Maske ja, Abstand nein. Gesungen und gerufen wird auch am 1. Mai

Verschiedenste poli­ti­sche Spektren sind am 1. Mai in zahl­rei­chen Städten auf die Straße gegan­gen. Vielerorts hat­te der DGB nur sym­bo­li­sche Veranstaltungen mit gela­de­nen Gästen ein­be­ru­fen, doch oft kam es anders. So etwa in Stuttgart…

stutt​gar​ter​-nach​rich​ten​.de

Dem Blatt waren nicht nur die Querdenker nicht geheuer:

»Stuttgart – Solidarität ist Zukunft: Unter die­sem Motto nah­men am Samstag Tausende an einem Demonstrationszug durch die Stuttgarter Innenstadt teil. Ausgangs- und Endpunkt der Veranstaltung war der Stadtgarten beim Universitätsgelände. Von dort ent­fal­te­te sich ein lan­ger, stra­ßen­brei­ter Demonstrationszug durch die Friedrichstraße, der bereits bis zum Hauptbahnhof reich­te, als sich die Letzten am Stadtgarten auf den Weg machten.

Ein Meer von roten Fahnen präg­te das Bild. Geschwenkt von zahl­rei­chen gewerk­schaft­li­chen Untergruppierungen, von Kurden, Leninisten und wei­te­ren lin­ken Wiedergängern mit Hammer und Sichel. Und nicht zuletzt von Antifaschisten, die den Zug zeit­wei­se mit ihren Klassenkampfparolen zu kapern schie­nen und auch mit qual­men­den Pyro-Fahnen auf sich auf­merk­sam mach­ten.«

Auch die­se Gewerkschaftsdemo war von der Stadt behin­dert worden:

»Stuttgarter DGB-Chef kri­ti­siert die Stadtverwaltung

Zum Auftakt freu­te sich sich Philipp Vollrath, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Stuttgart, über den „Super-Demozug“. Der habe gezeigt, dass man in der Landeshauptstadt auch anstän­dig und zivi­li­siert demon­strie­ren kön­ne. Vollrath zeig­te sich erzürnt über einen „Riesenzoff mit der Stadt“, die noch bis Mitte der Woche ver­sucht habe, „den Tag der Arbeiterbewegung auf den Wasen zu ver­ban­nen“. Er kün­dig­te wei­te­re Gespräche mit der Stadtspitze an, „denn so las­sen wir uns als Gewerkschaft nicht behan­deln“.«


In Berlin gab es gleich 20 Demos: rbb24​.de meldet:

»10.000 Teilnehmende
Polizei sperrt A100 für Fahrraddemo gegen stei­gen­de Mieten

Mit einem kilo­me­ter­lan­gen Fahrradkorso sind rund 10.000 Menschen durch Berlin-Grunewald gezo­gen. Das berich­tet die Nachrichtenagentur DPA unter Berufung auf die Berliner Polizei. Die Radler waren am Samstagmittag vom Großen Stern in das Villenviertel gefah­ren. Die Demonstration am Mai-Feiertag stand unter dem Motto "Grunewald noch lah­mer legen"…

Für die Demonstration waren ledig­lich 2.500 Teilnehmer ange­mel­det worden.

Es herrsch­ten Partystimmung und gute Laune, wie Beobachter berich­te­ten. Teilweise scho­ben die Teilnehmer ihre Räder, weil der Zug nur lang­sam vor­an­kam. Der Korso war laut Polizei mehr als vier Kilometer lang. Auf einem Plakat stand "Faire Miete statt Profite". Teilnehmer san­gen "Besteuern, Enteignen, Umverteilen".

An der Boddinstraße in Neukölln wur­den die Teilnehmer des Fahrradkorso von der Polizei gebe­ten, nicht direkt zum Herrmannplatz zu fah­ren. Dort hat­ten sich ab dem Nachmittag Tausende zur soge­nann­ten "Revolutionären Mai-Demo" ein­ge­fun­den. Die Veranstalter hat­ten dazu 1.000 Menschen erwar­tet, gekom­men waren mehr als 5.000.…«

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/05/berlin-grunewald-villenviertel-demonstration‑1–mai-mygruni-.html

Auf tages​spie​gel​.de ist zu lesen (Stand 18:47):

»Der 1. Mai in Berlin – eine erste Bilanz 

Enteignung, Umverteilungen, bezahl­ba­rer Wohnraum – der 1. Mai in Berlin stand ganz im Zeichen der Debatten um Mieten, den geschei­ter­ten Deckel und im Zeichen des Volksbegehrens, das gro­ße Wohnungsunternehmen ver­ge­sell­schaf­ten will. Die zen­tra­le sozia­le Frage am Tag der Arbeit in Berlin – das sind jeden­falls nach der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den ver­schie­de­nen Kundgebungen und Demonstrationen nicht der Job, die bes­se­re Bezahlung oder die Lage der Arbeitnehmer in der Corona-Pandemie, son­dern das Wohnen.

