Paradoxe Intervention

Auf mul​ti​po​lar​-maga​zin​.de erscheint heu­te ein Beitrag ("Schwarze Wahrheiten") mit einem ver­blüf­fen­den Taktik-Vorschlag für "Corona-Gegner":

"… Schwarze Wahrheiten sind Übertreibungen, die ihr Objekt so voll­stän­dig beja­hen, dass es dadurch zer­stört wird…

Was bedeu­tet das für die aktu­el­len Demos gegen den Corona-Ausnahmezustand? Um in der gro­ßen Breite wirk­sam zu wer­den, dür­fen die Proteste nicht die Maßnahmen kri­ti­sie­ren – das ist es, was alle erwar­ten –, son­dern sie müs­sen die Maßnahmen eksta­tisch beja­hen. Das wider­spricht dem her­kömm­li­chen Diskurs voll­kom­men. Die Demonstranten müs­sen Regierung, Polizei, Medien und Gegendemonstranten auf deren eige­nem Gebiet noch weit über­tref­fen. Ihre Forderungen müs­sen viel här­ter sein, absurd här­ter. Und das muss auch sicht­bar werden.

Die grund­sätz­li­che Logik lau­tet: Die Polizei for­dert Masken? Okay, kön­nen sie haben! Alle Demonstranten tra­gen schwar­ze Masken. Nicht nur im Laufen, nein auch im Sitzen. Die gan­ze Zeit. Wenn wir vor Gericht dage­gen kla­gen, dann weil die Auflagen der Polizei viel zu lasch sind. Wir kla­gen für här­te­re Auflagen. Wir sind noch viel extre­mer als die Gegenseite und spie­geln damit ihren Extremismus. Die Regierung for­dert Masken beim Einkaufen? Wir for­dern Masken beim Essen! Sie for­dern Masken an der fri­schen Luft? Lächerlich! Wir for­dern Masken auch im Bett!

Nehmt den Herrschenden das Herrschaftssymbol

Die Maske ist sach­lich nicht der ein­zi­ge Streitpunkt, sie ist noch nicht mal der wich­tig­ste. Aber sie ist das gut sicht­ba­re poli­ti­sche Symbol die­ses Konflikts. Bislang ist sie jedoch das Symbol der Herrschenden. Die Protestbewegung muss es den Herrschenden weg­neh­men. Die Maske muss das neue Symbol der Demos wer­den. Und zwar das einzige.

Hier ver­bin­den sich schwar­ze Wahrheiten und effek­ti­ve Medien­strategien. Die Demo-Organisatoren kön­nen krea­tiv wer­den: Bedruckt wei­ße T‑Shirts ein­heit­lich mit dem Symbol der schwar­zen Maske. Groß und gut sicht­bar. Eine vorn, eine hin­ten. Mehr nicht. Verteilt die T‑Shirts an alle Demo-Teilnehmer, gebt ihnen dazu schwar­ze Mund-Nase-Bedeckungen zum Aufsetzen. Diese absur­de Uniformität macht visu­ell Eindruck: Sie erhöht nicht nur das media­le Interesse, sie ist zugleich die Botschaft.

Haltet die Abstände über­deut­lich ein und mar­schiert dis­zi­pli­niert und mono­ton wie eine Armee trau­ri­ger Corona-Zombies durch die Stadt. Die unaus­ge­spro­che­ne Botschaft nach außen ist ein­deu­tig: Seht her, so sieht die Zukunft mit euren Corona-Regeln aus.

Schwarze Wahrheiten sind als phi­lo­so­phi­sches Mittel ver­wandt mit dem schwar­zen Humor. Nur sind sie nicht lustig. Proteste gegen die Corona-Maßnahmen sind eben nicht lustig. Es geht hier gegen eine Horrorversion der nahen Zukunft, gegen eine ech­te Dystopie. Das ist es, was in die Köpfe der Bevölkerungsmehrheit muss. Verändert ihre Bilder im Kopf…

Ja, her­kömm­li­che Demonstrationen und Kundgebungen sind ein Mittel, bei dem sich Protestierende ihrer selbst ver­ge­wis­sern kön­nen. Sie tref­fen Gleichgesinnte, ver­net­zen sich und kön­nen mit Rufen und Applaus ein wenig Dampf ablas­sen. Für vie­le Teilnehmer sind Demonstrationen schö­ne, mut­ma­chen­de Ereignisse. Doch Organisatoren und Teilnehmer müs­sen sich im Klaren sein, dass sie gesell­schaft­lich nur dann erfolg­reich sind, wenn sie nicht für ihre "In-Group" demon­strie­ren, son­dern dafür, mit den eige­nen poli­ti­schen Botschaften mög­lichst vie­le Leute der "Out-Group" zu errei­chen. Das geht nur über die Außenwirkung und die wird vor allem defi­niert über die eta­blier­ten Medien.

Wie die­se Medien ticken, war beim Umgang mit den Protesten in den ver­gan­ge­nen Monaten zu stu­die­ren. Die Demo-Organisatoren soll­ten dar­aus ler­nen und kei­ne Schwachstellen mehr anbie­ten. So braucht es zum Beispiel kei­ne auf­klä­ren­den Reden mehr, kei­ne Kundgebungen. Dafür sind die Videoportale im Internet viel bes­se­re Plattformen. So sach­lich die Reden auch sind, damit über­zeugt man im Format einer Straßenkundgebung nur weni­ge. Die Demonstranten sind bereits über­zeugt, für die Gegner haben die Redeinhalte aus­schließ­lich Wert als dis­kre­di­tie­ren­de Munition. Außerdem bie­ten Ansprachen die Möglichkeit, den jewei­li­gen Redner als Führungsfigur des Protests her­aus­zu­he­ben und öffent­lich fertigzumachen.

Die murmelnde Zombie-Truppe

Verzichtet auf die Reden. Verzichtet auf Gesichter. Nutzt statt­des­sen auch hier schwar­ze Wahrheiten. Baut bei den Kundgebungen eine Bühne auf, aber stellt nie­man­den dar­auf. Hängt statt­des­sen ein rie­si­ges Transparent vor die Bühne mit dem Symbol der schwar­zen Maske. Alle star­ren es nur an. Keine fünf Stunden Kundgebung, son­dern 30 Minuten Schweigen. Seid kreativ.

Alternativ könn­te auf dem Transparent auch das Gesicht des "Großen Bruders" aus der Verfilmung von George Orwells "1984" pran­gen. Vielleicht auch des­sen Gesicht mit Maske. Parallel könn­ten laut vom Band die bekann­ten Parolen der Maskenbefürworter lau­fen, die von den Demonstranten im Chor und mono­ton nach­ge­spro­chen wer­den. "Die Maske ist unser Freund", "Das Virus lau­ert über­all", "Die Maske schützt uns vor Corona", "Schützen Sie sich und ande­re". Und die Masken-Armee betet die Parolen nach. Immer wieder.

Diese Sprüche könn­ten ver­mischt wer­den mit extre­me­ren Botschaften der Zukunft: "Maskenverweigerer ins Gefängnis", "Alle Menschen sind gefähr­lich", "Zutritt nur mit Impfung", "Es gibt kein Recht auf Freiheit", "Jeder muss die Spritze krie­gen." So man­chem Gegner, Passanten und Mediennutzer wür­de es wie Schuppen von den Augen fal­len oder zumin­dest kalt den Rücken herunterlaufen…

Die Polizei könn­te nie­man­den mehr abfüh­ren oder gar Demos auf­lö­sen, weil sich alle peni­bel an die Regeln hal­ten. Wenn die Polizei einen Demozug trotz­dem blockiert, ist das irrele­vant. Eine ste­hen­de Demo ist nichts ande­res als eine Kundgebung. Die Botschaft wirkt durch Anwesenheit. Ja, die Polizei könn­te die Demo-Auflagen ver­schär­fen. Den Demonstranten scha­den könn­te sie damit aber nicht. Immer her damit. Die Kritiker unter­stüt­zen jede Verschärfung. Je här­ter die Regeln, desto glaub­haf­ter wer­den die Demonstranten in der Öffentlichkeit. Und das ist das Letzte, was die Gewalten wol­len. Die Polizei wäre zur Passivität verdammt.

Die Medien wür­den sol­che Demonstrationen ver­mut­lich als "bizar­res Theater" beschrei­ben, könn­ten aber nicht nach­voll­zieh­bar erklä­ren, wie­so. Die Kritiker tun doch genau das, was die verantwortungs­bewussten Journalisten immer for­der­ten. Die Demonstranten reden kei­nen Unsinn mehr, hal­ten Abstände ein und tra­gen Masken. Die Medien müss­ten bei sol­chen Berichten auf jeden Fall immer Bilder von den Veranstaltungen zei­gen – ohne Bilder geht es heu­te nicht – und wür­den auf die­se Weise, ohne es zu wol­len, genau die dys­to­pi­sche Botschaft der Kritiker transportieren.

Ignorieren könn­ten sie die Veranstaltungen nicht, da Medien gera­de von bild­star­ken, bizar­ren Ereignissen ange­zo­gen wer­den wie Motten vom Licht. Den Journalisten böten sich dabei jedoch kei­ne Angriffsflächen mehr – kei­ne ein­zel­nen Köpfe, kei­ne zwei­deu­ti­gen Zitate, kei­ne komi­schen Fahnen, kei­ne unver­ant­wort­li­chen Leute. Interviews geben die Demonstranten aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht. Interviews sind – wie alle ande­ren Gespräche auch – in der neu­en Normalität schließ­lich "unhy­gie­nisch", das soll­te doch end­lich in die Köpfe der Journalisten.«

3 Antworten auf „Paradoxe Intervention“

  1. Ich lach mich weg: das wird lustig, wenn 1,3 Millionen oder Trillarden quer­den­ker nach einer Minute unter der Maske kol­la­bie­ren, so wie Bodo Schiffmann das ja ein­drucks­voll auf der Münchener Bühne demon­striert hat – abge­se­hen davon, dass die mei­sten von ihnen ja ein Attest haben und die Maske gar nicht tra­gen dür­fen – und das Kohlenmonoxid ver­ne­belt ihnen dann zusätz­lich das Hirn. Eigentlich komisch: die Querdenker ver­trau­en doch so sehr auf ihr gesun­des Immunsystem und kol­la­bie­ren, weil sie eine Maske tra­gen, fin­de ich echt sehr komisch!

  2. Naja, noch wir­kungs­vol­ler wäre es doch, wenn die Demonstranten sich mit Stracheldrahtpeitschen gei­seln wür­den – oder wenig­stens sich regel­mä­ßig mit einem Brett aufs Hirn schla­gen (ala Monty Python Filmchen). Der Gag "Bringt eue­re Toten her­aus" wur­de ja in Landshut schon inszeniert …

    Na im ernst. Ich wür­de als Demonstrant so einen Schieht nicht mit­ma­chen. Vielleicht kön­nen sich die Ideengeber ja ein paar Statisten von den Extinction Rebells ausleihen?

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