Drostens Testlabor muß "nachhaltiges Wachstum" erzielen – Fragen an Charité / Vivantes

Die Firma Labor Berlin führt im Fachbereich Virologie unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Drosten die Testung auf SARS-CoV‑2 durch. Die Probenannahme von Labor Berlin ist täg­lich 24 Stunden geöffnet.

Das Unternehmen gehört jeweils zur Hälfte der Charité und der Vivantes GmbH. Es wur­de 2011 eigens gegrün­det, um zwei Ziele zu erreichen:

    1. Es soll­te Gewinne machen, die den lan­des­ei­ge­nen Müttern so nicht mög­lich wären.
    2. Die Beschäftigten soll­ten nicht den übli­chen Tarifverträgen unterliegen.

»Somit ist auch Labor Berlin Teil der öffent­li­chen Hand. Doch als eigen­stän­di­ge Gesellschaft kann Labor Berlin in brei­te­rem Umfang agie­ren und die Potenziale bes­ser aus­schöp­fen – mit effi­zi­en­ten Prozessen und wirt­schaft­li­chen Laborleistungen. Außerdem kann das Unternehmen aktiv am Wettbewerb in einem Marktumfeld, das kon­ti­nu­ier­lich wächst, teil­neh­men.« Link

»Seinerzeit wur­de die Labortätigkeit – wie vie­le ande­re Klinikbereiche auch – in ein Tochterunternehmen ausgelagert.

Dieser Umstand bedeu­tet für 350 Beschäftigte vor allem deut­lich schlech­te­re Löhne. "300 bis 500 Euro weni­ger pro Monat bekom­men die Beschäftigten gegen­über ihren Kollegen, die mit Tarifvertrag ange­stellt sind", sagt die zustän­di­ge Verdi-Gewerkschaftssekretärin Janine Balder. Neueingestellte bekä­men zwar mitt­ler­wei­le mehr Geld, nicht zuletzt weil der gewerk­schaft­li­che Druck über Jahre auf­recht­erhal­ten wur­de, so Balder. Aber jähr­li­che Sonderzahlungen oder die Möglichkeit, unbe­zahl­ten Sonderurlaub zu erhal­ten: Fehlanzeige. Immerhin 30 Tage Urlaub sei­en mitt­ler­wei­le geneh­migt.« Link, s.a. Link

Nachhaltiges Wachstum über Gewinnung von Einsendern

Auf der Webseite der Firma wer­den Jahresberichte gelinkt, merk­wür­di­ger­wei­se aber nur für die Jahre 2011 und 2013. Im Bericht zum Jahr 2013 heißt es unter der Überschrift "Strategische Ziele von Labor Berlin", Labor Berlin müsse

»…sich dau­er­haft einen Spitzenplatz im Wettbewerb mit ande­ren Laboren erar­bei­ten kön­nen und erfolg­reich am exter­nen Markt agie­ren kön­nen… Labor Berlin wird wirt­schaft­lich nur dann erfolg­reich sein, wenn es gelingt, nach­hal­ti­ges Wachstum zu erzie­len. So liegt der Fokus auf der Gewinnung von Einsendern, die an einer qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Diagnostik inter­es­siert sind.«

Der Bericht erwähnt für die Jahre 2013 und 2012 Jahresüberschüsse von 274.018,03 € und 1.064.268,32 €. Neuere Zahlen wer­den auf der Webseite nicht mitgeteilt.

Update 24.6.: Offenbar sind die­se Berichte einem "Relaunch" der Webseite zum Opfer gefallen…

»Der Umsatz beläuft sich inzwi­schen auf über 70 Millionen Euro.« mel­de­te am 22.1.2020 kma Online. Das war noch vor Corona.

So jubel­te schon 2011 die Ärztezeitung:

»Das gemein­sa­me Labor der bei­den Berliner Klinikriesen Charité und Vivantes erreicht schon im ersten Jahr sei­nes Bestehens einen Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro.

