

    Unser Mann war also im Dezember 2021, wie so vie­le ande­re auch, zur fal­schen Zeit am fal­schen Ort und über­dies noch mit völ­lig untaug­li­chen Papieren bzw. eben den falschen!

    Ein solch selbst­ver­ges­se­nes und ganz und gar unso­li­da­ri­sches Fehlverhalten kann dann schon mal, auf den Tag genau ein Jahr spä­ter, von einem deut­schen Gericht mit einer Geldstrafe von 1200 Euro, in Worten ein­tau­send­zwei­hun­dert Euro geahn­det wer­den, rich­ti­ge Ärzte, rich­ti­ge Maskenbefreiungsatteste und fal­sche Justiz hin oder her.

    P.S.: "Der Verurteilte kün­dig­te im Gespräch mit dem SWR an, daß er Berufung gegen das Urteil ein­le­gen wolle".

      1. Habs gemerkt. Aber so passt es doch bes­ser, mit dem schö­nen Videobild vom dümm­li­chen Reporter, der immer nur die Provinzurteile kom­men­tie­ren darf…

  3. Stand: 15.12.2022 13:04 Uhr
    Corona-News-Ticker:
    Bremen will Maskenpflicht im März abschaffen

    11:40 Uhr
    Fußball-Profis hel­fen bei Maskenpflicht in Zügen

    Nachdem eini­ge Bundesliga-Profis des VfL Wolfsburg bei einer Auswärtsfahrt per Bahn die Maskenpflicht igno­riert haben, 

    wer­den die Spieler der Niedersachsen
    zur "Buße"
    Zugbegleiter der deut­schen Bahn einen Tag lang bei deren Aufgaben unterstützen. 

    "Wir wer­den nun sehen, wie ner­vig es sicher­lich auch ist, immer wie­der zu beto­nen, dass die Masken auf­ge­setzt wer­den müs­sen", sag­te Mannschaftskapitän Maximilian Arnold.
    Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke, der das Verhalten der VfL-Profis bei der Anreise zum Auswärtsspiel nach Leverkusen unmiss­ver­ständ­lich kri­ti­siert hat­te, begrüßt die Idee des Mannschaftsrats.
    Maximilian Arnold mit Maske © Witters/TimGroothuis
    Fehlende Masken: Wolfsburg-Profis wer­den Zugbegleitern helfen

    Ende Oktober hat­ten eini­ge Profis des Fußball-Bundesligisten die Maskenpflicht in der Deutschen Bahn ignoriert.

    https://​www​.ndr​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​i​n​f​o​/​C​o​r​o​n​a​-​N​e​w​s​-​T​i​c​k​e​r​-​B​r​e​m​e​n​-​w​i​l​l​-​M​a​s​k​e​n​p​f​l​i​c​h​t​-​i​m​-​M​a​e​r​z​-​a​b​s​c​h​a​f​f​e​n​,​c​o​r​o​n​a​l​i​v​e​t​i​c​k​e​r​2​2​1​8​.​h​tml

  4. Die haben auch nix ande­res zu tun …oder. Gibt wohl auch in Diez nur noch eine schwe­re Straftat die man bege­hen kann .… hat irgend­wie Ähnlichkeit mit der ein­zi­gen noch ver­füg­ba­ren Krankheit .…

  5. Nicht Justizia ist blind, son­dern das Gericht.

    "Mehr als 170 ver­glei­chen­de Studien und Artikel zur Unwirksamkeit und Schädlichkeit von Masken
    Von Paul Elias AlexanderPaul Elias Alexander 20. Dezember 2021"
    https://​brown​s​tone​.org/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​s​t​u​d​i​e​s​-​a​n​d​-​a​r​t​i​c​l​e​s​-​o​n​-​m​a​s​k​-​i​n​e​f​f​e​c​t​i​v​e​n​e​s​s​-​a​n​d​-​h​a​r​ms/

  6. Vielen Dank für die Veröffentlichung die­ses Beitrags. Ich bin der Verurteilte in die­sem Prozess, und möch­te ger­ne ein paar Sachverhalte klar­stel­len, die in der Berichterstattung des SWR unter­ge­gan­gen bzw. falsch dar­ge­stellt wurden.

    SWR-Reporter: "Werden Sie in Berufung gehen?"

    Antwort: "Ich muss in Berufung gehen, nicht nur wegen mir selbst, son­dern stell­ver­tre­tend für alle, die poli­tisch ver­folgt werden."

    SWR-Reporter: "Warum haben Sie sich denn einen Arzt aus­ge­sucht, der in Hamburg wohnt, und nicht einen aus der Nähe?"