Bis zum spä­ten Nachmittag ist es weit­ge­hend fried­lich geblie­ben. Die Polizei war mit 5600 Beamten im Einsatz, ein Sprecher hat­te den 1. Mai im Vorfeld wegen ver­schie­de­ner Demonstrationen im gesam­ten Stadtgebiet und wegen der Infektionsschutzregeln als beson­de­re Herausforderung bezeich­net. Bis zum spä­ten Nachmittag hat­te die Polizei vor allem mit Verstößen gegen die Infektionsschutzregeln zu tun, 59 waren es. 
Trotz der Corona-Beschränkungen sind zahl­rei­che Menschen am 1. Mai fla­nie­rend in Kreuzberg unter­wegs gewe­sen. Vor Eisdielen, Imbissen und Spätverkaufsläden bil­de­ten sich am Samstagnachmittag lan­ge Schlangen. Zwischen Görlitzer Park und Kottbusser Tor waren Tausende Menschen unter­wegs. An den Eingängen zum Park kon­trol­lier­ten Parkwächter, dass sich alle an das für die­sen Tag ver­häng­te Verbot von Glasflaschen in Teilen von Kreuzberg hiel­ten. Auch die Polizei ließ immer wie­der Menschen ihre Glasflaschen abstel­len oder wegwerfen…
In Lichtenberg ver­sam­mel­ten sich gegen Mittag rund 200 Querdenker, die gegen die Einschränkungen infol­ge der Corona-Pandemie pro­te­stiert haben. Die mei­sten Teilnehmer tru­gen die vor­ge­schrie­be­nen Schutzmasken, eini­ge aber nicht. Die Polizei nahm mehr als ein Dutzend Teilnehmer wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen fest und nahm die Personalien auf. Vertreter der bun­des­wei­ten Querdenken-Bewegung waren nicht nach Berlin gekommen. 
Auch die Querdenker, die seit kur­zem bun­des­weit vom Verfassungsschutz beob­ach­tet wer­den, tru­gen an die­sem 1. Mai rote Fahnen, ver­teilt von der soge­nann­ten „Freien Linken“. Auf ihren Plakaten stand „Nein zum Kapital – Widerstand glo­bal“. Die Querdenker ver­su­chen den Spagat, eine Querfront bis weit nach Links. Doch in Lichtenberg war es nur ein ver­spreng­test Häufchen [sic], auch der Gegenprotest war überschaubar.
Zeitgleich star­te­te am Stralauer Platz am Ostbahnhof eine Kundgebung „Für die Wiederbelebung der Kultur- und Clubszene“, zu der sich am frü­hen Nachmittag rund 200 Menschen ver­sam­melt hat­ten. Sie zogen in Richtung Ostkreuz, dar­un­ter vie­le Jüngere. Vom Lautsprecherwagen gab es Musik, Jongleure und Einradfahrer waren dabei.
Mehrere Hundert Teilnehmer gab es bei einer wei­te­ren Demonstration unter dem Titel „Nicht auf unse­rem Rücken – Gewerkschaften und Lohnabhängige in die Offensive!“, die am spä­ten Vormittag in Mitte begann. Die Demonstranten, die dem Aufruf der „Vernetzung für kämp­fe­ri­sche Gewerkschaften“ (VKG) gefolgt waren, zogen vom Hackeschen Markt Richtung Brandenburger Tor. Sie for­der­ten auf Transparenten unter ande­rem höhe­re Löhne. „Unsere Kraft ist euer Profit“ war auf einem der Schilder zu lesen.
Die bis zum Abend größ­te Aktion war der „MyGruni“-Fahrradkorso in den Ortsteil Grunewald. Veranstalter und Beobachter gin­gen von mehr als 10.000 Teilnehmern aus, die Polizei sprach von meh­re­ren Tausend. Darunter waren vie­le Familien mit Kindern. Am Startpunkt am Großen Stern in Tiergarten kam bereits ein biss­chen Loveparade-Stimmung auf – mit Techno und Tanz. Bei der sati­risch gemein­ten Aktion im Villenviertel unter dem Motto „Grunewald noch lah­mer legen“ ging es auch um die sozia­le Frage, näm­lich um die „Umverteilung von Reichtum“.«
Wenn es das Ziel der Politik war, mit den "Corona-Maßnahmen" poli­ti­schen Protest auf den Straßen zu ersticken, dann muß das Vorhaben spä­te­stens heu­te als geschei­tert ange­se­hen wer­den. Das ist gut für jeden demo­kra­ti­schen Protest – jen­seits des Streitthemas "Masken".

5 Antworten auf „Maske ja, Abstand nein. Gesungen und gerufen wird auch am 1. Mai“

  1. Ich weiß noch, dass ich am Anfang der Pandemie echt Schiss hat­te und wenn mir drau­ßen einer zu nahe kam, hab ich immer die Luft ange­hal­ten, bis er zehn Meter wei­ter war und ich dann nach Atem röcheln musste. 😀
    Herr Drosten hat dann ganz fein erklärt, dass drau­ßen nix pas­sie­ren kann, dass fast immer irgend­ein Lüftchen weht, das die Aerosole ver­teilt, sodass sie nie­man­den anstecken kön­nen. Da hab ich dann auf­ge­hört mit dem Luftanhalten.

    Ich frag mich, wann sich das geän­dert hat und die Aerosole seit­dem dem Wind den Mittelfinger zei­gen und zum Angriff auf Spaziergänger, Supermarktparkplatznutzer und Demonstranten übergehn.

    1. @Lieschen:
      Mir deucht, der Sündenfall war Ende Juli
      https://​www​.aerz​te​blatt​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​1​1​4​9​6​2​/​T​o​e​n​n​i​e​s​-​S​A​R​S​-​C​o​V​-​2​-​w​u​r​d​e​-​i​n​-​k​l​i​m​a​t​i​s​i​e​r​t​e​n​-​A​r​b​e​i​t​s​b​e​r​e​i​c​h​e​n​-​u​e​b​e​r​t​r​a​gen
      Am Anfang waren ledig­lich die "Schmier- und Tröpfcheninfektionen".
      Erstere sind (wenn ich mich recht erin­ne­re) seit Ende April aus der Wahrnehmung weit­ge­hend ver­schwun­den, nur hie&da erzeu­gen Medien-Superspreader noch "Ausbrüche":
      https://​www​.zdf​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​p​o​l​i​t​i​k​/​c​o​r​o​n​a​v​i​r​u​s​-​d​e​s​i​n​f​e​k​t​i​o​n​-​o​b​e​r​f​l​a​e​c​h​e​n​-​1​0​0​.​h​tml

      Es liegt die Vermutung nahe, dass die Masken ohne­hin nur den Zweck erfüll(t)en, die (anson­sten für die Durchschnittsbürger nicht wahr­nehm­ba­re) "Gefahr" (und die not­wen­di­ge "Rettung" durch's Impfen) optisch auf­recht­zu­er­hal­ten: und Masken sind nun­mal gegen Schmierinfektionen offen­sicht­lich nutz­los. Die dage­gen evtl. nütz­li­che­ren Latexhandschuhe sind weder leicht sicht- noch kon­trol­lier­bar. Deswegen brauch­te man die Aerosole (egal, ob's stimmt oder nicht).

      Optimistisch könn­te man ver­mu­ten, dass das Maskensymbol ver­schwin­det, sobald die Impfkampagne "erfolg­reich" been­det ist.
      Pessimistisch lie­ße sich eher anneh­men, dass man es wei­ter als Gesslerhut und/oder die Aufrechterhaltung der Mär benö­tigt, dass sie auch gesund­heit­lich nütz­lich war bzw. als poli­ti­sches Statement.

  2. Frankfurt das­sel­be. Wobei ich mich fra­ge, wer die FDJ am Leben erhält und wer allen Ernstes heut­zu­ta­ge imstan­de ist, eine DDR-Fahne zu schwen­ken. Eindeutig nach Mauerfall gebo­ren. Supernette selbst­be­wusst wohl­erzo­ge­ne mul­ti­na­tio­na­le Kids mit Anarcho und AntiFa Flaggen, SeaWatch T‑Shirts und Maske. Kein Abstand. Gute Musik aus Lautsprechern. Polizisten, die ner­vös zugucken, und offen­sicht­lich den Befehl haben, nicht ein­zu­grei­fen. Mengenmäßig schla­gen die Kids die Frankfurter Querdenker locker.
    Ich inter­pre­tie­re den Protest als gegen die sozia­le und ras­si­sti­sche Selektion gerich­tet, die hier­zu­lan­de und glo­bal statt­fin­det. Masken- und Impfselektion wird offen­sicht­lich nicht als Problem gese­hen. Geschlossene Schulen und Universitäten auch nicht.
    Sollten die­se Kids ent­schei­den, dass Maske doof ist, dann war's das. Wie Party geht, wis­sen sie offen­sicht­lich noch.

    1. https://www.sueddeutsche.de/politik/demonstrationen-frankfurt-am-main-schlagstockeinsatz-bei-linker-mai-demo-in-frankfurt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101–210501-99–432163
      "Die Polizei sprach von min­de­stens 3000 Menschen, die sich zu einem "Tag der Wut" zunächst auf dem Opernplatz ver­sam­melt hat­ten und dann durch das Bahnhofsviertel zogen. Laut Augenzeugen waren nahe­zu alle Teilnehmenden ver­mummt und gleich­zei­tig bemüht, die Corona-Regeln einzuhalten. "
      LOL

Schreibe einen Kommentar zu Erfurt Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert