Tagesspiegel endgültig auf Bild-Niveau

»FDP-Politikerin auf Corona-Demo
„Die woll­ten Kriegsgerichte und Galgen für Merkel und Drosten“«
So ist ein heu­ti­ger Artikel beschrie­ben, in dem zu erfah­ren ist:

»FDP-Politikerin Karoline Preisler hat in Berlin den Dialog mit Corona-Demonstranten gesucht. Im Interview erzählt sie, wofür sie sich „extrem geschämt" hat.«

Da nicht davon aus­zu­ge­hen ist, daß Frau Preisler irgend­wem bekannt ist, hier ein paar Kurzinfos. Bei Wikipedia ist zu erfahren:

»Preisler trat 2013 in die FDP ein und war zunächst kom­mu­nal­po­li­tisch aktiv. 2018 löste sich jedoch durch einen Streit mit ihr die Fraktion in der Stadtvertretung von Barth auf. Infolgedessen tra­ten die Stadtverordneten aus der FDP aus und wähl­ten Preisler aus dem Ausschuss für Schule und Soziales und aus dem Aufsichtsrat der Stadtwerke

Schlagzeilchen

Im Februar 2020 mach­te sie Schlagzeilchen mit einer "mut­maß­li­chen Feuerwerksattacke auf sie und ihre Tochter", die sich als leicht­fer­ti­ges Hantieren von Jugendlichen mit Knallkörpern erwies. O‑Ton Preisler damals: "Es gibt Menschen, die stop­pen nicht für klei­ne wei­che Kinderkörper. Ich gehe jetzt heu­len."

Weiter im Tagesspiegel:

»Im März hat­te sich Preisler mit dem Coronavirus infi­ziert. Was folg­te, war ein schlim­mer Verlauf, wäh­rend­des­sen ihr teil­wei­se sogar das Stehen schwer­ge­fal­len ist.«

Dieses nichts­sa­gen­de, gleich­wohl melo­dra­ma­tisch klin­gen­de Tagebuch über 4 Tage in einer Klinik läßt sich bei rbb-online nach­le­sen. Etwa dies:

»Tag 4: "Ich habe schon gro­ße Sehnsucht nach der Familie. Heute Morgen hat mei­ne Tochter auf Facetime ange­ru­fen und dann haben wir geschmust und geküsst. Sie war so unglück­lich, weil es bei den Hausaufgaben zu Hause nicht so läuft, und wein­te bit­te­re Tränen. Und ich konn­te sie nur über den Bildschirm her­zen und küs­sen. Das hat mir ganz schön zu schaf­fen gemacht."«

75 Masken für die Demo

Doch nicht für die­se Selbstvermarktung mit einem ern­sten Thema hat sie sich extrem geschämt. Auch nicht für die Aktion, von der der Tagesspiegel berichtet:

»"Ich hat­te Covid-19 und mache mir Sorgen um Euch" – mit die­ser Botschaft, die auf einem Schild um ihren Hals hing, ging Karoline Preisler am Samstag bei der Corona-Demo in Berlin auf die Straße. Die FDP-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern woll­te ein Zeichen set­zen, einen Gegenpol bil­den zu den zehn­tau­sen­den Demonstranten, die gegen die Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen protestierten…

Am Sonntag, einen Tag nach ihrem Besuch der Corona-Demo, spra­chen wir mit Preisler über ihre Erfahrungen, die 75 Masken, die sie dabei hat­te – und über den Grund, war­um sie sich "extrem geschämt" hat.

Frau Preisler, was ist Ihr Fazit nach allem, was Sie erlebt haben?
Mein Fazit ist, dass das eine neue Form des Dialogs sein kann, dass man als poli­tisch enga­gier­ter Mensch da hin­geht, wo der Schuh drückt. Das ist natür­lich kei­ne neue Erfindung: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben wahr­schein­lich genau dafür an die Versammlungsfreiheit gedacht. Die soll ja gera­de den Menschen die Möglichkeit geben sich aus­zu­drücken, die sich vom aktu­el­len poli­ti­schen Geschehen viel­leicht nicht ganz mit­ge­nom­men füh­len. Deswegen war das für mich rich­tig.«

Das ist geleb­ter Liberalismus: Wie die Mütter und Väter des Grundgesetzes da hin­ge­hen, wo der Schuh drückt und reich­lich Masken dabei haben.

»Was war Ihr per­sön­li­cher Ansporn?
Ich bin da hin­ge­gan­gen, wo Menschen Corona-Maßnahmen hin­ter­fra­gen und viel­leicht auch anzwei­feln, dass es Corona gibt – die wären ja nie zu mir gekom­men und hät­ten mit mir als Politikerin gespro­chen, weil sie mit der momen­ta­nen Politik nicht ein­ver­stan­den sind.«

Hätten sie sollen?

»Ging es denn Ihrer Meinung nach wirk­lich dar­um die Maßnahmen zu hinterfragen?
Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen zu über­den­ken bedeu­tet auch immer, den Maßstab, der die­ser Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrun­de liegt, anzu­er­ken­nen. Ich habe gestern ganz vie­le Menschen getrof­fen, die einen gro­ßen Leidensdruck hat­ten und mir was sagen woll­ten, aber auch unse­re demo­kra­ti­schen Prozesse gar nicht kann­ten. Eine Psychologin, ein Arzt – ganz vie­le Leute mit einer Berufsausbildung. Die woll­ten Kriegsgerichte sowie Galgen für Merkel und Drosten und glau­ben an eine schlim­me Diktatur…

