Mehr als 100 Jahre Pharma-Tradition

hes​sen​schau​.de (2.1.22)

Angeregt durch einen Kommentar über einen begei­ster­ten Artikel zum Biontech-Werk in Marburg nut­ze ich die Gelegenheit, die Tradition etwas zu beleuch­ten. In dem Artikel auf hes​sen​schau​.de fin­det sich unter oben genann­ter Zwischenüberschrift ledig­lich die­se Passage:

»Das alles geschieht auf histo­ri­schem Grund, in einem Industrie-Areal namens "Behringwerke". Dessen Anfänge gehen auf den Medizin-Nobelpreisträger Emil von Behring (1854–1917) zurück. Auf dem Gelände wur­den bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts soge­nann­te Heilseren gegen Infektionskrankheiten hergestellt.

Oberbürgermeister Spies weist denn auch ger­ne dar­auf hin, dass die Öffentlichkeit nicht zum ersten Mal in einer Gesundheitskrise auf die Stadt blickt: "Marburg hat über 100 Jahre Tradition in der Herstellung von Impfstoffen. Und inso­fern passt es, dass Biontech hier pro­du­ziert, der Bogen ist also schon: von Behring zu Biontech."«

Wenige Monate vor Erscheinen des Artikels war hier zu lesen:

Merkel macht Biontech-Werk Aufwartung

Ausführlicher wur­de hier aber im Februar 2022 auch über die Behringwerke berichtet:

Vom immunisierten Volkskörper zum „präventiven Selbst“. Impfen als Biopolitik und soziale Praxis vom Kaiserreich zur Bundesrepublik

Dieser Beitrag erschien 2013 in den "Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte". Viele der dama­li­gen Erkenntnisse klin­gen aktu­ell, es begeg­nen uns RKI und PEI:

»Impfstoff ist knapp, Impfungen selbst sind nicht unge­fähr­lich und des­halb umstrit­ten. So ist es heu­te – und so war es im 19. Jahrhundert, als die Präventivmedizin noch in den Kinderschuhen steck­te. Malte Thießen, Historiker an der Universität Oldenburg, skiz­ziert die Etappen der lan­gen Impfgeschichte, er bie­tet in sei­nem facet­ten­rei­chen Aufsatz aber sehr viel mehr: Im Zentrum steht der Staat als ambi­tio­nier­ter Akteur umfas­sen­der Biopolitik, der zur Immunisierung des „Volkskörpers“ lan­ge auf Zwang setzte…«

Seit der Immunisierung gegen Pocken…

»… sind Impfungen in Deutschland ein gesamt­ge­sell­schaft­li­ches Phänomen. Genau das macht ihre Geschichte für Historiker inter­es­sant. In staat­li­chen Impfprogrammen schlu­gen sich Rationalisierungen, Normierungen und „Verwissenschaftlichungen des Sozialen“ nie­der. Sie schu­fen eine „Anthropologie im Gerundivum“ – die Vorstellung von der Notwendigkeit einer Optimierung der Gesellschaft – und begrün­de­ten einen staat­li­chen Erziehungsanspruch gegen­über dem Einzelnen. Schließlich ziel­ten Impfprogramme sowohl auf eine Verbesserung der kol­lek­ti­ven Gesundheitsverhältnisse als auch auf eine Normierung des indi­vi­du­el­len Gesundheitsverhaltens. In die­sem Sinne sind sie ein Paradefall fou­cault­scher „Biopolitik“. Zeitgenössisch for­mu­liert gaben sie dem moder­nen Staat ein Instrument zur Erfassung, Planung und „Veredelung“ des „Volkskörpers“ an die Hand…

Schließlich war die Pockenschutzimpfung seit 1874 für jedes Kind ver­pflich­tend, was den Einsatz von Zwangsmitteln gegen deren Eltern aus­drück­lich ein​schloss​.Mit dem Impfzwang began­nen die Probleme. Die Immunisierung der Bevölkerung beschäf­tig­te nicht nur Akteure auf allen Ebenen der Gesellschaft. Sie betraf zugleich jeden Einzelnen. Da Pockenschutzimpfungen Nebenwirkungen haben und zu Gesundheitsschäden, in sel­te­nen Fällen gar zum Tod füh­ren konn­ten, warf ihre zwangs­wei­se Durchsetzung exi­sten­zi­el­le Fragen auf: Darf man den Schutz der Allgemeinheit gegen den Willen des Einzelnen erzwin­gen? Was wiegt schwe­rer: das Allgemeinwohl, die Angst vor anstecken­den Krankheiten und die Fürsorgepflicht des Staates auf der einen Seite – oder die Bedürfnisse und Befürchtungen des Einzelnen, der Schutz des Staatsbürgers vor Nebenwirkungen und Zwangsmaßnahmen auf der anderen?…

Drei Themenkomplexe ste­hen im Mittelpunkt die­ser Betrachtung: Erstens ist das Impfen ein Untersuchungsgegenstand, der neue Felder der Gesundheits- und Bevölkerungspolitik eröff­net. So schei­nen wir über gesund­heits­po­li­ti­sche Entwicklungen ins­be­son­de­re im „Dritten Reich“ zwar bestens infor­miert zu sein. Wir ken­nen die „ras­sen­hy­gie­ni­schen“ und erb­bio­lo­gi­schen Maßnahmen, die sich in Sterilisationen und „Euthanasie“-Aktionen gegen „Minderwertige“ rich­te­ten. Aber wie wirk­te sich die NS-Gesundheits- und Bevölkerungspolitik eigent­lich unter den „ganz nor­ma­len Deutschen“ aus? Welche Rolle spiel­ten die „Volksgenossen“ bei den Planungen zur Immunisierung der „Volksgemeinschaft“? In wel­chem Verhältnis stan­den die­se Planungen zu frü­he­ren Entwicklungen? Was also war neu nach 1933 und was sagt das aus über die Gesellschaft im „Dritten Reich“? An Fallbeispielen aus der NS-Zeit wird es zwei­tens um Formen der Prävention „vor Ort“, um Impfungen als sozia­le Praxis gehen, in der sich eine vor­sor­gen­de „Volksgemeinschaft“ kon­sti­tu­ier­te. Der Blick rich­tet sich damit eben­so auf die Einführung und „Übersetzung“ von Impfprogrammen durch kom­mu­na­le Akteure wie auf das Verhalten Einzelner, für die das Impfen zu einer per­sön­li­chen Sache geriet. Drittens zeich­net sich im Untersuchungszeitraum ein grund­sätz­li­cher gesell­schaft­li­cher Wandel ab: die Geburt des „prä­ven­ti­ven Selbst“ und die Individualisierung von Vorsorge-Strategien. Bislang wur­de der Beginn die­ser Entwicklung in den 1950er und 1960er Jahren ver­or­tet. Seit dem „Paradigmenwechsel“ 1945 habe ein „individualistische[s] Leitbild“ all­mäh­lich feste Formen gewon­nen. Dieser Aufsatz möch­te die­se Vorstellung hin­ter­fra­gen, Martin Lengwilers und Jeanette Madarász‘ Plädoyer für eine lang­fri­sti­ge Einordnung die­ser Entwicklungen auf­grei­fen und den Wurzeln des „prä­ven­ti­ven Selbst“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachspüren…

1. Zwang zur Vorsorge: Impfen vom Kaiserreich zur Weimarer Republik

Der Krieg gilt als „Vater aller Dinge“. Zumindest für die Pocken trifft die­se Weisheit zu, denn die Europäer ver­stan­den eine Immunisierung ihrer Armeen seit dem 19. Jahrhundert immer häu­fi­ger als kriegs­ent­schei­den­de Maßnahme. Welche fata­len Auswirkungen sol­che mili­tä­ri­schen Maßnahmen für die Zivilbevölkerung haben konn­ten, zeig­te sich nach dem deutsch-fran­zö­si­schen Krieg 1870/71, als geimpf­te deut­sche Soldaten und fran­zö­si­sche Kriegsgefangene die Pocken ins Reich ein­schlepp­ten und zehn­tau­sen­de zivi­le Opfer zu bekla­gen waren. Diese Erfahrung wur­de im Reichstag auf­ge­grif­fen, wo seit Februar 1874 über ein Reichsimpfgesetz dis­ku­tiert wur­de, das für alle Debatten um die „Impffrage“ in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“ den Grundstein legte.

