Mit einer entschärften Überschrift bringt der "Tagesspiegel" in der heutigen Druckausgabe ein Interview mit dem niederländischen Historiker David de Jong. Online war es bereits am 25.6. (Bezahlschranke) erschienen mit dem Titel »Die Quandts, die Oetkers und die NS-Diktatur „Für diese Männer hat sich das Dritte Reich gelohnt“«.
LeserInnen, die schon länger auf corodok unterwegs sind, sind diese Namen geläufig. Vor allem der erste spielt eine große Rolle bei der Förderung Christian Drostens und Sandra Cieseks (siehe https://www.corodok.de/tag/quandt/). Bei de Jong lesen wir:
»Würden Sie sagen, dass alle, die nicht bei den Nürnberger Prozessen angeklagt wurden, ihr Geld behalten und sich reinwaschen konnten?
Sogar die, die in Nürnberg verurteilt worden sind. Die Friedrich-Flick-Förderungsstiftung zum Beispiel sitzt heute im Kuratorium der Frankfurter Goethe Universität.«
Weitere interessante Gedanken aus dem Gespräch, die auch helfen können, das Gebaren vieler Medien zu Corona und Ukrainekrieg zu erklären:
»… Es gibt zwar viele einzelne Geschichten über diese Familien und ihre Verstrickungen in der Nazi-Zeit, aber keine Übersicht. Aber erst, wenn man all die Unternehmen und ihre Patriarchen nebeneinander betrachtet, sieht man die vielen Verbindungen vom Dritten Reich über die Nachkriegszeit bis heute.
Viele Deutsche glauben, das Land habe durch den verlorenen Krieg für seine Schuld und den Holocaust gebüßt. In Ihrem Buch zeigen Sie: Nicht ganz Deutschland wurde bestraft. Einige Unternehmer wurden nie angeklagt oder belangt.
Tatsächlich wurden nur drei Wirtschaftsbosse in Nürnberg verurteilt: Friedrich Flick, der Rüstungsmagnat, war wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, außerdem Alfried Krupp und seine Manager sowie der Vorstand der IG Farben. Das war’s…
Wie war es im Osten?
Alles, was in der sowjetischen Besatzungszone, also in der späteren DDR, stand, wurde enteignet: Die Minen der Flicks in Sachsen, die Fabriken der Quandts in Ost-Berlin und Brandenburg. Aber ihr Vermögen und sämtliche Werke in Westdeutschland haben sie behalten können…
Der Krieg an sich war für die meisten Unternehmen nicht profitabel. Mit zwei Ausnahmen: Günther Quandt und Friedrich Flick, zwei der größten Rüstungsproduzenten des Dritten Reichs…
Ihr Buch räumt noch mit einem anderen Mythos auf: dass die deutsche Wirtschaft gezwungen worden sei, Hitler zu unterstützen. Kurz nach der Machtergreifung war die NSDAP aber ziemlich pleite – und die Oetkers, Quandts und Flicks gaben der Partei immense Summen. Warum?
Die kurze Antwort lautet: Sie hatten keine Skrupel, die deutsche Demokratie zu verkaufen…
Es gibt in Deutschland die Vorstellung einer „Stunde Null“ nach dem Nationalsozialismus. Wie sehen Sie das heute?
Es hat keine Stunde Null gegeben, zumindest nicht für die reichen und einflussreichen Wirtschaftsdynastien des Landes. Es gab eine kurze Periode zwischen 1945 und 1950, als Deutschland besetzt war und tatsächlich große Unsicherheit für die Unternehmer herrschte. Dann aber beginnt der Kalte Krieg und die Vereinigten Staaten brauchten ein wirtschaftlich starkes Westdeutschland. Plötzlich waren die mächtigen Kollaborateure der Nazis wieder rehabilitiert…
Warum hat vor Ihnen noch niemand in diesem Ausmaß über die Verstrickungen der deutschen Wirtschaft in der NS-Zeit berichtet?
