Synthetische Biologie erklärt

Das ist nach­zu­le­sen auf der Seite von "SCNAT – Forum Genforschung – Haus der Akademien" in Bern:

»Die Synthetische Biologie zielt dar­auf ab, bio­lo­gi­sche Systeme zu ent­wer­fen, nach­zu­bau­en oder zu ver­än­dern. Das Webportal beleuch­tet natur­wis­sen­schaft­li­che, ethi­sche, recht­li­che und gesell­schaft­li­che Aspekte der Synthetischen Biologie. Ein Fokus liegt dabei auf Projekten und Aktivitäten in der Schweiz…

Bioengineering

Der Bioengineering-Ansatz ist inner­halb der Synthetischen Biologie ver­mut­lich am wei­te­sten verbreitet. 

Ihm fol­gen ver­schie­de­ne Forschungsgruppen in der Schweiz sowie auch der bekann­te „Synthetische Biologie Wettbewerb“ iGEM. Dieser Ansatz wur­de anfangs vor allem von Ingenieuren ent­wickelt. Ihr Ziel ist es, die Biologie zu einer rich­ti­gen Ingenieursdisziplin zu machen: Man arbei­tet mit stan­dar­di­sier­ten Bausteinen und kann die­se nach einer hier­ar­chi­schen Struktur zusammenbauen…

Synthetische Genomik

In der syn­the­ti­schen Genomik geht es dar­um, ein gesam­tes Erbgut zu syn­the­ti­sie­ren, d.h. künst­lich im Labor her­zu­stel­len. Dabei wer­den mit Hilfe che­mi­scher und mole­ku­lar­bio­lo­gi­scher Methoden die ein­zel­nen Bausteine der DNA (die Nukleotide) in der gewünsch­ten Reihenfolge aneinandergehängt…

Xenobiologie

Einen Schritt wei­ter als in der „syn­the­ti­sche Genomik“ gehen Forscher des Ansatzes, den wir hier Xenobiologie nen­nen (der aus dem Griechischen stam­men­de Wortteil „xeno“ bedeu­tet „fremd“ und weist dar­auf hin, dass die­se Biologie so in der Natur nicht vor­kommt). Sie haben sich näm­lich das Ziel gesetzt, Organismen her­zu­stel­len, die ein ande­res gene­ti­sches System haben als natür­li­che Lebewesen…

Protozellen

Forscher, die die­sen Ansatz ver­fol­gen, wol­len aus Molekülen leben­de Zellen her­stel­len. Das wären natür­lich sehr simp­le Zellen. Man erhofft sich, dar­aus zu ler­nen, wie aus nicht-leben­der Materie das Leben auf der Erde ent­ste­hen konn­te. Als Vorstufen von leben­den Zellen pro­du­zie­ren Forscher soge­nann­te Protozellen: klei­ne Bläschen mit einer Fetthülle (wie man sie auch bei natür­li­chen leben­den Zellen fin­det), in denen ein­zel­ne bio­che­mi­sche Reaktionen ablaufen…

Gemeinsam ist die­sen Forschungsprojekten das Ziel, nach einem ratio­na­len, vom Menschen ent­wor­fe­nen «Design» neue Formen von Leben her­zu­stel­len. Man kann die ver­schie­de­nen Ansätze grö­ber oder fei­ner unter­tei­len, wir haben hier eine Einteilung in vier Ansätze gewählt. Trotz den metho­di­schen und ent­ste­hungs­ge­schicht­li­chen Unterschieden gibt es Verbindungen zwi­schen den ver­schie­de­nen Ansätzen. So spielt für den Bioengineering-Ansatz der Fortschritt in der DNA-Synthese der „Synthetischen Genomik“ eine wich­ti­ge Rolle. Sie ermög­licht es näm­lich, neu ent­wor­fe­ne DNA-Sequenzen ein­fach zu pro­du­zie­ren. Es gibt auch Ideen, die künst­li­che Molekularbiologie mit dem Bioengineering-Ansatz zu ver­bin­den. Für die fer­ne­re Zukunft könn­te man sich Kombinationen zwi­schen allen vier Ansätzen vor­stel­len. Diese könn­ten es eines Tages gestat­ten, eine künst­li­che Protozelle mit einem syn­the­ti­schen Genom zu ent­wickeln, die neu­ar­ti­ge Stoffwechselwege ermög­licht.«