Besonders umstrit­ten war im Reichstag die Einführung eines staat­li­chen Impfzwanges, gegen den sich zahl­rei­che Abgeordnete wehr­ten… Kritisch äußer­ten sich etwa sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Abgeordnete wie Wilhelm Hasenclever und Otto Reimer. Obgleich man nicht grund­sätz­lich gegen die „Freiheitsbeschränkung des Einzelnen“ im Dienste der „Volkswohlfahrt“ sei, wie Reimer erklär­te, lie­ge beim Impfen „die Sache anders“, da der Impfzwang vom eigent­li­chen Problem ablen­ke: „wenn in […] gro­ßen Städten unge­impf­te Kinder in Masse ster­ben, dann ist es nicht gesagt, dass sie dar­um gestor­ben, weil sie nicht geimpft wor­den sind, son­dern man kann den Grund nur dar­in suchen, dass die schlech­te Ernährung und die ange­streng­te Fabrikarbeit der Mutter es nicht dazu kom­men ließ, ein gesun­des Kind zu gebä­ren und noch viel weni­ger zu ernäh­ren“. Aus die­ser Diagnose zogen die Sozialdemokraten Konsequenzen, die Wilhelm Hasenclever auf den Punkt brach­te: „es wird so viel Geld für Kriege bewil­ligt […] gegen die äuße­ren Feinde; so mögen Sie hier ein­mal für die Volkswohlfahrt und gegen den inne­ren Feind, gegen Epidemien, eini­ge Millionen bewilligen“…

Dabei spiel­ten die Pocken nach dem Ersten Weltkrieg kei­ne gro­ße Rolle mehr. Ungleich stär­ker wur­de die Öffentlichkeit von den „Kriegsseuchen“ Ruhr und Typhus oder von Geschlechtskrankheiten bewegt, 1918/19 zudem von der „Spanischen Grippe“, die allein in Deutschland mehr als 200.000 Opfer for­der­te. Auch die Tuberkulose rück­te erneut in den Fokus, gab sie doch die per­fek­te Projektionsfläche für den kri­sen­ge­schüt­tel­ten Zeitgeist ab. Berichte aus der Nachkriegszeit über Tbc-Erkrankungen las­sen sich gleich­sam als Metaphern für ein zeit­ge­nös­si­sches Untergangsempfinden lesen, wobei der tuber­ku­lö­se Körper für ein schwind­süch­ti­ges Volk stand, des­sen Lebenskraft nach dem Aderlass des Krieges und der anschlie­ßen­den Krise ermat­tet schien…«

Während in England Impfungen frei­wil­lig wur­den, hielt man in Deutschland am Impfzwang fest:

»Bei genaue­rer Betrachtung las­sen sich aller­dings fünf Gründe für das Festhalten am Impfzwang anfüh­ren. Erstens soll­te eine syste­ma­ti­sche Impfung das Wiederaufleben der Pocken ver­hin­dern. Zweitens sah man sich nach Kriegsende in einem „demo­gra­phi­schen Übergang“, der sich durch den Verlust von Millionen jun­ger Männer noch zu ver­schär­fen schien. Die Eindämmung der „Volksseuche“ ver­sprach Geländegewinne im Kampf gegen den „Volkstod“, der in Weimar häu­fig aus­ge­ru­fen wur­de. Der Zwang zum Pockenschutz galt somit als Gebot der Stunde, hat­te sich die Impfung im 19. Jahrhundert doch als schlag­kräf­ti­ge Waffe gegen die Kindersterblichkeit erwie­sen. Drittens stell­te die Pockenschutzimpfung die ein­zi­ge Immunisierung dar, die auf Reichsebene über­haupt umsetz­bar war. In die­sem Fall konn­te sich die neu gewon­ne­ne „Interventionskompetenz“ des repu­bli­ka­ni­schen Sozialstaates brei­ten­wirk­sam bewäh­ren. Viertens eröff­ne­ten Impfprogramme beträcht­li­che Möglichkeiten sozia­ler Kontrolle, schließ­lich wur­den Impfungen nicht nur syste­ma­tisch durch­ge­führt, son­dern auch syste­ma­tisch doku­men­tiert. Der Gesundheitsstand der Impflinge und die Entwicklung der Gesundheitsverhältnisse in ein­zel­nen „Impfbezirken“ gin­gen anschlie­ßend in die Reichsstatistik ein. Die Behörden erhiel­ten damit ein prä­zi­ses, nach Gemeinden und Schichten dif­fe­ren­zier­tes Bild über den Gesundheitsstand der Bevölkerung. Anders gesagt: Mit Hilfe der Pockenschutzimpfung glaub­te man die Statur des „Volkskörpers“ und sei­ne Schwachstellen bes­ser sehen zu kön­nen. Diese Kontrollmöglichkeit hing damit zusam­men, dass Impflinge wegen der befürch­te­ten Komplikationen gründ­lich unter­sucht wer­den muss­ten. Auch des­halb war die Resonanz auf Zwangsimpfungen unter Ärzten beson­ders groß. Sie erhiel­ten dank der Impfpflicht sowohl ein regel­mä­ßi­ges Zusatzeinkommen als auch ein ver­brief­tes Zugriffsrecht auf die Einwohner ihres Impfbezirks. Der Impfbericht gab schließ­lich nicht nur Auskunft über den „Impferfolg“, son­dern eben­so über das sozia­le Verhalten, die „Reinlichkeit“ und den Ernährungsstand der Impflinge. Foucaults Worte vom Arzt als „Wächter der öffent­li­chen Gesundheit und Moral“ sind schon häu­fig für medi­zi­ni­sche Themen stra­pa­ziert wor­den. Den Impfärzten wuchs dank des Impfzwanges die­se sozio­mo­ra­li­sche Stellung tat­säch­lich zu; ihr vehe­men­tes Eintreten für den Impfzwang kann auch damit erklärt werden.

Mit die­ser Wechselbeziehung aus Prävention und Professionalisierung hängt eine fünf­te Erklärung für die rigi­de Durchsetzung des Impfzwangs in Weimar zusam­men. Die staat­li­chen Zwangsmaßnahmen und die Macht der Impfärzte waren von Beginn an umstrit­ten, die kri­ti­schen Stimmen wur­den im Laufe der Zeit jedoch immer lau­ter. Nach der Revolution von 1918 spei­ste sich die­se Opposition aus sozi­al­de­mo­kra­ti­schen und kom­mu­ni­sti­schen, aber auch aus bür­ger­li­chen und kon­fes­sio­nel­len Kreisen, so dass sich in der Impfzwang-Kritik eine par­tei­über­grei­fen­de, aller­dings unge­mein hete­ro­ge­ne Opposition artikulierte.

Zu ihr gehör­ten Ärzte, Sozialmediziner und ‑poli­ti­ker wie der Sozialdemokrat Julius Moses, die zwar nicht die Wirksamkeit des Impfens bezwei­fel­ten, aber den Nutzen des Impfzwanges. Andere Kräfte dage­gen lehn­ten die Impfungen grund­sätz­lich ab. Sie orga­ni­sier­ten sich in Vereinen wie dem „Deutschen Reichsverband zur Bekämpfung der Impfung“ mit 300.000 Mitgliedern, sie publi­zier­ten Zeitschriften, Broschüren und Bücher oder luden zu „Volksversammlungen gegen den Impfwahn“ ein. Solche Agitationen sind in der Forschung gele­gent­lich als „Sabotage“, als rück­stän­di­ge, ja nai­ve Kritik am Gesundheitswesen abge­tan wor­den. Dagegen hat Eberhard Wolff nach­ge­wie­sen, dass sich die Impfgegner aus unter­schied­li­chen Milieus spei­sten und mit­un­ter sehr zeit­ge­mä­ße Positionen ver­tra­ten. Unter der Fahne des „Impfgegners“ fan­den sich Lebensreformer und Sozialmediziner eben­so zusam­men wie Naturheilkundler, Kulturkritiker oder Fortschrittspessimisten, die „der“ Schulmedizin, „dem“ Ärztestand sowie der staat­li­chen Gesundheitspolitik den Kampf ansag­ten. Es dürf­te des­halb für die zeit­hi­sto­ri­sche Forschung ertrag­reich sein, Impfkritik als Form einer Protestbewegung zu ana­ly­sie­ren, die sich aus einem zeit­ge­nös­si­schen Krisenbewusstsein spei­ste.

Während aus heu­ti­ger Perspektive die Heterogenität der Impfkritiker auf der Hand liegt, fiel es den Verteidigern des Impfzwanges schwer, die­se Vielfalt zu erken­nen; sie spra­chen meist von einer „Bewegung“ der „Impfgegner“. Es war die­ses Schreckbild, das die Verteidiger immer enger zusam­men­rücken ließ. Schließlich schie­nen die Impfkritiker die Legitimität staat­li­cher Impfprogramme eben­so in Frage zu stel­len wie die Professionalität der Impfärzte

Seit Mitte der 1920er Jahre mehr­ten sich jedoch auch unter Ärzten und Medizinalbeamten die Stimmen derer, die sich für ein Ende des Impfzwanges ein­setz­ten. In einer Sitzung des preu­ßi­schen Landesgesundheitsrats stand im Oktober 1925 die Einführung einer Gewissensklausel zur Diskussion, die nach eng­li­schem Vorbild zur prin­zi­pi­el­len Freiwilligkeit von Impfungen geführt hät­te. Von den Befürwortern die­ser Klausel waren dabei ver­schie­de­ne Argumente zu hören, in denen sich das brei­te Spektrum der Impfkritik ent­fal­te­te. Impfungen sei­en „vom ras­se­hy­gie­ni­schen Standpunkt aus“ zu ver­wer­fen, mein­te etwa der spä­te­re Vorsitzende der „Reichsimpfgegnerzentrale“ Wilhelm Winsch. Der Sachverständige Heinrich Böing ging weni­ger weit. Er woll­te nicht das Impfen an sich, jedoch den Zwang abschaf­fen, zumal im Seuchenfall ohne­hin die Möglichkeit zur Zwangsimpfung bestün­de. Die Befürworter des Impfzwanges hiel­ten in der Debatte hef­tig dage­gen. Heinrich A. Gins vom Robert Koch-Institut sah in der Gewissensklausel gar ein „Verbrechen an der Volksgesundheit“. Sie unter­gra­be nicht nur die ärzt­li­che Autorität, son­dern erleich­te­re zudem die Einschleppung der Pocken. Wilhelm Kolle, Leiter des Paul Ehrlich-Instituts, hielt hin­ge­gen ein prag­ma­ti­sches Plädoyer für den Impfzwang: „Es gibt Sachen, die man mit in den Kauf neh­men muss; sie sind lei­der ein Nebenprodukt der Entwicklungen unse­rer Verhältnisse, nicht nur der Natur.“…«

In die­ser Sitzung setz­ten sich die Impfzwangbefürworter durch. Es zeigt sich, daß

»… die Problematik des Impfzwanges aber nach wie vor unge­löst war.Das zeig­te sich weni­ge Jahre spä­ter in aller Deutlichkeit, als die „Impffrage“ von einem Skandal erneut auf die poli­ti­sche Tagesordnung gesetzt wur­de. 1930 star­ben in Lübeck 77 Kinder nach der Einführung eines Tuberkulose-Impfstoffes, mehr als hun­dert Kinder erlit­ten dar­über hin­aus schwe­re Gesundheitsschäden. Als „grau­en­haf­tes“ „Lübecker Kindersterben“ und „Säuglingsmorde“ fand der Skandal in die Schlagzeilen der natio­na­len und inter­na­tio­na­len Presse. Zahlreiche Zeitungsredaktionen sand­ten ihre Berichterstatter gen Norden, um die Schreckensherrschaft des „Herodes von Lübeck“ zu doku­men­tie­ren. Dieser Fall steck­te für die fol­gen­den Jahre den Rahmen der Debatte ab. Denn obgleich das Unglück „nur“ eine Folge feh­ler­haft gela­ger­ten Impfstoffes war und die Tuberkulose-Immunisierung im Reich kaum prak­ti­ziert, geschwei­ge denn staat­li­cher­seits ange­ord­net wor­den war, stan­den plötz­lich die Gesundheitspolitik im Allgemeinen und die Pockenschutzimpfung im Besonderen auf dem Prüfstand.Angesichts die­ser Ereignisse brach­te Ministerialdirektor Dammann im Reichsinnenministerium Ende Mai 1930 sei­ne Sorge zum Ausdruck, dass sich mitt­ler­wei­le „Impfgegner […] in allen Parteien befän­den“ und eine „Erörterung des Impfgesetzes im Reichstage zur Einführung einer Gewissensklausel führen“werde

Besorgt kom­men­tier­te ein Landrat aus Aurich die­se Entwicklung mit der Beobachtung, dass die Ärzteschaft in den Impflokalen seit­her schwe­ren Anfeindungen aus­ge­setzt, ja „der gan­ze Impfzwang in Frage gestellt“ sei. Entsetzt war auch der Direktor des Hygienischen Instituts der Universität Jena über die „Lockerung der Impfpflicht“. Eine „Abwehr wider impf­geg­ne­ri­sche Bestrebungen“, sei seit­her unmög­lich, so dass das „deut­sche Volk […] erst ein­mal wie­der schwer von den Pocken heim­ge­sucht wer­den“ müs­se, „bevor es auf die­sem Gebiete ver­nünf­ti­gen Überlegungen zugäng­lich wird“…

2. „Volksgemeinschaft“ und Vorsorge nach der „Machtergreifung“

Aus heu­ti­ger Sicht begann das „Dritte Reich“ mit einer Überraschung: 1933 wur­de die kurz zuvor libe­ra­li­sier­te Impf-Praxis nicht nur bei­be­hal­ten, son­dern sogar poli­tisch festgeschrieben… 

Womit wäre die Zurückhaltung auf die­sem wich­ti­gen Feld öffent­li­cher Gesundheitsvorsorge zu erklä­ren? Weshalb gab man 1933 aus­ge­rech­net bei der Vorsorge für den „Volkskörper“ bis­he­ri­ge staat­li­che Machtansprüche auf? Die nach wie vor anhal­ten­de Debatte um den Lübecker Impfskandal bie­tet für dama­li­ge Bedenken eine erste Erklärung. Eine zwei­te liegt in der NS-Ideologie selbst begrün­det, wirft das Impfen unter „ras­sen­hy­gie­ni­schen“ Gesichtspunkten doch gra­vie­ren­de Probleme auf. Schließlich wider­spricht eine Immunisierung gegen Krankheiten aufs Schärfste dem Gedanken von Abhärtung und Auslese.

Das beton­ten zumin­dest zahl­rei­che Impfgegner, die seit der „Machtergreifung“ Morgenluft wit­ter­ten, zumal sie sich in ihrer Kritik auf Autoritäten aus der NS-Führung beru­fen konn­ten. Beliebt war etwa der Verweis auf einen Ausspruch Julius Schleichers, „Die Impfung ist eine Rassenschande“, oder die Behauptung, dass das Reichsimpfgesetz „nach­weis­lich durch die jüdi­schen Abgeordneten Löwe, Lasker und Eulenburg, die sich als ‚Väter‘ die­ses Gesetzes vom 8. 4. bezeich­ne­ten, angeregt“worden sei, wie der „Deutsche Impfgegner-Ärztebund e.V.“ im Oktober 1935 mahn­te. Eher unge­wöhn­lich war hin­ge­gen die Reimform, in der Ende 1933 die „Blätter für Impfforschung“ eine „Beseitigung des Impfzwanges“ zur „Grundbedingung […] der Aufartung und des Aufstiegs von Volk und Menschheit“ erklär­ten: „Deutsches Volk, hab‘ nichts mit dem Impfen gemein, / Es ist jeder wah­ren Gesundheitspflege Hohn, / Und willst Du nicht selbst Dein Totengräber sein, / Dann bekenn‘ Dich ent­schlos­sen zur Anti-Vakzi-Nation!".

In der anfäng­li­chen Zurückhaltung beim Impfen schlug sich offen­bar ein pro­gram­ma­ti­scher Widerspruch der NS-Gesundheitspolitik nie­der: Der Gegensatz zwi­schen „ras­sen­hy­gie­ni­schen“ Ideen, die auf eine erb­bio­lo­gi­sche Optimierung ziel­ten, auf der einen Seite; und einer Präventionspolitik auf der ande­ren, die bevöl­ke­rungs- und wehr­po­li­ti­sche Ziele ins Auge fass­te...«

Im März 1934 tag­te dazu eine Kommission im Reichsinnenministerium. Dort stie­ßen die Meinungen auf­ein­an­der. Entscheidend wur­de die des Heeres-Sanitätsinspekteurs Anton Waldmann:

»Eine per­sön­li­che Entscheidung des „Volksgenossen“ beim Impfen wider­sprä­che „dem Führerprinzip“ und erhö­he damit das Risiko von Seuchenherden „im Volke“, die „im Falle eines uns auf­ge­zwun­ge­nen Zukunftskrieges […] das Heer in der Bewegungsfreiheit hin­der­ten“. Diese wehr­po­li­ti­schen Gründe führ­ten am Ende der Sitzung zu der Erkenntnis, dass gegen die Abschaffung des Impfzwanges nach wie vor Bedenken bestün­den. Die Kommission kam somit zu kei­nem abschlie­ßen­den Ergebnis, wor­aus sich aller­dings eine wich­ti­ge Erkenntnis gewin­nen lässt: Für ein Hauptinstrument moder­ner Bevölkerungspolitik lag 1933 kein Konzept bereit. Um die zeit­ge­mä­ße Vorsorge wur­den nach der „Machtergreifung“ eine unge­wöhn­lich offe­ne Diskussion geführt…

3. Von der pragmatischen Prävention zur präventiven Innovation: Impfprogramme ab 1935

Währenddessen ver­lief die Praxis des Impfens in prag­ma­ti­schen Bahnen. Pockenschutzimpfungen wur­den zwar nach wie vor durch­ge­führt, auf eine rigi­de Durchsetzung des Impfzwanges ver­zich­te­te man jedoch. Auf den ersten Blick schien sich das Mitte 1934 zu ändern. Das Innenministerium nahm bis dahin gel­ten­de Lockerungen zurück, Ende des Jahres galt die Pflicht zu Pockenschutzimpfungen offi­zi­ell wie­der als Leitlinie. In der Praxis aller­dings blieb man pragmatisch…

Pointiert gesagt war die „Elastizität“ in der Impffrage… nicht mehr als ein Feigenblatt. Zwar behaup­te­te der NS-Staat offi­zi­ell den Zwangs-Charakter von Impfungen und damit sei­nen Machtanspruch über den „Volkskörper“. In der Praxis jedoch wur­de die­ser Machtanspruch sel­ten syste­ma­tisch durch­ge­setzt, da Verunsicherungen der „Volksgenossen“ uner­wünscht waren. 1940 wur­de die Elastizität sogar in eine rechts­ver­bind­li­che Form gebracht, auf die man sich übri­gens bis in die 1970er Jahre berief…

In den Planungen für eine Ausweitung staat­li­cher Impfprogramme könn­te man eine Vorsorge ganz eige­ner Art sehen, näm­lich eine Vorbereitung auf den Kriegsfall. Tatsächlich blieb die Kriegswichtigkeit einer Immunisierung bis Kriegsende ein schla­gen­des Argument in den ver­ant­wort­li­chen Behörden…

[1935] über­nah­men die Ämter bei der Immunisierung des „Volkskörpers“ die Federführung. In Presse und Rundfunk wur­den Termine, Ort und Vorteile der Impfungen pro­pa­giert. In den Impflokalen erhiel­ten die Ärzte Unterstützung durch NSV [Nationalsozialistische Volkswohlfahrt , AA] und Sanitäter des Roten Kreuzes, die NS-Frauenschaft küm­mer­te sich um besorg­te Mütter, die Klassenlehrer wie­der­um führ­ten Karteien über die Impflinge und konn­ten sich dabei auf die Mithilfe von Polizeibeamten stüt­zen. Gesammelt wur­den die Daten in den Gesundheitsämtern, von denen die Ergebnisse auch sta­ti­stisch auf­be­rei­tet wur­den. Sie stell­ten dar­über hin­aus die Versorgung der Impflokale mit Impfstoffen und Propagandamaterial sicher und gaben Ärzten, Hilfspersonal und der Presse „genaue Anweisung“. Dank die­ses aus­ge­klü­gel­ten Systems kön­ne ein Arzt, wie ein Bericht aus Westfalen von 1935 her­vor­hob, „in einer Stunde etwa 120“ Kinder imp­fen. In den Folgejahren wur­den stän­dig Verbesserungen in der Koordination erzielt, was sich in Steigerungen der Durchschnittsleistung aus­drück­te. So mel­de­te man 1942 aus Hannover, dass in einer Stunde mitt­ler­wei­le bis zu 400 Kinder „rei­bungs­los abge­fer­tigt wer­den“ konn­ten

So berich­te­ten meh­re­re Amtsärzte wie jener aus Bottrop im Juli 1938, dass die Aufführung des Films „Vorbeugen ist bes­ser als Heilen“ gro­ße Erfolge gebracht habe. Der Aufklärungsfilm war den Gesundheitsämtern von den Behringwerken der I.G. Farben kosten­los zur Verfügung gestellt wor­den, da für eine „wei­test­ge­hen­de Erfassung der Impflinge […] eine inten­si­ve Propaganda erfor­der­lich“ sei, wie das Unternehmen erklär­te. Dass auf Seiten der Behringwerke bevöl­ke­rungs­po­li­ti­sche mit wirt­schaft­li­chen Interessen bei der Effektivierung der Vorsorge zusam­men­fie­len, unter­strei­chen zahl­rei­che wei­te­re Angebote, die den Gesundheitsämtern gemacht wur­den. Neben far­bi­gen Diapositiven waren es vor allem meh­re­re Broschüren sowie ein „Schulkinder-Brief“, durch den sich die übli­che „Zustimmungserklärung“ der Eltern erfah­rungs­ge­mäß umge­hen las­se, wie das Begleitschreiben warb. In die­ser prä­ven­ti­ven Praxis for­mier­te sich also eine „geschlos­se­ne Abwehrfront aller maß­geb­li­chen Stellen“, wie ein Beobachter der ersten Diphtherieschutzimpfungen in Westfalen freu­dig fest­stell­te. Diese geschlos­se­ne „Abwehrfront“ war inso­fern von Bedeutung, als die Maßnahmen aus­drück­lich als frei­wil­lig pro­pa­giert wur­den. Impfungen avan­cier­ten damit zu einem gesell­schaft­li­chen Laboratorium, in dem zwei­er­lei erprobt wur­de: die Zustimmung der „Volksgenossen“ zu neu­en Präventionsprogrammen und die Praxistauglichkeit der Bevölkerungspolitik „vor Ort“…

Die Gleichheit der Behandlung galt selbst­ver­ständ­lich nur in den Grenzen, die von der „Volksgemeinschafts“-Ideologie gezo­gen wur­de. Impfungen für jüdi­sche Kinder kamen bei den Terminen im Gesundheitsamt eben­so wenig in Frage wie die Einbindung jüdi­scher Ärzte in die prä­ven­ti­ve Praxis…

Bemerkenswert ist die­ser Ausschluss inso­fern, als er dem Präventionsgedanken wider­sprach. Schließlich ris­kier­te man mit einer selek­ti­ven Vorsorge den Fortbestand von Infektionsquellen. Dass die­ses Risiko kein Thema war, unter­streicht den gene­rel­len Befund: Beim Impfen ging es immer auch um die Formierung des „Volkskörpers“, hier kon­sti­tu­ier­te sich die „Volksgemeinschaft“ in der sozia­len Praxis vor Ort. Im Mittelpunkt stand nie nur das „eige­ne Interesse“, son­dern eben­so das „der ande­ren Volksgenossen“, wie ein Münchener Obermedizinalrat her­vor­hob. Daher folg­ten Impfungen im „Dritten Reich“ nicht mehr dem Egalitätsprinzip wie in Weimar, sie waren nun ein Akt „volks­ge­mein­schaft­li­cher“ Mobilisierung. In den Schlangen vor den Impflokalen for­mier­te sich eine „Volksgemeinschaft“ aus Pflichtgefühl, die ihren Beitrag zur Immunisierung des „Volkskörpers“ lei­ste­te. Eine „Pflichtvergessenheit gegen­über dem Volksganzen“, den eine Verweigerung des Impfens dar­stell­te, wider­sprä­che dem Ehrgefühl jedes „Volksgenossen“, wie ein Aufruf in Siegen beton­te: „Es ist wohl Ehrensache, dass dem­nächst dem NSV-Blockwalter mit ‚Ja‘ geant­wor­tet wird, wenn er bei sei­nem Rundgang anfragt, ob Hans und Fritz jetzt schutz­ge­impft sind.“ Solche Überhöhungen des Impfens zu einem Dienst an der „Volksgemeinschaft“ bedien­ten unter­schied­li­che Interessen. Zum einen inten­si­vier­ten sie den sozia­len Druck, der auch „Impfmüde“ in die Gesundheitsämter getrie­ben haben dürf­te. Zum ande­ren ver­klär­ten sie ande­re Motive für eine Impfbeteiligung zum Bekenntnis zur „Volksgemeinschaft“: Für einen Großteil der Eltern dürf­te die Angst vor der Diphtherie ja immer noch ein wich­ti­ge­res Argument für Impfungen gewe­sen sein als ihr Pflichtgefühl gegen­über dem „Volksganzen“…

Flankiert wur­de die Freiwilligkeit nicht nur vom sozia­len Druck, den die Stilisierung des Impfens zum Dienst an der „Volksgemeinschaft“ auf den Einzelnen aus­üb­te. Hinzu kam eine mas­si­ve Instrumentalisierung von Ängsten. Zwar war die Notwendigkeit des Impfens bereits im Kaiserreich und in der Weimarer Republik mit Krankheit und Tod begrün­det wor­den. Im „Dritten Reich“ aller­dings nahm die­se Begründungsstrategie neue Ausmaße an. „Immer noch“, warn­te bei­spiels­wei­se ein Flugblatt aus München im Jahr 1941, „for­dert die Diphtherie (Halsbräune) ihre jähr­li­chen Opfer. Diphtherie-Todesfälle sind immer beson­ders schmerz­lich und trau­rig, weil sie in der Regel Kinder tref­fen, die bis dahin voll­stän­dig gesund waren und nun plötz­lich aus voll­ster Gesundheit in weni­gen Tagen hin-weg­ge­rafft wer­den. Der Diphtherietod ist ein Herztod oder Erstickungstod.“ „Eltern!“, schloss der Aufruf mit meh­re­ren Ausrufezeichen, „Die Verantwortung, die Ihr tragt, ist groß! Ihr dürft Eure Kinder nicht der Gefahr einer Diphtherieerkrankung aus­set­zen!“ Der Tonfall und die Verbreitung sol­cher Appelle waren von neu­er Qualität. In allen Teilen des Reiches mal­ten Plakate, Filme, Broschüren und Zeitungen in kräf­ti­gen Farben die Gefahren von Seuchen aus. Sie geben Hinweise dar­auf, dass die Einführung neu­er Impfungen neue Legitimationsstrategien erfor­der­te. Anders gesagt: Gerade die Freiwilligkeit beför­der­te eine Instrumentalisierung der Angst, die auch zwei­feln­de „Volksgenossen“ über­zeugt haben dürfte…

4. Expansion und Prävention: Impfen im totalen Krieg

Dass Kriege mobi­li­sie­ren und radi­ka­li­sie­ren, zeig­te sich im „Dritten Reich“ in den schlimm­sten Auswüchsen. Beim Thema Impfen hat die­se Erkenntnis dazu geführt, dass sich die Forschung vor allem auf einen Aspekt kon­zen­triert hat: Auf Menschenversuche in Konzentrationslagern, in denen Impfstoffe und ‑ver­fah­ren erprobt wur­den. Diese Verbrechen sind zwei­fel­los ein eben­so wich­ti­ges wie wider­li­ches Kapitel der NS-Geschichte. Die Zeitgeschichte darf dabei den­noch nicht ste­hen blei­ben, sie muss auch nach prä­ven­ti­ven Prozessen in der Kriegsgesellschaft und im Militär sowie nach der sozia­le Mobilisierung fra­gen, die Impfprogramme bewirk­ten. Diese Entwicklungen ste­hen abschlie­ßend im Mittelpunkt…

Seit dem Überfall auf die Sowjetunion setz­te auch unter den ganz nor­ma­len Deutschen ein regel­rech­ter Ansturm auf den Fleckfieber-Impfstoff ein, wie er für kei­ne ande­re Impfung fest­zu­stel­len ist. Beispiele für die­ses per­sön­li­che Bedürfnis sind Initiativen von Einzelpersonen oder Unternehmen, die den Impfschutz in die eige­ne Hand nah­men. Das Robert Koch-Institut erreich­ten damals zahl­rei­che Briefe wie der eines Hamburger Baudirektors, der drin­gend um „etwas Impfstoff“ für sei­nen Sohn an der „Leningrader Front“ bat, da dort kei­ne aus­rei­chen­de Immunisierung durch die Wehrmacht erfolgt sei. Auch Firmen wie die Junkers-Werke wünsch­ten eine „Übersendung von Fleckfieberimpfstoff“ für Mitarbeiter in der Ukraine. Schwieriger zu lösen waren wohl Anfragen wie jene der Reichsbahn, die „Serum für 60.000 Personen“ anfragte…

Selbst wenn Soldaten durch Impfungen geschützt waren, konn­ten sie zur Bedrohung für ihre Angehörigen wer­den, waren sie doch trotz ihrer Immunisierung nach wie vor ansteckend, ohne Symptome zu zei­gen. Gefährlich für die Heimat wur­de zudem der anschwel­len­de Strom an Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die Krankheiten aus Osteuropa ein­zu­schlep­pen droh­ten, gegen die im Reich kei­ne natür­li­che Immunität bestand und gegen die es auch kei­ne staat­li­chen Impfprogramme gab. Außerdem berei­te­ten die Bedingungen, unter denen Gefangene und Zwangsarbeiter leben und arbei­ten muss­ten, Krankheiten einen idea­len Nährboden. Von die­sen schien nach der Expansion der Kriegswirtschaft fast das gesam­te Reich bedroht. Nicht mehr allein die Gefangenenlager, jeder ein­zel­ne Betrieb, der Zwangsarbeiter beschäf­tig­te, galt nun als poten­zi­el­ler Seuchenherd. Schließlich bra­chen in den „ein­ge­glie­der­ten“ pol­ni­schen Gebieten im Zuge der Deportationen und Ghettoisierungen Epidemien aus, die auf das Altreich über­grei­fen konn­ten. Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti warn­te Anfang 1942, dass im „Zusammenhang mit der frei­wil­li­gen oder unfrei­wil­li­gen Wanderung der Juden […] die Krankheit im Generalgouvernement stark ver­brei­tet“ wer­de; 65.000 Fälle sei­en bereits gemel­det worden.

Im Reich setz­te dar­auf­hin eine hek­ti­sche Impf-Welle ein. In Betrieben und Arbeitsämtern, in DAF- und Konzentrationslagern wur­den Schutzimpfungen gegen Fleckfieber ange­ord­net. Freilich nur für das „reichs­deut­sche Lagerpersonal“, wie die Deutsche Arbeitsfront beton­te, da der Impfstoff gegen Fleckfieber an der „Heimatfront“ nach wie vor Mangelware blieb. Irritiert zeig­te sich daher das Robert Koch-Institut, als ein Nürnberger Motorenwerk Impfstoff für „3.000 Russen“ anfor­der­te. In sei­ner Antwort mach­te das Institut deut­lich, dass Impfungen „in erster Linie für Deutsche bestimmt“ sei­en, die „Behandlung von Russen“ nicht vor­ge­se­hen wäre. Zerknirscht räum­te das Werk dar­auf­hin ein, dass man „unrich­tig“ bestellt habe und eine Impfung der „ausländische[n] Arbeitskräfte […] in kei­nem ein­zi­gen Fall in Frage“ käme…

Letztlich zeich­net sich an den Schwierigkeiten einer Immunisierung gegen Fleckfieber ein grund­sätz­li­ches Problem der NS-Gesellschaft ab: Migration und Mobilität im Dienste der Kriegsrüstung waren epi­de­mio­lo­gisch gese­hen eine Katastrophe. Sie zeig­ten dra­stisch, wie groß die Lücken im „Herdenschutz“ waren und evo­zier­ten ein all­täg­li­ches Bedrohungsgefühl, das aller­dings die Attraktivität von Impfungen noch wei­ter erhöh­te. Sich imp­fen zu las­sen, avan­cier­te im Reich zu einem eben­so exi­sten­zi­el­len wie exklu­si­ven Bedürfnis, und zwar bevor die ersten Runderlasse eine Schutzimpfung emp­fah­len. Hier liegt viel­leicht die tief­ste Wurzel des­sen, was man spä­ter das „prä­ven­ti­ve Selbst“ genannt hat: in der kol­lek­ti­ven Angst und dem dar­aus resul­tie­ren­den Engagement Einzelner in Zeiten des „tota­len Krieges“, der den Impfschutz zur pri­va­ten Sache machte…

Die Behringwerke der I.G. Farben… stell­ten sich umge­hend auf den wach­sen­den Bedarf der „Volksgemeinschaft“ ein und ver­spra­chen bei der Einrichtung einer Herstellungsstätte in Lemberg Anfang 1942, dass der Impfstoff „in erster Linie dem Reich und dem Generalgouvernement zur Verfügung“ ste­hen sol­le. Eine schnel­le Produktionsaufnahme kön­ne garan­tiert wer­den, wohl auch, weil Joachim Mrugowsky, Leiter des Hygiene-Instituts der Waffen-SS, Versuche am Menschen zusag­te, in denen die Wirksamkeit des Impfstoffs „geprüft wer­de“. Der anschlie­ßen­de Schriftverkehr zwi­schen SS-Sanitätsamt, Robert Koch-Institut, Innenministerium und Behringwerken bezeugt den Erfolg die­ser Menschenversuche, da von die­sen die „Verträglichkeit“ der Impfstoffe bestä­tigt wor­den sei.

An die­ser Art von „Aufbau Ost“ waren nicht nur die Behringwerke betei­ligt, auch ande­re Unternehmen konn­ten an „Erweiterungen der Produktionsstätten“ den­ken… Bereits vor Anlaufen der Produktion hat­te ein Bericht des Reichspropagandaministeriums her­vor­ge­ho­ben, dass „aus Prestige-Gründen der Wunsch“ nach Impfstoff-Produktionen bestehe, „um damit die Überlegenheit der deut­schen Wissenschaft und Organisation bewei­sen zu kön­nen“. An der Immunisierung des Ostens soll­te man gewis­ser­ma­ßen die Leistungskraft des Deutschtums ermes­sen. Das Impfen galt dem­nach als Ausdruck deut­scher Kulturleistungen, die den unter­ent­wickel­ten Osten vom Seuchenherd in einen sanier­ten ger­ma­ni­schen „Lebensraum“ ver­wan­deln soll­ten. Nach der Kriegswende 1943 erwie­sen sich sol­che kolo­nia­len Träume aller­dings schnell als Luftschlösser.

Fazit

Die Geschichte des Impfens ist eine Gesellschaftsgeschichte der Moderne. Sie eröff­net dem Zeithistoriker ein Forschungsfeld, auf dem sich grund­sätz­li­che gesell­schaft­li­che Erkenntnisse gewin­nen las­sen. Schließlich ging es beim Impfen nie allein, oft nicht ein­mal in erster Linie um Krankheit und Gesundheit. Häufiger ging es um Gesellschafts- und Menschenbilder, um die Klärung staat­li­cher Pflichten und Ansprüche, um die Normierung indi­vi­du­el­len Verhaltens und um eine Verständigung über das Verhältnis von Staat und Staatsbürger bzw. um die Beziehung zwi­schen „Volkskörper“ und „Volksgenossen“. Eine Geschichte des Impfens beschäf­tigt sich daher immer auch mit der Aushandlung von Legitimität und Grenzen staat­li­cher Macht und per­sön­li­cher Freiheitsrechte, mit kol­lek­ti­ven Ängsten und indi­vi­du­el­len Bedürfnissen…

Die Bemühungen um einen „immu­ni­sier­ten Volkskörper“ ziel­ten auf die Exklusion „Gemeinschaftsfremder“, mehr noch aber auf eine Optimierung der „Volksgemeinschaft“, was der Zustimmung des Volkes eben­so bedurf­te wie der Etablierung neu­er Strukturen. Der NS-Staat über­nahm damit beim Impfen – anders als der auto­ri­tä­re Interventionismus des Kaiserreichs oder der Weimarer Republik – zuneh­mend die Rolle einer „appel­lie­ren­den Instanz“, wie sie anson­sten post­mo­der­nen Gesellschaften zuge­schrie­ben wird. Allerdings waren sol­che Appelle mit beträcht­li­chem sozia­len Druck ver­bun­den und sie fie­len nicht zuletzt des­halb auf frucht­ba­ren Boden, weil in der Bevölkerung die Notwendigkeit eines effek­ti­ven Schutzes vor Diphtherie und Fleckfieber ungleich grö­ßer emp­fun­den wur­de als der gegen Pocken…

In die­sem Sinne ist die Geschichte des Impfens auch eine Geschichte der Gefühle. Einerseits ver­spra­chen Impfungen das Ende alter Seuchen-Ängste, die Europa bis weit ins 20. Jahrhundert hin­ein in Atem hiel­ten. Andererseits schür­te sie auch neue Ängste: die Sorge vor Nebenwirkungen und Impfunfällen oder die Furcht vor einem rigi­den Impf-Regime, dem vor allem Kleinkinder aus­ge­setzt waren.Das Impfen im „Dritten Reich“ kann daher als erzwun­ge­ne Modernisierung und Individualisierung wider Willen begrif­fen wer­den. Der sich ver­schär­fen­de hygie­ni­sche Ausnahmezustand, die zuneh­men­den Migrationsbewegungen, die Rückkehr von Kriegsseuchen, alles das erhöh­te die Attraktivität des Impfschutzes im Reich. Hinzu kam der Mangel an Ärzten und Arzneien, so dass immer mehr Deutsche ihre Immunisierung fast zwangs­läu­fig selbst in die Hand neh­men muss­ten und auf die­se Weise zu ihrem „prä­ven­ti­ven Selbst“ fan­den.«

Auf die Fußnoten des Originaltextes wur­de hier ver­zich­tet. Hervorhebungen nicht im Original.

Siehe u.a. auch Robert-Koch-Institut und Faschismus und Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin: Weiter kein Problem mit Nazi-Vergangenheit.

11 Antworten auf „Mehr als 100 Jahre Pharma-Tradition“

  1. Dazu pas­sen­de Filmempfehlung. Das Unheil, von Peter Fleischmann, https://​peter​-fleisch​mann​.de/​f​i​l​m​e​/​d​a​s​-​u​n​h​e​il/
    (Dieser spielt im benach­bar­ten Wetzlar aber da gibt es so vie­le Parallelen zu entdecken.) 

    Auf was Malte Thiessen nicht hin­weist, ist die feh­len­de wis­sen­schaft­li­che Grundlage von Impfungen und deren Wirkung. Dieser blin­de Fleck fin­det sich bei­spiels­wei­se auch bei den selbst im Lager Buchenwald in der Fleckfieberbaracke beschäf­tig­ten KZ Häftlingen Eugen Kogon und Ludwig Fleck. 

    Weiterer Literaturhinweis: https://​www​.igem​.med​.fau​.de/​2​0​2​0​/​0​3​/​2​9​/​d​i​e​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​-​d​e​r​-​i​n​f​e​k​t​i​o​n​s​k​r​a​n​k​h​e​i​t​e​n​-​1​9​9​7​-​p​d​f​-​v​e​r​s​i​on/
    (PDF zum frei­en Download)

  2. "Pfizer’s Description of Analytical Tests Used to Characterize the Active Substance of the mRNA Injections:

    In Pfizer’s CMC docu­men­ta­ti­on lea­k­ed at the end of 2020, the review­ers from EMA noted that the­re was no descrip­ti­on of the “non-com­pen­di­al”, i.e. Pfizer’s own methods for ana­ly­ti­cal pro­ce­du­res. The EMA review­ers wro­te: “The pro­po­sed com­mer­cial drug sub­stance spe­ci­fi­ca­ti­ons, the method descrip­ti­ons and the method vali­da­ti­on sum­ma­ries should be updated to include in-hou­se method iden­ti­fi­ca­ti­on num­bers for the non-com­pen­di­al methods. The infor­ma­ti­on is requi­red in order to pro­vi­de a clear link bet­ween the spe­ci­fi­ca­ti­on and the descrip­ti­ons and vali­da­ti­ons of ana­ly­ti­cal pro­ce­du­res used for rou­ti­ne test­ing. Furthermore, for the com­pen­di­al methods refe­ren­ces to rele­vant parts of the Ph Eur should be inclu­ded. Section 3.2.S.4.1, 3.2.S.4.2 and 3.2.S.4.3 of the dos­sier should be updated accordingly”"

    https://​sas​ha​la​ty​po​va​.sub​stack​.com/​p​/​m​r​n​a​-​i​n​j​e​c​t​i​o​n​s​-​a​s​-​a​-​d​u​a​l​-​u​s​e​-​t​e​c​h​n​o​l​o​g​y​?​u​t​m​_​c​a​m​p​a​i​g​n​=​p​o​s​t​&​u​t​m​_​m​e​d​i​u​m​=​web

  3. Ein wun­der­ba­rer Artikel, den ich mir von 1–4 aber noch durch­le­sen muss. Es ist stets hilf­reich die Darlegung ande­rer Leute zur Kenntnis neh­men zu können.
    Vor Lektüre aber bereits jetzt schon zu 4. Das Problem unter­lag auf '45 zu, zuneh­mend der Pragmatisierung. Am Ende wur­de bloss noch "besei­tigt" was stör­te. Entweder den Kriegsverlauf, oder die nach der Niederlage zu erwar­ten­de Rechtsstaatlichkeit bzw. Rechtsprozesse. Man ver­glei­che die Todesraten nach Machtübernahme, hin zu den ersten mili­tä­ri­schen Niederlagen im Krieg selbst. Auch brau­chen wir bei den vor­lie­gen­den Zahlen nicht mehr fili­gran nach Umständen zu "ermit­teln", je mehr man aber erfährt, desto bes­ser ent­wickelt sich eine Vorstellung über die so genann­ten "Dunkelziffern" – und wie es über­haupt zur all­ge­mei­nen Korrumpiertheit, zur Korruption einer Allgemeinheit, gekom­men ist.
    Was pas­sier­te nach dem Krieg in Deutschland. Und was hat das Alles mit dem Weltgeschehen zu Medizin, Pharmaindustrien, Waffentechnik und orga­ni­sier­ter Kriminalität zu tun. Waren die "Nazis" ein­fach nur aus­ge­schert aus etwas, oder glit­ten sie ab aus einem Geschehen das nun sei­nen sehr spür­ba­ren Weiterverlauf nimmt. Sehr Spannend! (Um es mal so zu sagen)
    Dabei fin­de ich es gar nicht so schlimm ein Laie zu sein, denn hin und wie­der ver­blüfft einen die Ein oder Andere wis­sen­schaft­li­che Gegenposition. Nicht schlecht!

    1. sel­ber nachgereicht:

      Okay – jetzt habe ich es gele­sen. Nun Gut, hält sich strikt am Impfthema. Warum nicht.
      Also die Korrumpiertheit der NS-Gesellschaft beruh­te auf schwa­cher Opposition. Teils wegen Verbot, teils wegen man­geln­der Solidarität. Ähnlich wie jetzt!
      Was schwach beleuch­tet wur­de, ist der direk­te Zusammenhang zu den Krankenmorden als Vorstufe zum Holocaust. Typisch BRD, übri­gens. Kann schon ver­ste­hen war­um das Keiner wirk­lich ver­ste­hen möch­te. (Falls es Einer "nicht versteht")
      Was aber sehr klar dar­ge­legt wur­de, war­um das Impfthema ein natio­nal­so­zia­li­sti­sches ist. Gut gemacht. Toller Artikel soweit.

  4. "An der Untersuchung und der fol­gen­den Veröffentlichung waren Werner Slenczka, Rudolf Siegert und ihr chi­ne­si­scher Kollege Hsin Lu Shu am Institut für Virologie Marburg sowie Dietrich Peters und Günther Müller am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin beteiligt.[20]

    Ein Konsilium der Mediziner Rudolf Siegert, Walter Hennessen und Gustav Adolf Martini gab täg­lich einen Bericht zur Erforschung des Virus ab.[17] Bis Ende August 1967 star­ben zwei Tierpfleger und zwei Laborangestellte. 24 Erkrankte lagen im Universitätsklinikum Frankfurt am Main und in der Universitätsklinik der Philipps-Universität Marburg auf der Isolierstation.[19] Insgesamt star­ben spä­ter fünf Menschen in Marburg und zwei in Frankfurt an dem neu­en Virus.[22]

    Neben der Suche nach dem neu­en Virus begann zeit­gleich eine epi­de­mio­lo­gi­sche Untersuchung, um sei­ne Herkunft zu klä­ren. Das Virus ist höchst­wahr­schein­lich von infi­zier­ten Versuchsaffen – es han­delt sich um die Art Äthiopische Grünmeerkatze (Chlorocebus aethiops) – aus Uganda in die Labore des Pharmakonzerns Behringwerke im hes­si­schen Marburg ein­ge­schleppt worden.[18] Deshalb erhielt es auch den Namen Marburg-Virus. Der Pharmakonzern nutz­te die Tiere zur Gewinnung von Masern- und Poliomyelitis-Impfstoff.[22] Am Paul-Ehrlich-Institut in der Nähe von Frankfurt am Main wur­den die­se Impfstoffe geprüft, am Torlak-Institut in Belgrad wur­den eben­falls Impfstoffe her­ge­stellt. Im Nachhinein konn­te geklärt wer­den, dass alle pri­mär Infizierten Kontakt mit Blut, Organen oder Zellkulturen der Äthiopischen Grünmeerkatzen hat­ten. Informationen über den Gesundheitszustand der Affen lie­ßen sich jedoch nicht aus­rei­chend ermit­teln. Wegen des Sechstagekriegs im Juni 1967 konn­ten die Tiere nicht direkt von Uganda nach Frankfurt trans­por­tiert wer­den, son­dern muss­ten eini­ge Zeit in einem Gehege an einem Londoner Flughafen unter­ge­bracht wer­den. Dabei hat­ten sie Kontakt zu Finken aus Südafrika und Languren aus Ceylon (heu­te Sri Lanka). Eine Übertragung des Virus von einer Tierart zur ande­ren wäre somit theo­re­tisch mög­lich gewe­sen, konn­te aber weder bewie­sen noch aus­ge­schlos­sen wer­den. Die Affen der Art Chlorocebus aethiops wur­den in meh­re­ren Lieferungen an die Institute ver­teilt. In Marburg und Frankfurt wur­den kei­ne Auffälligkeiten bezüg­lich ihres Gesundheitszustandes notiert, aller­dings wur­den die Versuchstiere nach kur­zer Zeit plan­mä­ßig getö­tet. In Belgrad wur­den die Tiere noch für sechs Wochen gehal­ten, dabei wur­de eine über­durch­schnitt­lich hohe Mortalitätsrate von 33 % fest­ge­stellt. Im Nachhinein ließ sich jedoch nicht mehr klä­ren, ob die Virusinfektion dafür ver­ant­wort­lich war.[18] In Deutschland wur­den die Affen der Art Chlorocebus aethiops, die als Überträger des Virus ver­däch­tig waren, getö­tet. Dies betraf auch Tiere aus vor­her­ge­hen­den Lieferungen, die Zahl der ins­ge­samt mit Blausäure getö­te­ten Versuchstiere lag bei über 600.[17]

    Der sozia­li­sti­schen Propaganda dien­te die zunächst uner­klär­li­che Infektion als Anlass für anti­west­li­che Propaganda: So behaup­te­te die dama­li­ge DDR-Staatszeitung Neues Deutschland, afri­ka­ni­sche Affen sei­en nur ein Sündenbock, um Geheimversuche bei der Entwicklung von Chemiewaffen zu vertuschen."

    https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​M​a​r​b​u​r​g​-​V​i​rus

      1. Wenn wir nicht sicher wüss­ten, dass es sich um rein­ste PR han­deln wür­de, könn­te einem man­che, zum Glück nur ver­meint­li­che Paralelle in den Erzählungen auffallen.

        "Im Mai 1984 wur­de nach anfäng­li­chem Widerstand der ame­ri­ka­ni­schen Forscher das HIV als der Erreger des AIDS aner­kannt, und es erhob sich die Frage nach der Herkunft die­ses Virus. Auf der Jahrestagung 1984 der AAAS (Amerikanische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) war die Frage, ob das HIV das Produkt einer Genmanipulation sei das Hauptthema. Gründe zu die­ser Annahme gab es genug. Schon 1970 hat­te Berg durch Gen-Chirurgie ein neu­es, bis dahin unbe­kann­tes Virus her­ge­stellt; 1975 ver­such­ten die "Besorgten Biologen" auf einer inter­na­tio­na­len Tagung ver­ge­bens, das Verbot der Genmanipulation an Krankheitserregern durch­zu­set­zen. Sie erreich­ten nur, daß sol­che Arbeiten in Hochsicherheitslaboratorien vom Typ P4 durch­ge­führt wer­den muß­ten, und prompt hat­te das Pentagon im Herbst 1977 ein sol­ches Labor eröff­net. Zwei Jahre spä­ter tra­ten die ersten AIDS-Fälle auf.
        Es bestand ein ernst­haf­ter Verdacht, das HIV sei ein mani­pu­lier­tes Visna-Virus. Die Visna-Krankheit des Schafs ähnelt dem AIDS in fast allen Details. Der grip­pe­ähn­li­che Primärinfektion folgt eine Serokonversion. nach einer zumeist mehr­jäh­ri­gen sym­ptom­frei­en Latenzzeit tre­ten die glei­chen Symptome wie beim ARC auf. Das HIV und das Visna-Virus gehö­ren daher zur glei­chen Unterfamilie Lenti-viri­dae (Langsamviren). Nun befällt das Visna-Virus zwar nicht den Menschen, es hät­te aber genügt, es mit einem den Menschen infi­zie­ren­den Virus zu kom­bi­nie­ren, um ein Virus mit den Eigenschaften des HIV zu kon­stru­ie­ren. Der Verdacht, das HIV sei ein Laborprodukt war also zunächst durch­aus berechtigt.
        Nach der tagung des AAAS erschie­nen eine Reihe von Arbeiten über die Beziehung zwi­schen Visna-Virus und HIV. Gonda zeig­te, daß bei­de Viren sich nicht nur zum Verwechseln ähnel­ten, son­dern auch den glei­chen Reifungsprozeß durch­lie­fen. Er fand auch, daß ihr Genom (Erbapparat) nahe­zu iden­tisch war, nur hat­te das HIV einen zusätz­li­chen Abschnitt von 300 Gliedern, der sich in der glei­chen Aufeinanderfolge im Genom des Virus HTLV‑I vor­fin­det, und das ist, wie ver­mu­tet, ein Virus, das den Menschen befällt, jedoch kein AIDS bewirkt.
        Andere Autoren ver­gli­chen die Sequenz der Glieder im Erbapparat (Genom) der ver­schie­de­nen Retroviren. Immer stell­te es sich her­aus, daß HIV und Visna-Virus die größ­te Ähnlichkeit d. h. den eng­sten Verwandtschaftsgrad auf­wie­sen. Diese Arbeiten hör­ten plötz­lich ab 1987 auf, die frü­he­ren wur­den in der Fachpresse nicht mehr zitiert.
        Ebenso ver­schwie­gen wur­de auch ein ande­rer Beweis für die künst­li­che Herkunft des HIV. Ein amt­li­ches Protokoll des ame­ri­ka­ni­schen Kongresses berich­tet, daß am 9. Juni 1969 Dr. McArthur, der stell­ver­tre­ten­de Leiter der Forschungsabteilung des Pentagons, den Antrag auf die Bewilligung von 10 Millionen $ stell­te. Mit die­sem Geld soll­te ein neu­ar­ti­ges Virus ent­wickelt wer­den, as den Immunapparat des Infizierten zer­stö­ren wür­de. Der Besitz die­ses Virus, so Dr. McArthur, wür­de den Vereinigten Staaten die abso­lu­te mili­tä­ri­sche Überlegenheit verleihen.
        Meine Frau und ich ver­folg­ten die Arbeiten des Virologen Robert Gallo aus die­ser Zeit. In den Jahren 1971 bis 1975 ent­deck­te er ein krebs­er­re­gen­des Retrovirus in Menschen. Später ver­öf­fent­lich­te er die­ses Virus unter dem Namen HTLV‑I. 1975 wur­de ihm die Leitung der Virusabteilung von Fort Detrick, dem zen­tra­len bio­lo­gi­schen Labor des Pentagons, über­tra­gen. 1976 – 1977 bau­te er dort das Hochsicherheitslabor P4. Mit den damals ver­füg­ba­ren Methoden dürf­te die Manipulation des Visna-Virus etwa sechs Monate gedau­ert haben und das neue Virus im Frühjahr 1978 ver­füg­bar gewe­sen sein. 1979 wur­den die ersten AIDS-Fälle ver­zeich­net. Auch die­ser amt­lich doku­men­tier­te Beweis für die künst­li­che Herstellung des AIDS-Virus wur­de mei­nes Wissens in kei­ner bio­me­di­zi­ni­schen Fachzeitschrift erwähnt. Auch mei­ne eige­nen dies­be­züg­li­chen Schriften wur­den von der Fachpresse abge­lehnt. Sie erschie­nen in poli­ti­schen Verlagen in Indien, Japan und Deutschland (Fußnote: L. und J. Segal: AIDS – die Spur führt ins Pentagon, Verlag Neuer Weg, Essen, 2. Auflage, 1990)."

        http://​www​.mono​chrom​.at/​s​e​g​a​l​/​i​.​htm

  5. Die Behringwerke und Menschenversuche zur NS-Zeit 

    Medizinische Experimente zur Erprobung von Seren und Impfstoffen an Menschen Die Rolle der Behringwerke bei Menschenversuchen im Konzentrationslager Buchenwald 

    https://​wetz​lar​-erin​nert​.de/​e​v​e​n​t​/​d​i​e​-​b​e​h​r​i​n​g​w​e​r​k​e​-​u​n​d​-​m​e​n​s​c​h​e​n​v​e​r​s​u​c​h​e​-​z​u​r​-​n​s​-​z​e​it/

    https://​www​.bil​dungs​por​tal​-hes​sen​.de/​k​1​0​0​1​9​4​2​811

    Emil von Behring, Generalgouvernement
    Behring Institut Lemberg. Sonderstempel
    Eröffnung der Fleckfieber Forschungsstätte 

    https://picclick.de/Emil-von-Behring-Generalgouvernement-Mi-68–324475062626.html

    Behring-Institut Lemberg: Reden und wis­sen­schaft­li­che Vorträge anläss­lich der Eröffnung der Fleckfieber-Forschungsstätte : Lemberg, den 10 und 11 Dezember 1942 

    https://​books​.goog​le​.de/​b​o​o​k​s​/​a​b​o​u​t​/​B​e​h​r​i​n​g​_​I​n​s​t​i​t​u​t​_​L​e​m​b​e​r​g​.​h​t​m​l​?​i​d​=​a​u​q​l​m​w​E​A​C​AAJ

    Prof. Dr. Richard Bieling 

    Richard Bieling (* 3. September 1888 in Gau-Algesheim, Rheinland-Pfalz; † 8. August 1967 in Bonn) war ein deut­scher Mediziner, der in lei­ten­der Funktion bei den Behringwerken in Frankfurt sowie an den Universitäten in Marburg und Wien tätig war. (…) 1939 bis 1944 war er Oberstabsarzt, spä­ter Oberstarzt und bera­ten­der Hygieniker der Wehrmacht. 1945 war er Leiter des Virus-Labors der Behring-Werke. Richard Bieling war Zeuge der Verteidigung vor dem US-Militärgerichten 1947 im Nürnberger Ärzteprozess und 1948 im IG-Farben-Prozess. 1951 wur­de er Professor der Hygiene an der Universität Wien, 1959 erfolg­te die Emeritierung. 1961 wur­de ein Ermittlungsverfahren wegen der Lieferung von Impfstoffen zu Menschenversuchen durch die Staatsanwaltschaft Limburg/Lahn ein­ge­stellt. Ab 1962 war er Honorarprofessor in Bonn. 

    https://​www​.bril​may​er​-gesell​schaft​.de/​g​a​u​-​a​l​g​e​s​h​e​i​m​e​r​-​k​o​e​p​f​e​/​b​i​e​l​i​n​g​-​r​i​c​h​a​r​d​.​h​tml

  6. Behringwerke Marburg

    Die Behringwerke waren ein phar­ma­zeu­ti­sches Unternehmen in Marburg, das aus dem Zusammenwirken Emil von Behrings mit den Höchster Farbwerken her­vor­ging und von 1904 bis 1997 bestand. Heute besteht in den frü­he­ren Gebäuden der Behringwerke ein bedeu­ten­der Biotechnologieverbund, in dem vie­le nam­haf­te Unternehmen der Branche ver­tre­ten sind. 

    https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​B​e​h​r​i​n​g​w​e​rke

    GlaxoSmithKline
    Impfstoffe (z. B. FSME, Tollwut, Tetanus)
    1.000 Mitarbeiter 

    BioNTech
    mRNA-Impfstoff, Biosimilars
    700 Mitarbeiter 

    https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​B​e​h​r​i​n​g​w​e​r​k​e​#​A​k​t​u​e​l​l​e​_​U​n​t​e​r​n​e​h​m​e​n​_​a​m​_​S​t​a​n​d​ort

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    BioNTech

    Der Hauptsitz von BioNTech befin­det sich im Mainzer Stadtteil Oberstadt. Die Firmenzentrale ent­stand auf dem Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne, die von der Bundeswehr bis 2022 voll­stän­dig geräumt wird. Biontech hat im März 2020 bereits wei­te­re Grundstücke in Mainz erwor­ben, um expan­die­ren zu kön­nen. Das Unternehmen betreibt in Deutschland meh­re­re GMP-zer­ti­fi­zier­te Produktionsstätten zur Herstellung von mRNA-Therapeutika und pro­gram­mier­ba­ren Zelltherapien („Engineered Cell Therapies“). Die Standorte sind Idar-Oberstein (BioNTech Innovative Manufacturing Services), Martinsried (BioNTech Small Molecules), Neuried (BioNTech) und eine vier­te Einrichtung in Berlin, die pep­tid­ba­sier­te Dienstleistungen und Produkte für ver­schie­de­ne Bereiche der bio­me­di­zi­ni­schen Forschung anbie­tet (JPT Peptide Technologies). 

    https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​B​i​o​n​t​ech

    BioNTech SE, Munich Antibody Platform (MAP)

    BioNTech to Acquire Antibody Generation Unit of MAB Discovery

    23 January 2019
    inve​stors​.biontech​.de/​n​e​w​s​-​r​e​l​e​a​s​e​s​/​n​e​w​s​-​r​e​l​e​a​s​e​-​d​e​t​a​i​l​s​/​b​i​o​n​t​e​c​h​-​a​c​q​u​i​r​e​-​a​n​t​i​b​o​d​y​-​g​e​n​e​r​a​t​i​o​n​-​u​n​i​t​-​m​a​b​-​d​i​s​c​o​v​e​ry/

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