Plagiatsvorwurf gegen Corona-Experten Niki Popper

»Simulationsforscher Niki Popper erlang­te wäh­rend der Corona-Pandemie gro­ße Bekanntheit. Er gehört zusam­men mit zahl­rei­chen ande­ren Experten der Gecko-Krisenkoordination an, die Ende 2021 gegrün­det wur­de, um das Pandemiemanagement in Österreich zu verbessern.

Nun ist der Wissenschaftler aber mit einem Plagiatsvorwurf kon­fron­tiert…«

So wie hier auf msn​.com lau­ten am 9.1.23 Berichte vor allem in öster­rei­chi­schen Medien. Pikant ist nicht nur, daß es hier gegen die Austria-Variante von Priese- und Brockmann geht, son­dern daß die Vorwürfe von Stefan Weber kom­men. Der "Plagiatjäger" ist näm­lich der Gegner von Markus Kühbacher im Verfahren um die Doktorarbeit von Christian Drosten (s.u.).

Auf der Seite pla​gi​ats​gut​ach​ten​.com von Weber heißt es zu Popper:

»Diplomarbeit von Simulationsforscher Niki Popper: Fast die Hälfte des Fließtextes aus dem Internet plagiiert

Die Diplomarbeit „Simulation of the Respiratory System: Compartment Modelling and Modelling of Perfusion“ vom spä­ter durch das Coronavirus öster­reich­weit bekannt gewor­de­nen Simulationsforscher Niki Popper, ange­nom­men im Jahr 2001 an der TU Wien, ent­hält zahl­rei­che 1:1‑Plagiate aus dem Internet auf über 30 Seiten. Die Arbeit han­delt von ver­schie­de­nen Modellen zur Simulation der mensch­li­chen Atmung.

Dazu ist zu bemerken:

1. Notorisches Wissen (d.h. im Fach all­ge­mein bekann­tes Wissen) muss nicht zitiert wer­den. Daraus folgt jedoch kei­nes­falls, dass es aus dem Internet in die Abschlussarbeit hin­ein­ko­piert wer­den darf. Vielmehr stellt die­se mög­li­che Auslegung der Norm ein weit ver­brei­te­tes Missverständnis dar, und viel­leicht auch ein zu Teilen gedul­de­tes Übel in der öster­rei­chi­schen Universitätslandschaft.

2. Direkte Zitate unter Anführungszeichen kom­men in der Mathematik und Informatik so gut wie nie vor. Aber auch dar­aus folgt kei­nes­falls, dass des­halb in der Mathematik und Informatik mit Copy/Paste ohne Quellenverweise (refe­ren­ces) gear­bei­tet wer­den darf. Selbst der tole­ran­te­ste Zitierleitfaden der Mathematik nor­miert eine Quellenangabe zu Beginn einer Ausführung bei nahe­zu iden­ti­schen Übernahmen.

In allen fol­gen­den Beispielen aus der Diplomarbeit von Niki Popper feh­len Quellenangaben völ­lig. Es wur­den sim­pel Texte aus Webquellen wie etwa die­ser (Lawrence, 1999) in die Diplomarbeit hin­ein­ko­piert, 1:1. Damit ist der Tatbestand des Plagiats erfüllt. Grafiken und Abbildungen wur­den in der gesam­ten Arbeit nicht belegt.

Meine Hypothese ist seit lan­gem, dass es um die Jahrtausendwende zu einer „Blüte des Plagiatswesens“ kam. Die Universitäten hat­ten noch kei­ne Softwaresysteme zur Verfügung, „Nachgoogeln“ begann sich gera­de erst durch­zu­set­zen. Die Studierenden nutz­ten ihren Vorsprung aus und füll­ten die Seiten ihrer Abschlussarbeiten schnell und effi­zi­ent mit der Copy-Paste-Methode.

Über die Inhalte und die Eigenleistung in der Diplomarbeit kann man wenig sagen, da ja nun der Verdacht besteht, dass vie­les, wenn nicht alles abge­schrie­ben wur­de.«

Es folgt die Dokumentation von 30 bis­lang gefun­de­nen "Plagiatsfragmenten".


Kühbacher ./. Weber

Zu die­sem sich seit lan­gem hin­zie­hen­den Verfahren wur­de hier eini­ge Male infor­miert. Ein für den Februar ange­setz­ter Verhandlungs-Termin wur­de erneut ver­scho­ben, wie Herr Kühbacher mitteilt.

