Unter diese von ihm als alarmierend verstandene Überschrift stellt Joachim Müller-Jung am 7.11. einen Artikel in der FAZ. Vor genau einem Monat hatte er sich hervorgetan mit dieser Äußerung:
»Die Aufgabe des Wissenschaftsvermittlers und ‑kritikers muss also geradezu darin bestehen,… "andere Meinungen nicht zur Sprache kommen zu lassen."« (s. Wissenschafts-Blockwart bei der FAZ).
Heute schreibt er:
»Auf den ersten Blick scheint allen klar: Kinder und Jugendliche sind keine Risikogruppe, junge Erwachsene eingeschlossen.«
Was ihm diesen ersten Blick trübt, folgt später. Zunächst aber setzt er uns diese Lüge vor:
»Das hindert viele dennoch nicht, einen Strategiewechsel zu fordern: „Risikogruppen-Strategie“ heißt das jetzt. „Gesund“ und „jung“ sind dafür die entscheidenden Kriterien. Wer darunterfällt, steht außerhalb der Risikogruppen und soll befreit werden von rigiden Corona-Maßnahmen. Die Risikogruppen will man dagegen konsequent isolieren, wegsperren de facto, zumindest so lange es keine pharmazeutische Lösung gibt. Machbar? Wohl kaum, meinen nicht nur Virologen.«
Denn ganz im Gegenteil sind es Virologen wie Drosten, die von "Wegisolieren" sprechen, während kein einziger der KritikerInnen der "Maßnahmen" auch nur im Ansatz fordert, Risikogruppen "wegzusperren".
Völliger Unsinn ist die folgende Passage:
»Kinder und Jugendliche etwa sterben extrem selten an Covid-19, das Sterberisiko liegt aktuellen Studien zufolge in fast allen Ländern etwa im Bereich der Grippe-Sterblichkeit: Eins von zehntausend Kindern bis vierzehn Jahren stirbt durch Covid-19. Einer aktuellen Metastudie des Imperial College in London zufolge steigt danach länderübergreifend das Sterberisiko logarithmisch: alle acht zusätzlichen Lebensjahre verdoppelt sich jeweils das Letalitätsrisiko. Bei den Enddreißigern sterben zehnmal so viele an der Covid-Infektion, andere Ursachen scheiden auch da fast immer aus. Bei den Fünfzigjährigen steigt das Todesrisiko rasch auf das mehr als Vierzigfache und danach sogar noch sehr viel schneller.«
Ein "logarithmisches" Steigern ist Unsinn, wenn der Exponent nicht genannt wird. Auch seine Verdoppelungsberechnung geht nicht auf. 70-Jährige hätten damit ein Risiko von mehr als 100 Prozent zu versterben. Lebte M.-J. nicht in einer Blase, könnte er zur Kenntnis nehmen, was etwa der "Focus" am 26.10. unter der Überschrift "WHO-Studie zur Sterblichkeit: Covid-19 verursacht weniger Tote als vermutet" schrieb: "Im Schnitt sterben nur 0,23 Prozent der Corona-Infizierten".
Für bedrohlich hält der Autor dies:
»Immerhin, so sickerte eine neue Erzählung in den vergangenen Wochen in die täglichen Corona-Debatten, sei das Virus nicht mehr so gefährlich. Weniger Menschen würden sterben. Ein gefährlicher Trugschluss. Die beschleunigte Ausbreitung in der jüngeren Bevölkerung in den überalterten Industrieländern hat das Verhältnis von Neuinfektionen zu Todeszahlen verschoben, weil das Alter allein – und damit das schwächere Immunsystem – der wichtigste Risikofaktor bleibt. Doch der Anteil der Verstorbenen an den Infizierten ist nicht radikal eingebrochen. Er liegt in den hochentwickelten Ländern mit älterer Bevölkerung im Schnitt bei mehr als einem Prozent, in Ländern mit vorwiegend junger Bevölkerung bei einem Viertel Prozent – überall also weiterhin um ein Vielfaches über der Influenza.«
Dem faktenresistenten Schreiber hülfe wahrscheinlich auch nicht der Blick auf die aktuelle Grafik der Sterblichkeit von euromomo:
Vielleicht liese sich der ganze Hype erledigen indem solche Schreiberlinge und Apokalypse-Reiter weggesperrt würden.
Sehr "empfehlenswert" auch dieser Beitrag: https://www.haller-kreisblatt.de/region/22893146_Guetersloher-Arzt-stellt-Strafanzeige-wegen-Corona-Flyern.html
Ist es nicht schön praktisch, wenn man bei der Propagierung von Blockwart-Mentalität auch noch einen Arzt findet, der bei Gelegenheit gleich davon spricht, dass eine "Corona-Impfung nur flächendeckend sinnvoll" ist?
Hilfe! Wo geht es hier zum Ausgang?!
Dass man mit unverstanden/unverständlichem Mathe-Blabla ala "steigt danach länderübergreifend das Sterberisiko logarithmisch" eines Tages die Menschen so veräppeln könnte wie früher mit unverständlichem Kauderwelsch-Latein in der Kirche, hätte ich mir nie träumen lassen.
Dass einmal herbeigerechnete "Sterberisiken" ohne reale Tote die Menschen in Angst und Panik versetzen würden, ist ein Zeichen für den vollen Erfolg des "Bologna-Prozesses" und der PISA-Studien-gesteuerten "Bildungsreform".