Diese Bilanz hat jetzt der Aufsichtsrat des Kooperationsprojekts gezo­gen. Den Einsparerfolg für Charité und Vivantes bezif­fert er auf eine Million Euro…

"Es ist gelun­gen, das Labor Berlin erfolg­reich am Markt zu plat­zie­ren", so Dr. Christian Friese, Finanz- und Personal-Geschäftsführer des Großlabors.«

Fragen an Prof. Drosten und Charité / Vivantes

An Herrn Drosten und die Charité soll­ten Fragen gestellt wer­den (wie wäre es damit, Linkspartei als Arbeitgeberin?), etwa:

    • Verfolgt Herr Drosten mit sei­ner Öffentlichkeitsarbeit den Firmenzweck, über die Gewinnung von Einsendern nach­hal­ti­ges Wachstum zu erzie­len, also mög­lichst vie­le Testnachfragen zu generieren?
    • Erhält Herr Drosten neben sei­nem Professorengehalt, mög­li­chen "Aufwandsentschädigungen" für Kongresse etc. zusätz­li­che Vergütungen für sei­ne Tätigkeit im Labor Berlin?
      Bisher hat er nur zur Entwicklung der Tests erklärt:

»Wir ver­die­nen kei­nen Cent. Im Gegenteil, wir zah­len sehr viel drauf. Aber zum Glück wer­den wir unter­stützt durch öffent­li­che Forschungsmittel von der Europäischen Union und neu­er­dings auch von der Bill Gates Foundation, Bill & Melinda Gates Foundation. Das sind aber Forschungsmittel, die spe­zi­ell für die­sen Zweck da sind. «
Von der BMGS war das immer­hin eine Viertelmillion Euro.

    • Ist Herr Drosten über son­sti­ge Vereinbarungen am wirt­schaft­li­chen Erfolg der Firma Labor Berlin beteiligt?
    • Hat Herr Drosten einen Standpunkt zu der Tatsache, daß sei­ne MitarbeiterInnen bei der Firma Labor Berlin laut Gewerkschaftsangaben meh­re­re hun­dert Euro monat­lich weni­ger ver­die­nen als ihnen dies mit dem kor­rek­ten Tarifvertrag zustünde?
    • Werden Charité und Vivantes die ihnen aus Corona-Notfall-Fonds zuflie­ßen­den Mittel auch für die Rückholung der Beschäftigten von Labor Berlin und ande­rer aus­ge­glie­der­ter Gesellschaften in den kor­rek­ten Tarifvertrag verwenden?

Vivantes

»Die Vivantes Hospital Group ist durch die größ­te Fusion von Landeskliniken im deut­schen Klinikmarkt ent­stan­den und heu­te einer der größ­ten Krankenhauskonzerne im Landesbesitz in Europa und der füh­ren­de in Deutschland. Vivantes ver­eint die Expertise von mehr als 125 Jahren Medicine Made in Germany unter einem zen­tra­len Management, dar­un­ter für:

        • 10 Krankenhäuser
        • mehr als 100 Kliniken und Institute
        • mehr als 40 Excellence Centers…
        • Tochtergesellschaften für Catering, Reinigung und Wäsche…

Vivantes ist zu 100 Prozent ein Landesunternehmen Berlins. Die Zielstellung von Vivantes ist daher neben öko­no­mi­scher Stabilität, vom ste­ti­gen Ausbau und der Optimierung der Gesundheitsversorgung in der deut­schen Hauptstadt gekenn­zeich­net. Die Gewinne von Vivantes wer­den aktu­ell in vol­lem Umfang für Investitionen in die Breite und Qualität unse­rer Medizin und Pflege ver­wen­det.« Link

»1,37 Milliarden Umsatz im Jahr 2019
Die zum Land gehö­ren­de Gesellschaft konn­te 2019 den Umsatz um rund 65 Millionen auf 1,37 Milliarden Euro stei­gern. Der Verkauf nicht genutz­ter Immobilien sicher­te unterm Strich einen knap­pen Gewinn von 17,5 Millionen Euro.
« Link

Das Wirtschaftsblatt brand eins schwärm­te schon vor Jahren (Link, Datum unbe­kannt) und erklär­te das Vorgehen:

»Öffentliche Krankenhäuser pro­fi­ta­bel machen? Das geht. 
Die vor zwei Jahren noch defi­zi­tä­re Vivantes GmbH in Berlin macht es vor.

