"Interessenkonflikt bei leitendem RKI-Mitarbeiter". Lügt das RKI?

Der Skandal um den RKI-Fachgebietsleiter Heinz Ellerbrok, der gleich­zei­tig als Gesellschafter der Landtschen Firma GenExpress Gesellschaft für Proteindesign fun­giert, ist nun auch in der "Welt" ange­kom­men. Bereits im Juli wur­de auf die­sem Blog die Frage gestellt Biowaffenforschung: RKI-Projektleiter Gesellschafter der Landt-Firma?. Dieses Thema umschifft die "Welt" aller­dings. Es ist zu lesen:

»Während der Pandemie muss das Robert-Koch-Institut (RKI) sich der­zeit mit einem mög­li­chen Interessenkonflikt in den eige­nen Reihen beschäf­ti­gen: Ein Fachgebietsleiter des Instituts ist gleich­zei­tig Gesellschafter einer Firma, die Corona-Tests mit ent­wickelt hat, soge­nann­te PCR-Tests. Zu den Aufgaben des RKI gehört es, die natio­na­len Teststrategien zu erar­bei­ten – es gibt also Überschneidungen zwi­schen der Arbeit des Instituts und der Firma.

Wie der Berliner Senat auf Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (par­tei­los) Anfang November bestä­tig­te, ist RKI-Fachgebietsleiter Heinz Ellerbrok gleich­zei­tig Gesellschafter der Firma GenExpress Gesellschaft für Proteindesign. Das RKI ist seit mehr als 20 Jahren Kunde des Unternehmens, erklärt die Sprecherin des Instituts. Seit 2005 arbei­tet die Firma laut Auskunft des Senats auch in gerin­gem Umfang für die Charité. Das Unternehmen arbei­tet nach eige­nen Angaben eng mit der Firma TIB Molbiol zusam­men, die Anfang die­ses Jahres gemein­sam mit dem Virologen Christian Drosten einen der ersten PCR-Tests auf Covid-19 ent­wickelt hat.

Ellerbrok lei­tet beim RKI den Fachbereich „Public-Health-Laborunterstützung“. Zu des­sen Aufgaben gehört es laut Selbstbeschreibung des RKI auf des­sen Internetseite unter ande­rem, „Best prac­ti­ces“ für Qualitätsmanagement und Biosicherheit zu erar­bei­ten und Forschungsvorhaben zur Stärkung des inter­na­tio­na­len Gesundheitsschutzes zu unter­stüt­zen. Zur genau­en Tätigkeit von Ellerbrok befragt, ver­weist das RKI auf die­se all­ge­mei­nen Angaben.

Ob Ellerbrok selbst mit der Erarbeitung von Teststrategien befasst ist, ist bis­lang unklar. Das Bundesgesundheitsministerium ver­weist auf WELT-Anfrage zu die­sem Komplex ans RKI.

Dessen Präsident Lothar Wieler hat­te ver­gan­ge­ne Woche bei einer Pressekonferenz auf Fragen zu die­ser Beteiligung des lei­ten­den Mitarbeiters gesagt, er wol­le sich zu dem kon­kre­ten Fall nicht äußern, weil ihm die Informationen fehl­ten. Im Allgemeinen sag­te er jedoch, es sei kri­tisch, wenn Mitarbeiter auf dem Gebiet Corona-Tests auch geschäft­lich unter­wegs sei­en. „Das geht nicht“, sag­te Wieler, es gebe „ganz kla­re Compliance-Regeln“ – „die das unmög­lich machen, dass so etwas pas­sie­ren soll­te“. Er sag­te wei­ter, die Rechtsabteilung des RKI prü­fe den Fall derzeit.

Auf Anfrage von WELT erklärt sei­ne Sprecherin nun, dem RKI sei die Verbindung seit 2008 bekannt. „Herr Ellerbrok hat das RKI damals ent­spre­chend infor­miert.“ Dabei, erklärt die Sprecherin, sei er dazu gar nicht ver­pflich­tet gewe­sen. Der Tarifvertrag für den öffent­li­chen Dienst des Bundes sehe vor, dass Beschäftigte sol­che Nebentätigkeiten recht­zei­tig und schrift­lich anzei­gen müs­sen, für die sie Geld oder Sachleistungen erhal­ten. Eine Beteiligung an einem Unternehmen sei jedoch kei­ne „Tätigkeit gegen Entgelt“ und daher auch nicht anzeigepflichtig.

Dem wider­spricht aller­dings ein Arbeitsrechtler: Matthias Jacobs von der Bucerius Law School in Hamburg sagt, sei­ner Einschätzung zufol­ge sei­en sehr wohl auch wirt­schaft­li­che Beteiligungen an Unternehmen anzeigepflichtig.

Die RKI-Sprecherin erklär­te wei­ter, Ellerbrok sei – nach­dem er das Institut über sei­ne Beteiligung infor­miert hat­te – von der Institutsleitung ange­wie­sen wor­den: Er dür­fe kei­ne vom Bundesforschungsministerium geför­der­ten Projekte lei­ten, an denen sowohl das RKI als auch sei­ne Firma betei­ligt sei­en. Außerdem dür­fe er nicht an Bestellungen mit­wir­ken, die das Institut gege­be­nen­falls bei sei­ner Firma täti­ge.«

Die letz­te Behauptung ist ent­we­der eine glat­te Lüge oder Ellerbrok hat sich über eine Anweisung hinweggesetzt.

Er war Leiter des Forschungsprojekts "Biologische Gefahrenlagen: Risikobewertung, ultra­schnel­le Detektion und Identifizierung von bio­ter­ro­ris­tisch rele­van­ten Agenzien (BIGRUDI)", das von 2008–2011 durch­ge­führt wur­de. Projektpartner waren dabei sowohl das RKI als auch sei­ne Firma.

Siehe dazu auch

Das RKI, sei­ne Abteilungsleiter und Geschäfte mit PCR–Tests
Auch Drosten an Bioterrorismus-Forschung beteiligt
Netzwerk Landt noch grö­ßer – Firmengründer beim RKI?

Auch das Handelsblatt berich­tet heu­te über den Fall.

8 Antworten auf „"Interessenkonflikt bei leitendem RKI-Mitarbeiter". Lügt das RKI?“

    1. soll das jetzt ein tip sein für den spei­se­plan in der zeit der lan­gen war­te­schlan­gen vor den super­märk­ten ohne toi­let­te in der nähe bei minus­gra­den, wenn ein drin­gen­des bedürf­nis die fähig­keit zur phy­si­schen unter­drückung über­win­det: Pinkel mit Eisbein?

  1. @Famillarius
    Vielleicht stört es dass die fei­nen Pinkel zu oft neben das Becke pin­keln und das sogar im wohl­ver­stan­de­nen Eigeninteresse?
    Reflexe aus der vor-post­de­mo­kra­ti­schen Epoche?

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