Ich habe es einem Leser nachgemacht und in den Gedichten von Erich Fried gestöbert. Wie er bin ich verblüfft über die Aktualität seiner Worte.
Dann wieder
Was keiner geglaubt haben wird
was keiner gewusst haben konnte
was keiner geahnt haben durfte
das wird dann wieder das gewesen sein
was keiner gewollt haben wollte
Status quo
Wer will
dass die Welt so bleibt wie sie ist
der will nicht dass sie bleibt
Gründe
Weil das alles nicht hilft Sie tun ja doch was sie wollen
Weil ich mir nicht nochmals die Finger verbrennen will
Weil man nur lachen wird; Auf dich haben sie gewartet
Und warum immer ich? Keiner wird es mir danken
Weil da niemand mehr durchsieht sondern höchstens noch mehr kaputt geht
Weil jedes Schlechte vielleicht auch sein Gutes hat
Weil es Sache des Standpunktes ist und überhaupt wem soll man glauben
Weil auch bei den anderen nur mit Wasser gekocht wird
Weil ich das lieber Berufeneren überlasse
Weil man nie weiss wie einem das schaden kann
Weil sich die Mühe nicht lohnt weil sie alle das gar nicht wert sind
Das sind Todesursachen zu schreiben auf unsere Gräber
die nicht mehr gegraben werden wenn das die Ursachen sind
Antwort
Zu den Steinen
hat einer gesagt:
seid menschlich
Die Steine haben gesagt:
Wir sind noch nicht
hart genug
Angst und Zweifel
Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst
aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel
Kinder und Linke
Wer Kindern sagt
Ihr habt rechts zu denken der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Ihr habt links zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Ihr habt gar nichts zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Es ist ganz gleich was ihr denkt
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
was er selbst denkt
und ihnen auch sagt
dass daran etwas falsch sein könnte
der ist vielleicht
ein Linker
Die Abnehmer
Einer nimmt uns das Denken ab
Es genügt seine Schriften zu lesen
und manchmal dabei zu nicken
Einer nimmt uns das Fühlen ab
Seine Gedichte erhalten Preise
und werden häufig zitiert
Einer nimmt uns die großen Entscheidungen ab
über Krieg und Frieden
Wir wählen ihn immer wieder
Wir müssen nur
auf zehn bis zwölf Namen schwören
Das ganze Leben nehmen sie uns dann ab
Freiheit
Zu sagen
hier herrscht Freiheit
ist immer ein Irrtum
oder eine Lüge:
Freiheit
herrscht nicht
Ein Unterschied
Ein Faschist
der nicht sehr viel
mehr ist
als ein Faschist
ist
vielleicht
ein Faschist
Aber ein Antifaschist
der nicht sehr viel
mehr ist
als ein Antifaschist
ist
vielleicht
kein Antifaschist
Weitere Texte in 100. Geburtstag von Erich Fried.
toll
Danke
Vor etwa 35 Jahren habe ich Erich Fried hautnah erleben dürfen. Eine sehr prägende Erfahrung.
Ich mag immer noch seine Liebesgedichte am meisten, wenngleich ich auch Bände mit politischen Gedichten habe.
Danke, @aa, für die Erinnerung hier!!
Danke, lieber Herr Aschmoneit,
für diese eindrucksvolle Zusammenstellung der Klarsicht Erich Frieds beim Blick auf die Gattung "Mensch" (deren Artgenosse er bekanntlich war) !
Ich muss freilich auch gestehen, dass sie mich sehr, sehr traurig gemacht hat, denn all diese Klarsicht hat ganz offensichtlich immer nur ein Nischen-Dasein geführt. Und langsam habe ich den Eindruck, wir wenigen Menschen, die der globalen regierungsamtlichen Pandemie-Propaganda keinen Glauben schenken, seien die letzten, die diese Klarsicht noch walten lassen. Und mir scheint: Wir sind zu wenige und wie immer zu schwachbrüstig, um eine Chance zu haben.
Der transhumane Herr Schwab und seine 1000 Young Global Leaders und seine 10.000 Global Shapers sind uns weit überlegen. Wenn dann bald der digitale Euro kommt, wie geplant (vom Herrn Schwab und seinen Freunden) – man lese dazu Norbert Häring oder höre sich ganz aktuell Ernst Wolff im letzten Corona-Ausschuss an -, braucht's keine Diskriminierung der Unge"impften" mehr. Dann wird die Entwicklung der Gattung "Mensch" beendet sein.
Mich würde allerdings noch interessieren, wie die Transhumanen, die nach uns kommen werden (und in den "gestaltenden" Machtpositionen schon da sind), sich taxonomisch benennen werden. "Homo transhumanis" wäre ja wohl ein Widerspruch in sich.
– Aber vermutlich ist auch diese meine Neugier nur einem Denkfehler geschuldet, weil dann auch unsere evolutionsbiologische Taxonomie mit allem, was unsere Gattung hervorgebracht hat, "disruptiv" ausgelöscht sein wird.
Um jetzt nicht mit diesem Defätismus zu schließen: Ich homo sapiens gebe einstweilen dennoch nicht auf. (Aber ich überlege mir allmählich, was ich machen werde, wenn all diese mehr oder minder transhumanen Geimpften mich dazu zwingen.)
Einen herzlichen Gruß vom witwesken Eisbären, der heute vielleicht die beste Freundin verloren hat und morgen mal eine Tatze gen Freier Linker ausstrecken wird.
"Zweifle nicht
an dem
der dir sagt
er hat Angst
aber hab Angst
vor dem
der dir sagt
er kennt keinen Zweifel."
Ein Problem bei Corona ist ja, dass sich Angst und Zweifellosigkeit zumeist in einer Person vereinen.
Schön, daß in diesem Blog immer wieder Kulturgüter veröffentlicht werden, die aus meiner Jugend stammen, aber fast verschwunden sind. Sie machen aber häufig die Rückentwicklung deutlich, die statt gefunden hat.
Sowohl die Gedichte als auch die Kommentare darunter geben einem zwar nicht unbedingt Hoffnung, aber es ist trotzdem schön,
so menschliche Äußerungen zu lesen.
Sehr passend, danke.