Anfang März gab es auf bild.de ein merkwürdiges Video. Darin interviewte Reporterin Nele Würzbach eine Jessica Czakon, Mitgründerin von „corona-testen.de“. Dort wurden Corona-Schnelltests der Firma Medi.Lab angeboten.
Am 31.3. fragte die FAZ: "249 Euro für einen Corona-Test?" und machte unter Verweis auf die Recherche-Plattform vice auf Ungereimtheiten aufmerksam.
»In nur fünf Schritten gehe es zum Testergebnis: Test-Kit bestellen, Selbsttest durchführen, Fragebogen ausfüllen, einschicken, schon sei das Ergebnis da. Der Fragebogen ist angelehnt an ein Dokument der Berliner Charité, dem Labor, das von dem Virologen Christian Drosten geleitet wird. Auf Anfrage von "Vice" sagte das Labor, man habe kein geschäftliches Verhältnis zu "Medi.Lab".«
vice berichtet Einzelheiten:
»Die Tests, die "Medi.Lab" auf corona-testen.com anbietet, sind die derzeit gängigen PCR-Tests. Bei einem PCR-Test wird ein Abstrich entnommen, etwa im Rachen. Die im Probenmaterial enthaltenen Erbsubstanzen werden anschließend in einem Labor chemisch vervielfältigt. So lässt sich selbst eine geringe Viruslast nachweisen.«
Dann könnte es interessant werden:
»Schaut man sich die Website und den Instagram-Kanal von "Medi.Lab" genauer an, fällt zunächst auf, dass die Fotos der Testkits nicht einheitlich sind. Mit einer Bilder-Rückwärtssuche wird zum Beispiel deutlich, dass einvermeintliches Foto von verfügbaren "Medi.Lab"-Testkits offenbar aus einem _taz_-Artikel über eine andere Firma übernommen wurde, die Corona-Tests herstellt.«
Bei dem taz-Artikel handelt es sich um eine hier bereits behandelte home story über die Firma TIB Molbiol von Olfert Landt, dem langjährigen Weggefährten Christian Drostens, vgl. dazu Drosten-Landt-Connection: Geld scheffeln mit Pandemien (I) und folgende.
»Ebenfalls auf Instagram zeigt "Medi.Lab" Ausschnitte des mutmaßlichen Fragebogens, der mit den Tests geliefert werden soll. Der Text stimmt mit einem Dokument der Berliner Charité überein, einem sogenannten Anforderungsschein, den eigentlich Ärzte ausfüllen müssen. Auf mehreren Bildern wurde offenbar das Logo des an der Charité angesiedelten Labor Berlin einfach durch das von "Medi.Lab" ersetzt.
Die Virologie-Abteilung am Labor Berlin wird von dem derzeit sehr gefragten Virologen Dr. Christian Drosten geführt. Auf Anfrage von VICE erklärt das Labor Berlin, man stehe in keinem geschäftlichen Verhältnis zum Angebot von "Medi.Lab". "Wir gehen von einer betrügerischen Verwendung von Materialien, Logos und Anforderungsscheinen von Labor Berlin aus", schreibt die Pressestelle.«
Auf Anfrage von vice recherchierte das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Hannover nach den im Impressum angegebenen Firmen. Der Leiter erklärte:
»"Wir haben jetzt Unterlagen angefordert – zum Beispiel eine Konformitätserklärung für das Testkit oder vergleichbare Nachweise nach dem Medizinproduktegesetz, aber keine Antwort erhalten", so Licht-Klagge weiter. "Also haben wir den Fall an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben wegen Anfangsverdacht auf Betrugsversuch."«
Und wieder interessant:
»Das Labor Berlin, dessen Dokumente "Medi.Lab" offensichtlich ohne Einwilligung kopiert hat, prüft derzeit rechtliche Schritte.
Update vom 31.03.2020, 15.05 Uhr: Nach unserer Recherche hat Spiegel Online (Paywall) ebenfalls kritisch über Medi.Lab berichtet, ihnen liegt ein Testkit vor. Das Testkit soll an das Labor Berlin zurückgesendet werden. Das Labor Berlin bestreitet eine Zusammenarbeit.« Link zum Spiegel
Es hat also den Anschein, als ob windige GeschäftemacherInnen schnelles Geld mit Corona-Tests machen wollten.
Es bleiben Fragen:
-
- Wie konnten die Verantwortlichen an einen Fragebogen von Drostens "Labor Berlin" gelangen?
- Wie sollte das Geschäftsmodell funktionieren ohne Zusammenarbeit mit Labor Berlin?
- Könnten die Fotos der Testkits von Landts TIB Molbiol nicht gestohlen, sondern von der Firma zur Verfügung gestellt worden sein?
- Was ist aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Firma geworden?
- Haben Charité und Labor Berlin Strafanzeigen wegen der Verwendung des Fragebogens gestellt?
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)