Medizin-Professor: Lockdown-Politik ist endgültig gescheitert – das rächt sich bei Impfung

Erneut zei­gen sich Risse im mono­li­thisch erschei­nen­den Medienwesen. Unter der genann­ten Überschrift ver­öf­fent­licht am 17.12. focus​.de ein Interview, in dem zu lesen ist:

»FOCUS Online: Herr Schrappe, Sie kri­ti­sie­ren gemein­sam mit einer Autorengruppe, zu der auch der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel und die Ex-Pflegedirektorin der Charité Hedwig François-Kettner gehö­ren, seit Monaten den Corona-Kurs der Bundesregierung. In meh­re­ren Thesenpapieren for­dern Sie seit April ein Krisenmanagement, das sich nicht allein auf die Beschränkung von Kontakten stützt. Andernfalls dro­he man die Kontrolle über das Virus zu ver­lie­ren. In der November-Version Ihres Papiers schrei­ben Sie außer­dem: Die Daten zeig­ten kei­ne zwei­te Welle, die durch einen Lockdown gebro­chen wer­den könn­te, son­dern ein kon­ti­nu­ier­li­ches Ansteigen der Zahlen. Eine leich­te Abflachung sei zwar mög­lich, das Hoffen auf ein Zurück auf das Zahlenniveau des Sommers ent­beh­re jedoch jeg­li­cher Grundlage. Leider muss man sagen: Sie hat­ten recht. Fühlen Sie ein Stück weit Genugtuung, dass alles so ein­ge­tre­ten ist, wie Sie es pro­gno­sti­ziert haben?

Matthias Schrappe: Tatsächlich haben wir die Entwicklung kom­plett rich­tig vor­her­ge­sagt, das ist aus mei­ner Sicht auch kei­ne Zauberei gewe­sen. Aber des­we­gen ver­fällt jetzt nie­mand in Selbstzufriedenheit. Die wei­ter hohen Infektionszahlen zei­gen jedoch, dass die Strategie allein dar­auf zu set­zen, Kontakte zu beschrän­ken und nach­zu­ver­fol­gen, geschei­tert ist und ein Strategiewechsel unver­meid­lich ist. Mit einem Lockdown kön­nen Sie die Zunahme bei den Fallzahlen zwar kurz­fri­stig ein­däm­men, Sie gewin­nen Zeit, aber Sie kön­nen die Pandemie damit nicht gezielt steu­ern. Wenn wir nicht end­lich auch das zwei­te Bein einer sinn­vol­len Pandemie-Politik berück­sich­ti­gen, dann wer­den die Fallzahlen, sobald die Beschränkungen gelockert wer­den, wie­der hochgehen.

Worin besteht die­ses zwei­te Bein bei der Pandemiebekämpfung?

Schrappe: Wir dür­fen den Schutz der beson­ders ver­letz­li­chen Bevölkerungsgruppen nicht wei­ter miss­ach­ten. Der jet­zi­ge Lockdown ist eine Konsequenz aus der ein­sei­ti­gen Politik der Bundesregierung, die nur auf die Beschränkung und Nachverfolgung von Kontakten setzt. Die Präventionsstrategie bei Infektionskrankheiten muss aber immer auf zwei Beinen auf­bau­en: Das erste ist natür­lich die Kontaktbeschränkung und ‑nach­ver­fol­gung. Aber es geht zwei­tens immer auch um einen geziel­ten Schutz der beson­ders Schutzbedürftigen. Wenn es in der Klinik einen Ausbruch eines gefähr­li­chen Krankenhauskeims gibt, dann bekämpft man das auch mit Beschränkungen, aber gleich­zei­tig wer­den beson­ders Gefährdete, wie zum Beispiel Krebspatienten wäh­rend einer Chemo, sofort aus der Schusslinie genom­men und geson­dert dar­auf geach­tet, dass sie sich nicht anstecken. Das ist das klei­ne Einmaleins der Epidemiologie. Und das sagen wir seit April. Die Bundesregierung ist dar­auf nur seit­her noch nie ein­ge­gan­gen. Auf einem Bein steht man aber eben äußerst wacklig.

Woran liegt es, dass geziel­te Schutzmaßnahmen für Risikogruppen bis­her so wenig umge­setzt werden?

