»Ist das schon das Stockholm-Syndrom, wenn man das irgendwie beruhigend findet?«

Er ahnt die Antwort, der Autor des Artikels "Abschied vom Abstrich: Sehnsucht nach der süße­sten Corona-Teststation in Berlin" auf ber​li​ner​-zei​tung​.de am 19.3.23. Wehmütig blickt er zurück auf die Zeiten, als er und sei­ne Kinder sich begei­stert "ech­ten Marketingprofis" hin­ga­ben, "auch dann, wenn gar kein Anlass für den Abstrich gege­ben war":

»… In unmit­tel­ba­rer Nähe der Kita befind­lich konn­te man den nach Krankentagen für den Nachwuchs obli­ga­to­ri­schen Test hier qua­si im Vorbeigehen durch­füh­ren lassen.

Gut, die 15-minü­ti­ge Wartezeit, ehe ein vor­zeig­ba­res Resultat auf dem Handy lan­de­te, zog die­ses „Vorbeigehen“ manch­mal etwas in die Länge. Doch den Kindern gefiel es – hin­ter der lang­wei­li­gen Weißblechfassade saßen ech­te Marketingprofis, die den erfolg­rei­chen Test mit einem Lutscher belohn­ten. Das Stäbchen in Mund oder Nase, eigent­lich eher in der Kategorie Spinat und Zähneputzen zu ver­or­ten, war plötz­lich erstre­bens­wert. Der Satz „Können wir uns heu­te bit­te testen?“ fiel auch dann, wenn gar kein Anlass für den Abstrich gege­ben war.

Schnee von gestern. Die Kita ver­langt schon lan­ge kei­ne Corona-Tests mehr…

Und doch, merk­wür­di­ger­wei­se kommt etwas Wehmut auf. Eine Ära ist zu Ende und man ist beim Testen auf sich allein gestellt. Wobei, wei­ter hin­ten, am Bahnhof, da gibt es doch noch ein Testzentrum!

Ist das schon das Stockholm-Syndrom, wenn man das irgend­wie beru­hi­gend fin­det?«

Update: Seit 2015 schreibt der Autor anschei­nend an einer "alt­hi­sto­ri­schen Dissertation zum Hass im anti­ken Rom" (ber​li​ner​-zei​tung​.de, de​.lin​ke​din​.com)…

5 Antworten auf „»Ist das schon das Stockholm-Syndrom, wenn man das irgendwie beruhigend findet?«“

  1. "Eine Ära ist zu Ende und man ist beim Tes­ten auf sich allein gestellt."

    Gibt es noch kei­ne App, um Testpartner zu fin­den? "Elite-Bohrer", oder o.s.ä. Obwohl: Alleinerziehende sol­len es ja schwer haben, einen Partner zum Bohren zu fin­den. Es ist zum Corona-kriegen.

  2. Da war wie­der ein Schreiberlinglehrling am Werk, der für die Sonntagsausgabe zei­gen darf, was er in der Schule im kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Unterricht im Fach Deutsch alles gelernt hat. Die Berliner Zeitung hat doch, im Gegensatz zum Tagesstürmer, in den letz­ten Monaten ein paar ver­nünf­ti­ge und kri­ti­sche Artikel zusam­men­be­kom­men. Warum las­sen sie dann so einen Dilettanten sei­nen Erlebnisaufsatz unter die Leute bringen?

  3. Ich glau­be, er redet in Metaphern.
    Eigentlich erzählt er uns in blu­mi­gen Worten von sei­ner eige­nen Suchtkarriere, die schon im Kindesalter anfing und die ihn irgend­wann zwangs­läu­fig ins Bahnhofmilieu brachte.
    Zu wis­sen, wo man sein Crack oder ande­re gehirn­erwei­chen­de Substanzen bekom­men kann, ist sicher­lich beruhigend.

  4. Kein Stockholmsyndrom, der Autor hat sich nur im Rudel auf den Acker füh­ren las­sen und ist da allei­ne ste­hen gelas­sen wor­den. Klare Empfehlung: Am besten das Gefühl von Verwahrlosung und Führungslosigkeit kurz aus­hal­ten und so dem Drang wider­ste­hen, dem näch­sten Rudelführer auf den näch­sten Acker hin­ter­her­zu­lau­fen. Sonst geht das so weiter.

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