»Ethik

Die Synthetische Biologie ent­wirft neue Lebensformen, die mensch­li­chen Bedürfnissen die­nen und für Mensch und Umwelt dien­li­che Funktionen erfül­len sol­len. Die neu­en tech­ni­schen Möglichkeiten las­sen auf gro­sses Potential für neu­ar­ti­ge und kosten­gün­sti­ge Anwendungen, bei­spiels­wei­se in der Medizin, hof­fen. Andererseits ist schwie­ri­ger vor­aus­zu­se­hen, wel­che uner­wünsch­ten Entwicklungen Organismen, die nicht mehr viel mit natür­li­chen Lebewesen zu tun haben, allen­falls mit sich brin­gen. Auch könn­te ihr neu­es Potential für schäd­li­che Zwecke miss­braucht wer­den. Diese Eigenschaften der Synthetischen Biologie wer­fen ethi­sche Fragen auf, von denen hier eini­ge kurz erläu­tert werden…

Neue Lebensformen entwerfen und herstellen

Ein zen­tra­les Ziel der Synthetischen Biologie – das auch allen ihren Ansätzen gemein ist – ,neue bio­lo­gi­sche Systeme zu ent­wer­fen, nach­zu­bau­en und zu ver­än­dern kann zu neu­en Lebensformen füh­ren. Damit sind hier Lebensformen mit grund­sätz­lich neu­en Eigenschaften und Fähigkeiten gemeint. Ab wann genau man einen Organismus als „neue Lebensform“ bezeich­nen kann, ist umstrit­ten, aber es ist durch­aus plau­si­bel zu argu­men­tie­ren, dass das auf Ebene von Mikroorganismen schon erreicht wur­de, z.B. in der Produktion von Bakterien, die als Bakterienfilm Fotographien her­stel­len kön­nen. In sol­chen Organismen mani­fe­stiert sich „Leben auf neue Weise“. Dies wirft eini­ge phi­lo­so­phi­sche Fragen auf, die auch für die Ethik rele­vant sein kön­nen…«
natur​wis​sen​schaf​ten​.ch

Auch Frankenstein hat sich hin­ter­her ein paar Gedanken gemacht. Seine Kreatur bringt sich nach des­sen Tod wenig­stens selbst um. Was wird mit denen der Bioingenieure geschehen?

natur​wis​sen​schaf​ten​.ch

Siehe auch

POTUS Frankenstein

10 Antworten auf „Synthetische Biologie erklärt“

  1. In Goethes Faust, in der Tragödie zwei­tem Teil, wird auch ein künst­li­ches Wesen geschaf­fen und 'Homunkulus' genannt.

    http://​www​.goe​the​zeit​por​tal​.de/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​I​m​a​g​e​s​/​d​b​/​w​i​s​s​/​g​o​e​t​h​e​/​s​i​m​m​_​f​a​u​s​t​/​1​2​6​_​S​i​m​m​_​F​a​u​s​t​_​_​5​0​0​x​5​1​0​_​.​jpg

    Mephisto über den zum 'Bakkalaureus' her­an­ge­reif­ten ehe­ma­li­gen Schüler: „Original, fahr hin in dei­ner Pracht! – / Wie wür­de dich die Einsicht krän­ken: / Wer kann was Dummes, wer was Kluges den­ken / Das nicht die Vorwelt schon gedacht?“

    Wikipedia zum Homunkulus:

    "Das Motiv des Homunkulus ist unter ande­rem von Goethe wäh­rend sei­ner Arbeit an Faust II zwi­schen 1825 und 1831, als Idee eines auf che­mi­schem Wege erzeug­ten Menschen, auf­ge­nom­men wor­den. Mit dazu bei­getra­gen hat die erste erfolg­rei­che Umwandlung von anor­ga­ni­scher in orga­ni­sche Materie im Jahr 1828: die Harnstoffsynthese durch Friedrich Wöhler. In einem Entwurf vom 17. Dezember 1826 beschreibt Goethe expli­zit Wagner als Schöpfer des Homunculus, in der end­gül­ti­gen Fassung fehlt die­ser Teil. Der Dichter und enge Vertraute Goethes Johann Peter Eckermann erklär­te daher, dass Mephistopheles der eigent­li­che Schöpfer des Homunkulus sei. Endgültig klä­ren lässt sich die­se Frage nicht mehr. … ."