Ich habe vie­le Menschen getrof­fen, die auf­ge­wühlt sind. Bei eini­gen Gesprächspartnern zuck­ten die Hände oder das Gesicht vor Emotionen. Ich bemüh­te mich vie­le Stunden lang um Deeskalation. Ich habe eine Frau getrof­fen, die ist schwer herz­krank – die for­der­te ein Recht auf Durchseuchung, sonst wür­den wir alle für immer ein­ge­sperrt bleiben…

Sie haben gestern 75 Masken dabei gehabt, die Sie ver­tei­len woll­ten. Warum und wie vie­le sind Sie losgeworden?
Es hat­ten ja am Vortag eini­ge Leute ange­kün­digt, sie wür­den infi­ziert an der Demo teil­neh­men. Da habe ich mir gedacht: Wenn ich die dazu krie­ge, eine Maske zu neh­men, hat sich der Aufwand schon gelohnt. Ich bin letzt­lich knapp zehn Masken los­ge­wor­den. Manche haben sie genom­men, um ihre Gesprächsbereitschaft zu zei­gen, aber nur zwei haben sie getragen.

Können Sie sagen, war­um die bei­den eine Maske tra­gen wollten?
Ein Mann, der die Maske auf­ge­setzt hat, war auch eher jemand, der die Demo kri­ti­scher besucht hat. Der kam auch an und hat gefragt, ob er eine neue Maske haben kön­ne – er hat­te also sogar schon eine. Die zwei­te Person war eine Psychologin, die, glau­be ich, ver­stan­den hat, dass es gefähr­lich wird, wenn das Demonstrationsgeschehen dich­ter wird…

Positives Feedback von drei Touristen

Gab es denn neben Gesprächsbereitschaft auch posi­ti­ves Feedback für Ihr Engagement?
Ja, ich bin vor dem Brandenburger Tor von ganz vie­len Berlin-Touristen ange­spro­chen wor­den. Drei haben mir gesagt, dass sie es ganz toll fin­den, was ich mache. Die haben die Welt nicht ver­stan­den – auf der gan­zen Welt wür­den Menschen ster­ben und in Deutschland demon­strier­ten Menschen gegen ein Stück Stoff.

Was ist Ihnen nega­tiv in Erinnerung geblieben?
Gegen Mittag wur­de es rich­tig über­grif­fig, des­halb bin ich auch kurz dar­auf gegan­gen. Die Leute waren so auf­ge­regt und wuss­ten nicht, wohin mit sich. Da hat­te ich Angst, dass mich irgend­je­mand, der da vor mir rum­fuch­tel­te, mal nimmt und schüt­telt. Für mich war das dann ein­fach kein siche­rer Ort mehr…

Sie haben am Sonntagmorgen auf Twitter geschrie­ben, dass Sie eine Frau getrof­fen haben, die Ihren jüdi­schen Glauben offen gezeigt hat­te. Sie hat­ten Angst um sie – inwiefern?
Ich habe Sie ange­spro­chen und ihr sagt: Mensch, das fin­de ich aber ganz schon mutig. Niemand schaut, ob ich ein Kreuz um den Hals habe, aber ich habe die gan­ze Zeit auf ihre Kette mit dem Davidstern geguckt und alle ande­ren natür­lich auch. Es sind so schreck­li­che Leute vor­bei­ge­lau­fen, die im Gespräch mit mir anti­se­mi­ti­sche Thesen ver­tre­ten haben. Ich habe mich so extrem geschämt.

Hat sie Ihnen gesagt, war­um sie da war?
Sie hat nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle ent­schie­den, da sie sicht­bar sein muss, damit die Gesellschaft weiß, dass sie die­se braucht. Tatsächlich habe ich mich sehr ver­ant­wort­lich gefühlt für die Frau. Es war ja wie mit mei­nem Corona-Schild: Man bekommt genau die Leute ab, die das trig­gert. Ich habe immer dar­auf geach­tet, dass die Polizei in Rufnähe ist.«

(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)

2 Antworten auf „Tagesspiegel endgültig auf Bild-Niveau“

  1. Wow, wenn ich das lese, dann bekom­me ich Brechreiz. Und Hildegard Hamm-Brücher rotiert ver­mut­lich in ihrem Grab. Wo sind die gan­zen Politiker mit Stil und Verstand hin und wo kommt das gan­ze Gelichter her?

  2. Lustig fin­de ich den Satz: "Ich bin da hin­ge­gan­gen, wo Menschen Corona-Maßnahmen hin­ter­fra­gen und viel­leicht auch anzwei­feln, dass es Corona gibt – die wären ja nie zu mir gekom­men und hät­ten mit mir als Politikerin gespro­chen, weil sie mit der momen­ta­nen Politik nicht ein­ver­stan­den sind."

    1. Wären die Leute zur ihr gekom­men, hät­te es gehei­ßen, "Corona-Leugner" wür­de Politikern vor deren Häusern auf­lau­ern und bedrohen.

    2. Es wird so getan, als wür­den die Maßnahmenkritiker den Dialog aus­schla­gen. Es ist doch gera­de umgekehrt.

    3. Die Demonstrationen sind Teil des Dialoges und die Politik igno­riert, dif­fa­miert und ver­bie­tet. Die Polizei wur­de und wird auf­ge­sta­chelt, mal so rich­tig die Sau raus­zu­las­sen, wäh­rend sie ech­te Gewalttäter mit Samthandschuhen anfas­sen muss.

    4. Das Problem der Frau Preisler: Sie will gar nicht argu­men­ta­tiv mit den Leuten dis­ku­tie­ren, son­dern mora­li­siert: "Ich hat­te Corona. Das war war schlimm." – Und des­we­gen sol­len Geschäfte und Restaurants plei­te gehen, damit weni­ger Leute wie Preisler erkran­ken? Sie stellt die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen gar nicht in Frage, son­dern stellt sie so unum­stöß­lich hin wie, dass 1+1=2 ist.

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