Laschet-Deal: Schutzkittel ohne Schutz?

Wenn Markus Söder ihn lie­ße, wür­de Armin Laschet ger­ne Kanzler wer­den. Vorerst macht er von sich reden damit, daß er anschei­nend Klinikpersonal mit nutz­lo­ser Schutzkleidung aus­stat­ten ließ. Das gan­ze beruht auf einem Deal, den sein Sohn ohne Ausschreibung mit dem Textilhersteller Van Laack ein­fä­del­te. stern​.de berich­tet am 15.12. dazu:

»Laschet in Bedrängnis – Kittel, die das Land bei Van Laack bestel­len ließ, sind womög­lich nicht reißfest
… Am 20. April… bestell­te das Landesministerium 10 Millionen Schutzkittel für Krankenhäuser und ande­re Einrichtungen im Gesamtwert von 45,4 Millionen Euro. Die Landespolizei zog im Juni und November nach und order­te für ins­ge­samt vier Millionen Euro Stoffmasken für den Dienstbetrieb. Bis in den November hin­ein ver­gab das Land die Aufträge – kri­sen­be­dingt – immer frei­hän­dig und ohne Ausschreibung. Laut einer Liste des Gesundheitsministeriums avan­cier­te Van Laack so zum zweit­größ­ten Lieferanten der Behörde für Schutzkleidung…

Die Uniklinik Essen bestä­tig­te jetzt auf Anfrage, dass sie vom Land am 27. August 2020 ins­ge­samt 40.320 Kittel der Firma Van Laack zur Corona-Behandlung erhal­ten habe. Die Kittel sei­en aber "durch unse­re Hygiene geprüft und nicht für die Verwendung in unse­rem Haus frei­ge­ge­ben" wor­den, "da sie beim Anziehen schnell rei­ßen", teil­te ein Sprecher mit.

Angestoßen hat­te das der frü­he­re Piraten-Politiker und jet­zi­ge Publizist Christopher Lauer. Er hat­te ver­gan­ge­ne Woche für sei­nen Podcast ver­schie­de­ne Universitätskliniken des Landes ange­schrie­ben und sich nach Erfahrungen mit den Van-Laack-Kitteln erkun­digt. Das Uniklinikum in Münster ant­wor­te­te ihm am Donnerstag in einer Weise, die wei­te­re Zweifel an den Kitteln erlaub­te. Man habe Anfang September ins­ge­samt 28.800 Van-Laack-Kittel von der Landesregierung bekom­men. Genutzt habe man sie bis­her nicht, denn erst ste­he eine "Überprüfung" bevor, ob die Van-Laack-Kittel die Norm EN 14126 für Infektionsschutzkleidung erfüll­ten. Diese Prüfung ste­he "noch aus", so das Klinikum in sei­ner Mail an Lauer, die stern und "Capital" vor­liegt. "Deswegen kann zu die­ser Lieferung noch kei­ne Aussage getä­tigt wer­den", schrieb das Uniklinikum. Sollten die Kittel die Norm "nicht erfül­len, wer­den die­se nicht ent­spre­chend eingesetzt".«

Nach der Publikation die­ses Sachverhalts ruder­te die Klinik zurück:

»Man habe jetzt "anlass­be­dingt" eine "adhoc-Prüfung der Unterlagen ver­an­lasst und es lie­gen uns zwei­fels­freie Unterlagen vor, die die Einhaltung der DIN EN 14126:2004 bele­gen". Somit ste­he "dem hie­si­gen kli­ni­schen Einsatz nach die­ser frei­wil­li­gen Zusatzprüfung nichts entgegen".

Noch am Donnerstag gegen­über Lauer hat­te das anders geklun­gen. Und schaut man auf die Webseite des Textilherstellers selbst, fin­det man dort zu den Gesundheitsprodukten der Firma nur eine ein­zi­ge Konformitätserklärung – für Kittel gemäß der Norm EN 13034. Diese Kittel, erklärt die Firma da "in allei­ni­ger Verantwortung", erfüll­ten als Schutzkleidung die ent­spre­chen­den Vorschriften, mit "ein­ge­schränk­ter Schutzleistung gegen flüs­si­ge Chemikalien und Infektionserreger".«

Allerdings:

»Die Van-Laack-Bescheinigung stammt zudem erst vom 24. September. Über wel­che Zertifizierung ver­füg­te das Unternehmen also im April, als die Landesregierung zehn Millionen Stück bestellte?…