Ich glaube, für viele deutsche Journalisten ist es schwierig, über dieses Thema zu schreiben, weil all diese Familien bis heute sehr mächtig sind. Es gibt den Herbert-Quandt-Medienpreis, Stefan Quandt sitzt im Aufsichtsrat der „FAZ“, und auch die anderen Familien haben Möglichkeiten, Druck auf Journalisten auszuüben. Sie alle sind bis heute mächtig, reich und einflussreich, unter anderem durch ihre Stiftungen. BMW unterhält zum Beispiel die Herbert Quandt Foundation…
Es ist eine Stiftung, die nach einem Mann benannt wurde, der die Verantwortung für tausende Sklavenarbeiter in Batteriefabriken in Niederschöneweide hatte und selbst ein KZ-Außenlager hat bauen lassen, im besetzten Polen. Quandt hat zwangsarisierte jüdische Betriebe in Frankreich gekauft, und auch in seinem privatem Gut in der Niederlausitz mussten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene arbeiten…
In der Jury des Herbert-Quandt Medienpreises sitzen einige prominente Journalisten, gemeinsam mit Stefan Quandt: Tanit Koch, die ehemalige Chefredakteurin der „Bild“-Zeitung, Jan-Eric Peters, der Geschäftsführer der „NZZ Deutschland“, Michaela Kolster, die Programmleiterin von ZDF Phoenix, und Horst von Buttlar, der Teil der „Stern“-Chefredaktion ist…«
Wer will, der findet interessante Werke, die das von David de Jong “Es gab keine Stunde Null" aus anderen Blickwinkeln
bestätigen.
Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich.
Wer war was vor und nach 1945.
Dirk Verhofstadt: Pius XII. und die Vernichtung der Juden.
Analysiert die Politik des Vatikans während der Periode
des europäischen Faschismus.
Nun, die Enteignung der hitlerschen Industriellen war ja ein Beschluß der Alliierten (Potsdamer Abkommen). Diesen Beschluß haben ALLE Alliierten unterschrieben also auch die westlichen Allliierten. Staatsmänner der UNO (!) haben mit ihrer Unterschrift ein Versprechen gegeben, diese Enteignungen in ihren Besatzungszonen durchzuführen sowie mit der Zulassung antifaschistischer Parteien und Gewerkschaften die Demokratisierung voranzubringen.
ALLE Alliierten haben versprochen, Deutschland nicht zu teilen, einen Friedensvertrag abzuschließen und Reparationen zu bezahlen.
Allein die UdSSR hat sich an die Beschlüsse von Jalta und Potsdam gehalten, siehe auch Befehl II SMAD. Die westlichen Alliierten jedoch nutzen ihr Besatzungsrecht um Deutschland zu teilen. Finanziert über den Marshallplan und der Einfuhr einer eigenen Währung errichteten sie 1948 ein der Wallstreet untergeordnetes Wirtschaftsgebiet und gründeten im Mai 1949 die BRD.
Anstelle eines Friedensvertrages, welcher die sofortige Zahlung von Reparationsleistungen bedeutet hätte, trat eine von den USA dem BRD-Staat auferlegte "Verfassung" als Durchführungsbestimmung einer dauerhaften Besetzung.
Schon während des Potsdamer Abkommens waren jedoch "die Allierten" gespalten, vor allem durch den Präsidentenwechsel in den USA und den Atombombenabwurf während der Potsdamer Konferenz auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki.
Nun stand der Feind im Osten oder wie es Churchill ausdrückte "Wir haben das falsche Schwein geschlachtet". Eine entsprechende Enteignung wurde deshalb in den Westzonen nur halbherzig umgesetzt vor allem die Artikel der Hessischen Verfassung die eine Enteignung vorsahen wurden nie umgesetzt. John McCloy der US-Hochkommissar sorgte auch dafür das die Krupps und Thyssens recht schnell wieder im Geschäft waren, denn sie wurden wieder gebraucht. Im Osten fand dagegen eine echte Entflechtung und Enteignung der Kriegsverbrecher statt (1946 Volksabstimmung zur Enteignung der Kriegsverbrecher in Sachsen, ab 1948 Bodenreform in der SBZ)
Die Besitzer der Firmen sahen jedoch zu das das Know How meist in den letzten Kriegstagen noch in die amerikanischen Zonen floß (z.B. bei Zeiss Jena, Junkers Dessau), das Firmensitze verlegt wurden (SIEMENS von Berlin nach München, Karl-May-Verlag von Radebeul nach Nürnberg) oder das wenn schon die Firmen verloren waren Markenrechtsansprüche gelted gemacht wurden (z.B. BMW-EMW-Wartburg, Zeiss Jena-Oberkochen, Brockhaus Leipzig-Mannheim, Agfa-ORWO) Manchmal wurde auch ausgenutzt das die Bedeutung von Markenrechten nicht rechtzeitig erkannt wurde (z.B. Zusammenlegung der Zwickauer Unternehmen Horch, DKW und Audi zum VEB Sachsenring und damit Verlust der Marke Audi – was vom Audi-Ersatzteillager Ingolstadt umgehend genutzt worden ist …)
Spätestens seit Hartz-IV habe ich keine Zweifel mehr daran, dass corporate germany ein strukturell – und wie man oben lesen kann, auch personell – faschistoides Gebilde ist.