Fußball-EM: Der Tod sitzt auf den Rängen

An die­ser Überschrift eines Beitrags auf hei​se​.de (Telepolis) am 8.7. zeigt sich wie­der ein­mal, daß der Wahnsinn vor­ran­gig in den Hirnen von sich bil­dungs­nah dün­ken­den JournalistInnen sitzt. Fußball wird ihnen als Unterschichtensport ver­mut­lich ohne­hin suspekt sein. Wenn er dann nach mona­te­lan­ger Isolation der Menschen in Lebensfreude aus­ar­tet, gera­ten sie aus dem Häuschen. "Menschen ster­ben!". Diese Phrase, die ledig­lich das Sterben "an und mit" meint, hat sich der­ar­tig ver­selb­stän­digt, daß sie kei­nen ein­zi­gen Toten im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Empörung vor­wei­sen braucht, ja noch nicht ein­mal eine Krankenhauseinweisung oder über­haupt eine Erkrankung. Zu lesen ist:

»Die Organisatoren des euro­pa­wei­ten Turniers offen­ba­ren neben Unverstand auch ihre kran­ke Moral, wenn sie mit Massenevents die Infektionszahlen in die Höhe treiben

Die Bilder von Wembley machen sprach­los. Wildgewordene Fanhorden drän­geln fähn­chen­schwen­kend die Stadiontreppen hoch, auf den Zugängen tan­zen Fußball-Furien, zum Teil zusam­men mit ihren Kindern, und schnei­den Grimassen in die Kameras. Volksfeststimmung, mehr als das: Wehe, wenn sie los­ge­las­sen.«

Das muß uner­träg­lich sein für einen (Ein)gebildeten. Da hat er so lan­ge an Horrorbildern gemalt und sei­ner­seits ganz fest an sie geglaubt, daß ihn Schnappatmung über­kommt, wenn hun­dert­tau­sen­de Menschen ihm sei­nen Glauben ja gar nicht fort­neh­men wol­len, ihn aber schlicht nicht mehr tei­len. Besonders ener­vie­rend muß es sein für den Wissenden (schließ­lich steht er ja auf der Seite derer, die er für WissenschaftlerInnen hält), wenn die wild­ge­wor­de­nen Horden sich nicht so ver­hal­ten, wie sie in sei­ner Vorstellung zu sein haben. Keine Schlägereien riva­li­sie­ren­der Fans, kei­ne sinn­lo­sen Besäufnisse, statt des­sen Tanzen sogar mit Kindern.

»Wir hocken vor dem Fernseher, vie­le nach ein­ein­halb Jahren gefühl­ter Käfighaltung, rei­ben uns die Augen – und schau­en uns­rer eige­nen Ohnmacht und Verblödung zu. Abstand und Masken: Fehlanzeige. Fußballfieber als Infektionstreiber: Das Uefa-Fatum hat die Regie über­nom­men.

Hier ent­hüllt sich eine erschrecken­de Unterbewertung des Menschenlebens. Britische Regierung und euro­päi­sche Fußballfunktionäre las­sen bei den Halbfinals und dem Finale 65.000 Zuschauer zu. Alles klar? Die euro­päi­sche Fußballindustrie igno­riert 20.000 täg­li­che Neuinfektionen in Großbritannien. Wir sehen Abendnachrichten, was sehen und hören wir da sonst, zum Beispiel über Corona?«

Selbst in Abendnachrichten, vor allem aber in seriö­sen Quellen, sehen und hören wir, daß in vie­len Regionen auf der Welt, in denen Sommer herrscht, die Zahl der "Infektionen", vor allem aber der Erkrankungen zurück­geht – bei "Geimpften" wie bei gesun­den Menschen. In Großbritannien und Israel, den "Impfweltmeistern", sieht es bei den "Infektionen" anders aus; trotz oder wegen der Spritzen, sei dahin­ge­stellt. Die Menschen dort und selbst die Regierung in Großbritannien sagen inzwi­schen dazu: "So what?".

Die von den Lauterbächen aller Länder beschwo­re­ne Gefährlichkeit von Delta hat sich als das übli­che Panikgeschrei her­aus­ge­stellt. Die Welt beginnt end­lich, mit dem Virus zu leben. Dabei wird sie, schlau­er gewor­den als im Jahr zuvor, mehr Acht geben auf gefähr­de­te Gruppen. Vielleicht wird sie sogar gelernt haben, daß deren Schutz nicht in Wegschließen und Durchimpfen besteht, son­dern in Zuwendung und Fürsorge. Dafür wird es Familienangehörige brau­chen, die nicht vor­sätz­lich in Angst und Schrecken ver­setzt wer­den, vor allem aber gut bezahl­tes und aus­ge­bil­de­tes Personal, des­sen Arbeitsbedingungen nicht von Profitinteressen dik­tiert wer­den dürfen.

