Lauterbach übergelaufen

»SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht die Kitas und Schulen im Zentrum des Sturms – weil über sie das Virus in die Familien getra­gen wird: Die Corona-Patienten auf den Intensivstationen sei­en jetzt im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt, dar­un­ter zahl­rei­che Väter und Mütter. „Viele Kinder ver­lie­ren ihre Eltern“, sag­te er in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner.«

Das war am 16.4. auf news​4te​a​chers​.de unter der Überschrift Intensivstationen lau­fen voll – Lauterbach: „Viele Kinder ver­lie­ren ihre Eltern“ zu lesen. Seitdem sind die PatientInnen offen­bar sehr geal­tert. Endlich legt das DIVI die­se Zahlen vor:

https://​www​.inten​siv​re​gi​ster​.de/​#​/​a​k​t​u​e​l​l​e​-​l​a​g​e​/​z​e​i​t​r​e​i​hen

Update

Ein Leser weist dar­auf hin, daß selbst den "Faktencheckern" von br24​.de etwas auf­ge­fal­len ist. Sie ver­su­chen zu ret­ten, was nicht zu ret­ten ist:

»Lauterbach: Durchschnittsalter auf Intensivstationen 47 bis 48 Jahre

User stell­ten außer­dem die Frage, ob die Patienten auf Intensivstationen immer jün­ger wer­den. Sie ver­wie­sen auf eine Behauptung des SPD-Politikers Lauterbach, der in der Talk-Show “Maybrit Illner” über Corona-Patienten sag­te: “Diejenigen die jetzt auf der Intensivstation behan­delt wer­den, die sind im Durchschnitt etwa 47 bis 48 Jahre alt. Das sind Menschen mit­ten im Leben.”

Die User wur­den auch des­halb stut­zig, weil bis dahin in den Medien meist von einem deut­lich höhe­ren Durchschnittsalter der Corona-Intensivpatienten die Rede war. Der #Faktenfuchs hat über­prüft, was an Lauterbachs Äußerung dran ist.

Werden mehr Jüngere auf Intensivstationen behandelt?

Tatsächlich lässt sich Lauterbachs Aussage zum aktu­el­len Zeitpunkt sta­ti­stisch nicht bele­gen. Bisher lie­gen bloß Daten zur ersten und zwei­ten Corona-Welle vor. Laut einer Auswertung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) lag der Altersdurchschnitt der Corona-Patienten auf der Intensivstation wäh­rend der ersten und zwei­ten Welle bei 68 Jahren. Für die drit­te Welle gebe es noch kei­ne ver­gleich­ba­ren Daten, sag­te der wis­sen­schaft­li­che Leiter des DIVI-Intensivregisters Christian Karagiannidis in einem DIVI-Video. Es gebe bloß Berichte aus ein­zel­nen Kliniken. Einen davon lie­fert der Leiter der Intensivmedizin am Klinikum Nürnberg, Stefan John. Im Thema des Tages von B5 berich­te­te er von einer ähn­li­chen Beobachtung.

Keine Daten für die dritte Corona-Welle

“Was wir im Moment sagen kön­nen ist, dass ein Großteil der über 80-Jährigen geimpft ist und wir weni­ger die­ser Patienten auf der Intensivstation sehen”, sag­te Karagiannidis in dem Video. Aber auch 2020 hät­ten über 80-Jährige mit einem Anteil von maxi­mal 25 Prozent nicht den Großteil der Corona-Patienten auf Intensivstationen ausgemacht.

Die Initiative für Qualitätsmedizin (IQM) wer­te­te Abrechnungsdaten von ins­ge­samt 310 IQM-Mitgliedskrankenhäusern in Deutschland aus – unter ande­rem hin­sicht­lich des Alters. Sie bestä­ti­gen die Zahlen der DIVI. Intensivpatienten sei­en durch­schnitt­lich um die 70, sag­te Ralf Kuhlen, Vorsitzender des wis­sen­schaft­li­chen Beirats der IQM und Geschäftsführer Medizin der Helios-Kliniken, im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. Doch auch die­se Zahlen stam­men aus Analysen der Patientendaten zur zwei­ten Corona-Welle. Zur drit­ten Welle gibt es aktu­ell noch kei­ne Zahlen, bestä­tigt Kuhlen.