Für die­je­ni­gen, die Provokationen und juri­sti­sche Finessen mögen, hier eine Nachricht Kühbachers an Weber vom 6. Januar 2023:

»Von: "Dr. rer. nat. Markus Kuehbacher" <kuehbacher@t‑online.de>

Datum: 6. Januar 2023 um 21:59:37 MEZ
An: Stefan Weber […]
Kopie: […] Christian Drosten […]
Betreff: Causa Drosten – hier: Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart

Sehr geehr­ter Herr Doz. Dr. Weber,

Bezug neh­mend auf unse­re jüng­ste E‑Mail-Konversation bit­te ich um Hinweis, ob Sie sich wei­ter­hin an einer auf Tatsachen basie­ren­den Aufklärung in der Causa Drosten ver­wei­gern wol­len oder ob Sie inzwi­schen bereit sind, den Wahrheitsgehalt der Presseerklärung der Goethe-Universität Frankfurt a. M. vom 15.10.2020 mit der gebo­te­nen Ernsthaftigkeit zu hin­ter­fra­gen. Letzteres wäre die Voraussetzung für einen mög­li­chen Vergleich zwi­schen uns.

Sollte ich bis kom­men­den Mittwoch, 12:00 Uhr nichts mehr von Ihnen hören, wer­de ich vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. Klage gegen die Goethe-Universität Frankfurt a. M. wegen der Presserklärung ein­rei­chen und Herrn Drosten zur Nebenintervention gemäß § 66 ZPO in dem zwi­schen uns geführ­ten Rechtsstreit auf­for­dern. Die Einigung auf einen Vergleich mit Ihnen hal­te ich dann für aus­ge­schlos­sen. Dann wer­de ich Ihnen und Ihrem Prozessvertreter eben­falls öffent­lich vor­wer­fen, dass Sie Herrn Drosten wis­sent­lich vor Strafverfolgung schüt­zen, da Ihnen bei­den ja sowohl die Tatsache, dass die mono­gra­phi­sche Dissertation von Herrn Drosten nicht bin­nen der Frist ver­öf­fent­licht wur­de, wel­che in der für das Promotionsverfahren maß­geb­li­chen Promotionsordnung vor­ge­schrie­ben war, als auch die sich hier­aus zwin­gend erge­ben­den Rechtsfolgen hin­rei­chend bekannt sind.

Ihrem Anwalt dürf­te hof­fent­lich klar sein, dass es hier dann nicht mehr um die Abgrenzung zwi­schen einer ver­meint­li­chen Meinungsäußerung und einer Tatsachenbehauptung eines renom­mier­ten Gutachters aus Salzburg geht, son­dern um den hin­rei­chend sub­stan­ti­iert dar­ge­legt und begrün­de­ten Vorwurf der Strafvereitelung nach § 258 StGB.

Mit freund­li­chen Grüßen
Markus Kühbacher
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Dipl.-Ing. Dr. rer. nat. Markus Kühbacher
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9 Antworten auf „Plagiatsvorwurf gegen Corona-Experten Niki Popper“

  1. Frage: kann man irgend­wo die Diplomarbeit kom­plett herunterladen?

    Ich sehe näm­lich in den über die Links im Blog ein­seh­ba­ren Textauszügen weder einen Bezug zu Mathematik noch irgend­ein eige­nes Ergebnis. Für mich lesen sie sich wie Wiedergaben von Standardwissen (nicht aus dem Bereich der Mathematik, son­dern der Physiologie) 

    Ob das aus Lehrbüchern, aus Übersichtartikeln irgend­ei­ner Koryphäe oder per Copy/Paste aus dem Internet über­nom­men ist, ist zweit­ran­gig, wenn man sich ein Bild vom Qualitätsstandard der Diplom- oder auch Doktorarbeiten an der betref­fen­den Institution machen will. Dieses Bild fällt bis­her für mich erschreckend aus.

    Ich sehe hier weni­ger eine 'Plagiatsschwemme' als einen Verfall von Standards (der über­haupt erst das Plagiieren ermög­licht). Zur Zeit mei­ner eige­nen Diplomarbeit, 20 Jahre frü­her, hät­te das, was in den zugäng­li­chen Passagen gebo­ten wird, mit Ach und Krach viel­leicht noch für den Vortrag im auf die Diplomarbeit hin­füh­ren­den Seminar gereicht, aber nicht für mehr.

  2. Pippi Popper aus Bobotown ist Österreicher des Jahres 2021.
    Liebe Österreicher, ihr habt ja noch grö­ße­re Deppen am Start und das soll was heissen…

  3. Sowas wird zukünf­ti­gen Titeljägern nicht mehr pas­sie­ren. Die las­sen sich von ChatGPT die Arbeit zusam­men­schrei­ben und dann haben sie weder Kosten noch Mitwisserschaft von Ghostwritern und es wird auch kein Nachweis eines Plagiates mehr mög­lich sein, weil es kei­ne Plagiate sind.

    1. @Henning

      Die geschil­der­te Entwicklung wür­de bewir­ken, daß die Bezüge zwi­schen den Inhalten der 'Wissenschaft' und der Realität zufäl­lig wer­den. Vielleicht ist die­ser Zustand längst erreicht und auf die beschrie­be­ne Weise sind die Konzepte der Corona-Maßnahmen ent­stan­den, samt aller Begründungen, Evaluationen und Prognosen?

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