»"Vermehrungsfest für das Virus"

Das ZDF-Auslandsjournal vom 30. Juni 2021 nahm sich des Themas an ("Volle Stadien trotz Delta") und dia­gno­sti­ziert einen gefähr­li­chen Fußballrausch, ein "Vermehrungsfest für das Virus".

Das trifft den Nagel auf den Kopf. "Erst in Großbritannien. Und dann in ganz Europa?" Berechtigte Frage, wenn Fußballfieber und Delta-Variante in London aufeinandertreffen.

Lawrence Young, Virologe an der US-Universität Warwick, wird im ZDF-Beitrag inter­viewt und, man stau­ne, spricht eine simp­le Wahrheit vor­nehm aus: "Das ist ein Grund zur Sorge", kon­sta­tiert der Befragte, und appel­liert dann an den Verstand von Fans und Verantwortlichen: "Es geht nicht dar­um, Menschen den Spaß zu ver­der­ben, son­dern (…) zu sagen: Denkt mal dar­über nach und seid vorsichtig."

Das Votum wird im Siegestaumel, gleich wel­chem, mit töd­li­cher Sicherheit unter­ge­hen.«

Klar, töd­lich. Dabei geht es genau dar­um, den Spaß zu ver­der­ben. Das war schon bei den fei­ern­den Jugendlichen so, die seit Wochen von Polizeihundertschaften aus­ein­an­der getrie­ben wur­den. Längst braucht man dafür nicht mehr das Argument des Infektionsschutzes. Es rei­chen die Befugnisse der Macht.

Gefährlich sind die fei­ern­den Kids und Fans vor allem des­halb: Sie zer­stö­ren die ver­ord­ne­te Vereinzelung als eine der Grundlagen der Sprach- und Wehrlosigkeit eben­so wie die Anweisung, sich das Leben vor­zugs­wei­se digi­tal ver­mit­teln zu las­sen. Wer sich ana­log und im rich­ti­gen Leben mit ande­ren Menschen aus­tauscht, wor­über auch immer (das wer­den in den sel­ten­sten Fällen Diskussionen über Freiheitsrechte und WEF/Bill Gates sein), der ent­zieht sich der digi­tal ver­mit­tel­ten Meinungsmache, Zensur und Kontrolle. Gerade für in den Medien ihr Geld Verdienende ist das eine schockie­ren­de Vorstellung.

Um sei­ne Bildungsnähe zu demon­strie­ren, wählt der Autor einen der dümmst­mög­li­chen Wege:

»Possenreißer und Gaukler

Die Possenreißer und Gaukler der moder­nen Sportszene wei­sen eine ver­blüf­fen­de Nähe zu anti­ken Mustern auf. Die römi­schen Spektakel ("Ludi") strotz­ten nur so von Lokalchauvinismus und Machtgehabe. Tertullian han­del­te dar­über in sei­ner Schrift De Spectaculis, in der er dem Leser das römi­sche Spielewesen anschau­lich vor Augen führt: Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe, Tierhetzen, Wettstreit der Athleten. Es wink­te (und winkt) die Siegeskrone. Im Circus Maximus gab es die maxi­ma­le Tollheit zu bestaunen.

Eine Besonderheit spie­gelt sich in den EM-Spielen 2020 deut­lich wider: Auch die­se Ludi ver­bin­den (wie es bei den anti­ken Vorbildern üblich war) die Lebenden mit den Toten. So war es im anti­ken Rom, so war es bei den töd­li­chen Spektakeln der Provinzen, so sitzt der Tod die­ser Tage mit auf den Rängen. Mitten unter den jubeln­den Zuschauern in den Spielstätten der moder­nen Events, die sich als die uralten erwei­sen. Ammianus Marcellinus schreibt im vier­ten Jahrhundert über die ver­zeh­ren­de Leidenschaft:

"Ihr Tempel, ihr Erholungsort, ihr Versammlungsplatz, letz­tes Ziel ihrer Wünsche ist der Circus Maximus. (…) Und da das Geschwür der Sorglosigkeit so tief ein­ge­wur­zelt ist, über­stür­zen sich alle, wenn der so sehr her­bei­ge­sehn­te Tag (der Wagenrennen) zu däm­mern beginnt …"
Ammianus Marcellinus, zitiert nach: Jean-Paul Thuillier, Sport im anti­ken Rom. Darmstadt (WBG) 1999, S. 188f.