Die Daten sei­en außer­dem schwie­rig aus­zu­wer­ten, warnt der Mediziner, da die zwei­te und drit­te Corona-Welle inein­an­der über­gin­gen. Dadurch sei nicht ein­deu­tig, wann die zwei­te Welle ende­te und die drit­te Welle anfing.

Hinzu kommt: Die IQM ori­en­tiert sich bei ihrer Analyse laut Kuhlen am Entlassungsdatum. Erst dann sei klar, wie viel Zeit ein Patient auf der Intensivstation ver­bracht hat – und ob er schon seit der zwei­ten Welle dort behan­delt wird. Das bedeu­tet: Schaut man sich die Zahlen der aktu­el­len Kalenderwoche an, dann feh­len dort alle die­je­ni­gen Intensivpatienten, die aktu­ell noch behan­delt werden.

Lauterbach bezog sich auf persönliche Schätzung, keine Statistik

Auf Anfrage erklär­te Karl Lauterbach, bei sei­nem Verweis auf ein Durchschnittsalter von 47 bis 48 Jahren habe es sich um eine per­sön­li­che Schätzung gehan­delt. Er sei inof­fi­zi­ell in Kontakt mit Intensivmedizinern und sei auch selbst auf meh­re­ren Intensivstationen gewe­sen, um sich sein eige­nes Bild zu machen. “Was ich damit aus­drücken woll­te, ist, dass es Berufstätige sind”, sag­te er dem #Faktenfuchs. “Ich hät­te dazu sagen müs­sen, dass es kei­ne Statistik gibt.”

Lauterbachs Eindruck, dass es sich um Berufstätige han­de­le, bestä­tig­te DIVI-Leiter Karagiannidis für die Intensivstation im Klinikum Köln-Meresheim, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berich­te­te. Mit sei­nen Prognosen ist der SPD-Politiker in der Corona-Pandemie sehr prä­sent. Welche sich davon als wahr her­aus­ge­stellt haben, hat der #Faktenfuchs hier überprüft.

Impfeffekt oder andere Therapieentscheidungen als Grund für Beobachtungen?

Ralf Kuhlen von der IQM hat drei Theorien für die von Intensivmedizinern beob­ach­te­te Entwicklung. Zum einen wäre es mög­lich, dass mitt­ler­wei­le ein Impfeffekt bei Älteren spür­bar sei. Zum ande­ren kön­ne es sein, wie in aktu­el­len Hypothesen ange­nom­men, dass die bri­ti­sche Virusvariante bei Jüngeren zu einer schwe­re­ren Erkrankung führe.

Und es gebe noch eine ande­re Möglichkeit: Intensivmediziner hät­ten dazu­ge­lernt bei der Behandlung von Covid-19-Erkrankungen. Zu Anfang der Pandemie hät­ten sie – im Eindruck der Bilder aus New York und Norditalien – eher dazu geneigt, alle ver­füg­ba­ren inten­siv­me­di­zi­ni­schen Maßnahmen zu nut­zen. “Es machen aber nicht immer alle Maßnahmen für jeden Patienten Sinn. ” Die Wahrscheinlichkeit, dass über 80-Jährige wäh­rend der Beatmung ver­ster­ben ist hoch, laut einer Studie liegt sie bei cir­ca 72 Prozent. Die drit­te Möglichkeit wäre damit: Mittlerweile lie­gen mehr jün­ge­re Menschen auf der Intensivstation, weil bei ihnen eher die Entscheidung für eine inten­siv­me­di­zi­ni­sche Behandlung getrof­fen wer­de, als bei einem über 80-Jährigen, so Kuhlen.

Fazit

Karl Lauterbach behaup­te­te bei “Maybrit Illner”, auf den Intensivstationen sei­en Patienten im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt. Das lässt sich zum aktu­el­len Zeitpunkt nicht bele­gen. Für die drit­te Corona-Welle lie­gen noch kei­ne aktu­el­len Daten vor. Auswertungen aus der ersten und zwei­ten Welle benann­ten ein Durchschnittsalter von 68 Jahren.