Schrappe: Das müss­ten Sie die Regierenden eigent­lich selbst fra­gen. Aber es gibt aus mei­ner Sicht eini­ge Indizien: Die Ratgeber der Politik aus der Wissenschaft sind für mein Verständnis sehr ein­sei­tig besetzt. Es sind vor­ran­gig natur­wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­te Virologen, die die Pandemie am lieb­sten unter dem Mikroskop bekämp­fen wol­len und Epidemiologen, die das Infektionsgeschehen anhand von mathe­ma­ti­schen Modellen aus­rech­nen. Niemand von ihnen ist wirk­lich vor Ort und ver­steht ganz kon­kret, wie es zum Beispiel um die Infektiosität von Kindern oder Türklinken steht.

Christian Drosten hat als Art viro­lo­gi­scher Chefberater der Bundesregierung schon im Frühjahr den Einfluss von Kindern auf das Infektionsgeschehen unter­sucht; auch Sandra Ciesek von der Uni Frankfurt forscht zu die­sem Thema. Ganz fern­ab von der Virus-Front sind die Regierungsberater also sicher­lich nicht. Es fehlt im Beraterteam aus Ihrer Sicht aber an Praktikern, zum Beispiel aus den Kliniken?

Schrappe: Ja, wir haben so vie­le Leute in Deutschland, die jah­re­lan­ge Erfahrung mit dem Management von Infektionskrankheiten haben – zum Beispiel die­je­ni­gen, die pro Jahr 700.000 Krankenhausinfektionen mana­gen. Die wer­den seit Monaten nicht gefragt. Dabei wis­sen die­se Leute sehr genau, dass eine Epidemie nie ein Top-Down-Ereignis ist, also nie auf eine ein­zi­ge Ursache zurück­zu­füh­ren ist und damit auch nicht mit einer ein­zi­gen Methode wie der Kontaktbeschränkung in den Griff zu bekom­men ist.

Bis zum 10. Januar gilt jetzt der Lockdown – wel­che Strategie schla­gen Sie spä­te­stens ab dann vor?

Schrappe: In aller­er­ster Linie braucht es ein für die Bevölkerung sicht­ba­res und klar for­mu­lier­tes Umdenken der poli­ti­schen Führung die­ses Landes. Es muss unmiss­ver­ständ­lich kom­mu­ni­ziert wer­den: Es geht so nicht wei­ter. Wenn die 80-Jährigen mit einer Sterbewahrscheinlichkeit von bis zu 70 Prozent erst auf der Intensivstation lie­gen, ist es zu spät. Und die Hoffnung, sie allein mit all­ge­mei­nen Kontaktbeschränkungen vor Infektionen zu schüt­zen, hat sich als Irrtum her­aus­ge­stellt. Was also kön­nen wir noch tun, damit wir bei der Pandemie-Bekämpfung bes­ser werden?

Was kön­nen wir denn tun? Welche Maßnahmen zum Schutz der Risikogruppen schla­gen Sie kon­kret vor?

Schrappe: Wir brau­chen zum Beispiel eine Umstrukturierung bei den Gesundheitsämtern. Die befin­den sich seit Monaten in einem aus­sichts­lo­sen Kampf. Das sagen sie selbst. Man hat zwar die Bundeswehr als Unterstützung geschickt, aber die Kontaktverfolgung funk­tio­niert bei so vie­len Fällen auch mit dem zusätz­li­chen Personal nicht. Deshalb schla­gen wir vor, dass sich die Hälfte der Gesundheitsamtsmitarbeiter wei­ter um die Kontaktnachverfolgung bemüht – wäh­rend man die ande­re Hälfte inklu­si­ve der hilfs­wil­li­gen Bundeswehrsoldaten vor die Schulen, Arztpraxen und Altenheime schickt, wo sie mit Schnelltests und dem dafür nöti­gen Know-How lebens­nah hel­fen kön­nen, Risikopatienten zu schüt­zen. Das wäre viel sinn­vol­ler, weil es direkt Infektionen ver­hin­dert und damit Leben ret­tet, als in rie­si­gen Hallen voll mit Kontaktjägern dem Infektionsgeschehen aus­sichts­los immer wei­ter hinterherzurennen.

In Ihrem Papier schla­gen Sie zudem ver­pflich­tend FFP-Masken für Personal, Besucher wie Bewohner von Alten- und Pflegeheimen vor sowie spe­zi­ell für Risikopatienten reser­vier­te Öffnungszeiten von Supermärkten. Damit sie bei Arztbesuchen nicht den ÖPNV nut­zen, soll es Taxischeine geben. Und auch die Reaktivierung von nach­bar­schaft­li­chen Unterstützungsdiensten wie Lieferservices nen­nen Sie ein wich­ti­ges Element, um Infektionen vorzubeugen.

