Virologe: "Kein Anlass mehr zu Zwangsmaßnahmen"

ber​li​ner​-zei​tung​.de (25.8.)

»… Jonas Schmidt-Chanasit: Wir haben durch die Omikron-Variante des Sars-CoV‑2 in den letz­ten Monaten einen sehr hohen Infektionsdruck erlebt, der die soge­nann­te Sommerwelle her­vor­ge­ru­fen hat. Dies hat mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass die Anzahl derer, die weder geimpft noch gene­sen sind, ver­schwin­dend gering gewor­den ist…

Wir haben jahr­zehn­te­lan­ge Erfahrungen mit Epidemien und Pandemien, die durch zoo­no­ti­sche Viren her­vor­ge­ru­fen wur­den. Das sind Viren, die von einem Wirbeltier auf den Menschen über­tra­gen wer­den. Wir kön­nen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon aus­ge­hen, dass inner­halb der ver­schie­de­nen zir­ku­lie­ren­den Sars-CoV-2-Varianten in abseh­ba­rer Zeit kei­ne Variante domi­nant wer­den wird, die die Immunantwort voll­stän­dig umgeht und mit einer höhe­ren Infektionssterblichkeit einhergeht…

Also kei­ne „Killervariante“ am Horizont?

Bezeichnungen wie „Killervirus“ oder „Killervariante“ sind nicht wis­sen­schaft­lich. .. Wir haben auf­grund der Impfungen und Infektionen eine hohe Grundimmunisierung in der Bevölkerung erreicht und daher ist es unwahr­schein­lich, dass eine neue pan­de­mi­sche Variante ent­steht, die die­se brei­te Grundimmunität voll­stän­dig umgeht. Wahrscheinlicher ist hin­ge­gen, dass Varianten ent­ste­hen, die die­se Immunität teil­wei­se umge­hen können.

Also kom­men nur noch mil­de­re Varianten?

Omikron ist im Vergleich zur Delta-Variante eine Variante, die mit mil­de­ren Krankheitsverläufen ein­her­geht – mit einer ver­gleich­ba­ren Infektionssterblichkeit wie die sai­so­na­le Influenza.

Das heißt, wir kön­nen nun ganz nor­mal mit dem Virus leben?

Ja, so wie das die Bevölkerung in allen ande­ren euro­päi­schen Ländern auch macht…

Ist eine all­ge­mei­ne Maskenpflicht sinn­voll, etwa in Innenräumen?

Für ver­pflich­ten­de Maßnahmen auf Bevölkerungsebene besteht, wie in fast allen ande­ren euro­päi­schen Ländern, kei­ne Notwendigkeit mehr. Wir müs­sen ziel­ge­rich­te­ter vor­ge­hen, also uns ins­be­son­de­re viel bes­ser um den Schutz der vul­ner­ablen Gruppen küm­mern. Das betrifft vor allem die Basishygiene in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Auch hier ist wich­tig, dass wir nicht nur auf Sars-CoV‑2 schau­en. Wir haben vie­le ande­re Probleme im Gesundheitswesen, wie etwa den Personalmangel. Auch mul­ti­re­si­sten­te Erreger sind ein gro­ßes Problem. Wir müs­sen uns fra­gen, ob es sinn­voll ist, einen gro­ßen Teil unse­rer Ressourcen im Gesundheitswesen für Sars-CoV‑2 ein­zu­set­zen. Die ein­sei­ti­ge Fokussierung auf Sars-CoV‑2 hat zu vie­len Gesundheitsproblemen geführt.

Zu wel­chen?

Wir haben eine dra­sti­sche Zunahme der Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Wir haben enor­me Defizite in der Bildung…

Was hal­ten Sie von Tests in Schulen, wie Brandenburg das jetzt macht?

Anlasslose Massentests sind nicht mehr sinn­voll. Es erge­ben sich dar­aus auch kei­ne the­ra­peu­ti­schen Konsequenzen, noch wird dadurch das Infektionsgeschehen signi­fi­kant beein­flusst, wie aktu­el­le Studien ein­deu­tig nach­ge­wie­sen haben. Die mei­sten Infektionen fin­den sowie­so im fami­liä­ren Umfeld statt und eben nicht in den Schulen.

Soll es Isolierungen geben, also die omi­nö­se Quarantäne?

Es gibt einen alten Spruch, der gilt unver­än­dert: Wer krank ist, soll zu Hause blei­ben, bis er wie­der gesund ist.

FFP2-Masken in Altersheimen und ande­ren öffent­li­chen Räumen?