Eine Mutter, so liest man betrof­fen, ver­fass­te zu jener Zeit die Grabinschrift für ihren 18-jäh­ri­gen Sohn. Sie lau­te­te in Stein gemei­ßelt: "Er war ein Anhänger der Blauen", ein belieb­ter Club in der Welt der anti­ken Spiele.«

7 Antworten auf „Fußball-EM: Der Tod sitzt auf den Rängen“

  1. Die (Neo)-Puritanerschaft, der laut und lustig immer suspekt und pein­lich war, fin­det an und mit Corona zu sich selbst. 

    Der fei­ne ver­gei­stig­te Bürger darf nun offi­zi­ell sei­ne Ressentiments ausleben. 

    Hurrah und Helau!

  2. Was hält uns eigent­lich noch ab, über­all zu Demos auf die Straße zu gehen? Wer kann eigent­lich jetzt noch eine Demo ver­bie­ten, wenn ange­sichts Zigtausender Fußballfans in Arenen nur sol­che aber­wit­zi­ge, para­no­ide Appelle alla Lauterbach schal­len, aber kein Verbot droht?
    Schluss mit der Panikmache, Schluss mit der fal­schen Impfpropaganda, Schluss mit der dro­hen­den KINDER- GEN-MODIFIKATION, Schluss mit dem gan­zen Wahnsinn!!!!!!
    Zeigt Euer Gesicht, trefft Euch, soviel und wo Ihr wollt!
    Singt, tanzt, umarmt Euch wie­der, fei­ert das Leben!

  3. Rolf Biermann:
    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​5​C​2​Y​C​N​X​k​Skk

    ERMUTIGUNG SONGTEXT
    Du, lass dich nicht verhärten
    In die­ser har­ten Zeit.
    Die all­zu hart sind, brechen
    Die all­zu spitz sind, stechen
    Und bre­chen ab sogleich
    Und bre­chen ab sogleich

    Du, lass dich nicht verbittern
    In die­ser bitt'ren Zeit
    Die Herrschenden erzittern
    Sitzt du erst hin­ter Gittern
    Doch nicht vor dei­nem Leid
    Auch nicht vor dei­nem Leid

    Du, lass dich nicht erschrecken
    In die­ser Schreckenszeit
    Das woll'n sie doch bezwecken
    Dass wir die Waffen strecken
    Schon vor dem gro­ßen Streit
    Schon vor dem gro­ßen Streit

    Du, lass dich nicht verbrauchen
    Gebrauche dei­ne Zeit
    Du kannst nicht untertauchen
    Du brauchst uns und wir brauchen
    Grad dei­ne Heiterkeit
    Grad dei­ne Heiterkeit

    Wir woll'n es nicht verschweigen
    In die­ser Schweigezeit
    Das Grün bricht aus den Zweigen
    Wir wolln das allen zeigen
    Dann wis­sen sie Bescheid
    Dann wis­sen sie Bescheid

  4. Ooooooh, die Horrorvorstelung des ver­meint­li­chen Bildungsbürgers: der tum­be Pöbel ver­wei­gert die Gefolgschaft und steht nicht blö­de glot­zend Spalier, wenn die Ergüsse der im Kopfe lee­ren Gelehrten ihm das Leben dik­tie­ren wol­len. Nein, sie wagen es Grimassen zu schnei­den und ver­säu­men es gar, ihre Kinder zuhau­se einzusperren.

    Die Weltsicht die­ses Herren ist so bedrückend wie der Brückenschlag vom Circus Maximus zur EM 2020 intel­lek­tu­ell erbärm­lich ist.

  5. https://​www​.love​ly​books​.de/​a​u​t​o​r​/​A​r​n​o​-​K​l​e​i​n​e​b​e​c​k​el/

    Vorausgesetzt, es han­delt sich um den­sel­ben Kleinebeckel, mag man ent­la­stend für ihn ein­wer­fen, daß er sich mit sei­nen stol­zen 70 Lebensjahren als beson­ders gefähr­det empfindet.

    Aber ja, der Dünkel, zur Bildungselite zu gehö­ren, scheint allent­hal­ben zu man­cher­lei Denkfehlern und deren Erhalt bei­zu­tra­gen. Nicht schön, das!

  6. Der Tod saß auch auf dem G7 Treffen bei den Maskenfreien fei­ern. Und lei­der hat er mal wie schon so oft wie­der ein­mal gepennt und ist kei­nen angesprungen.

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