Schrappe: Genau – und wir brau­chen ein stär­ke­res zivil­ge­sell­schaft­li­ches Engagement. Wir brau­chen die Kirchen vor Ort, wir brau­chen die Gemeinden, die Sozialdienste. Die wis­sen ja, wo es brennt und kön­nen zu den Leuten gehen, wo sie wis­sen, dass sie allei­ne woh­nen und dass nie­mand für sie ein­kau­fen gehen kann. Es geht nicht allein um das Verteilen von Masken oder dar­um, dar­über zu spre­chen, wie wich­tig es ist, sich vor einer Ansteckung zu schüt­zen. Es braucht kon­kret Hilfe vor Ort. Auch Studenten, die wegen der Pandemie ihren Nebenjob zum Beispiel im Restaurant ver­lo­ren haben, könn­ten mit­ein­be­zo­gen wer­den. Die könn­ten dann viel­leicht nicht nur die Einkäufe vor­bei­brin­gen, son­dern auch mal checken, was los ist, wenn das Handy einer älte­ren Person nicht mehr geht, die Enkel aber nicht zu Besuch kom­men kön­nen. Wir sind doch eine mensch­li­che Gesellschaft, die sich hel­fen kann und genug Fantasie hat, indi­vi­du­el­le Konzepte zu fin­den. Die Politik muss dafür aber den Anstoß geben und auf­hö­ren, die gan­ze Zeit nur über anony­me Zahlen zu diskutieren.

Und selbst die, sei­en das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sei­en, sagen Sie. Dabei gibt es inzwi­schen doch eine gan­ze Reihe von Kennzahlen, die die Pandemie greif- und steu­er­bar machen sol­len: 7‑Tages-Inzidenz, Divi-Register, R‑Wert, Nowcasting…

Schrappe: Die Zahlen sind aber nicht ver­läss­lich. Statt kon­ti­nu­ier­lich eine reprä­sen­ta­ti­ve Stichprobenstudie durch­zu­füh­ren, die breit das Geschehen in der Bevölkerung abbil­det, arbei­ten Politik und RKI seit Monaten mit Meldedaten. Das Problem dabei: Wenn wir wenig testen, fin­den wir auch wenig. Würden wir mehr testen, wür­den wir sicher auch mehr Fälle fin­den. Das gilt gera­de bei einer Infektionskrankheit, die oft ohne Symptome ver­läuft. Wir wis­sen also nie, wie vie­le Menschen wirk­lich infi­ziert sind. Das ist kein befrie­di­gen­der Zustand und vor allem des­halb so schlimm, weil ja alle getrof­fe­nen Entscheidungen mit die­sen unzu­ver­läs­si­gen Zahlen legi­ti­miert wer­den. Der zwei­te Kardinalfehler der Bundesregierung ist es, bei den Zahlen Ziele fest­zu­le­gen, die nicht erreich­bar sind.

Sie mei­nen die 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, die Kanzlerin Merkel bei der Verkündung des Lockdowns erneut als Zielgröße genannt hat.

Schrappe: Richtig. Wenn Sie in einem Unternehmen mit Mitarbeitern lei­stungs­be­zo­ge­ne Verträge aus­han­deln und Ziele set­zen, wo Sie wis­sen, dass die nie in der vor­ge­ge­be­nen Zeit erreich­bar sind, dann bekom­men Sie die Mitarbeiter viel­leicht noch zur Unterschrift, aber das ist der Beginn der Illoyalität. So zu tun, als wür­den wir mit einem Lockdown mit­ten im Winter zah­len­mä­ßig zurück auf Sommerniveau kom­men, hal­te ich für einen Fehler. Vor allem dann, wenn jede Kritik dar­an abge­wie­sen wird. In der Gesellschaft ent­steht so der Eindruck, es geht über­haupt nicht dar­um, was rea­li­stisch erreich­bar ist, son­dern nur um die Begründung beschlos­se­ner Maßnahmen. Für den Zusammenhalt und die Akzeptanz der Maßnahmen ist das ganz schlecht und zeigt eine gewis­se Beratungsresistenz bei der Bundesregierung.

Was wäre eine aus Ihrer Sicht sinn­vol­le Zielgröße?