Diese Regel gibt es in fast kei­nem ande­ren Land der Welt außer in Deutschland. Entscheidend ist näm­lich die kor­rek­te Verwendung von FFP2 Masken und die­se hängt maß­geb­lich von der rich­ti­gen Anpassung der FFP2 Maske an das Gesicht des Trägers ab. Die Ausfallquoten von FFP2-Masken lie­gen zwi­schen 60 Prozent und 90 Prozent, ins­be­son­de­re bei län­ge­rer Anwendung über eine Stunde und bei Bartträgern. Meine Einschätzung ist des­halb, dass eine FFP2-Maskenpflicht in öffent­li­chen Räumen für die Allgemeinbevölkerung nicht wis­sen­schaft­lich begrün­det wer­den kann…

Mobile Luftreinigungsgeräte fil­tern nur die vor­han­de­ne Luft und kön­nen kei­nen Beitrag zur Frischluftzufuhr lei­sten, das heißt, sie erset­zen weder das Lüften noch haben sie einen Effekt auf die Virusübertragungen im Nahbereich. Mobile Luftreinigungsgeräte sind eine Fehlinvestition, die weder nach­hal­tig noch effek­tiv ist. Bislang fehlt jeg­li­cher wis­sen­schaft­li­che Nachweis, dass es durch die­se Geräte zu einer Reduktion von Infektionen gekom­men ist. Allgemein lässt sich auch noch ein­mal fest­hal­ten, dass in einer aktu­el­len Studie in Sächsischen Schulen im Mai 2022 fest­ge­stellt wur­de, dass 92,9 Prozent aller Teilnehmer Antikörper gegen Sars-CoV‑2 hat­ten – ohne signi­fi­kan­te Unterschiede zwi­schen Lehrern (95,1 Prozent) und Schülern (92 Prozent). Diese Daten bewei­sen, dass trotz der Fokussierung einer Vielzahl von Pandemiemaßnahmen auf Schüler – wie anlass­lo­se Testungen, Lüften, Maskenpflicht im Unterricht, Einschränkung von Sport- und Freizeitangeboten – die über­wie­gend natür­li­che Immunisierung die­ser Population nicht beein­flusst wer­den konn­te. Die Maßnahmen wie­der­um haben eine Vielzahl von uner­wünsch­ten nega­ti­ven Effekten auf die­se Altersgruppe, deren lang­fri­sti­ge Folgen aktu­ell nur ein­ge­schränkt abge­schätzt wer­den können…

Jonas Schmidt-Chanasit ist seit 2018 Inhaber des Lehrstuhls für Arbovirologie an der Universität Hamburg.

(Das Interview führ­te Michael Maier)«

18 Antworten auf „Virologe: "Kein Anlass mehr zu Zwangsmaßnahmen"“

  1. Wahrscheinlicher ist hin­ge­gen, dass Varianten ent­ste­hen, die die­se Immunität teil­wei­se umge­hen können.

    Mit die­ser Aussage dis­qua­li­fi­ziert er sich selbst.

          1. Die Varianten gabs schon immer. Allein an Coronaviren gibt es min­de­stens so vie­le Varietäten wie es ver­schie­de­ne Spezies gibt (Stichwort Artenvielfalt). Falsch ist die Behauptung daß stän­dig neue Varianten ent­ste­hen und die Behauptung daß Viren irgend­ein Immunsystem umge­hen oder gar Resistenzen ent­wickeln ist völ­li­ger Blödsinn.

            Denn Viren sind kei­ne Lebewesen. D.h., Viren kön­nen sich gar nicht selbst ver­meh­ren. Eine Virenerkrankung liegt erst dann vor, wenn der mensch­li­che Körper die DNA//RNA bestimm­ter Viren kopiert. Der Mensch kopiert also nicht jede DNA die er bekommt, das wäre ja fatal. Und eben des­we­gen kopiert der Mensch auch nicht jede Coronavirenvariante (Artenschranke).

            Und wenn man die DNA//RNA eines Virus ver­än­dert wird sie auch nicht mehr kopiert. D.h. daß so ver­än­der­te Virenmoleküle nicht mehr patho­gen sind.

    1. Varianten sind nor­mal, bei jeder Grippe Impfung, wobei jede Corona und Grippe Impfung tota­ler Unfug ist. Hochstabler Jonas Schmidt-Chanasit! Wo gibt es so einen Virus, der iso­liert wur­den? Lauter Betrüger, mit fal­schen Zahlen

    2. @Erfurt Wieso? Ist doch bei Influenza Viren genau das­sel­be, die mutie­ren stän­dig und wenn man es denn so aus­drücken möch­te „ umge­hen zum Teil die vor­han­de­ne Immunität“. Zwar stimmt es dass Viren per Definition nicht als Lebewesen gel­ten ( wes­we­gen ja auch Antibiotika nicht wir­ken gegen Viren ) aller­dings gar so ein Virus nichts­de­sto­trotz so ne Art über­le­bens­wil­len – dar­um und nur dar­um mutiert es ja.‍♀️

      1. Nein, nein und noch­mal nein!
        Ein Virus hat weder Willen noch Absicht, ein Virus hat ja nicht mal einen Stoffwechsel. Ein Virus ist ein, in eine Hülle ver­pack­ter, Bauplan für Hülle und Bauplan. Die Form der Hülle ist maß­geb­lich für die (Ver-)Bindungsmöglichkeit mit leben­den Zellen, "funk­tio­niert" aber rein pas­siv. Nochmal: es ist nicht das VIrus, das in die Zelle ein­dringt, viel­mehr ist es die Zelle, die das Virus aufnimmt.
        Die Mutationen sind schlich­te Kopierfehler. Führt die­ser Kopierfehler dazu, daß das Virus häu­fi­ger kopiert wer­den kann (z.B. durch leich­te­re Aufnahme durch Zellen oder gerin­ge­re Letalität bei Infektion), dann wird die­se Variante häu­fi­ger ver­viel­facht als eine Variante, bei der der Fehler zu einem gegen­tei­li­gen Effekt führt.
        Die erfolg­rei­chen Kopien sind dann die näch­ste Kopiervorlage. 

        Antibiotika wir­ken des­halb nicht gegen Viren, weil sie die Synthese eines Hüllproteins ver­hin­dern, das nur in (eini­gen) Bakterien, nicht aber in Viren zu fin­den ist. 

        Man erweist der guten Sache einen Bärendienst, wenn man auf der Basis von Halbwissen "argu­men­tiert".

        S.P.

      2. @PH, nein. Die Influenzaviren sind immer die­sel­ben. Daß wir mehr­mals im Leben eine Grippe bekom­men liegt nicht etw dar­an daß sich die Viren ver­än­dern son­dern dar­an daß unse­re Immunität gegen­über der Grippe nicht ein Leben lang anhält so wie das bei den Kinderkrankheiten der Fall ist.

        Kleine Enzyklopädie Gesundheit, Bibliografisches Institut Leipzig 1985

  2. • Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin) 

    [ s. d. fol­gen­de Sachverständigenliste, Bundestag, Gesundheitsausschuss ] 

    Liste der Sachverständigen zur öffent­li­chen Anhörung „COVID-19-Schutzgesetz“

    Montag, Montag, 29. August 2022, 10:45 Uhr bis 12:15 Uhr Paul-Löbe-Haus (PLH), Sitzungssaal E 300 20. Wahlperiode Gesundheitsausschuss

    [ zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und ins­be­son­de­re vul­nerabler Personengruppen vor COVID-19 (COVID-19-SchG) ]

    https://​www​.coro​dok​.de/​p​u​e​n​k​t​l​i​c​h​-​b​u​n​d​e​s​t​a​g​s​d​e​b​a​t​t​e​-​r​k​i​/​#​c​o​m​m​e​n​t​-​1​5​6​940

    Anhörung zum Schutz vul­nerabler Menschen vor Covid-19

    … BT-Drucksache 20/2573

    https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14_gesundheit/oeffentliche_anhoerungen/905472–905472

    20/2573

    https://​dser​ver​.bun​des​tag​.de/​b​t​d​/​2​0​/​0​2​5​/​2​0​0​2​5​7​3​.​pdf

  3. Das will bloß nie­mand in der Politik hören.
    Denn dann wür­den sie ihr Gesicht verlieren.
    Bleibt nur zu hof­fen, dass das Infektionsschutzgesetz kra­chend durch­fällt bei der Abstimmung.
    Dann endet das Aktuelle ein­fach so. (ist doch so, oder?)

  4. "… durch die Omikron-Variante … in den letz­ten Monaten … hoher Wahrscheinlichkeit … Anzahl derer, die weder geimpft noch gene­sen sind, ver­schwin­dend gering …

    Das ist doch schon seit März der Fall. (Gähn.) Wie oft wol­len wir das Spiel jetzt noch spie­len, Herr Chanasit?

  5. Ich ver­ste­he nicht ganz, war­um die Vorredner so auf Herrn Chanasit einprügeln.
    Jede der Aussagen scheint mir all­ge­mein­ver­ständ­lich und schlüs­sig. Eine kon­se­quen­te Absage an die "Maßnahmen"-Extremisten.

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