Das von dem CDU-Politiker Karl-Josef Laumann geführ­te Landesgesundheitsministerium bestä­tig­te am Dienstag Abend auf Anfrage von stern und „Capital“, dass die Van-Laack-Kittel "nicht voll­stän­dig den Anforderungen" der euro­päi­schen Verordnung für Schutzausrüstung ent­sprä­chen. Schutzausrüstung mit kor­rek­ter Kennzeichnung sei auf dem Höhepunkt der Krise "fak­tisch nicht" ver­füg­bar gewe­sen, erklär­te ein Sprecher. Im Auftrag von Van Laack habe das Prüfinstitut Hygcen Austria GmbH aber bestä­tigt, dass das Material der Kittel die Anforderungen der Norm EN 14126 erfül­le. Das Institut für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung habe dann im Auftrag des Gesundheitsministeriums nach­ge­prüft und bestä­tigt, dass die Kittel die Anforderung "Abweisungsfähigkeit gegen­über Flüssigkeiten" erfüll­ten. Darauf habe man zuge­las­sen, dass die Kittel "nur in medi­zi­ni­schen und pfle­ge­ri­schen Einrichtungen" im Land zum Schutz vor Coronaviren und "nur für die Dauer der Corona-Pandemie ver­wen­det wer­den dürfen"…

"Made in Tunisia"
Aber da nahm er den Mund etwas voll. Tatsächlich pro­du­ziert der Mönchengladbacher Hersteller wie die mei­sten deut­schen Textilunternehmen seit Jahren über­wie­gend im Billiglohnausland, im Fall von Van Laack in Vietnam und Tunesien. Auch die Kittel für NRW sei­en zum gro­ßen Teil in Tunesien her­ge­stellt wor­den, bestä­tig­te von Daniels Anfang Dezember gegen­über dem stern. Masken pro­du­zie­re man auch in Vietnam.

"Van Laack Health and Care Tunisia" steht auch auf Pappkartons, in denen das Land NRW die Kittel ver­teilt hat. Dem stern und "Capital" lie­gen ent­spre­chen­de Fotos vor. Sie stam­men aus der Messe Düsseldorf, von wo aus Organisationen aus der Katastrophenhilfe wie das Deutsche Rote Kreuz im Sommer kosten­los mit Schutzausrüstung belie­fert wur­den. Auch Tausende Van-Laack-Kittel – mit der Produktbezeichnung "Infektionskittel" auf dem Waschzettel im Nacken – lan­de­ten auf die­se Weise bei Organisationen vor Ort. Im Alltag klag­ten dann aller­dings auch dort Mitarbeiter, dass die Ware nicht geeig­net sei, um sich etwa bei Abstrichen zu schüt­zen – weil die Kittel nicht riss­fest sei­en.«

3 Antworten auf „Laschet-Deal: Schutzkittel ohne Schutz?“

  1. Das kommt mir schon wie­der vor, wie bei den Schildbürgern!
    Ohne Sinn und Verstand, alles auf Kosten der Steuerzahler.
    Genauso läuft es eigent­lich immer ab, vor allem wenn es um staat­li­che Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser geht; da wird immer unter­ste, unzu­mut­ba­re bis unbrauch­ba­re Qualität für dann völ­lig raus­ge­schmis­se­nes Geld besorgt.
    Kann per­sön­lich ein Lied davon singen!

  2. Bei allem was unse­re Oberen da von sich geben, muß man immer sehr vor­sich­tig sein, weil sie ihre Formulierungen immer so wäh­len, daß sie mög­lichst noch an der Falschaussage vor­bei­schram­men aber den Zuhörer in die fal­sche Richtung len­ken bzw. ablen­ken. Beispiel hier: "Im Auftrag von Van Laack habe das Prüfinstitut Hygcen Austria GmbH aber bestä­tigt, dass das Material der Kittel die Anforderungen der Norm EN 14126 erfül­le". Der Standardleser denkt sich: ist doch alles palet­ti. Keiner denkt aller­dings dar­über nach, daß das Material allein noch kei­nen Kittel aus­macht: es muß zuge­schnit­ten und zusam­men­ge­fügt wer­den. Mit hoher Wahrscheinleichkeit rei­ßen die Nähte auf (weil die Naht schlecht ist, oder der Schnitt mate­ri­al­s­pa­rend gewählt wur­de – schließ­lich will man ja maxi­mal Geld verdienen).

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