    Antwort: "Kein Kommentar."

    SWR-Reporter: "Aber das ist doch eine inter­es­san­te Frage, war­um wol­len Sie das nicht kommentieren?"

    Antwort: "Wissen Sie, war­um die Frage nicht inter­es­sant ist? Weil es recht­lich nicht rele­vant ist. Entscheidend ist, dass mir der Tatvorwurf nicht ein­deu­tig nach­ge­wie­sen wur­de. In dubio pro reo gilt wohl nicht mehr, des­halb muss ich hier lei­der von einem poli­tisch moti­vier­ten Urteil aus­ge­hen. Die viel­fach zitier­te 'alte und neue Rechtssprechung' in die­ser Sache ist nichts wei­ter als die Schaffung eines poli­ti­schen Tatbestands – so sieht es das Netzwerk kri­ti­scher Richter und Staatsanwälte. Ich bin mir sicher, die mei­sten Bundesbürger wür­den mir zustim­men, dass ein Patient nicht für die angeb­li­chen Fehler eines Arztes ver­ant­wort­lich gemacht wer­den darf. Der aus­stel­len­de Arzt ist neben­bei bemerkt nicht ein­mal rechts­staat­lich ver­ur­teilt wor­den. Aber viel­leicht hat sich das Gericht ja bereits an dem Wunsch der Innenministerin ori­en­tiert, näm­lich der Beweislastumkehr. Zur Bemerkung des Staatsanwalts, dass die 'Regeln der Ärztekunst' nicht befolgt wor­den wären, kann ich nur sagen: Die Regeln der Ärztekunst, sowie deren Beurteilung, soll­te man den Ärzten überlassen."

    Das Interview dau­er­te kei­ne zwei Minuten. Insofern bin ich ent­täuscht, dass der Reporter mei­ne Audio-Aufnahme nicht ein­fach ver­öf­fent­licht, oder wenig­stens unge­kürzt wie­der­ge­ge­ben hat. Stattdessen redet er knapp eine Minute, und spricht dabei län­ger über mei­ne Kleidung, als über den Inhalt des Interviews.

    Zum Inhalt des Artikels bzgl. der Verhandlung möch­te ich her­vor­he­ben, dass sich die Maskenkontrolle nicht wie ange­ge­ben im Supermarkt, son­dern auf dem Parkplatz davor ereig­ne­te. Im Markt selbst ließ man mich unbe­hel­ligt ein­kau­fen, dort wur­de ich weder ange­spro­chen noch kon­trol­liert. Ich war bereits im Begriff nach Hause zu gehen, als ich vor dem Eingangsbereich einen Polizeiwagen mit Blaulicht bemerk­te. Die Beamten tru­gen selbst kei­ne Maske, was der als Zeuge gela­de­ne Beamte sofort ein­räum­te. Auf mei­ne Frage, war­um er ohne Maske eine Maskenkontrolle durch­führ­te, gab er an, dass es auf dem Parkplatz kei­ne Maskenpflicht gege­ben hät­te. Nach mei­nen Informationen galt die Maskenpflicht im Dezember 2021 in Rheinland-Pfalz auch auf Parkplätzen vor Geschäften. Eine ver­läss­li­che Quelle müss­te dafür noch recher­chiert werden.

    Im Nachhinein fra­ge ich mich natür­lich, war­um ich nicht ein­fach gegan­gen bin. Es kam mir zwar gro­tesk vor, dass mich ein unmas­kier­ter Polizeibeamter auf­for­dert, eine Maske zu tra­gen. Da ich jedoch an die Absurdität der Corona-Maßnahmen bereits gewöhnt war, und dem Beamten am Abend vor Heiligabend die Arbeit erleich­tern woll­te, zeig­te ich bereit­wil­lig mein Attest vor. Ich ging davon aus, dass der Mann genau wie ich nur schnell nach Hause zu sei­ner Familie woll­te um das Weihnachtsfest vor­zu­be­rei­ten. Ein Paradebeispiel dafür, dass Sentimentalität ver­häng­nis­vol­le Konsequenzen nach sich zie­hen kann.

    Über eine hal­be Stunde wur­de ich spät­abends in der Kälte fest­ge­hal­ten. Währenddessen bemerk­te ich drei Männer, die weni­ge Meter ent­fernt laut mit­ein­an­der rede­ten. Es fie­len u.a. die fol­gen­den Sprüche: "Fresse hal­ten und Maske tra­gen", "ohne Maske ein­kau­fen gehen, ist wie ohne Hose ein­kau­fen gehen", und "kei­ne Maske tra­gen ist aso­zi­al". In dem Moment begriff ich, dass die­se Männer die Polizei geru­fen haben muss­ten. Laut Akte soll zwar zuerst ein Markmitarbeiter die Polizei alar­miert haben, und erst im Anschluss meh­re­re Kunden. Jedoch wur­de ich wie gesagt im Markt nicht ein­mal ange­spro­chen, was die Situation umso sku­r­il­ler machte.

    Jedenfalls konn­te ich mir einen Kommentar nicht ver­knei­fen, als ich erkann­te, dass ich von Kunden denun­ziert wur­de. "Achso", sag­te ich laut in die Richtung der Männer, "DDR lässt grü­ßen". Die Männer schau­ten irri­tiert, und einer rief: "DDR? Sowas gucken wir nicht". Das hat mir dann tat­säch­lich die Sprache ver­schla­gen. Was soll man dazu noch sagen?

    Soviel zum Tathergang. Nun ein paar Bemerkungen zur Gerichtsverhandlung; der Entschluss mich selbst zu ver­tei­di­gen fiel mir leicht, da die Anklage sich aus­schließ­lich auf Behauptungen ohne Nachweise stütz­te. Es wur­den Indizien genannt, aber für eine Verurteilung ver­langt der Rechtsstaat Beweise. Diese wur­den erwar­tungs­ge­mäß nicht erbracht. Nicht erwar­tet habe ich aller­dings, dass sich das Gericht bei sei­ner Urteilsbegründung der­ar­tig unver­hoh­len auf Annahmen stützt.

    Der Richter sag­te tat­säch­lich, dass das Gericht "zwei­fels­frei über­zeugt" sei, dass kei­ne kör­per­li­che Untersuchung statt­ge­fun­den hät­te. Diese Überzeugung gehe dar­aus her­vor, dass der aus­stel­len­de Arzt im Internet mit der Ausstellung von Attesten per Ferndiagnose gewor­ben habe, und der Angeklagte kei­ne Angaben zu den Praxisräumen des Arztes machen woll­te. Den Vorwurf der Täuschung sehe das Gericht dadurch erfüllt, dass der Angeklagte "hät­te wis­sen müs­sen", dass ein Attest falsch sei, wenn es ohne kör­per­li­che Untersuchung aus­ge­stellt wird.

    Nun sehe ich bei die­ser Rechtsauffassung eine Reihe von Problemen. Zum einen wur­den die Behandlungsmöglichkeiten der Telemedizin im Jahr 2018 unter Gesundheitsminister Jens Spahn deut­lich erwei­tert. Seitdem ist es gän­gi­ge Praxis, bei leich­ten bis mit­tel­schwe­ren Symptomen Atteste per Ferndiagnose aus­zu­stel­len. In der Anfangszeit der Corona-Pandemie wur­de dies sogar aus­drück­lich zugun­sten des Infektionsschutzes von amt­li­chen Stellen emp­foh­len, wie sich viel­leicht noch eini­ge erin­nern kön­nen. Folglich wären nach der Rechtsauffassung des Amtsgericht Diez alle sol­che Ferndiagnosen unrichtig.

    Diesen offen­sicht­li­chen Widerspruch habe ich wäh­rend der Verhandlung bewusst gar nicht erst ange­führt, weil ich mich in der Hauptsache auf das klas­si­sche Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung stütz­te. Es ging mir also in erster Linie nicht dar­um, das Gericht zu über­zeu­gen, dass sowohl aus medi­zi­ni­scher, als auch aus juri­sti­scher Sicht ein Attest nicht auto­ma­tisch unrich­tig ist, wenn vor­her kei­ne kör­per­li­che Untersuchung statt­ge­fun­den hat, son­dern dass die Anklage zunächst ein­mal ihre Behauptung bewei­sen muss, dass tat­säch­lich kei­ne kör­per­li­che Untersuchung statt­ge­fun­den hat. Dies war ohne Aussage des aus­stel­len­den Arztes oder bela­sten­de Zeugen schlicht­weg nicht möglich.

    Zusätzlich habe ich bereits in mei­nem Einspruch gegen den Strafbefehl das Gericht auf das Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts vom 18.07.2022 hin­ge­wie­sen (Az. 203 StRR 179/22), wonach ein Attest nicht unrich­tig ist, weil kei­ne kör­per­li­che Untersuchung des Patienten statt­ge­fun­den hat. Während der Verhandlung sag­te mir der Richter, dass die­ses Urteil vom Bundesgerichtshof auf­ge­ho­ben wor­den sei. Meiner Nachfrage nach einem Aktenzeichen kam der Richter nicht nach. Ich erklär­te, dass ich sämt­li­che Pressemitteilungen des Bundesgerichtshofs durch­ge­gan­gen bin, und kein der­ar­ti­ges Urteil fin­den konn­te. Der Staatsanwalt gab an, dass auch er kei­nes fin­den konn­te. Schließlich erklär­te mir der Richter, dass der Bundesgerichtshof sich auf ein ande­res Urteil bezog, wo es um gefälsch­te Impfpässe ging. Das Urteil aus Bayern "ist also wohl gül­tig", räum­te dar­auf­hin der Staatsanwalt ein. "Das ist dann aber doch ein signif­kan­tes Urteil", ent­geg­ne­te ich. "Wir müs­sen uns nicht an einem Urteil aus Bayern ori­en­tie­ren", argu­men­tier­te der Staatsanwalt, kurz bevor er sein Plädoyer hielt.

    Während der Beweisaufnahme führ­te ich noch zwei wei­te­re Urteile an (Amtsgericht München, 11.11.2021 und Amtsgericht Frankfurt, 09.08.2022), wel­che vom Richter zur Kenntnis genom­men, aber wenig beach­tet wur­den. Beim älte­ren Urteil der bei­den woll­te er schon beim Datum auf­hö­ren zu lesen, weil es "alte Rechtssprechung sei". Damit bezog er sich auf die Änderung der Paragraphen 277 bis 279 StGB vom 24.11.2021 – also genau einen Monat, bevor mich die omi­nö­se Kontrolle auf dem besag­ten Parkplatz zum Objekt staats­an­walt­schaft­li­cher Ermittlungen wer­den ließ. Ich erwar­te­te die­se Reaktion, und ent­geg­ne­te dem Richter, dass ein Professor einer juri­sti­schen Fakultät der Ansicht ist, dass die "neue Rechtssprechung" an der Bewertung des besag­ten Urteils nichts geän­dert hät­te. Vielmehr gin­ge es dabei um die Urteilsbegründung, näm­lich man­geln­der Tatvorsatz. "Das Gericht hat es zur Kenntnis genom­men", war der ein­zi­ge Kommentar dazu.

    Hier wur­de eine ver­meint­li­che Lücke der feh­len­den Strafbarkeit des blo­ßen Gebrauchs unrich­ti­ger Gesundheitszeugnisse geschlos­sen und die Strafandrohung deut­lich ange­ho­ben. Das Netzwerk kri­ti­scher Richter und Staatsanwälte n.E.V. sieht dar­in einen poli­ti­schen Tatbestand. Ich schlie­ße mich die­ser Auffasung voll und ganz an. Link zum Artikel:

    https://​netz​werk​kri​sta​.de/​2​0​2​2​/​0​8​/​0​8​/​e​i​n​-​p​o​l​i​t​i​s​c​h​e​r​-​t​a​t​b​e​s​t​a​n​d​-​d​a​s​-​h​e​r​s​t​e​l​l​e​n​-​u​n​r​i​c​h​t​i​g​e​r​-​g​e​s​u​n​d​h​e​i​t​s​z​e​u​g​n​i​s​se/

    Hochspannend fand ich bei der Urteilsverkündung, dass über­haupt nicht auf die essen­ti­el­len Voraussetzungen des Strafbestands der Täuschung ein­ge­gan­gen wur­de. Kann jemand ohne per­sön­li­ches Verschulden schul­dig gespro­chen wer­den? Das Amtsgericht Diez hat dies mit "ja" beant­wor­tet. Denn der Richter hat in sei­nem Urteil zwar von "Täuschung" gespro­chen, nicht jedoch von "Vorsatz", "Absicht", "Intention" oder einem son­sti­gen Begriff, der nach gän­gi­ger Rechtssprechung das Motiv der Täuschung erst ermög­licht. Stattdessen hieß es, "der Angeklagte hät­te wis­sen müs­sen". Diese Aussage unter­stellt dem Angeklagten jedoch Unwissenheit, was ein Täuschungsdelikt eigent­lich aus­schlie­ßen soll­te. Im Folgenden mein Plädoyer, wel­ches ich vor der Urteilsverkündung vor­ge­tra­gen habe:

    "Euer Ehren, die Anklage in die­sem Fall beruh­te von Beginn an auf nichts als Indizien und Mutmaßungen. Der Vorwurf der Täuschung ist schon allein des­halb nicht halt­bar, weil Täuschung vor­sätz­li­ches Handeln vor­aus­setzt. Der Angeklagte hat­te kein Motiv zu einer Täuschung. Es gab am genann­ten Tatort nicht ein­mal eine Nachweispflicht. Die Kontrolle fand auf einem Parkplatz statt, und der Angeklagte hat­te bereits den Heimweg ange­tre­ten. Dies wur­de durch den Zeugen Polizeikommissar S. bestätigt.

    Das Zeugnis von hat bestä­tigt, dass der Angeklagte aus gesund­heit­li­chen Gründen von der Maskenpflicht befreit wur­de. Da der Angeklagte bereits vor dem Tatzeitpunkt im Besitz des Attestes von war, kann folg­lich ein Täuschungsmotiv gänz­lich aus­ge­schlos­sen wer­den. Die Tatsache, dass der Angeklagte bereit­wil­lig das Attest von vor­zeig­te, ist Beleg dafür, dass er von des­sen Validität über­zeugt war.

    Wie bereits die Amtsgerichte in München und Frankfurt fest­ge­stellt haben, ist vor­sätz­li­ches Handeln zur Erfüllung des Straftatbestands nach Parapraph 279 StGB zwin­gend erfor­der­lich. So urteil­te der Strafrichter in München wie folgt, Zitat:

    "Mit der für eine Verurteilung not­wen­di­gen Sicherheit war die Tatbegehung nicht nachzuweisen."

    In Frankfurt lau­te­te die Urteilsbegründung fol­gen­der­ma­ßen, Zitat:

    „Der Angeklagte war aus recht­li­chen Gründen frei­zu­spre­chen, da ihm die zur Last geleg­te Tat nicht nach­zu­wei­sen war“.

    Mein Plädoyer lau­tet des­halb auf Freispruch. In dubio pro reo Euer Ehren. Die Verteidigung ruht."

    Warum ich in Berufung gehe; neben den mei­nes Erachtens offen­sicht­li­chen Rechtsfehlern sehe ich in die­sem Fall ein enor­mes Sprengpotential. Der Ausgang die­ser Strafsache könn­te rich­tungs­wei­send für zukünf­ti­ge Maskenprozesse wer­den. Die beson­de­ren Umstände mei­nes Falles, näm­lich eine Verurteilung ohne Tatnachweis und ent­ge­gen der Aussage eines behan­deln­den Arztes, bie­ten mei­nes Erachtens die idea­le Grundlage um einen Präzedenzfall zu schaf­fen, der die poli­ti­sche Verfolgung von Bürgern been­det, die ein­zig auf­grund gesund­heit­li­cher Beschwerden kri­mi­na­li­siert wer­den. Geschädigte soll­ten sich zu einer Sammelklage gegen die will­kür­li­che und ver­mut­lich rechts­wid­ri­ge Auslegung des "Gebrauchs unrich­ti­ger Gesundheitszeugnisse" zusam­men­schlie­ßen, zumin­dest im Falle von ärzt­lich aus­ge­stell­ten Attesten.

    Gegebenenfalls wäre auch zu prü­fen, inwie­weit die Neufassung der Ausgangsvorschrift der Paragraphen 277 bis 279 StGB ver­fas­sungs­kon­form ist. Nicht nur wer­den Patienten für die angeb­li­chen Vergehen ihrer Ärzte haft­bar gemacht, es wird auch mas­siv die Autorität von Ärzten in medi­zi­ni­schen Fragen unter­gra­ben. Wie kann es sein, dass Juristen sich her­aus­neh­men, die Fachkompetenz von nie­der­ge­las­se­nen Medizinern zu bewer­ten, und Diagnosen und Behandlungsmethoden bei Nichtgefallen für ungül­tig zu erklä­ren? Hier steht der Verdacht von Behördenwillkür ganz tief im Raum.

    Gegenwärtig fin­det eine poli­ti­sche Verfolgung von Minderheiten statt, die eines Rechtsstaats unwür­dig ist. Wer poli­ti­sche Maßnahmen ablehnt, wird straf­recht­lich ver­folgt, selbst wenn die Ablehnung aus gesund­heit­li­chen Gründen geschieht. Ärzte und sogar Richter, die von der poli­ti­schen Linie abwei­chen, wer­den mas­siv unter Druck gesetzt und dabei behin­dert, ihrer Arbeit unab­hän­gig und gewis­sen­haft nach­zu­ge­hen. Diese Mißstände kön­nen nur been­det wer­den, indem der Rechtsstaat sich klar gegen eine poli­ti­sche Auslegung von Gesetzen positioniert.

    Deshalb wer­de ich die­ses Urteil mit allen Mitteln anfech­ten, die mir der Rechtsstaat bie­tet. Für mein Berufungsverfahren bin ich zur­zeit auf der Suche nach einem cou­ra­gier­ten Rechtsbeistand. Für Hinweise und Unterstützung bin ich jeder­zeit dankbar.

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