Unter diesem Titel faßt eine Autorin in der FAZ ihre Sorgen zusammen:
»In Frankreich verbreitet ein Dokumentarfilm wilde Verschwörungstheorien über die Verbreitung des Coronavirus – und zieht ein Millionenpublikum in seinen Bann. Die Regierung in Paris ist ratlos.«
Was sie dafür hält, macht sie schnell klar:
»Schon im Februar 2019 hatte das Meinungsforschungsinstitut Ifop in einer Untersuchung herausgefunden, wie viel Erfolg Verschwörungsthesen in Frankreich haben. Jeder fünfte Befragte stimmte mehreren Komplottszenarien zu, unter ihnen auffallend viele junge Franzosen. 43 Prozent gaben Anfang 2019 an, die Regierung stecke mit der Pharmaindustrie unter einer Decke, um die Gefährlichkeit von Impfstoffen zu vertuschen.
Das politikwissenschaftliche Institut der Universität Grenoble hat in einer großangelegten Studie das Profil der Bewunderer des Mediziners Raoult und der Maskengegner untersucht, die im September veröffentlicht wurde. Raoult-Bewunderer glaubten demnach überdurchschnittlich oft an Verschwörungstheorien. Der Politikwissenschaftler Antoine Bristielle, der die Untersuchung leitete, fand heraus, dass sie zudem zu 96 Prozent glauben, die etablierten Medien würden ihnen Informationen verheimlichen.
43 Prozent gegen Impfung
Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen einem ausgeprägten Misstrauen in die Institutionen, insbesondere in die politisch Verantwortlichen, und die Empfänglichkeit für Verschwörungstheorien. Bristielle wies den Eindruck zurück, dass es sich dabei hauptsächlich um Franzosen mit geringem Bildungsstand handele. „Unter den Befragten waren 36 Prozent Beschäftigte mit Führungsaufgaben. Es handelt sich um Personen mit Abitur und im Durchschnitt zwei Jahren akademischer Ausbildung, unter ihnen mehr als 60 Prozent Frauen“, sagte Bristielle in einem Radiogespräch. 43 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich nicht mit einer Impfung vor dem Coronavirus schützen wollten, auch wenn ein Impfstoff zur Verfügung stehe. „Frankreich ist innerhalb Europas das Land, das die meisten Impfgegner zählt“, sagte Bristielle.«
Wenn also hochgebildete Menschen ein ausgeprägtes Misstrauen in die Institutionen hegen, dann kann es sich bei ihnen nur um Opfer von Verschwörungstheorien handeln.
»Die Regierung beobachtet bislang hilflos gesellschaftliche Phänomene wie „Hold-up“ oder Impfgegner. Das Krisenmanagement in der Pandemie-Zeit hat ein Schlaglicht auf den monarchischen Charakter der Institutionen der V. Republik geworfen, die 1958 unter der Bedrohung des algerischen Bürgerkriegs entstanden. Nie war das 1964 geschriebene Pamphlet François Mitterrands über den „ständigen Staatsstreich“ aktueller. Denn der von Republikbegründer Charles de Gaulle gewünschte „rationalisierte Parlamentarismus“, eine diplomatische Umschreibung der auf ein Minimum beschränkten parlamentarischen Kontrollmechanismen, ist im Gesundheitsnotstand seinen Namen nicht mehr wert.
„Gelbwesten“ und Kosmetikerinnen
Präsident Macron nutzt die Machtfülle, die ihm die Verfassung gibt, um die wichtigsten Entscheidungen über Ausgangssperren oder Lockdown im sogenannten Verteidigungsrat in der bombensicheren Kommandozentrale im Untergeschoss des Elysée-Palastes zu fällen. Während das Gros der Franzosen duldsam auf „die Rückkehr der glücklichen Tage“ wartet, die Macron ihnen bereits im Juni in einer seiner feierlichen Ansprachen in Aussicht stellte, staut sich bei einer Minderheit die Wut.
Unter den Zornigen sind viele, die sich den „Gelbwesten“-Protesten angeschlossen hatten und die von den Einschränkungen besonders getroffen wurden: Einzelhändler, die keine Lebensmittel verkaufen und deshalb als „nicht wesentlich“ gelten und ihre Läden schließen mussten, Selbständige wie Friseure oder Kosmetikerinnen, die derzeit im Namen des Seuchenschutzes nicht arbeiten dürfen. Als bürokratische Schikanen empfundene Maßnahmen wie die Selbstatteste für jeden Gang vor die eigene Haustür und Verbote wie die Ein-Kilometer-Radius-Regel für Spaziergänger und Freizeitsportler verstärken die Wut auf die Regierung.
Dabei ist die „bürokratische Spirale aus immer neuen Vorschriften keine Eigenart dieser Regierung oder dieser Epoche“, wie der bürgerlich-liberale Bürgermeister von Cannes, David Lisnard, in einem vielbeachteten Beitrag für „Le Figaro“ schrieb. Als Ursache für viele überflüssige Verbote und Vorschriften sieht er „den Mangel an staatlicher Autorität im heutigen Frankreich“. Das öffne erst Tür und Tor für Verschwörungstheoretiker und Aufgebrachte, die von einer autoritären Restauration träumten. „Unsere Regierenden schüren das Misstrauen, schrieb Lisnard. „Was wird die Folge sein?“«
Wie schizophren muß ein Bürgerlich-Liberaler sein, wenn er einem Regieren mittels „ständigen Staatsstreichs“ mit verstärkter staatlicher Autorität entgegentreten will?
(Hervorhebungen nicht im Original.)
Mon dieu, quelle résistance incroyable…
Nachtrag : Man munkelt neuerdings über Scheunenfunde in Frankreich – grosse Holzgestelle mit mächtigen klingenähnlichen Metallkonstruktionen … ' bin sehr gespannt auf die ersten Marktplatzvorführungen im Land von Lavendel, Sonnenblumen und Käse – obwohl ich immer wieder das Gefühl von Kopflosigkeit bekomme, wenn ich über solche Munkeleien lese …
Oh prima, ich war Lateiner kann leider kein französisch. Würden Sie freundlicherweise mal anfragen ob wir die nämlichen Gestelle mal ausleihen können?
– ein Scherz -
@ T.T. und Günter Adams:
Eure Gewaltphantasien: mein erster Lachkrampf diese Woche…
"Verschwörungstheoretiker" ist an und für sich schon so ein selten dämlicher Begriff; noch dämlicher muss der sein, der sich davon beeindrucken lässt. Zumal auch die Franzosen überwiegend christlichen Glaubens sind. Aber vermutlich war die Sache mit Judas, den Römern und Jesus damals auch nur eine VT?
„…das Profil der Bewunderer des Mediziners Raoult und der Maskengegner untersucht, die im September veröffentlicht wurde.“
Was Raoult politisch vertritt weiß ich nicht. Als Arzt und Forscher scheint er erstklassig zu sein. Wenn mehr Leute wüßten wie man versucht hat ihn mit Fake-Junk-Science fertigzumachen wäre noch klarer als ohnehin schon dass die Kritiker der Fake-Pandemie absolut recht haben.