Neues von Melanie: Bei Magen-Darm-Symptomen auch an Covid-19 denken

Melanie Weiner von t‑online.de hat wie­der* eine Studie gele­sen und schreibt dazu heu­te den Artikel "Magen-Darm-Symptome kön­nen ein­zi­ges Anzeichen von Covid-19 sein". Die Studie ist nicht wirk­lich neu, ein Fazit wird von Weiner erfun­den, in der von ihr genann­ten Zeitschrift schei­nen auch gegen­sätz­li­che Ergebnisse ver­öf­fent­licht zu sein. In Weiners Artikel erfährt man:

»Dass sich eine Infektion mit dem Coronavirus durch Magen-Darm-Beschwerden äußern kann, ist bereits län­ger bekannt. Frühe Berichte aus China hat­ten ent­spre­chen­de Symptome bereits bei bis zu 50 Prozent der Covid-19-Patienten beschrie­ben. Doch dass Übelkeit, Bauch­schmerzen und Durchfall auch als allei­ni­ges Anzeichen für Covid-19 auf­tre­ten kön­nen, zeigt nun erst­mals eine Analyse kana­di­scher Wissenschaftler.

Studie: Viele Corona-Patienten haben nur Magen-Darm-Symptome

Eine Forschergruppe um Mitchell Wilson von der Universität Alberta hat ins­ge­samt 36 Studien aus­ge­wer­tet, wel­che die Symptomatik von Corona-Patienten erfas­sen und dabei auch bild­ge­ben­de Verfahren zur Untersuchung des Magen-Darm-Trakts genutzt hatten.

Das Ergebnis: Etwa 18 Prozent aller Infizierten wie­sen Magen-Darm-Beschwerden auf. Bei 16 Prozent der Fälle waren sie sogar das ein­zi­ge Krankheitszeichen von Covid-19 – das ist einer von sechs Patienten. "Es gibt immer mehr Studien, die zei­gen, dass Bauchbeschwerden bei Covid-19 häu­fig vor­kom­men", resü­mier­te der Radiologe Wilson.«

Ein bei­gege­be­nes Schaubild zeigt, wie sträf­lich zurück der deut­sche Forschungsstand liegt:

»Sichtbare Veränderungen im Magen-Darm-Trakt

Zusätzlich zu den Magen-Darm-Symptomen stell­ten die Forscher noch etwas fest: Es gibt offen­bar eini­ge typi­sche Hinweise auf eine Covid-19-Erkrankung, wenn Untersuchungen des Bauchraums mit­tels Computertomografie durch­ge­führt wer­den. Bei eini­gen Corona-Patienten zeig­ten sich etwa Entzündungen des Dünn- und Dickdarms, Luft in der Darmwand und Darmdurchbrüche.

Diese Anzeichen sei­en zwar eher sel­ten. Sie könn­ten aber auf Patienten mit schwe­rem Covid-19-Verlauf hin­wei­sen, so die Forscher. "Wenn wir die­se Dinge sehen, wis­sen wir nicht unbe­dingt, dass ein Patient Covid-19 hat, denn es kom­men ver­schie­de­ne Ursachen infrage.

Eine die­ser mög­li­chen Ursachen ist jedoch eine Infektion mit dem Virus", erläu­ter­te Wilson. Der SARS-CoV‑2-Erreger kön­ne die Zellen des Darms infi­zie­ren und dann sicht­ba­re Veränderungen im Magen-Darm-Trakt her­vor­ru­fen. Die Studienergebnisse wur­den in der Fachzeitschrift "Abdominal Radiology" veröffentlicht.

Bei Magen-Darm-Symptomen auch an Covid-19 denken

Menschen, die unter Durchfall, Bauchweh oder Erbrechen lei­den und in einer Gegend leben, in der Covid-19 sehr ver­brei­tet ist, soll­ten Wilson zufol­ge immer auch an eine mög­li­che Corona-Infektion den­ken. Er mahnt: Das Einhalten der Hygieneregeln sei in der aktu­el­len Pandemie-Situation beson­ders wich­tig.«

Der letz­te Absatz scheint frei erfun­den zu sein. Im genann­ten Artikel ste­hen die­se Zitate jeden­falls nicht.


