Thüringer Landrätin befürchtet Pflegenotstand wegen "Impf"-Pflicht

»Greiz/Erfurt. Ab 15. März 2022 tritt für Pflegepersonal die Corona-Impfpflicht in Kraft. Wieviele Beschäftigte im Gesundheitswesen sich des­halb schon arbeits­su­chend gemel­det haben ist zur Zeit unklar. In einem offe­nen Brief an die Thüringer Gesundheitsministerin Heike Werner befürch­tet die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) wegen der Impfpflicht ab Mitte März einen ver­schärf­ten Pflegenotstand. Lesen Sie hier das Schreiben im Wortlaut:

Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten

Sehr geehr­te Frau Ministerin Werner,

mit der Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung wei­te­rer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10. Dezember 2021 (BGBI. I S. 5162) besteht in bestimm­ten Einrichtungen ab dem 15. März 2022 eine Immunitätsnachweispflicht.

Mit gro­ßer Besorgnis schaue ich auf die mög­li­chen Auswirkungen bei der restrik­ti­ven Umsetzung der dar­in gefor­der­ten Regelungen.

Gemäß § 20 a IfSG wird der Immunitätsnachweis gegen COVID-19 für nahe­zu alle medi­zi­ni­schen Einrichtungen sowie alle mit der Pflege beauf­trag­ten Personen ver­langt. Nach inter­nen Recherchen gehe ich davon aus, dass ca. 30 Prozent der damit betrof­fe­nen Personen noch kei­nen Immunitätsnachweis vor­le­gen könn­ten. Wird sich das nicht ändern, steu­ern wir gera­de­wegs auf einen völ­li­gen Zusammenbruch unse­res Gesundheitswesens zu. Die Auswirkungen dazu machen sich schon jetzt bemerk­bar. Viele Heim- und Klinikleitungen, ambu­lan­te Pflegedienste sowie Praxisinhaber ste­hen bereits kurz vor dem Kollaps und kön­nen auf­grund feh­len­der Mitarbeiter ihrem Versorgungsauftrag nicht mehr nachkommen.

Die mög­li­chen Auswirkungen sehe ich schon heu­te, wenn das Gesundheitsamt für die dor­ti­gen Mitarbeiter Quarantäneanordnungen erlas­sen muss. Schon die­se Personalausfälle, ver­ur­sacht durch die abzu­war­ten­de Quarantänezeit brin­gen per­so­nel­le Engpässe her­vor, wel­che an die Belastungsgrenze der Einrichtungen gehen. Oft kann hier nur die Bundeswehr noch hel­fen. Aus eige­nen Kräften her­aus ist kein zusätz­li­ches Personal rekrutierbar.

Weiterhin sehe ich auch kri­tisch, dass aus­zu­spre­chen­de Kündigungen ohne recht­li­che Grundlage und den ohne­hin lan­gen Kündigungsfristen bei lang­jäh­ri­gen Mitarbeitern nicht für die Unternehmen erfolg­ver­spre­chend sind. Diese Mitarbeiter wer­den zudem den Weg zum Arbeitsgericht gehen. Eine sofor­ti­ge Freistellung von der Arbeit, wird wie ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot, den Pflege- bzw. Versorgungsnotstand beschleu­ni­gen und verschärfen.

Da die­se Regelung des Infektionsschutzgesetzes zwar (vor­erst) bis zum 1. Januar 2023 befri­stet ist, wer­den aber Arbeitnehmer, wel­che sich zwi­schen­zeit­lich anders beruf­lich ori­en­tiert haben, nicht wie­der zum “alten” Arbeitgeber zurück­keh­ren. Das heißt, die­se Arbeitnehmer wer­den lang­fri­stig nicht mehr in Gesundheitsberufen tätig sein.

Dies​.er Fakt ist schon jetzt in der Gastronomie sicht­bar. Durch den Lockdown in der Gastronomie haben sich Köche und Servicekräfte beruf­lich anders ori­en­tiert. Nun kön­nen Gastwirte ihre Gaststätten nicht mehr öff­nen, weil ihnen ganz ein­fach das Personal abhan­den­ge­kom­men ist.

Es wird auch schwie­rig wer­den, für schnel­le Neueinstellungen zu sor­gen. Für Neueinstellungen gilt, die­se müs­sen ja als Einstellungsvoraussetzung einen Immunitätsnachweis vorlegen.

Sehr geehr­te Frau Werner,

nun müs­sen nach dem 15. März 2022 die Leitungen der jewei­li­gen Einrichtungen etc. das Gesundheitsamt dar­über benach­rich­ti­gen, wenn der Immunitätsnachweis durch die Personen nicht erbracht wur­de. Das Gesundheitsamt soll dann gegen­über dem betrof­fe­nen Personenkreis ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot aus­spre­chen. Der Personenkreis, wel­chen ein aus­zu­spre­chen­des Tätigkeitsverbot betref­fen wür­de, ist nicht nur der klas­si­sche Pflegeberuf und die dort täti­gen Personen. Dieser Personenkreis ist viel umfas­sen­der. Dazu bei­spiel­haft die Aufzählung (nicht voll­stän­dig) im Anhang.

Zum Beispiel, die allein­ar­bei­ten­de Heilpraktikerin oder Logopädin müss­te sich selbst beim Gesundheitsamt “anzei­gen” damit die­ser ein Tätigkeitsverbot aus­ge­spro­chen wer­den könnte.

Hier soll dann die Entscheidung über den in den Einrichtungen ein­tre­ten­den Pflege- und Versorgungsnotstand auf die Gesundheitsämter über­tra­gen wer­den. Selbst der damit ein­her­ge­hen­de Verwaltungsaufwand, nebst den damit ver­bun­de­nen recht­li­chen Hürden, ist nicht für die Gesundheitsämter abschätzbar.

Was geschieht, wenn Personen auf Grund der feh­len­den Immunitätsnachweise nicht mehr tätig wer­den dür­fen oder auch kün­di­gen, wenn die­se sich eher für einen Arbeitsplatzwechsel ent­schei­den oder sich zunächst in den Krankenstand “ver­ab­schie­den”?

Genau hier sehe ich die zukünf­ti­ge Herausforderung ab dem 15. März 2022.

Sehr geehr­te Frau Werner,

Ihrem Ministerium, als der ober­sten Fachbehörde in Thüringen ist die Regelung des § 20a IfSG seit dem 12. Dezember 2021 mit in Kraft tre­ten bekannt. Gerade vor die­sen Hintergrund gehe ich davon aus, dass im Ministerium eine Strategie erar­bei­tet wor­den ist, wie die nach­ge­ord­ne­ten Behörden auf einen Versorgungsnotstand reagie­ren sollen.

Ich erwar­te schon jetzt vom zustän­di­gen Fachministerium vor­aus­schau­en­de, prag­ma­ti­sche Lösungsvorschläge. Es kann nicht sein, den dann ein­tre­ten­den Versorgungsnotstand und deren gleich­zei­ti­ge Behebung auf die ört­li­chen Gesundheitsämter zu delegieren.

Nur einen Verweis auf die Möglichkeit zur Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens erach­te ich in die­ser Situation als nicht zielführend.

Ich erwar­te eine Antwort bis zum 25. Januar 2022, da am 28. Januar 2022 eine Präsidiumssitzung im Thüringischen
Landkreistag zu genau die­sem Thema anbe­raumt wurde.

Mit freund­li­chen Grüßen
Martina Schweinsburg

Anhang:

Die Nachweispflichten sol­len u. a. gel­ten für:

• Krankenhäuser,
• Einrichtungen für ambu­lan­tes Operieren,
• Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
• Dialyseeinrichtungen,
• Tageskliniken,
• Entbindungseinrichtungen,
• Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der oben genann­ten Einrichtungen ver­gleich­bar sind,
• Arztpraxen, Zahnarztpraxen,
• Praxen son­sti­ger human­me­di­zi­ni­scher Heilberufe,
• Einrichtungen des öffent­li­chen Gesundheitsdienstes, in denen medi­zi­ni­sche Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambu­lan­te Behandlungen durch­ge­führt werden,
• Rettungsdienste,
• sozi­al­päd­ia­tri­sche Zentren,
• medi­zi­ni­sche Behandlungszentren für Erwachsene mit gei­sti­ger Behinderung oder schwe­ren Mehrfachbehinderungen,
• voll- und teil­sta­tio­nä­ren Pflegeheime für älte­re, behin­der­te oder pfle­ge­be­dürf­ti­ger Menschen,
• Wohnformen für Menschen mit Behinderungen,
• Werkstätten für behin­der­te Menschen,
• ambu­lan­te Pflegedienste und Einrichtungen,
• Beförderungsdienste für o.g. Einrichtungen,
• Schulbegleiter,
• Podologen,
• Heilpraktiker,
• Hebammen und Entbindungspfleger,
• recht­li­che Betreuer,
• medi­zi­ni­sche Fußpflege,
• Friseure, wel­che in den Einrichtungen tätig werden,
• Gesundheitshandwerker,
• Honorarkräfte«
rund​schau​.info (16.1.)

14 Antworten auf „Thüringer Landrätin befürchtet Pflegenotstand wegen "Impf"-Pflicht“

  1. „Das Bundesgesundheitsministerium teil­te der taz mit, dass auch bei Nichtvorlage ‚kei­ne Verpflichtung zur Freistellung von Bestandspersonal durch die Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens‘ bestehe. Stattdessen ent­schei­de das zustän­di­ge Gesundheitsamt ‚nach pflicht­ge­mä­ßem Ermessen im Einzelfall über die wei­te­ren Maßnahmen‘ wie Betretungs- oder Tätigkeitsverbote und wer­de ‚dabei auch die Personalsituation in der Einrichtung berücksichtigen.‘“

      1. https://​taz​.de/​C​o​r​o​n​a​-​I​m​p​f​p​f​l​i​c​h​t​-​i​n​-​d​e​r​-​P​f​l​e​g​e​/​!​5​8​2​6​9​09/

        Meine Vermutung ist, dass das BMG die Gesundheitsämter anweist, kei­ne Betretungsverbote aus­zu­spre­chen. So wah­ren alle das Gesicht: Gesetz bleibt gül­tig, aber lei­der, lei­der, wür­de sonst eine Versorgungsnotlage ein­tre­ten. Es sei denn, sie wol­len, dass die Pfleger gehen. Damit kann dann eine Zusammenlegung von Krankenhäusern begrün­det werden.

  2. Der Pflegenotstand ist doch gewollt. Nur durch eine all­ge­mei­ne Impfpflicht kann die­sem dann in der vom Regime gewünsch­ten Weise begeg­net wer­den. Und zwi­schen­druch kann man wie­der Protest und Widerstand unterdrücken. 

    Alles so soli­da­risch, alles so hirn­ris­sig, alles so tota­li­tär. Es bedarf kei­ner Fakten mehr, da das Wesentliche bekannt ist. Es bedarf einer poli­ti­schen Lösung.

    1. Ja der Pflegenotstand ist gewollt. Ein Pflexit von Pflegekräften durch die
      Impfpflicht wohl auch, dann haben den Pflegenotstand die "Staatsfeinde"
      zu verantworten.…
      Pflegenotstand ergibt neue Gründe für Notstandsmaßnahmen,
      z.B. woll­te Laschet 2020 bereits ehe­ma­li­ge Beschäftigte aus dem Medizinischen/Pflegebereich
      zum Dienst ver­pflich­ten (aktu­ell Thema in Östereich).
      .
      Welches Medium hat eine Bilanz von Spahns Amtszeit gezogen,
      er woll­te etwas gegen den Pflegenotstand unter­neh­men und die Arbeit attrak­ti­ver machen…
      Aber den Chormedien rei­chen Ankündigungesversprechen
      .
      Lauterbach kon­zen­triert sich ganz auf Corona,
      er wird noch weni­ger als Spahn unternehmen.

  3. Hier zeigt sich deut­lich, dass "abhän­gig Beschäftigte" viel mehr Macht haben als sie oft glau­ben. Sie müs­sen nur stand­haft blei­ben und dür­fen sich nicht gegen­ein­an­der aus­spie­len lassen. 