Schrappe: Bei der ver­fah­re­nen Situation ist das schwie­rig zu sagen. Als Autorengruppe sehen wir uns in der Situation, dass die Politik uns immer wei­ter in einen Tunnel ohne Ausgang hin­ein­ge­führt hat und wir sol­len jetzt mit einem klei­nen Streichholz wie­der den Weg nach drau­ßen fin­den. Für uns wird es mit jedem Tag, den wir tie­fer in die­sen Tunnel rein­ge­hen, auch schwe­rer, Lösungen vor­zu­schla­gen. Wir haben aber im April schon gesagt, dass wir eine Kohortenstudie brau­chen. Die könn­te man auch jetzt noch begin­nen…«

7 Antworten auf „Medizin-Professor: Lockdown-Politik ist endgültig gescheitert – das rächt sich bei Impfung“

  1. Aber war­um wol­len sie die höri­gen C‑Gläubigen imp­fen und damit evtl. schädigen/töten? Ansich wol­len sie doch die Querdenker los­wer­den?! Ich ver­steh das nicht mehr.…

    1. Laut den Richtlinien der Berufsgenossenschaft, müs­sen die Träger die­ser Masken alle 90 Minuten eine 30 minü­ti­ge Pause ohne Maske haben. Ich habe jedoch das Gefühl als hät­te man von Seiten der Politik die­se Vorschriften außer Kraft gesetzt.

  2. Es ist trau­rig, dass man aus dem Frühjahr nichts gelernt hat, den Sommer nicht für das Ausarbeiten von Strategien und Konzepten genutzt hat, son­dern nur auf dra­ko­ni­sche Strafen und untaug­li­che Schikanemaßnahmen (z.B. die ekli­gen Gesichtslappen) gesetzt hat, sowie den nun bestehen­den Lockdown damit begrün­det, es wäre das Verhalten der Bürger schuld und die Nichteignung der Maßnahmen sei völ­lig ausgeschlossen.
    Junge Leute, die die Maulkorbpflicht nicht wahr­neh­men, bekom­men zu Gehör, dass dadurch in den Altenheimen rei­hen­wei­se die Leute weg­ster­ben – man setzt also von Haus aus Angst und Panik als trei­ben­de Kräfte ein.

  3. Lt. Arbeitsschutzgesetz dür­fen Masken wie FFP2 nur nach vor­he­ri­ger ärzt­li­cher Untersuchung getra­gen wer­den. Für Kinder und alte Menschen sind sie nicht geeignet.
    Außerdem habe ich es bis oben­hin satt, daß irgend­wer sich ein­bil­det, er muß mich schüt­zen. Ich habe mein Leben lang gear­bei­tet, allei­ne 2 Kinder zu anstän­di­gen Menschen erzo­gen und jetzt möch­te ich unbe­lä­stigt mei­ne Rentnerjahre verleben.
    Ich bin nach wie vor sehr gut in der Lage, sel­ber auf mich auf­zu­pas­sen, ich bin alt aber nicht doof, und es fin­de es eine boden­lo­se Unverschämtheit, uns Alten ein­fach zu unse­rem Schutz aus dem nor­ma­len Leben aus­schlie­ßen zu wollen.
    Der Tod gehört zum Leben, aber das haben heu­te sogar die Professoren ver­ges­sen, sonst wür­den sie nicht so einen Blödsinn reden.

  4. Die sym­ptom­lo­se Übertragung ist doch ein hane­büch­nes Märchen und ent­behrt jeg­li­cher bis­he­ri­gen wis­sen­schaft­li­chen Grundlage. Es gibt kei­ne sym­ptom­lo­se Übertragung.
    Das wur­de doch hier in einem sehr lesens­wer­ten Artikel http://​www​.coro​dok​.de/​d​i​e​-​l​e​g​e​n​d​e​-​u​e​b​e​r​t​r​a​g​ung und kürz­lich auch in Rainer Fuellmich sei­nem Abmahnschreiben an Drosten umfas­send dar­ge­legt. Hier das durch­aus lesens­wer­te Abmahnschreiben: https://​dri​ve​.goog​le​.com/​f​i​l​e​/​d​/​1​E​5​g​d​9​8​Z​6​5​p​X​6​g​C​y​v​B​_​1​q​K​E​I​2​g​R​G​3​c​W​Q​P​/​v​i​e​w​?​u​s​p​=​s​h​a​r​ing

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