Doch, es gab andere Stimmen

Es ist eine belieb­te Attitüde der poli­ti­schen EntscheiderInnen, auf Lernprozesse der Wissenschaft zu ver­wei­sen. Im März habe man wenig gewußt, inzwi­schen lägen auch der Virologie ganz neue Erkenntnisse vor. Letzteres ist sicher rich­tig. Dennoch stellt sich bei­spiels­wei­se bezo­gen auf die Infektiosität von Kindern die Frage, war­um ein­zig auf einen Experten gehört wur­de, des­sen Aussagen sich nicht erst heu­te als falsch und womög­lich bewußt so ver­brei­tet herausstellen.

Am 18.3. war von Professor Ulf Dittmer, dem Leiter des Instituts für Virologie am Essener Uni-Klinikum zu hören:

»Am wenig­sten haben Kinder zu befürch­ten. Kinder, die in einem Umfeld mit infi­zier­ten Erwachsenen leben, waren teil­wei­se gar nicht infi­ziert. Es hat nur ganz weni­ge schwe­re Verläufe bei Kindern gege­ben, selbst in China.«

Und auch dies:

»Wir haben poli­tisch ent­schie­den, dass wir ver­su­chen wol­len, das Virus so lan­ge wie mög­lich auf­zu­hal­ten. Bei Influenza, die nicht weni­ger gefähr­lich ist, ent­schei­den wir das nicht so.«

Fünfzig hier sind nicht wie fünfzig dort. Das Akzeptanzproblem

Das ist der Titel eines Artikels in der Sonntags-FAZ vom 18.10. über die berüch­tig­ten Grenzwerte für Risikogebiete. Dort ist zu lesen:

»Wäre es nach Kanzleramtsminister Helge Braun gegan­gen, wäre die Fünfzig eine 35 gewe­sen. Als der Bund und die Länder im Mai den Grenzwert fest­leg­ten, sag­te Braun, dass ab einem Wert von 35 die Gesundheitsämter über­for­dert sei­en. Schafft es das Gesundheitsamt näm­lich nicht, alle zu war­nen, die mit einem Infizierten engen Kontakt hat­ten, ver­brei­tet sich das Virus unge­bremst. Es ging bei der Fünfzig nicht um die Auslastung der Intensivbetten, so wie im Frühjahr. Es ging allein dar­um, wie vie­le Leute das Gesundheitsamt in einer Woche war­nen kann. Ob sich also in jeder Stadt noch ein paar Dutzend Beamte, Studenten oder Soldaten fin­den, die den gan­zen Tag lang Telefonnummern wäh­len und Leuten sagen kön­nen, dass sie viel­leicht Corona haben.«

Der Autor gibt zu bedenken:

»Jede Nachverfolgung ist anders. Manche Infizierte haben vie­le Kontaktpersonen, ande­re weni­ger. Manche Telefonate dau­ern län­ger, bei ande­ren wird ein Dolmetscher gebraucht.«

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Guter Rat von Frau Klöckner

»Wenn jeder nor­mal ein­kauft, steht man auch selbst nicht irgend­wann vor lee­ren Regalen.« So wird die Landwirtschaftsministerin in der Sonntags-FAZ zitiert. Denn

»"Für Hamsterkäufe gibt es kei­nen Grund"
Zu kei­ner Zeit in der Pandemie sei die Lebensmittelversorgung in Deutschland gefähr­det gewe­sen. "Wer hor­tet, han­delt nicht nur unlo­gisch, son­dern auch unso­li­da­risch. Und am Ende lan­det vie­les in der Tonne."
Hintergrund ist, dass gro­ße Supermarktketten wie Aldi und Edeka über eine stei­gen­de Nachfrage nach bestimm­ten Produkten ähn­lich wie im Frühjahr berich­ten. In sozia­len Netzwerken machen zudem Fotos von sich lee­ren­den Regalen mit Toilettenpapier die Runde. Am Freitag hat­te schon Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) gesagt, die Verbraucher müss­ten sich kei­ne Sorgen machen.«

Nun hat die Bundesregierung nicht nur "Corona-LeugnerInnen", "MaskenverweigerInnen" und Menschen, die "nicht mit Gesundheitsämtern koope­rie­ren" am Hals, nicht nur Parties und Hochzeiten unver­ant­wort­li­cher BürgerInnen, son­dern auch noch unso­li­da­ri­sche KonsumentInnen. Es ist schlimm.

Pandemie und CommonPass – Henne oder Ei?

aero​.de Luftfahrtnachrichten trägt zur Beantwortung bei. Wir erfah­ren dort, daß die "Non-Profit-Organisation Commons Project mit­hil­fe des Welt­wirtschafts­forums" einen CommonPass entwickelt.

»Reisende könn­ten damit ihren Gesundheits- und Impfstatus beim Boarding oder bei der Einreise auf ihrem Smartphone vor­zei­gen. Gespeichert wären etwa Coronavirus-Testergebnisse oder eine vor­han­de­ne Impfung gegen das Virus.

Zur Idee des "CommonPass" gehört auch, dass welt­wei­te Standards für Tests und ent­spre­chen­de Labore eta­bliert wür­den – mit dem Ziel, das Vertrauen der Regierungen dafür zu gewin­nen.«

Wer sind die­se Gutmenschen, die Standards set­zen wol­len und dafür "das Vertrauen der Regierungen" gewin­nen wol­len? Und wem noch mal nützt die­ser "Pass"?

»"The Commons Project" ist eine Non-Profit-Organisation, die sich aus IT-Fachleuten, Unternehmern, Künstlern, ehe­ma­li­gen Regierungs­mitarbeitern und vie­len wei­te­ren zusam­men­setzt. Gegründet mit Hilfe der Rockefeller Stiftung hat es sich die Organisation eige­nen Angaben zufol­ge zur Aufgabe gemacht, digi­ta­le und neue Technologien zum Wohl der Menschen welt­weit zu ent­wickeln und einzusetzen.«

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Berliner Senat begreift es einfach nicht

Allerorten wer­den die dümm­sten Vorschriften von Gerichten gekippt und zuneh­mend von BürgerInnen igno­riert. Das hin­dert den Berliner Senat nicht, immer noch einen drauf zu set­zen. War er im August kra­chend mit Demonstrationsverboten geschei­tert und hat­te gera­de in Sachen Sperrstunde auch in zwei­ter Instanz eine Niederlage ein­stecken müs­sen, plant er jetzt die bereits ach­te Änderungsverordnung sei­ner Infektionsschutz­verordnung. Der Tagesspiegel mel­de­te am 16.10:

»Ab näch­ster Woche dür­fen sich laut des Papiers maxi­mal fünf Personen gemein­sam im öffent­li­chen Raum auf­hal­ten – oder meh­re­re Angehörige zwei­er Haushalte. Bislang galt die­se Regel nur für die Zeit zwi­schen 23 Uhr und sechs Uhr mor­gens. Die Zeitbegrenzung wur­de jetzt gestrichen.…

Weiterhin mög­lich sein sol­len auch pri­va­te Veranstaltungen und Feiern bis zu 50 Personen im Freien und bis zu zehn Personen in geschlos­se­nen Räumen, wenn ein Hygienekonzept vor­liegt und eine Anwesenheitsdokumentation geführt wird…

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Island. Ende einer Corona-Erfolgsgeschichte?

So – aller­dings ohne Fragezeichen – lau­tet der Titel eines Artikels vom 17.10. auf welt​.de.

