Behördenanfragen über das Informationsfreiheitsgesetz, die des öfteren (zuletzt hier, und öfter) auch auf diesem Blog als Quelle herangezogen wurden, bieten einen Einblick in die Funktionsweise des Staatsapparates. Das Portal www.fragdenstaat.de stellt ein einfach zu bedienendes und nützliches Werkzeug bereit, um als Bürger einigermaßen rechtssichere Anfragen zu stellen und auf diese Weise Auskunft von Behörden zu erhalten.
Die Einblicke sind durchaus wichtig, weil bisweilen Informationen preisgegeben werden, die die Behörde von selbst in der Regel so nicht preisgegeben hätte bzw. oft durch den Filter der reichweitenstarken Medien fallen würde; die banale Erkenntnis, dass auch eine Nichtantwort eine Antwort darstellt, erweist sich bei solchen Anfragen ebenso als wahr. Das Schweigen der Behörde entspricht dem »Ich habe dem nichts hinzuzufügen« des Pressesprechers.
Die verspätet und daher auch gesetzeswidrig[1] am 25. August 2022 beantwortete Anfrage[2] des Verfassers vom 27. Mai 2022 behandelt zwei Punkte:
(1) die Kosten für die ersten vier Kurzclips aus dem Bundesgesundheitsministerium, die unter dem Titel #KarlText auf diversen Kanälen verbreitet worden sind, sowie 2) die Sendemanuskripte und Quellen, die dem Format zugrunde lagen.
Die Antwort auf 1): 9.710,40 €. Legt man einen Umsatzsteuersatz von 19% zugrunde, dann sind das 8.160,00 € netto, für jeden der vier Clips im Schnitt 2.040,00 €.
Die Details des Bescheids – denn um einen solchen handelt es sich juristisch – zum Punkt 2) sind aber weiter aufschlussreich. Zunächst erfahren wir, dass es sich um einen externen Dienstleister handelt, der die Videos produziert hat. Dieser musste in einem Drittbeteiligungsverfahren zustimmen, weil durch die Anfrage »dessen Belange berührt sind«. Er tat es. Wer der Dienstleister war, das wurde nicht genannt – aber auch nicht erfragt. Die Behörden geben eben nur so viel preis, wie sie müssen.
Die konkrete Quellenlage erwies sich dann als dürftiger:
»Inhalte der Videoproduktion würden [sic] mündlich oder mittels informeller Kommunikation, die Entwürfen und Notizen gleich steht und nicht Bestandteil eines Verwaltunsgsvorgangs werden sollte, besprochen. Es handelt sich dabei gemäß §2 Nummer 1 IFG nicht um amtliche Informationen, die Gegenstand eines Anspruchs auf Informationszugang sein könnte.«
Die Quelle für diese mündliche bzw. informelle Kommunikation ist demnach, so steht es zu befürchten, Lauterbach selbst. Die Transkription der ersten Folge[3] vom 24. März 2022 sei hier mit dem bei Lauterbach angemessenen FakeNews-alert gegeben:
»Warum müssen wir die Impflücke schließen?
Lauterbach: Wenn wir die Impflücke nicht schließen, dann haben wir im Herbst das Problem, was wir jetzt schon haben. Wir müssen dann drüber nachdenken, welche Freiheiten müssen wir einschränken, damit es nicht viele Fälle gibt, und wenn dann auch noch eine schwere Variante kommt, dann müssen wir wahrscheinlich im Herbst mehr schließen als jetzt.
Welche Varianten drohen im Herbst?
Lauterbach: Wir könnten Glück haben und relatives Glück haben, wenn man so will, und haben nur die Omikron-Variante, die Omikron-Variante kann sich aber auch verändern und ist dann so ansteckend wie jetzt, schadet aber mehr, das wäre besonders schlecht; oder es kommt die Delta-Variante zurück, das ist eine Variante, die nicht ganz so ansteckend ist, aber sehr viele Menschen tötet, somit haben wir da hohe Sterblichkeiten. Insgesamt, muss man sagen, sind alle Möglichkeiten hier beunruhigend; es gibt keine Möglichkeit, wo die Wissenschaftler jetzt sagen, dann können wir im Herbst wieder zur Normalität zurückkehren.
Wer ist besonders betroffen?
Lauterbach: Besonders betroffen sind natürlich diejenigen, die über 60 sind [Einblendung: Über 60-Jährige sind besonders betroffen.], weil die über 60-Jährigen, die haben ein schwächeres Immunsystem, in der Regel, und dann ist man besonders gefährdet, und das ist auch der Grund, weshalb 90 Prozent der Menschen auf der Intensivstation mit Covid über 60 sind [Einblendung: ›90% auf Intensivstation sind über 60.‹]; aber es gibt auch Jüngere, die betroffen sind, die haben eine erworbene oder eine angeborene Immunschwäche [Einblendung: ›Auch betroffen: Menschen mit Immunschwäche‹]; die wissen das oft gar nicht, und von denen findet man auch viele auf den Intensivstationen; die können durch die Impfung geschützt werden, aber dann muss man wirklich gut geimpft sein, das heißt drei mal geimpft sein, das heißt geboostert, oder zum Teil sogar viermal.
Ist eine Ansteckung nicht einfach nur ein persönliches Risiko?
Es ist nie allein persönliches Risiko, denn wenn man sich infiziert hat, gefährdet man natürlich andere, die auch erkranken können, zum Teil noch schwerer erkranken können. Es sind noch diejenigen zum Teil, also, hier zu bedenken, die sich nicht wirklich gut impfen lassen können, [Einblendung: ›Besonders gefährdet: Menschen mit Immundefekten‹] weil die Impfungen nicht so gut wirken, angeborene Immundefekte, erworbene Immundefekte; und dann sind diejenigen, die, also, tatsächlich von uns nicht gut erreicht worden sind, also Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Barrieren, denen haben wir die Impfung nicht gut genug erklären können bisher, die sind auch nicht, also, alleine verantwortlich, da haben wir eine Mitverantwortung.«
Interessiert hat mich vor ein paar Monaten Lauterbachs Angabe zum Durchschnittsalter der Intensivpatienten, das er zwar häufig, aber nie korrekt angab.[4] Meistens wies er die Intensivpatienten mit positivem PCR-Test deutlich zu jung aus. Für die »Impfkampagne« passt er dieses Alter nun eben flexibel nach oben an.
Die entsprechende Grafik aus dem DIVI-Register mit den Altersstrukturen vom 25. März 2022, also einen Tag später, straft Lauterbach Lügen: Denn statt 90 Prozent sind es »nur« ca. 75 Prozent Menschen mit einem positiven PCR-Test, die auf der Intensivstation lagen und 60 Jahre und älter sind. Details zur Berechnung und zur Grafik gibt es in der Amerkung.[5]
Der Hinweis auf die falsche Zahl veranlasste das BMG nicht zu Korrekturen.[6]
Es gäbe zu jeder anderen Aussage viel zu sagen – die Kontrastierung von Lauterbachs erlogenener Prozentzahl mit denen des DIVI-Registers ist die low hanging fruit, an der sich der neue Normalzustand einer absolut unterirdischen Behördenkommunikation einfach illustrieren lässt: Diese Behördenkommunikation erachtet es noch nicht einmal für notwendig, interne Widersprüche mit amtseigenen Datenbankmaterial aufzulösen, die ein williger Internetbenutzer in wenigen Minuten aufzeigen kann.
Die ersten vier Folgen von #KarlText zerschreddern pro Ansicht 415 Sekunden Lebenszeit. Bei genannten 8.160,00€ kostete eine Produktionssekunde 19,66€. Das ist schon mal keinen Faktencheck wert!
Anmerkungen
[1] Das IFG verzeichnet eine Antwortfrist von einem Monat, allerdings als Soll-Bestimmung ohne Sanktionsmöglichkeit (§ 7 (5) IFG: »Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen. Der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen. (…)«) Die Frist wird offenbar so häufig verletzt, dass fragdenstaat eine automatisierte »Erinnerungsnachricht« bei Überziehen der Frist implementiert hat.
[2] Hier abrufbar: https://fragdenstaat.de/anfrage/kosten-karltext/
[3] Abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=gHBw5G0zRnM. Hier archiviert:
[4] Vgl. die Seiten 36–44 von ApoKarlypse.
[5] Die Grafik wird mit den Daten aus dem DIVI-Register automatisiert erstellt und täglich angepasst, so dass die zurzeit dort abrufbare Grafik anders ist als die zitierte vom 25. März 2022, die der Verfasser am Tag runtergeladen hat. Die Daten zur selbstständigen Generierung der Grafiken können allerdings hier als csv-Datei von der Seite des DIVI abgerufen werden. Anzumerken ist lediglich, dass diejenigen Intensivpatienten mit unbekanntem Alter in die Berechnung der Altersverteilung rausgerechnet werden, was zu einer minimalen Verzerrung führt; die Grundaussage, dass Lauterbach Müll erzählt, ändert sich dadurch nicht. Für den 24. März 2022 ergeben sich keine wesentlich abweichenden Daten (jeweils in absoluten Zahlen und als Anteil, auf die erste Nachkommastelle gerundet und, genau wie das DIVI, ohne diejenigen mit fehlenden Altersangaben):
0–17 Jahre : 48 | 2,1%;
18–29 Jahre: 50 | 2,2%;
30–39 Jahre: 72 | 3,2%;
40–49 Jahre: 95 | 4,2%;
50–59 Jahre: 289 | 12,7%;
60–69 Jahre: 579 | 25,4%;
70–79 Jahre: 612 | 26.8%;
80+: 537 | 23,3%.
[6] Der Tweet des BMG sowie das in Anmerkung 3 genannte Video stehen nach wie vor dort.
Damit darf ich mir endlich auch hochoffiziell Propagandamaterial
zukommen lassen.
Danke, verzichte.
Das Corona-Maßnahmen-Gebäude war auf Sand gebaut
Stand: 27.08.2022 | Lesedauer: 8 Minuten
Von Matthias von Herrath
Was haben Lockdowns, Maskenpflicht & Co. gebracht?
Viele Studien finden
keinen Zusammenhang zwischen strengen Maßnahmen
und
einer niedrigeren Übersterblichkeit während der Pandemie.
Der Wissenschaftler Matthias von Herrath fordert in WELT, dass die Politik endlich andere Akzente setzt.
[Rest hinter Bezahlschranke]
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus240694035/Corona-Das-Massnahmen-Gebaeude-war-auf-Sand-gebaut.html
https://t.me/uncutnewsschweiz/1200564
Ein Spanier und Moderator lachen sich über die Abstimmung über eine Impfung zu einer Variante, die es noch nicht gibt tot. Viel vergnügen …
siehe Kommentare – der letzte – Lauterbach vor Corona mit Smart –nach Corona mit Ferrari –
@123: Der Clip ist allerdings uralt.
ich kannte ihn nicht
Eine Überschreitung der Monatsfrist kann noch nicht sanktioniert werden, allerdings kann man nach drei Monaten Untätigkeitsklage erheben. Die Gerichtskosten der Untätigkeitsklage zahlt immer die Behörde. FragDenStaat erstellt einem sogar eine Vorlage für eine Untätigkeitsklage. Außerdem kann man jederzeit den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit einschalten. Nach einem Monat Wartezeit hat man dazu gute Gründe.