    In Ungarn z.B. feh­len wegen der Impfpflicht für den öffent­li­chen Dienst mitt­ler­wei­le 1 % der Lehrkräfte. Das klingt erst­mal wenig, aber es wird schon ver­zwei­felt Ersatz gesucht – unter Verzicht auf eine voll­stän­di­ge Qualifikation. Anderswo hat die Flucht aus dem Beruf bereits zu einem Umdenken des Regimes geführt.

    Jede( r) ein­zel­ne Standhafte ist ein Tropfen, der den Stein aus­zu­höh­len hilft. Ich sel­ber bin inzwi­schen eben­falls ohne Arbeit und Einkommen, weil ich mich wei­ge­re, Menschen via "2 G" von Bildungsangeboten der Volkshochschule aus­zu­schlie­ßen. Das kostet mich eine Stange Geld, aber ich sehe das als Investition in eine Rückkehr der Menschlichkeit.

  4. @ aa: hier die ent­spre­chen­de Quelle. 

    https://​taz​.de/​C​o​r​o​n​a​-​I​m​p​f​p​f​l​i​c​h​t​-​i​n​-​d​e​r​-​P​f​l​e​g​e​/​!​5​8​2​6​9​09/

    Als selbst von der sog. berufs­be­zo­ge­nen Impfpflicht Betroffene, habe ich von die­ser Möglichkeit der Weiterbeschäftigung durch Arbeitgeber bzw. Gesundheitsamt bereits mehr­fach gehört und gele­sen. Bleibt für alle Betroffenen (Patienten/ Betreute und Mitarbeiter) zu hof­fen, dass die­se Lücke aus­ge­schöpft wird!

    1. Meine Frau ist auch betrof­fen, wes­we­gen ich mich inten­siv mit dem Thema beschäf­ti­ge. Sie ist die ein­zi­ge unge­impf­te Ärztin in der Abteilung. Dazu noch ein paar Schwestern. Einige las­sen sich imp­fen, damit sie einen Job bekom­men oder ihn behal­ten. Was für eine beschei­de­ne Begründung für einen sol­chen sinn­lo­sen Eingriff. Trotz Hausfinanzierung (und Großteil der Rücklagen sind als Eigenkapital drauf­ge­gan­gen), las­sen wir es dar­auf ankom­men. Und zum Glück den­ken wir bei­de das glei­che, so dass es hier kein Konfliktpotential gibt.

    2. Ich hof­fe nicht. Ein Gängelgesetz, das in der Regel nicht ein­ge­setzt wird, bedeu­tet doch umge­kehrt, dass es selek­tiv ein­ge­setzt ein pri­ma Instrument zur Disziplinierung von Abweichlern ist. Sprich: Der Pfleger, der sich klein­laut gibt, wird tole­riert. Wer jedoch den Mund auf­macht, ris­kiert ein Vertretungsverbot durch das Gesundheitsamt, wel­ches streng nach pflicht­ge­mä­ßem Ermessen entscheidet.

  5. Können wir die bei­den fol­gen­den Petitionen bis zum Ende der Zeichnungsfrist beson­ders gut sicht­bar platzieren?

    Unterstützen Sie eine Petition der Pflegekräfte gegen die Impfpflicht – auch im eige­nen Interesse
    https://​nor​bert​haer​ing​.de/​n​e​w​s​/​p​e​t​i​t​i​o​n​-​p​f​l​e​g​e​k​r​a​e​f​te/

    Norbert Häring geht in sei­nem kur­zen Artikel auf die bei­den Petitionen ein.

    Keine Covid-Impfpflicht für das Pflegepersonal/Bereitstellung einer sinn­vol­len Teststrategie vom 19.11.2021
    https://​epe​ti​tio​nen​.bun​des​tag​.de/​p​e​t​i​t​i​o​n​e​n​/​_​2​0​2​1​/​_​1​1​/​_​1​9​/​P​e​t​i​t​i​o​n​_​1​2​8​0​0​4​.​n​c​.​$​$​$​.​a​.​u​.​h​tml

    Keine all­ge­mei­ne Corona-Impfpflicht vom 06.12.2021
    https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2021/_12/_06/Petition_128564.%24%24%24.a.u.html

    https://​www​.coro​dok​.de/​w​i​e​-​l​a​u​t​e​r​b​a​c​h​-​w​i​e​l​e​r​/​#​c​o​m​m​e​n​t​-​1​1​0​556

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