27 Millionen Euro Betriebskosten – aber kein einziger Patient

Auf die­sem Blog wur­de schon Im August und September dar­über berich­tet (s. Noch ein ver­dien­ter Bundesverdienstkreuzler). Nun ist auch das Interesse bei welt​.de geweckt, wenn auch wesent­li­che Fakten nicht auf­tau­chen. Am 22.5. liest man dort unter obi­ger Überschrift:

»Der Betrieb des Corona-Notkrankenhauses in Berlin hat das Land bis­lang mehr als 27 Millionen Euro geko­stet. Das geht aus der Antwort der Berliner Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Freie-Wähler-Abgeordneten Marcel Luthe (der­zeit frak­ti­ons­los) her­vor, die WELT vorliegt.

Im Mai 2020 war das Corona-Behandlungszentrum Jafféstraße (CBZJ) fer­tig­ge­stellt wor­den. Der Senat ließ das Notkrankenhaus für rund 31 Millionen Euro errich­ten. Seither steht es leer. Kein ein­zi­ger Patient ist bis­lang dort behan­delt wor­den. Es ist für den Fall gedacht, dass ande­re Kliniken ihre Belastungsgrenzen errei­chen, und soll bis zu 1000 Patienten auf­neh­men können.

Die lau­fen­den Kosten set­zen sich aus Mietkosten von 1,19 Millionen Euro monat­lich und bis­lang 13,4 Millionen Euro für Ausstattung und Betrieb zusam­men. Das CBZJ ist in einer Halle der lan­des­ei­ge­nen Messe Berlin GmbH unter­ge­bracht. 100 Mitarbeiter der Vivantes Kliniken bil­den das Kernteam des CBZJ, 160 wei­te­re sol­len auf Abruf bereit­ste­hen. Während das Krankenhaus geschlos­sen ist, arbei­tet das Personal aller­dings wei­ter für Vivantes.

Luthe kri­ti­siert das Projekt als ver­schwen­de­risch. „Die haus­halts­recht­li­chen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gel­ten auch in Zeiten völ­li­ger Kopflosigkeit des Senats, also in den letz­ten 15 Monaten“, sag­te Luthe. „Von dem ver­schleu­der­ten zwei­stel­li­gen Millionenbetrag hät­te man statt­des­sen das Pflegepersonal finan­zi­ell för­dern und so end­lich die Krankenhäuser wirk­lich ent­la­sten können.“

Auch die Linke hat­te das CBZJ zuletzt als Fehlinvestition bezeich­net. Der gesund­heits­po­li­ti­sche Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Albers, sag­te der „Taz“, er hät­te es für bes­ser gehal­ten, das Geld in bestehen­de Krankenhausstrukturen zu stecken, um die­se dau­er­haft „pan­de­mie­fest“ zu machen…«

Man muß an die­ser Stelle eine Lanze für Albers bre­chen. Er ist ver­schie­dent­lich mit vor­sich­ti­ger Kritik an der Senatspolitik auf­ge­fal­len und war schon im April 2020 so zitiert worden:

»Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Albers (Linke) zeig­te sich dabei vom Stand der Arbeiten eben­falls beein­druckt. Allerdings hat der pen­sio­nier­te Chirurg sei­ne Zweifel, dass die umfunk­tio­nier­te Messehalle je gebraucht wird. Bislang sei­en die Zahlen der am Coronavirus erkrank­ten Patienten auf den Intensivstationen über­schau­bar, sag­te Albers am Mittwoch. Viele Berliner Krankenhäusern hät­ten noch aus­rei­chend Kapazitäten, um mehr Erkrankte zu versorgen.

Sicher sei es wich­tig einen Plan B zu haben, sag­te Albers. Trotzdem müs­se man auch schau­en, dass die­ser Plan B das Land viel Geld koste, "das an ande­rer Stelle fehlt", sagt Albers. Krankenhäuser wür­den seit Jahren "auf aus­rei­chen­de Finanzierung" war­ten. "Plötzlich sind 92,5 Millionen Euro da. Unsere Krankenhäuser ste­hen immer mehr mit einem trä­nen­den Auge dane­ben, wenn sie das sehen", zeig­te sich der Politiker über­zeugt.«

Doch auch in die­sem Fall woll­ten weder sei­ne Partei noch die Gesundheitssenatorin auf den Chef des Gesundheitsausschusses hören.

5 Antworten auf „27 Millionen Euro Betriebskosten – aber kein einziger Patient“

  1. Ich blei­be hän­gen bei dem Satz : "… dass die­ser Plan B das Land viel Geld koste, "das an ande­rer Stelle fehlt", sagt Albers." Ist das nicht eine anti­quier­te Sichtweise? Dass Geld eine begrenz­te Ressource ist, man jeden Teilbetrag davon nur ein­mal aus­ge­ben kann und das, was man an einer Stelle aus­gibt, anders­wo "fehlt", d.h. nicht mehr aus­ge­ge­ben wer­den kann? Mir kommt es in letz­ter Zeit so vor, als gel­te die­se uralte kauf­män­ni­sche Regel nicht mehr. Die neue Regel lau­tet: Wenn Geld gebraucht wird, ist es ein­fach da. Niemand weiß genau oder will genau wis­sen, woher es kommt. Es ent­steht ein­fach immer neu und in uner­schöpf­li­cher Menge.

  2. Wichtig ist nicht, wie viel Geld das den Steuerzahler kostet, son­dern wer sich damit kurz­fri­stig die Taschen füllt und vor allen Dingen, wer in Zukunft davon profitiert. 

    Also jetzt nicht direkt an dem Krankenhaus, son­dern an den frei­ge­setz­ten Steuerraubmitteln, die ja nur als Umlageprinzip pri­va­ter Kapitalinteressen fungieren. 

    Ein beson­ders anschau­li­ches Beispiel, wie deut­sche Raubritter das seit ehe und je machen, fin­det sich hier: 

    Monsanto auf Deutsch:
    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​G​H​x​-​n​o​z​x​5fQ

    Das dor­ti­ge Anschauungsmaterial lässt sich 1:1 auf die heu­ti­ge Situation übertragen.

    1. @Zapata Gag,

      Vielen Dank für den Link zum Video. Hab ich mir gera­de ange­se­hen. Haar genau­so geht man in der Corona Krise vor. Es geht wirk­lich nur um Geldverdienen, auch wenn man dazu über Leichen gehen muss. Vielleicht wol­len sich eini­ge Wenige dar­über hin­aus auch noch eine ande­re Welt basteln. 

      Ich den­ke, solan­ge wir nicht dar­über nach­den­ken, wie wir Menschen funk­tio­nie­ren und was das für eine Sorte Mensch ist, die sowas möch­ten, unter­stüt­zen oder ein­fach weg­gucken, kom­men wir nicht grund­sätz­lich wei­ter. Lebensfeindliche Entscheidungen trifft nur ein von sei­ner Menschlichkeit ent­fern­ter Mensch. Wenn sol­che Leute Führungspositionen inne­ha­ben, und wir Anderen das unkri­tisch zulas­sen, also exakt der Zustand, in dem wir leben, besteht immer die Gefahr einer Entgleisung, wie wir sie gera­de erleben. 

      Solche schäd­li­che Machtausübungen gibt es, seit es Menschen gibt. Alles nichts neu­es. Wir hier in den rei­che­ren Ländern sind nur in den letz­ten Jahren nicht so oft Zielscheibe sol­cher Konflikte gewe­sen. Im Rest der Welt kennt man sol­che Ungerechtigkeiten aber, da sie all­täg­lich sind. 

      Eine Lösung habe ich kei­ne, da die, die es gera­de ver­bocken, sowie die, die denen glau­ben, jedes Hinterfragen ablehnen.

  3. Öh…
    Miete: 1,2 Mio pm (scheint ein Altbau zu sein)
    Mieter: Stadt Berlin
    Vermieter: lan­des­ei­ge­nen Messe Berlin GmbH
    Ja, so macht man Geld – aus der Luft

  4. 30. Mai 2020, 9:22 Uhr 

    Gesundheit
    Gesundheit:Was tun mit den Corona-Notlazaretten?

    Direkt aus dem dpa-Newskanal

    Ludwigshafen/Koblenz/Wörth (dpa/lrs) -
    Hunderte Feldbetten ste­hen in eini­gen Hallen in Rheinland-Pfalz seit März als Ausweichplätze für Corona-Infizierte bereit.
    Vor dem Hintergrund der damals schlech­ten Nachrichten aus dem nahen Frankreich woll­ten Kommunen für einen mas­si­ven Anstieg der Fallzahlen gerü­stet sein.
    Zum Glück aber tra­ten bei den Kliniken kei­ne Engpässe auf.
    Was tun mit den Einrichtungen?

    https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-was-tun-mit-den-corona-notlazaretten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101–200530-99–243470

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