»Island galt lan­ge als Vorbild bei der Eindämmung der Corona-Pandemie. Nun bewegt sich die Infektionsrate aber auf dem Niveau von schwer betrof­fe­nen Ländern wie Frankreich und Großbritannien…

In den ver­gan­ge­nen drei Wochen erleb­te der Inselstaat einen rasan­ten Anstieg von Neuinfektionen. Im Vergleich zu ande­ren Ländern schei­nen die Zahlen abso­lut gese­hen klein. Setzt man sie jedoch ins Verhältnis zu den 364.000 Einwohnern, dann steht der Inselstaat ganz weit oben auf der Liste der beson­ders betrof­fe­nen euro­päi­schen Länder – und weit vor sei­nen näch­sten Nachbarn in Nordeuropa.…

Tatsächlich hat das Land im lau­fen­den Monat Oktober eine Rate von 269 Tests pro 1000 Einwohner – so viel wie wohl kein ande­res Land.«

Dazu gibt es furcht­erre­gen­de Grafiken. Mit 3.998 "Fällen" laut Johns Hopkins Universität gibt es bei der ange­ge­be­nen Zahl von 364.000 EinwohnerInnen damit in der Tat 110 Fälle pro 10.000 Ew. Im Artikel nicht genannt wird die Zahl der "an und mit Corona Verstorbenen". Das sind 11 und damit 30 pro 1 Million Ew. Die 9.776 Toten für Deutschland ent­spre­chen einer Zahl von 117 pro 1 Million Ew.

Regierungssprecherin sucht "Sprachregelung" zu Drosten

Gähnende Leere herrsch­te in der Bundespressekonferenz vom 16.10. Nur ver­ein­zel­te JournalistInnen woll­ten hören, was deut­lich mehr MinisterialbeamtInnen auf dem Podium u.a. zur Corona-Lage zu sagen hatten.

Interessant war die Verunsicherung der Sprecherin der Bundesregierung bei der Frage, war­um Christian Drosten nicht zu dem Treffen mit der Kanzlerin und den MinisterpräsidentInnen ein­ge­la­den war. Sie muß­te nach der "Sprachregelung" suchen.

Quelle: deutsch​.rt​.com (ca. Min. 33).

Christian, wie wäre es mal mit "Sorry"?

Das war eine Schlagzeile auf rnd​.de vom 30.4.:

»Drosten-Studie: Kinder sind genau­so infek­ti­ös wie Erwachsene
Der Virologe Christian Drosten und sein Team der Berliner Charité haben eine neue Studie ver­öf­fent­licht. Darin machen der Virologe und sein Team deut­lich, dass Kinder genau­so leicht das Coronavirus über­tra­gen kön­nen wie Erwachsene. Eine unbe­grenz­te Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten sei des­halb zur­zeit nicht ratsam.«

So kam es dann auch. Kita- und Schulleitungen waren im Dauereinsatz, um ihre "Hygienekonzepte" stän­dig wech­seln­den Anforderungen anzu­pas­sen. Inzwischen liegt der aktu­el­le Monatsbericht des Deutschen Jugendinstituts und des RKI vor. Dort wird für den beob­ach­te­ten Zeitraum vom 10. August bis 4. Oktober 2020 konstatiert:

»Einen tat­säch­lich bestä­tig­ten Infektionsfall bei Kindern, Beschäftigten oder Eltern berich­ten nur maxi­mal 1 Prozent der Einrichtungen pro Woche

Seit den Kalenderwochen 33/34 nimmt die Anzahl an COVID-19-Meldefällen in der Altersgruppe null bis fünf Jahre wie­der ab. Aktuell betref­fen drei Prozent der COVID-19-Fälle die­se Altersgruppe. Dies ist weni­ger, als dem Anteil der Null- bis Fünfjährigen in der Gesamtbevölkerung ent­spricht (= sechs Prozent). Das heißt, dass in die­ser Altersgruppe antei­lig weni­ger Fälle gemel­det wer­den als in ande­ren Altersgruppen.«

Noch im Podcast vom 24.6. hat­te Drosten erklärt (nur für die Harten):

„Christian, wie wäre es mal mit "Sorry"?“ weiterlesen