Was wirklich in der Zeitschrift steht

Was Frau Weiner als neue Studie ver­kauft, meint einen Artikel vom 14.9. mit dem Titel "Abdominale Bildgebungsbefunde bei Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion: ein Überblick über das Scoping". Dort wer­den völ­lig ande­re Symptom-Häufigkeiten genannt als in der oben abge­bil­de­ten Grafik des RKI, näm­lich: "Zu den häu­fig­sten COVID-19-Symptomen gehö­ren Fieber (91%), Husten (67%), Müdigkeit (51%) und Atemnot (30%)". Zudem wer­den die­se Einschränkungen formuliert:

»Diese Scoping-Prüfung unter­liegt eini­gen Einschränkungen. Angesichts des brei­ten Umfangs die­ser Überprüfung und des Fehlens detail­lier­ter Ausschlusskriterien könn­ten eini­ge bild­ge­ben­de Merkmale mög­li­cher­wei­se über­se­hen wor­den sein. Darüber hin­aus könn­ten in die­ser Übersicht rele­van­te Studien über­se­hen wor­den sein, da kei­ne ande­ren Suchdatenbanken ver­wen­det wur­den und die graue Literatur aus­ge­schlos­sen wur­de. Darüber hin­aus kann das Fehlen einer Früherkennung von GI-Symptomen die ver­füg­ba­re Literatur hin­sicht­lich bild­ge­ben­der Untersuchungen, die auf GI-Symptome hin­deu­ten, ein­schrän­ken. Die Untersuchung abdo­mi­nel­ler Bildgebungsanomalien bei COVID-19-Fällen, die sowohl respi­ra­to­ri­sche als auch GI-Symptome auf­wei­sen, könn­te ein Thema für zukünf­ti­ge Untersuchungen sein.«

In einem Artikel "Abdominal-CT bei COVID-19-Patienten: Inzidenz, Indikationen und Befunde" fin­det sich hin­ge­gen dies:

»Nur 43 (4,1%) von 1057 COVID-19 Patienten hat­ten Bauch­beschwerden, die ein Abdominal-CT recht­fer­ti­gen wür­den. Von die­sen 43 Patienten war bei der über­wie­gen­den Mehrheit (39, 91%) zum Zeitpunkt des Scans bekannt oder ver­mu­tet, dass sie COVID-19 hat­ten. Die mei­sten (27/43, 63%) Scans zeig­ten kei­ne aku­te abdo­mi­na­le Anomalie, und die­je­ni­gen, die posi­tiv waren, wie­sen kein erkenn­ba­res Muster von Anomalien auf. Lungenbasisanomalien waren häu­fig, und die Zuverlässigkeit zwi­schen den Gutachtern war mäßig.«

Übersetzungen mit www​.DeepL​.com/​T​r​a​n​s​l​a​tor (kosten­lo­se Version)

(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)

* Siehe zu Frau Weiner auch Ist die Ansteckungsgefahr in Restaurants grö­ßer als vermutet?

6 Antworten auf „Neues von Melanie: Bei Magen-Darm-Symptomen auch an Covid-19 denken“

  1. Wirklich, gibt es eigetn­lich inzwi­schen noch irgend ein Symptom, das nicht auch von Covid-19 stam­men könnte?

    Demenz, Trombosen, Organversagen, jetzt auch noch magen-Darm … eine Teufelskrankheit.

    Kann es sein, dass "Covid-19" ein­fach bedeu­tet: "krank an irgend­was"? Wir soll­ten jede indi­vi­du­el­le Krankheitsbehandlung ein­fach ein­stel­len, kei­ne Krebsmedikamente, kei­ne Diabetes-Medikamente, kei­ne Medikamente gegen Magenschleimhaut-Entzündung, kei­ne Medikamente gegen Haut- oder Geschlechtskrankheiten, kei­ne Antibiotika mehr – son­dern ein­fach jeden Kranken auf Covid-19 behan­deln. Das wäre doch die Lösung!

  2. Es ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass da etwas dran ist. 

    Auf http://​www​.wis​sen​schaft​.de/​t​h​e​m​e​n​s​e​i​t​e​/​c​o​r​o​n​a​v​i​r​u​s​-​p​a​n​d​e​m​ie/
    fin­det sich zum Beispiel der Artikel "Weiterer Türöffner in die Zelle ent­deckt" https://​www​.wis​sen​schaft​.de/​g​e​s​u​n​d​h​e​i​t​-​m​e​d​i​z​i​n​/​w​e​i​t​e​r​e​r​-​t​u​e​r​o​e​f​f​n​e​r​-​i​n​-​d​i​e​-​z​e​l​l​e​-​e​n​t​d​e​c​kt/