    Wagner: „Es leuch­tet! seht! – Nun läßt sich wirk­lich hoffen,
    Daß, wenn wir aus viel hun­dert Stoffen
    Durch Mischung – denn auf Mischung kommt es an –
    Den Menschenstoff gemäch­lich componiren,
    In einen Kolben verlutiren
    Und ihn gehö­rig cohobiren,
    So ist das Werk im Stillen abgethan.
    Es wird! die Masse regt sich klarer!
    Die Ueberzeugung wah­rer, wahrer!
    Was man an der Natur Geheimnisvolles pries,
    Das wagen wir ver­stän­dig zu probiren,
    Und was sie sonst orga­ni­siren ließ,
    Das las­sen wir krystallisiren.“

  2. Ja, es ist ziem­lich lustig und wird so wei­ter gehen, solan­ge genug Risikokapital da ist.
    Die Natur funk­tio­niert aller­dings nicht "inge­nieurs­tech­nisch". Ein Stoff hat in unter­schied­li­chen Kontexten immer unter­schied­li­che Auswirkungen, auch in Dimensionen, die wir nicht wahr­neh­men kön­nen. Stoffe, die beim Menschen psy­chi­sche Effekte haben, las­sen sich bis zu den ein­fach­sten Formen des Lebens zurück­ver­fol­gen. Und ent­we­der wir neh­men an, dass Bakterien, die mit Genscheren Viren zer­schnei­den, intel­li­gent sind, oder wir geben ein­fach zu, dass wir kei­ne Ahnung haben.
    https://​www​.wis​sens​schau​.de/​g​e​n​o​m​/​c​r​i​s​p​r​_​f​o​r​s​c​h​u​n​g​_​m​e​d​i​z​i​n​.​php

    https://​www​.deutsch​land​funk​.de/​m​y​s​t​e​r​i​o​e​s​e​r​-​e​i​n​z​e​l​l​e​r​-​d​e​r​-​b​l​o​b​-​i​n​t​e​l​l​i​g​e​n​t​-​b​e​w​e​g​l​i​c​h​-​u​n​d​-​1​0​0​.​h​tml

  3. Ich fin­de das durch­aus inter­es­sant, hal­te es aber für irr­lich­tern. Ich mei­ne, wir schaf­fen es nicht ein­mal, einen simp­len Einzeller zu Leben zu erwecken. Mir kom­men die­se Versuche der Erschaffung von Leben aus toter Materie vor wie das Ansinnen, einen Spielfilm dadurch zu erschaf­fen, dass ich die Bauteile eines Fernsehers zusammenfüge…

  4. "Ich mei­ne, wir schaf­fen es nicht ein­mal, einen simp­len Einzeller zu Leben zu erwecken."
    (@Nique)

    Das stimmt so nicht ganz. JCVI-syn3.0 wur­de 2016 erschaffen:
    https://​www​.jcvi​.org/​r​e​s​e​a​r​c​h​/​f​i​r​s​t​-​m​i​n​i​m​a​l​-​s​y​n​t​h​e​t​i​c​-​b​a​c​t​e​r​i​a​l​-​c​ell
    und die erste Lebens-Synthese datiert aus 2010.

    Herr Venter hat­te noch vor dem Abschluss des Human Genome Projekt (2000) vor­her­ge­sagt, dass man etwa in zehn Jahren ein ein­fa­ches Bakterium auf der Ebene der Gene aus­rei­chend ver­ste­hen wer­de. Im glei­chen Interview sag­te er aller­dings, dass er schon sehr skep­tisch sei, was das Pantoffeltierchen ange­he – und beim Menschen: "Vergessen Sie's"

    Dahin geht sein Ehrgeiz nicht:
    https://​www​.tages​spie​gel​.de/​w​i​s​s​e​n​/​i​c​h​-​h​a​b​e​-​k​e​i​n​e​-​a​n​g​s​t​-​v​o​r​-​m​e​i​n​e​n​-​g​e​n​e​n​-​4​2​5​5​4​6​2​.​h​tml

    TSP: "Kritiker sagen, Sie woll­ten Gott spielen."
    C.V.: "Das ist eine dum­me Kritik. So heißt es immer, wenn Menschen ihre Möglichkeiten erweitern."

  5. Das Reduktionistische Denken fas­zi­niert die Menschen – weil es schön ein­fach ist. Nichts könn­te aller­dings wei­ter vom Leben ent­fernt sein.

    Überlassen wir doch das Baukastenprinzip bes­ser den Kindern. Oder den Pferden, die haben grö­sse­re Köpfe.
    Hybris, gepaart mit him­mel­schrei­en­der Ignoranz, wird des Menschen Untergang sein.

Schreibe einen Kommentar zu Albrecht Storz Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert