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»Rheinberg Nach einem positiven Corona-Test der 17-jährigen Tochter wird Quarantäne angeordnet. Ein Antikörper-Test ergibt später jedoch, dass sie gar nicht infiziert war. Die Rheinberger Familie übt Kritik am Kreisgesundheitsamt Wesel.
Hinter dieser vierköpfigen Rheinberger Familie liegt ein Oktober, den sie zum Großteil zu Hause verbracht hat…
Die Geschichte der Familie, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, beginnt am ersten Montag im Oktober. Die Tochter klagt in der Schule über leichte Kopfschmerzen und ein Kratzen im Hals. „Sie hat öfter mal eine Mandelentzündung“, sagt die Mutter, die die 17-Jährige vorzeitig nach der vierten Unterrichtsstunde abholt. Am Dienstag bleibt die Schülerin zu Hause, am Mittwoch folgt ein Besuch bei der Vertretung des Hausarztes. Dort wird ein Abstrich genommen. Tags darauf steht das Ergebnis fest: Der Corona-Test ist positiv. Die Schule wird informiert mit der Folge, dass die gesamte Jahrgangsstufe zu Hause bleiben muss.
INFO
Das sagt der Kreis Wesel
In dem Schreiben vom Kreis Wesel vom 9. Oktober an die Erziehungsberechtigten ist zu lesen, dass „Ihr Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger in/an sich trägt“ und eine hohe Ansteckungsfähigkeit gegenüber dritten Personen bestehe. Im molekularbiologischen Nachweis des Labors wird darauf hingewiesen, dass das S‑Gen von Sars-CoV‑2 nachgewiesen wurde, aber nicht das zugehörige E‑Gen. Empfehlung: Es sollte eine kurzfristige Kontrolluntersuchung erfolgen.
Die komplette Rheinberger Familie begibt sich nach behördlicher Aufforderung in häusliche Quarantäne. „Und das für 24 Tage. Man teilte uns mit, dass auch die Inkubationszeit von zehn Tagen berücksichtigt werden muss. Wir haben uns zeitweise wie Aussätzige gefühlt“, berichtet die Mutter. Als sich die Tochter wieder gesund meldet, macht sie sich mit dem zwölfjährigen Bruder und ihren Eltern am 12. Oktober auf zur DRK-Rettungswache in Rheinberg zum Sars-CoV-2-Test.
24 Stunden später stehen die Ergebnisse fest: viermal negativ. Es folgt ein Telefonat mit dem Gesundheitsamt, doch die Anordnung zur „Absonderung im häuslichen Umfeld“ bleibt bestehen, sagt die Mutter. Der Herbsturlaub wird storniert. Die Reiserücktrittsversicherung will die 594 Euro nicht übernehmen, weil eine Pandemie nicht Bestandteil des Vertrags sei. Der Vater ist selbstständig, kann nicht arbeiten und beklagt Verdienstausfall…
Die Familie fährt einige Tage später nach Essen. Ziel ist das Medizinische Versorgungszentrum für Labormedizin und Mikrobiologie Ruhr. Alle machen einen Antikörper-Test. „Und der ergab, dass meine Tochter nie Corona hatte. Ich habe das Gesundheitsamt damit konfrontiert. Nach dem Test hat sich aber nichts an unser Situation geändert. Die Sachbearbeiterin war sehr unfreundlich.“ Die Familie schaltet einen Anwalt ein, der Kontakt mit der Behörde aufnahm und darauf drängte, die häusliche Isolierung zu beenden.
Am 27. Oktober bekam die Rheinberger Familie wieder Post vom Kreis Wesel mit dem Hinweis, dass die am 9. Oktober verhängte Quarantäne mit sofortiger Wirkung aufgehoben sei. Die Freude über das Schreiben hielt sich in Grenzen: „Wir können nicht verstehen, dass Behörden mit einem Testverfahren arbeiten, das nicht zu hundert Prozent zuverlässig ist und man so lange in der Luft hängt“, sagt die Mutter.«
Gestern 11.11.2020 berichtet Jan Klauth in der Welt
https://www.welt.de/wirtschaft/article219842824/Antigentests-von-Roche-Getestet-an-nur-426-Personen.html
"Antigen-Schnelltests
Die große Testhoffnung wurde gerade einmal an 426 Personen geprüft
Angesichts steigender Infektionszahlen boomen die Antigentests. Doch der Blick auf das Kleingedruckte der Produkte offenbart, wie das Geschäft wirklich läuft. Experten bemängeln, die Herstellerangaben entsprächen nicht der Realität im Masseneinsatz.
Dass jeder Abnehmer auch das Kleingedruckte in der Produktbeschreibung gelesen hat, darf bezweifelt werden. Dort sind jene Details aufgelistet, die in den Pressemitteilungen der großen Firmen ungern erwähnt oder kunstvoll umschrieben werden. Zum Beispiel, dass der Roche-Test nicht in der Schweiz, sondern in Südkorea entwickelt wurde, und zwar vom Unternehmen Biosensor SD.
Für Experten keine Überraschung. Internationale Kooperationen und Vertriebspartnerschaften sind in der Pharmaindustrie gang und gäbe; Südkorea ist für seine Diagnostik bekannt und renommiert.
Kritischer ist da schon die klinische Beurteilung: An 426 Personen in Indien und Brasilien wurde das Verfahren laut Angaben des Baseler Pharmariesen getestet. Das ist zu wenig, findet Andreas Bobrowski, Vorstand des Berufsverbands der Laborärzte. Es sei nicht klar, ob der Test auch in der Massenanwendung so zuverlässig ist wie angegeben."