Auf Nachfrage erklär­te Lauterbach, es habe sich dabei um eine per­sön­li­che Einschätzung gehan­delt. Er habe sich nicht auf eine Statistik bezo­gen. Ralf Kuhlen von der IQM hat ver­schie­de­ne Theorien, wie­so Intensivmediziner jetzt von jün­ge­ren Menschen berich­ten: zum Beispiel ein spür­ba­rer Impfeffekt bei Älteren oder ver­än­der­te Therapieentscheidungen.«

21 Antworten auf „Lauterbach übergelaufen“

  1. Eltern ver­lie­ren ihre Arbeit, ihre Wohnung, ihre Heimat. Eltern wer­den Wasser, Heizung und Strom abge­dreht. Das ist Alltag im Kapitalismus! DAS sagt die­ser Heuchler natür­lich nicht.

      1. @Johannes Schumann

        öffent­li­che Mittel sind auch nur eine Spielart des Kapitals. Aber ich will hier nicht den Klugscheißer geben, das kannst Du alles beim Karl Marx nach­le­sen. Wieso heißt der Lauterbach eigent­lich Karl mit Vornamen, so eine Frechheit 😉

        1. In sei­nem Personalausweis steht: "Lall Klabauterkrach"
          Hab' ich selbst gese­hen. Echt jetzt. Damit wird man im Politmedienzirkus des Parlamentarismus aber nix; also hat er sich die­ses ali­as zugelegt :-))

  2. wie sehen eigent­lich die qua­li­fi­ka­tio­nen eines herrn lau­ter­bach als gesund­heits­exper­te aus? wie flach sind da die hür­den in der spd?
    vie­le men­schen ver­lie­ren alles, herr lau­ter­bach nur den verstand..

    die­ser mensch gehört eigent­lich auch von jeman­dem wie frau bah­ner als sach­ver­stän­di­ger!! exper­te!! vor­ge­la­den und mit einem klei­nen fra­ge­ka­ta­log konfrontiert..

    1. Zur Verteidigung der SPD: Lauterbach ist nicht mal gesund­heits­po­li­ti­scher Sprecher sei­ner Fraktion. Seine "Meriten" hat er sich damals mit Lipobay verdient.

  3. PS: Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Beatmung zu ster­ben ist tat­säch­lich sehr hoch. Ob bei einer Lungenentzündung eine künst­li­che Beatmung oder gar eine Intubation die rich­ti­ge Behandlungsmethode ist, ist natür­lich eine gänz­lich ande­re Frage.

  4. Klabauterbach ver­brei­tet doch von Anfang an nur per­sön­li­che Schätzungen, die waren noch nie von wis­sen­schaft­li­chem Gehalt getrübt.

  5. "… da die zwei­te und drit­te Corona-Welle inein­an­der über­gin­gen. Dadurch sei nicht ein­deu­tig, wann die zwei­te Welle ende­te und die drit­te Welle anfing." – Das ist für mich der Witz des Tages. Anstatt end­lich zu sagen, daß die sai­so­na­len "Wellen" immer ähn­lich ver­lau­fen (ab Oktober rauf, Ende Dezember leicht run­ter, März wie­der etwas rauf, Ende April run­ter), läßt man sie jetzt "inein­an­der über­ge­hen", um die absur­de Zählerei nicht auf­ge­ben zu müssen.

  6. Mal was von BAP:
    "Et kütt vüür, dat ich mein, dat jet klirrt
    Dat sich irjend­jet en mich verirrt
    E Jeräusch, nit ens laut
    Manchmol klirrt es vertraut
    Selden su, dat mer't direk durchschaut
    Mer weed wach, rief die Aure un sieht
    En'nem Bild zwe­schen Breughel un Bosch
    Kei Minsch, dä öm Sirene jet jitt
    Weil Entwarnung nur half su vill koss
    Et'rüsch noh Kristallnaach
    En der Ruhe vür'm Sturm, wat ess dat?
    Janz klamm­heim­lich ver­lööß wer die Stadt
    Honoratioren inco­gni­to hasten vorbei
    Offiziell sinn die nit jähn dobei
    Wenn die Volkssseele, all­zeit bereit
    Richtung Siedepunkt wütet un schreit
    Heil, Halali un gren­zen­los geil noh Vergeltung brüllt
    Zitternd vor Neid
    In der Kristallnaach
    Doch die alles, wat anders ess, stührt
    Die mem Strom schwem­me, wie't sich jehührt
    Für die Schwule Verbrecher sinn
    Ausländer Aussatz sinn
    Bruchen wer, der se verführt
    Un dann ret­tet kein Kavallerie
    Keine Zorro köm­mert sich dodrömm
    Dä piss höch­stens e Z en der Schnie
    Un fällt lal­lend vüür Lässigkeit öm
    Na un, Kristallnaach
    Kristallnaach
    In der Kirch met dä Franz Kafka-Uhr
    Ohne Zeiger met Striche drop nur
    Liest ne Blinde 'nem Taube Strubbelpeter vüür
    Hinger drei­fach ver­rie­jel­ter Düür
    Un dä Wächter 'mem Schlüsselbund hällt
    Sich em Ähnz für jet wie e Jenie
    Weil'er Auswege pulverisiert
    Un ver­käuf jäjen Klaustrophobie
    En der Kristallnaach
    Währenddessen, am Maatplatz vielleich
    Unmaskiert, hück mem woh­re Jeseech
    Sammelt Stein, schlief et Mezz
    Op die, die schon verpezz
    Probt dä Lynch-Mob für't jüng­ste Jereech
    Un zem Laade nur flüch­tig vertäut
    Gie Galeeren stonn längs unger Dampf
    Weet em Hafen op Sklaven jewaat
    Op dä Schrott uss dämm unglei­che Kampf
    Us der Kristallnaach
    Do, wo Darwin für alles herhällt
    Ob mer Minsche ver­driev oder quält
    Do, wo hin­ger Macht Jeld ess
    Wo stark sinn die Welt ess
    Vun Kusche un Strammstonn entstellt
    Wo mer Hymnen om Kamm sujar blöß
    En bar­ba­ri­scher Gier noh Profit
    Hosianna un Kreuzigt ihn rööf
    Wemmer irjend ne Vorteil drin sieht
    Ess täg­lich Kristallnaach
    Kristallnaach
    Kristallnaach"

  7. Hier aktu­ell die
    "Analysen zum Leistungsgeschehen der Krankenhäuser und zur Ausgleichspauschale in der Corona-Krise – Ergebnisse für 2020 "
    vom Bundesgesundheitsministerium
    auch als .pdf .
    https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2021/2‑quartal/corona-gutachten-beirat-bmg.html
    Sollte man sich mal in Ruhe durch­le­sen und ana­ly­sie­ren, auch unter dem Aspekt, zu wel­chem Zeitpunkt es Geld für die Krankenhäuser gab.

  8. ich habe Ende Mai einen Termin beim Psychater.
    Da es mir ganz gut geht der­zeit, stel­le ich den Termin sehr gern für Herrn Lauterbach zur Verfügung.
    Es wäre hilf­reich wenn ein Kamerateam von Markus Lanz Herrn Lauterbach bei dem Termin unter­stützt. Da fühlt er sich viel­leicht etwas siche­rer wäh­rend der Untersuchung.

  9. Typen wie Lauterbach …

    sind im Mittelalter auf den Marktplätzen gestan­den, und haben den Leuten vom jüng­sten Gericht und ihrer Verdammnis gepre­digt, wenn sie nicht Beten und Buße tun.

    Buße und Beten sind durch Abstand, Maske und Impfung ersetzt wor­den, aber für die Lauterbachs die­ser Welt, hat sich nicht viel geän­dert: Sie berau­schen sich an der Aufmerksamkeit und Zuwendung, die ihnen die Angst ver­schafft, die sie selbst erzeugen

    1. Mit mei­nen Kindern lese ich gera­de Asterix "Der Seher" – die Parallelen sind evi­dent. Klabauterbach scheint für sei­ne Prognosen in wis­sen­schaft­li­chen Studien unge­fähr so zu lesen wie der Seher im Asterix im Gekröse eines alten Fischs.

  10. Die Zahnfee mit dem Hollywoodlâcheln bekommt hof­fent­lich Lebenslange Haft bei den neu­en Prozessen. Ehrlich, für die­ses Ar.. darf es kei­ne Gnade geben!

  11. Na, das passt. Lügenbach gibt zu, dass er Fakten erfin­det und "per­sön­li­che Erfahrungen" für Wissenschaft hält, und das Gelichter vom Faktenfuchsbandwurm sagt , sei­ne Behauptungen lie­ßen sich zur Zeit nicht belegen…

    Heißt Lauterbach mög­li­cher­wei­se mit zwei­tem Vornamen Eduard? 😉

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