Gibt es bald künstliches Blut aus dem Labor?

Unter die­ser Überschrift dürf­te der gläu­bi­ge Mensch einen Artikel eines Schwurblerportals erwar­ten. Er steht aber am 8.3.23 auf tages​schau​.de. Zur Dachzeile "Transfusionsmedizin" kom­men wir später.

»Viele Menschen sind wegen Krankheiten oder Unfällen ange­wie­sen auf Blutspenden. Aber dar­an man­gelt es häu­fig, gera­de bei sel­te­nen Blutgruppen. Wäre künst­li­ches Blut aus dem Labor die Lösung dafür?…

Menschen mit bestimm­ten Erkrankungen des Blutes, wie zum Beispiel der Sichelzellenanämie [sind] auf regel­mä­ßi­ge Blutspenden ange­wie­sen…«

Herausschmeißen des Zellkerns sehr komplex

»Erythrozyten und Thrombozyten unter­schei­den sich von ande­ren Körperzellen dadurch, dass sie kei­nen Zellkern haben. Das macht sie geschmei­dig und ela­stisch und ermög­licht es, dass sie bis in die klein­sten Blutgefäße gelan­gen. Für die Forschenden aber stellt die­se bio­lo­gi­sche Besonderheit bei der Züchtung der Zellen eine gro­ße Hürde dar, erklärt Transfusionsmediziner Tonn. Denn es ist "sehr schwie­rig, das in der Zellkultur außer­halb des Körpers abzu­bil­den. Weil das Herausschmeißen des Zellkerns sehr kom­plex ist."…

Nachahmung möglich?

Es ist ver­schie­de­nen Teams bereits gelun­gen, die­sen Prozess im Labor nach­zu­ah­men, aber nur in sehr gerin­gen Mengen. In Dresden bei­spiels­wei­se hat das Team um Tonn dabei etwa einen Fingerhut voll Erythrozyten her­stel­len kön­nen. Das ist nicht mehr als etwa ein Prozent einer her­kömm­li­chen Bluttransfusion.

Und auch inter­na­tio­nal ist die Herstellung künst­li­cher Blutprodukte noch nicht sehr effi­zi­ent. Ein Team an der Universität Bristol hat im Herbst 2022 zwei Patienten künst­lich her­ge­stell­te Erythrozyten ver­ab­reicht. Es kam weder zu Abstoßungsreaktionen noch zu ande­ren Nebenwirkungen, aber die Menge des über­tra­ge­nen Blutes pass­te gera­de mal auf zwei bis drei Teelöffel…

Die bis­he­ri­gen Ansätze, Erythrozyten und Thrombozyten im Labor zu ent­wickeln, waren nur mäßig erfolg­reich. Deshalb ver­fol­gen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt einen ande­ren Forschungsschwerpunkt. In Dresden bei­spiels­wei­se arbei­tet Tonn mit sei­nem Team dar­an, die Vorläufer- oder Mutterzellen der roten Blutkörperchen zu züch­ten. So bezeich­net man die Zellen, aus denen sich dann spä­ter die aus­ge­reif­ten Blutzellen entwickeln.…

Bis künst­lich her­ge­stell­tes Blut tat­säch­lich ver­füg­bar ist, wird es ver­mut­lich noch ein paar Jahre dau­ern. Regelmäßige Blutspenden aus der Bevölkerung sind des­halb unver­zicht­bar, um die Versorgung mit Blut für die Betroffenen best­mög­lich zu sichern.«


Transfusionsmedizin und Drostens Dissertation

Der Legende zufol­ge hat Christian Drosten eine Dissertation am Institut für Transfusionsmedizin in Frankfurt am Main erar­bei­tet, wäh­rend er zeit­gleich in Hamburg am Bernhard-Nocht-Institut tätig war. Sowohl über den Titel wie vor allem über das Jahr die­ser fast zwan­zig Jahre ver­schol­le­nen Arbeit gibt es die unter­schied­lich­sten Angaben. Ausführlich zu die­sem Umstand siehe:

Drosten-Dissertation: Ist das pingelig?

3 Antworten auf „Gibt es bald künstliches Blut aus dem Labor?“

  1. Naja, da man Nanolipide her­stel­len kann, geht es wohl auch mit Mikrolipiden. Ein Erythrozyt hat einen Durchmesser von 8 Mikrometer. Die Membran besteht aus einer Doppelschicht Pospholipiden, wie alle Zellmembranen. Offenbar ist es nicht so ein­fach, so gro­ße Phospholipide herz­stel­len, die im Inneren Hämoglobin ent­hal­ten. Daher muss wohl gezüch­tet wer­den. Da Erythrozyten kei­nen Kern haben, kann das nur aus einer Vorläuferzelle aus dem Knochenmark funktionieren.
    Dann mal viel Glück. das wird ein Weilchen dauern.

  2. Künstliches Blut (*) gibt es schon lan­ge. Oder glau­ben Sie daß das Blut in den Kriminalfilmen echt ist?

    *) her­ge­stellt in Gotha

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