Quarantäne: Wer bietet weniger?

Die PR-Maschine der Regierung zu Corona gerät zuneh­mend ins Stottern. Nicht nur, daß immer mehr WissenschaftlerInnen auf Distanz gehen, die Tests in Bayern von einem Desaster ins ande­re stol­pern, nun ist es Christian Drosten höchst­per­sön­lich, der für maxi­ma­le Irritation sorgt. Ganz beson­ders traf es Karl Lauterbach.

"Verwirrung um Drosten-Tweets" muß der Spiegel gestern vermelden.

»In sozia­len Medien regt sich Unmut über eine angeb­lich fal­sche Einordnung sei­ner Aussagen, unter ande­rem von Drosten selbst. Für Klarheit sorgt das nicht unbedingt.«

»Was ist pas­siert? In sei­nem Podcast für den NDR hat­te Drosten Anfang der Woche gesagt, die infek­tiö­se Zeit von Corona-Infizierten begin­ne "zwei Tage vor Symptombeginn und endet, rea­li­stisch betrach­tet, vier, fünf Tage nach Symptombeginn". Wenn jemand nun 14 Tage zu Hause blei­ben müs­se, sei er viel­leicht schon gar nicht mehr infek­ti­ös. Daraufhin lei­te­te er eine Kompromissüberlegung ab: Stoße ein Gesundheitsamt durch einen Infizierten auf ein soge­nann­tes Cluster – also auf Ereignisse oder Umfelder mit vie­len gleich­zei­ti­gen Neuansteckungen -, müss­ten die dar­in ent­hal­te­nen Personen "sofort ohne wei­te­res Hinsehen zu Hause iso­liert wer­den, jeder Einzelne von denen muss zu Hause blei­ben". Amtsärzte hät­ten die Möglichkeit, gleich zu sagen: "'Okay, alle hier in die­sem Kurs, von die­ser Familienfeier, alle erst mal in die Heimisolation oder Quarantäne'", sag­te Drosten.

Bis dahin wuss­ten vie­le ver­mut­lich nicht, dass es über­haupt einen Unterschied zwi­schen den bei­den Begriffen gibt:

      • Quarantäne bezeich­net die Zeit, in der sich eine Person von ande­ren Menschen fern­hal­ten muss, weil sie unter Verdacht steht, sich mit Sars-CoV‑2 infi­ziert zu haben. Etwa, wenn die Person Kontakt zu einem Infizierten hat­te oder in einem Risikogebiet war.
      • Isolierung heißt, dass eine Person nach­weis­lich mit Sars-CoV‑2 infi­ziert ist und sich von ande­ren Menschen fern­hal­ten muss, um nie­man­den anzustecken.

"Mein Vorschlag ist Reduktion der Isolierungszeit", schrieb Drosten am Freitag auf Twitter, um klar­zu­ma­chen, wovon er gere­det hat­te. "Wenn man Cluster als Ganzes iso­liert, dann kurz (z. B. 5 Tage) und mit Freitestung auf Restinfektiosität. Dies heißt im Zeit-Beitrag 'Abklingzeit', weder Isolierung noch Quarantäne." Der oben genann­ten Definition zufol­ge könn­te man nun mei­nen, es hand­le sich um ein Cluster, in dem sich alle mit Sars-CoV‑2 infi­ziert haben und die nach fünf Tagen gete­stet wer­den, ob sie noch infek­ti­ös sind. Doch ganz so ein­fach ist es nicht: "Man könn­te zur Abklingzeit auch 'Clusterisolierung' sagen, aber es ist etwas von bei­dem, je nach­dem ob ein Clustermitglied infi­ziert ist oder 'Infektion erwartend'."…

Im NDR-Podcast sag­te Drosten bereits, es hand­le sich um eine Vermischung der Begrifflichkeiten. "Ich habe das dann, weil es eine Mischung aus Isolierung und Quarantäne ist, da sind erkann­te Fälle dabei und da sind mög­li­che Fälle dabei, nen­ne ich das mal eine Abklingzeit für die­ses Cluster", sag­te er. "Man lässt das Cluster abklin­gen, indem man die alle zu Hause ver­ein­zelt." Und in einem wei­te­ren Twitter-Post: "Die Grenze zwi­schen Isolation und Quarantäne ver­schwimmt wegen der hohen Synchronizität der Infektionen in Clustern."

So man­chem dürf­te nun der Kopf rauchen…

Auf eine Verkürzung der Quarantänezeit ging Drosten dann doch noch ein: Zusätzlich gebe es auch eine Diskussion um eine "Verkürzung der Quarantäne von 14 auf zehn Tage", schrieb er am Vormittag auf Twitter. "Dabei ver­passt man < 10 % der Neuinfektionen. Man könn­te viel­leicht sogar auf 7 Tage gehen. Denn man kann und muss nicht alle Fälle ver­hin­dern. Eine poli­ti­sche Entscheidung."«


Lauterbach versteht miß

»"Ich hal­te es für sehr sinn­voll, die Quarantänezeit auf fünf Tage zu begren­zen", sag­te der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach der Tageszeitung "Die Welt".«

Das berich­te­te u.a. der Spiegel am 4.9. Heute muß die FAZ berichten:

»Lauterbach: Habe Isolationszeit gemeint
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sag­te der F.A.Z., er habe mit sei­ner Forderung eine Verkürzung der Isolationszeit gemeint. Und nicht der Quarantäne.
«

Das Blatt zitiert auch Armin Laschet:

»Wenn es am Ende Konsens aller Virologen sein soll­te, dass in der Tat sie­ben oder acht Tage aus­rei­chen für eine Quarantäne, dann wird sich die Politik dem nicht verschließen.«

Update:

Der Bundesgesundheitsminister ist wie­der ande­rer Meinung:

»Spahn sag­te, in der Debatte gehe es nicht um falsch oder rich­tig. So gebe es Argumente für eine Quarantäne von 20 wie von zehn Tagen

»Für Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist denk­bar, die all­ge­mei­ne Quarantänezeit von bis­her 14 Tagen zu ver­kür­zen. "Wir haben das Robert Koch-Institut beauf­tragt durch­zu­rech­nen, wie ist die Infektiosität nach zehn Tagen, nach 14 Tagen, wie ist es even­tu­ell nach sie­ben Tagen", sag­te Kalayci, die auch Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz ist, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Wenn die Ergebnisse der Prüfung vor­lä­gen, kön­ne man über eine Verkürzung ent­schei­den« Quelle

(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)

2 Antworten auf „Quarantäne: Wer bietet weniger?“

  1. Was eigent­lich nichts ande­res zeigt, als daß sie alle abso­lut kei­ne Ahnung haben, wovon sie da reden. Vor allem die Politiker. Die machen aber die Regeln.
    Blöd, oder?

  2. Ist es eigent­lich ent­lar­ven­der, ob da kei­ner weiß, was er da raus­bab­belt – oder dass man dem RKI den Auftrag gibt mal DURCHZURECHNEN wie die Infektiosität wäre.

    Also ein rea­ler Sachverhalt (wie es zB Infektiosität wohl ist) wird heut­zu­ta­ge nicht mehr ermit­telt (zB durch Studien, Beobachtungen, Untersuchungen) son­dern DURCHGERECHNET.

    Diesen Leute ist doch inzwi­schen ihr Ansehen beim intel­li­gen­ten Teil der Bevölkerung schon völ­lig egal.

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