RKI-Studie zu Krankheitsschwere der ersten COVID-19-Welle

Eine aktu­el­le Studie wer­tet die Verläufe von COVID-19-Fällen nach der Definition des RKI aus. Die Datenbasis ist befragbar.

»Auf den Zeitraum von Januar bis Mitte Juni (Meldewoche, MW, 25) ent­fal­len… 190.816 Fälle. Für die fol­gen­de Auswertung wur­den nur Fälle ein­ge­schlos­sen, zu denen eine Information zum Alter, zur Hospitalisierung sowie zum Tod vor­la­gen (n=166.662 bis MW 25)… Vorhergehende Analysen haben gezeigt, dass die Vollständigkeit der Daten zur Hospitalisierung kon­ti­nu­ier­lich abnimmt, je gerin­ger der zeit­li­che Abstand zwi­schen Meldedatum der Fälle und der Auswertung war. Zum Zeitpunkt der Auswertung wur­de davon aus­ge­gan­gen, dass vor­erst nicht mit einem zeit­na­hen Nachtrag der Informationen gerech­net wer­den kann. Für die Analyse der ersten Welle wur­den daher aus­schließ­lich Fälle mit einem Meldedatum bis zur MW 20 ein­ge­schlos­sen (n=152.984).«

Für 20 % der "Fälle" lagen damit kei­ne aus­rei­chen­den Daten vor. Es wird auf die bekann­te und umstrit­te­ne Definition hingewiesen:

»Todesfälle sind hier sowohl als Personen defi­niert, die unmit­tel­bar an der Erkrankung ver­stor­ben sind („gestor­ben an“), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV‑2 infi­ziert waren und bei denen sich nicht abschlie­ßend nach­wei­sen lässt, was die Todesursache war („gestor­ben mit“)…

3.2 Krankheitsverläufe

Im Verlauf der ersten Welle wur­den für 80% (n=110.789) aller Fälle mit kli­ni­schen Informationen kei­ne Hospitalisierung, Pneumonie oder Tod berich­tet, sodass hier ein mil­der Krankheitsverlauf ange­nom­men wird… Fast jeder zwei­te Fall unter den ab 80-Jährigen wur­de hos­pi­ta­li­siert und jeder drit­te Fall ist ver­stor­ben. Mit Blick auf vor­han­de­ne Risikofaktoren wur­de bei 26% (n=12.478) der Fälle mit mil­dem Krankheitsverlauf min­de­stens ein Risikofaktor ange­ge­ben. Der Anteil der Fälle mit Vorerkrankung stieg mit zuneh­men­der Schwere des Krankheitsverlaufs und lag bei den Verstorbenen bei 89% (n=4.223).

Schwere Krankheitsverläufe

Insgesamt wur­den 18% der Fälle (n=27.466) sta­tio­när auf­ge­nom­men, mit dem höch­sten alters­spe­zi­fi­schen Anteil bei den Hochaltrigen (48%)…

Unter allen hos­pi­ta­li­sier­ten Fällen lag für 52% (n=14.245) eine Information zu Risikofaktoren vor. Ein Drittel der hos­pi­ta­li­sier­ten Fälle (30%, n=4.228) hat­te kei­ne und 17% (n=2.380) hat­ten mehr als drei bekann­te Risikofaktoren.«

Für fast die Hälfte der Hospitalisierten waren kei­ne Information zu Risikofaktoren vor­han­den?

»Insgesamt befin­den sich vor allem Fälle mit min­de­stens einem bekann­ten Risikofaktor unter den hos­pi­ta­li­sier­ten Fällen (70%, n=10.017)…

Kritische Krankheitsverläufe (Intensivstation, Verstorben) 

Insgesamt war für 24.827 hos­pi­ta­li­sier­te Fälle bekannt, ob sie auf der ITS behan­delt wor­den sind. Unter die­sen waren im Verlauf 14% (n=3.418) intensivpflichtig…«

Also war von fast 3.000 Fällen nicht bekannt, ob sie auf der ITS behan­delt wor­den sind. Die bekann­ten Fälle wer­den erneut weni­ger, wenn es um Angaben zu kli­ni­schen Informationen geht:

» Unter den ITS-Fällen mit einer Angabe zu kli­ni­schen Informationen und folg­lich mit Informationen zum Beatmungsstatus (n=3.290) wur­den 23% beatmet. Darüber hin­aus ent­wickel­ten 17% ein aku­tes Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS, von ins­ge­samt 3.290 Fällen). Von ins­ge­samt 3.418 ITSFällen sind 1.619 (47%) im Verlauf ver­stor­ben und davon war für 523 bekannt, dass sie auf der Intensivstation ver­stor­ben sind (84% von 626 mit ent­spre­chen­den Datumsangaben). Unter den inten­siv­pflich­ti­gen Fällen lag für 61% (2.071 von 3.418) eine Angabe zu bekann­ten Risikofaktoren vor. Unter ihnen hat­ten 20% (n=418) kei­ne, ein Drittel (31%, n=643) einen und 49% (n=1.010) min­de­stens zwei Risikofaktoren…

Insgesamt sind 5,6% (n=8.616) der berück­sich­tig­ten Fälle ver­stor­ben (Tabelle 2). Unter den Verstorbenen waren mehr­heit­lich männ­li­che Fälle (56%, n=4.833). Die betrof­fe­nen Fälle waren vor­nehm­lich im Alter ab 60 Jahren (95%), größ­ten­teils sogar über 79 Jahre (63%). Von ins­ge­samt 8.616 Todesfällen waren zuvor 6.321 hos­pi­ta­li­siert (73%) und unter die­sen waren 1.619 inten­siv­pflich­tig (26% der hos­pi­ta­li­sier­ten Todesfälle)… Angaben zu Risikofaktoren lagen für 55% (n=4.735) der Todesfälle vor. Unter die­sen hat­ten zu je rund einem Drittel einen, zwei bezie­hungs­wei­se drei oder mehr Risikofaktoren und 11% hat­ten kei­nen Risikofaktor…

Hospitalisierungsdauer

Insgesamt wur­den die berück­sich­tig­ten Fälle im Median neun Tage sta­tio­när behan­delt (Tabelle 5). 75% der Fälle wur­de spä­te­stens nach etwa zwei Wochen ent­las­sen (Interquartilsabstand: 4 bis 17 Tage). Die media­ne Hospitalisierungsdauer war mit elf Tagen in der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen am läng­sten, gefolgt von zehn Tagen unter den Hochaltrigen. Darüber hin­aus ver­län­ger­te sich die Hospitalisierungsdauer mit der Schwere der Erkrankung (bis auf Verstorbene)…

Dauer des ITS-Aufenthaltes 

Von 3.418 Intensivfällen konn­ten nur für 723 Fälle (21%) für die Berechnung des ITS-Aufenthaltes berück­sich­tigt wer­den (für die Mehrzahl der Fälle fehl­ten Angaben zum Datum).«

Nur für ein Fünftel der Intensivfälle ist bekannt, wie lan­ge sie auf der ITS lagen?

»Schwere Fälle waren vor­nehm­lich älter, männ­lich und hat­ten min­de­stens einen Risikofaktor

… Hier ist zu berück­sich­ti­gen, dass zu Beginn der Pandemie die sta­tio­nä­re Aufnahme für alle posi­tiv gete­ste­ten Fälle (und damit vor allem auch mild erkrank­ter Fälle) zum Zweck der Isolation emp­foh­len wur­de, was den hohen Anteil an Hospitalisierungen in den jun­gen Altersgruppen zu Beginn der Welle erklä­ren würde…

4.1 Limitationen

Die Limitationen die­ser Auswertung sind vor allem durch die Charakteristika von Melde- bezie­hungs­wei­se Surveillancedaten geprägt. Im Meldesystem wer­den in der Regel nur Fälle erfasst, die im medi­zi­ni­schen Versorgungssystem durch nie­der­ge­las­se­ne Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser, Labore, Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen oder Testzentren erfasst und ent­spre­chend den gesetz­li­chen Vorgaben gemel­det wer­den. Wenn dem­nach infi­zier­te Personen mit einem mil­den oder asym­pto­ma­ti­schen Verlauf kei­ne Ärztinnen und Ärzte oder Testzentren auf­su­chen und kei­ne Diagnostik oder Meldung erfolgt, wer­den die­se Fälle nicht erfasst. Darüber hin­aus füh­ren objek­tiv und sub­jek­tiv schwe­re Erkrankungen eher zu einem Arztbesuch und über­dies steigt die Wahrscheinlichkeit in bestimm­ten Altersgruppen und mit zuneh­men­der Schwere, dass eine Diagnostik durch­ge­führt wird. Aus die­sen Gründen wer­den mil­de und asym­pto­ma­ti­sche Fälle im Meldesystem eher unte­r­er­fasst und schwe­re Fälle sind über­pro­por­tio­nal ver­tre­ten. Der Anteil der mil­den Fälle deckt sich mit den inter­na­tio­na­len Erfahrungen, ist aber eben­so abhän­gig von der jeweils emp­foh­le­nen und durch­ge­führ­ten Teststrategie bezie­hungs­wei­se den Testkapazitäten (die zu Beginn der ersten Welle erst auf­ge­baut wer­den muss­ten) und dem Surveillancesystem (ein­schließ­lich Falldefinitionen und der Berücksichtigung von aus­schließ­lich labor­be­stä­tig­ten Fällen in der Auswertung). Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass sich im Anteil der mil­den Fälle auch die ange­wand­te sen­si­ti­ve Teststrategie widerspiegelt.«

3 Antworten auf „RKI-Studie zu Krankheitsschwere der ersten COVID-19-Welle“

  1. … die RKI-Datenerfassung war im Frühjahr schon wis­sen­schaft­li­cher Unsinn – sich in fast allen Bereichen wider­spre­chend … Eine aktu­el­le RKI-Studie, egal was dar­in ste­hen könnte/sollte/täte … Heute haben sechs Berliner Spritzenwagen die neue Form der medi­zi­ni­schen Wissenschaft mit mehr als was­ser­dich­ter Evidenz belegt …

  2. »Todesfälle sind hier sowohl als Personen defi­niert, … als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV‑2 infi­ziert waren…"

    Dies ist das erste mal i.d. Geschichte, das eine sol­che Definition bewusst (nach Plan) Verwendung fin­det. Wohlgemerkt: Weltweit, wie vie­le Behoerden ande­rer Laender ja nun mehr­fach bekun­det haben.

    Historisch wird immer nur die extre­me hohe Sterblichkeit eines Schaedlings genom­men, um die­sen als Gefaehrlich zu defi­nie­ren und um dann letzt­end­lich auch eine Pandemie auszurufen.

    Aber auch dies wur­de ja sorg­fael­tig geplant, so das ledig­lich die Vermehrung (Ausbreitung) eines (neu­en) Schaedlings die Pandemie aus­ru­fen kann.
    Soll hei­ssen: Die naech­ste Grippe oder was auch immer wird uns dann alle platt­ma­chen. Nicht etwa der 'Schaedling', oh nein ..
    Aber bis dahin sind wir ja alle geimpft, gelle?

    0,14%, in Deutschland noch weit darunter.
    Warum? Wir hat­ten ja 2018 rum eine star­ke Grippewelle
    und alle die dies ueber­lebt haben sind gut gewappnet.

    Ja, es gibt sowas wie nCOV-2019, aber eben auch all die ande­ren lie­ben Viren. Nach heu­ti­ger Datenlage: Alles nix besonderes.

  3. Von den 8616 erfaß­ten Corona-Todesfällen waren nur 1619 auf der Intensivstation. Und die rest­li­chen 6997? Wohl eher an etwas ande­rem ver­stor­ben, aber vor­her noch schnell einen posi­ti­ven Test erwischt und so in die­se Statistik reingerutscht.

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