    Dort heißt es: 

    "Sars-CoV‑2 kann deut­lich mehr Gewebetypen und Organe befal­len als anfangs ange­nom­men. Neben den Zellen der Atemwege und Lunge erwei­sen sich inzwi­schen auch die Gewebe des Darms, der Nieren, der Blutgefäße und das Nervensystem als anfäl­lig gegen­über einer Infektion. Wie man inzwi­schen weiß, nutzt das Virus für sei­nen Eintritt in die Zellen ein bestimm­tes Oberflächenprotein der mensch­li­chen Zellen, das soge­nann­te Angiotensin-kon­ver­tie­ren­de Enzym 2 (ACE2)."

    mehr Details im Artikel

    "Coronavirus befällt auch Darmzellen" vom 4. Mai 2020 https://​www​.wis​sen​schaft​.de/​g​e​s​u​n​d​h​e​i​t​-​m​e​d​i​z​i​n​/​c​o​r​o​n​a​v​i​r​u​s​-​b​e​f​a​e​l​l​t​-​a​u​c​h​-​d​a​r​m​z​e​l​l​en/

    "Bei rund einem Drittel der Covid-19-Patienten wird die Infektion zudem von gastro­in­testi­na­len Symptome beglei­tet, dar­un­ter vor allem Durchfall und Übelkeit. Auch in Stuhlproben wur­den bereits Viren nach­ge­wie­sen. Dies deu­tet schon län­ger dar­auf hin, dass Sars-CoV‑2 auch den Darmtrakt befal­len kann, zumal die Zellen an der Innenseite des Darms auch soge­nann­te ACE2-Rezeptoren auf­wei­sen – Proteine, die dem Virus als Andockstellen und „Türöffner“ in die Zelle dienen."

    Dieser Artikel basiert auf dem Aufsatz "SARS-CoV‑2 pro­duc­tively infects human gut ente­ro­cytes" von M.M.Lamers at al. im Science Magazine. https://​sci​ence​.sci​ence​mag​.org/​c​o​n​t​e​n​t​/​3​6​9​/​6​4​9​9​/50

    Dennoch ist ein­schrän­kend zu sagen, dass (Reste von) Coronaviren in den Exkrementen nicht not­wen­dirgwei­se eine Infektion des Darm bedeu­ten, son­dern im Zuge des natür­li­chen Ausscheidungsvorgang des Körpers auftreten.

    So mach­ten ver­schie­de­ne Städte/Kommunen schon (erfolg­rei­che) Experimente das Coronavirus (und ande­re Viren, Antibotika, ..) im Abwasser nachzuweisen:

    https://​duck​duck​go​.com/​?​q​=​C​o​r​o​n​a​+​A​b​w​a​s​s​e​r​&​t​=​c​a​n​o​n​i​c​a​l​&​i​a​=​web

    ————————

    @AA: Ihr Link oben an der Stelle
    "In einem Artikel "Abdominal-CT bei COVID-19-Patienten: Inzidenz, Indikationen und Befunde""…
    führt zu Deepl​.com . Es soll­te wohl aber auf die Veröffentlichung bei Springer führen:
    https://link.springer.com/article/10.1007/s00261-020–02747‑5

    1. "Es ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass da etwas dran ist. "

      Was bit­te soll wor­an dran sein?

      - Wir haben kein beson­de­res Krankheitsgeschehen: die Hausarztpraxen sind nicht überfüllt.

      - Wir haben kein beson­de­res, schwe­res Krankheitsgeschehen: die Krankhäuser sind nicht überfüllt.

      - Wir haben kein beson­de­res Infektionsgeschehen: das RKI-ARE-Sentinel zeigt nichts an.

      - Wir haben kei­ne beson­de­re Überlastung des Gesundheitssystems: die Intensivstationen sind nicht über­füllt oder in Gefahr über­füllt zu weden.

      Bitte, "Wachsam blei­ben", erklä­ren Sie mir doch was genau wor­an dran sei?

      Dass es Viren gibt die ver­schie­den­ste Organe angrei­fen kön­nen? Ja, da ist was dran. Das ist seit Jahrzehnten ärzt­li­ches Gemeinwissen.

      Aber ich fra­ge mich: ja und? Im aktu­el­len Kontext und als Diskussionspunkt für Nichtmediziner soll das jetzt genau wel­che Bedeutung haben?

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