Noch ein Glückwunsch: Fredrik Vahle ist am 24.6. 80 Jahre alt geworden

»Kinderliedermacher Fredrik Vahle ist als Querdenker bekannt«. So über­schrieb die "Saarbrücker Zeitung" 2008 einen Artikel über den in den sieb­zi­ger Jahren legen­dä­ren pro­mo­vier­ten und habi­li­tier­ten "win­di­gen Genossen, der mit dem Heine in der Tasche, der Gitarre unter dem Arm bei den Griechen rum­hing", wie er sich selbst beschreibt.

Dabei kann Vahle mit­nich­ten ver­ein­nahmt wer­den für das, was seit eini­ger Zeit undif­fe­ren­ziert die Querdenkerszene genannt wird. Von dem wider­stän­di­gen Sänger, der immer und gern noch vor Kindern auf­tritt, sind aber auch, anders als von man­chen Wegbegleitern, kei­ne dif­fa­mie­ren­den Töne bekannt.

Eine der für mich schön­sten Stellen aus einem Interview des "Tagesspiegel" vom 22.6. ist diese:

»Mir scheint, Annalena Baerbock macht weder eine grü­ne noch eine femi­ni­sti­sche Außenpolitik. Ihre mili­tär­stra­te­gi­schen Ansichten hal­te ich für durch und durch männ­lich. Und wenn dazu noch femi­ni­sti­sche Frauen applau­die­ren, weiß ich nicht, ist das Witz oder Wahrheit?«

Zuvor hat­te er zum 100-Milliarden-Rüstungsprogramm ausgeführt:

»Mich hat die­se Entscheidung beäng­stigt. Aufrüstung bringt uns dem Frieden nicht näher…

Überhaupt hab’ ich nie das Gefühl gehabt, in Zeiten des Friedens zu leben. Es gab den Vietnamkrieg, den Irakkrieg, es gab den Krieg auf dem Balkan und vie­le mehr. Auch die Kriege, die weit weg sind, machen mich betrof­fen. Vor Kurzem trat ich vor ukrai­ni­schen Flüchtlingen auf. Im Gespräch habe ich gemerkt, wie wich­tig bestimm­te Lieder von mir sind und wie ich die jetzt in die­sen neu­en Kontext ein­brin­gen kann. Plötzlich stößt mein „Friedensmaler“, das Liederbuch aus dem Kalten Krieg, wie­der auf Interesse.«

Aus einem Renner von 1973 wird eine Passage zitiert, zu der er sehr sym­pa­thisch Stellung nimmt:

»„Oft macht das Reiten Mühe / Jim hütet 100 Kühe / Dann kommt er oft in Schweiß / Und ruft ,Ach was’n Scheiß‘“.
Ja, da fehl­te der GeGruWi.

Der was?
Der gesell­schaft­li­che Grundwiderspruch. Kinderlieder muss­ten damals poli­tisch sein. Und der gesell­schaft­li­che Grundwiderspruch, also der zwi­schen Lohnarbeit und Kapital, muss­te irgend­wie drin vorkommen.

Was haben Sie sich dabei gedacht, den ein­fach wegzulassen?
Um die zu ärgern, habe ich tüch­tig Lieder geschrie­ben, die nicht so poli­tisch waren. Wenn man Musik für Kinder macht, soll­te man ver­mei­den, sich einen bun­ten Hut auf­zu­set­zen und beleh­rend auf die Kinder ein­zu­wir­ken.«
tages​spie​gel​.de (22.6., Bezahlschranke)

Dabei hat­ten sei­ne Lieder durch­aus Brisanz. Auf faz​.net ist am 24.6. in einer Würdigung zu lesen:

»Wovon er sang, hät­te eine Kindergärtnerin in Marburg, Jahre spä­ter fast den Job geko­stet: „Rote Laus im Kindergartenpelz“ hat­te die Lokalzeitung geti­telt, nach­dem ein von ihr orga­ni­sier­tes Konzert für Kleine sogar das Stadtparlament beschäf­tigt hat­te. Das Arbeitsgericht kas­sier­te die Kündigung.«

Ich wer­fe Fredrik Vahle nicht vor, daß er sein Lebenswissen nicht auf die Corona-Politik ange­wen­det hat. Dafür haben ich und mei­ne Töchter ihm zu viel zu verdanken.

"Die Rübe" dürf­te eines der Lieder sein, das nach­hal­ti­gen Einfluß auf west­deut­sche Kindergärten hat­te. Vahle sang es 1973 mit Christiane Knauf:
Quelle: you​tube​.com

7 Antworten auf „Noch ein Glückwunsch: Fredrik Vahle ist am 24.6. 80 Jahre alt geworden“

  1. »Mir scheint, Annalena Baerbock macht weder eine grü­ne noch eine femi­ni­sti­sche Außenpolitik. Ihre mili­tär­stra­te­gi­schen Ansichten hal­te ich für durch und durch männ­lich. Und wenn dazu noch femi­ni­sti­sche Frauen applau­die­ren, weiß ich nicht, ist das Witz oder Wahrheit?«

    Herzlichen Glückwunsch Fredrik Vahle zum Ehrentag und zum Lebenswerk!

    Dem oliv­grü­nen Zeitgeist ent­spre­chend in poli­tisch kor­rek­ter Sprache als Antwort ein abge­wan­del­tes berühm­tes Zitat eines sozi­al­kri­ti­schen Autors;

    Unfähige, unehr­li­che Bürger:innen wer­den unfä­hi­ge, unehr­li­che Führer:innen wählen.

    Wie George Carlin sagte;
    "Incompetent, disho­nest peo­p­le will elect incom­pe­tent, disho­nest leaders."

  2. Von weib­li­chen Politikern Friedensliebe zu erwar­ten, ist ein Irrtum. In Geschichte und Gegenwart gibt es genug Beispiel von Frauen, die unbe­dingt unter Beweis stel­len wol­len, dass sie min­de­stens eben­so hart und här­ter sein kön­nen als Männer, jeden­falls so, wie sie sich Männer vor­stel­len und alles natür­lich in der Theorie. Nichts wäre für sie schlim­mer, als für weib­lich (= weich und gefüh­lig) gehal­ten zu wer­den. Aus dem­sel­ben Grund wohl sind auch Humor und Ironie aus der par­la­men­ta­ri­schen Debatte ver­schwun­den – was der Wahrheitsfindung sicher abträg­lich ist.

    1. Sie haben aber "Arsch in der Hose". Sie haben natür­lich Recht. Aber seien'se bloss vor­sich­tig. Bestimmte Direktheiten zur weib­li­chen Aggression wer­den gar nicht ger­ne ver­nom­men, vor allem unter den Frauen! Je objek­ti­ver man es betrach­tet (betrach­ten kann) desto gerin­ger sind die Unterschiede.

  3. Kam heu­te mor­gen auch in der Sendung: "Denk ich an Deutschland"
    in der Künstler sich über ihre Gedanken zu Deutschland äußern. Fredrik Vahle macht sich Sorgen über die jun­gen Leute die zu Aufrüstung applau­die­ren. So mini klei­ne Lichtblicke gibt es auch im DLF. Leider ist es nicht nachhörbar.

  4. Trotzdem scha­de, dass wir Künstler eigent­lich schon dafür loben müs­sen, wenig­stens zu Corona bzw. Impfung geschwie­gen zu haben. Also zumin­dest nicht nega­tiv auf­ge­fal­len zu sein.

    Man hät­te sich doch von vie­len mehr erhofft.

  5. "Die Rübe" war für mich immer ein Symbol dafür, dass man viel Zeit ver­schwen­den und irr­sin­nig vie­le Leute beschäf­ti­gen kann, statt ein­fach einen Spaten als Hilfsmittel zu benut­zen. Das Lied war nicht für die Kinder von Nutzgartenbesitzern geeignet. 😉
    Das ändert aber nichts dar­an, dass sei­ne Äußerungen sym­pa­thisch sind.

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