Die Reform, die aus defi­zi­tä­ren Kliniken pro­fi­ta­ble Wirtschaftsunternehmen machen soll, lässt kei­nen Bereich inner­halb des Klinikums aus. Im Verwaltungstrakt wird sie mit­ge­stal­tet. Hier grü­belt Andreas Schmitt, der stell­ver­tre­ten­de Vivantes-Regionaldirektor Nord im Humboldt-Klinikum, über Balken- und Kurvendiagrammen. Wie ent­wickeln sich Leistungen und Kosten? Wie lan­ge dau­ert es, bis die Dokumentation einer Behandlungsleistung in der Rechnungsstelle ein­tru­delt? Welche der Kliniken, die zum Standort gehö­ren, sind beim Abrechnen auf Zack? Wie las­sen sich auch die ande­ren moti­vie­ren, abge­schlos­se­ne Fälle umge­hend weiterzuleiten?

Auf Schmitts Schreibtisch steht eine klei­ne Pyramide aus Karton: „Unser Ziel ist der größt­mög­li­che Unternehmenserfolg“ steht da ganz an der Spitze der Verhaltensregeln…

Vivantes gewann Wolfgang Schäfer als Geschäftsführer, der bereits das Klinikum Kassel neu auf­ge­stellt hatte… 

Der Senat bil­lig­te ein Sanierungskonzept, das Schäfer anfangs mit sei­nem eige­nen Team, spä­ter unter­stützt durch McKinsey-Berater ent­wickel­te. Für andert­halb Jahre sind der­zeit rund 15 Unternehmensberater in der zen­tra­len Verwaltung und in den ein­zel­nen Häusern unter­wegs, um mit Management und Klinik-Mitarbeitern in elf Teilprojekten vie­le Reformideen, die Schäfers Team bereits ent­wickelt hat­te, umsetz­bar zu machen…

Die erste Zwischenbilanz: Vivantes ist auf einem guten Weg und hat noch jede Menge vor. Nach einem Verlust von 70 Millionen Euro in 2003 schrieb das Unternehmen im ver­gan­ge­nen Jahr erst­mals seit sei­ner Gründung ein posi­ti­ves Ergebnis von 4,9 Millionen Euro – deut­lich mehr als die eige­ne Prognose von 1,6 Millionen Euro Überschuss…

Während klei­ne Stationen mit ihrem ver­meint­lich hohen Kuschelfaktor lan­ge als vor­bild­lich gal­ten, fragt die Klinikleitung heu­te zu Recht danach, ob ein Nachtdienst in der Pflege eigent­lich aus­ge­la­stet ist. „Eine Station mit 15 Betten ist nicht trag­bar“, weiß Franziska Mecke, die vor ihrem Wirtschaftsstudium als gelern­te Krankenschwester den Stationsalltag haut­nah mit­er­lebt hat. Erst Stationen mit min­de­stens 30 Betten gel­ten als rentabel…

All die Sanierungsmaßnahmen wie Bettenanpassung, Prozessoptimierung, Zentralisierung und Spezialisierung bedeu­ten zwangs­läu­fig, dass auch weni­ger Personal nötig ist. Von 2000 bis 2004 sank die Zahl der Vollzeitkräfte unter den Ärzten, Pflegern und ande­ren Beschäftigten in den Vivantes-Krankenhäusern von 13.499 auf 10.581. Auch im Management wur­den Positionen gestri­chen, im Pflegedienst etwa fie­len zwei kom­plet­te Hierarchieebenen weg. In den näch­sten Jahren wird die Zahl der Mitarbeiter auf der Grundlage von Strukturabbau und Prozessoptimierung wei­ter sin­ken. Wird das zu schaf­fen sein, wo Ärzte und Pflegepersonal doch schon heu­te kei­ne gerin­ge Arbeitsbelastung haben? „Gute Medizin geht nicht unbe­dingt ein­her mit vie­len Medizinern“, meint Wolfgang Schäfer. Allerdings räumt er ein: „Wir for­dern Ärzten schon viel ab.“…

Ein Großteil der Dienstleistungen der nicht medi­zi­ni­schen Bereiche über­neh­men nun Vivantes-Töchter. Um Sauberkeit und die Anlagen küm­mert sich etwa VivaClean. Wo nötig, so Service-Direktor Harry Düngel, holt sich das Unternehmen exter­nes Know-how dazu – und damit oft auch die in der Wirtschaft straf­fe­re Arbeitsmoral. Das war nötig, meint Düngel, denn Schlendrian kann sich Vivantes nicht mehr leisten.«

(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)

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