
Ein wunderbares Foto mit einer noch wunderbareren Bildunterschrift geht dem Kommentar der "Zeit" voran, der Wissenschaft im Stil der Lauterbachschen Zeitenwende betreibt:
Frau Schöps wehklagt:
»… Im kleinlichen Politgeschacher der letzten Wochen und Monate ist aus dem Blick geraten, was Masken unverändert leisten können. Und was für ein einfaches Mittel sie sind, um sich selbst oder Schutzbedürftigen eine überflüssige Infektion oder schwere Krankheitsverläufe vom Leib zu halten…
Jedenfalls entsteht womöglich in der Bevölkerung der Eindruck: Die wissen ja alle selbst nicht, was das Maskentragen gebracht hat und jetzt noch bringt, was wissenschaftlich gesichert ist.
Doch der Eindruck trügt, denn vieles ist vollkommen klar:
Die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Masken zum Schutz vor Sars-CoV‑2 ist geradezu erschlagend, mehr denn je. FFP2-Masken sind im Krankenhaus klar die bessere Wahl…«
"Evidenz für den Nutzen der Verwendung von Masken weiterhin gering bis moderat"
Ein Leser hat nachgeprüft, welche erschlagende Evidenz hier zitiert wird. Der erste Link führt zu einem Aufsatz "Update-Warnung 8: Masken zur Vorbeugung von Infektionen mit Atemwegsviren, einschließlich SARS-CoV‑2, im Gesundheitswesen und in Gemeinschaftseinrichtungen". Er ist erschienen in den "Annals of Internal Medicine" am 26.7. Dort heißt es:
»… In früheren Aktualisierungen wurde die Evidenz für die Verwendung von Masken im Vergleich zur Nichtverwendung zur Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen in Gemeinschaftsumgebungen auf der Grundlage von 2 RCTs und 8 Beobachtungsstudien als gering bis mäßig stark zugunsten der Verwendung von Masken bewertet. Bei dieser Aktualisierung stimmten 2 neue Beobachtungsstudien mit den früheren Erkenntnissen überein, wonach die Verwendung von Masken mit einem verringerten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion verbunden ist. Die bereinigte Odds Ratio (OR) für das Tragen von Masken in öffentlichen Innenräumen im Vergleich zum Nichttragen betrug in einer neuen Studie 0,51 (95% CI, 0,29 bis 0,93). Die zweite, nicht von Fachleuten begutachtete Studie untersuchte die Verwendung von Masken bei allen Interaktionen in einem Abstand von weniger als einem Meter (ohne Haushaltsmitglieder). Das Tragen einer Maske für mindestens einen Tag bei solchen Interaktionen innerhalb der vorangegangenen 10 Tage war mit einem geringeren Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion verbunden als das Nichttragen einer Maske. Die Verringerung des Risikos war in der Prä-Delta- (Juli 2020 bis Juni 2021; bereinigte OR, 0,60 [CI, 0,52 bis 0,70]) und Delta- (Juli 2021 bis November 2021; bereinigte OR, 0,65 [CI, 0,53 bis 0,81]) Ära ähnlich, schwächte sich jedoch in der Omicron-Ära (Dezember 2021 bis Februar 2022; bereinigte OR, 0,86 [CI, 0,76 bis 0,97]) ab. Da es sich bei den neuen Studien um Beobachtungsstudien handelte und sie methodische Einschränkungen aufwiesen, ist die Evidenz für den Nutzen der Verwendung von Masken im Vergleich zur Nichtverwendung zur Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung weiterhin gering bis moderat…«
Die zweite Quelle ist ein "Research Letter", veröffentlicht am 15.8. auf jamanetwork.com, in dem es über eine Studie aus der Schweiz heißt:
»… In dieser Folgestudie analysierten wir das SARS-CoV-2-Risiko für medizinisches Personal in Abhängigkeit von der kumulativen Exposition gegenüber Patienten mit COVID-19 und untersuchten, ob dieses Risiko durch die Verwendung von Atemschutzmasken im Vergleich zu chirurgischen Masken reduziert werden kann…
Ergebnisse
Wir schlossen 2919 Angehörige des Gesundheitswesens [HCW] ein (mittleres Alter 43 Jahre (Spanne 18–73 Jahre); 749 Teilnehmer (26 %) waren mit SARS-CoV‑2 infiziert. Die SARS-CoV-2-Positivität lag bei 13 % der HCW ohne Patientenexposition. Bei denjenigen, die mit Patienten in Berührung kamen, lag die Positivität bei 21 % für HCW, die Atemschutzmasken benutzten, und bei 35 % für diejenigen, die chirurgische/gemischte Masken benutzten (OR, 0,49; 95 % CI, 0,39–0,61)…
Diskussion
In dieser Studie war die SARS-CoV-2-Positivität bei medizinischem Personal des Gesundheitswesens mit der kumulativen Exposition gegenüber COVID-19-Patienten verbunden. Die Wahrscheinlichkeit, SARS-CoV-2-positiv zu sein, war bei Personen, die Atemschutzmasken trugen, unabhängig von der kumulativen Exposition um mehr als 40 % reduziert, selbst nach Bereinigung um mehrere arbeitsbezogene und nicht arbeitsbezogene Kovariablen…«
Das klingt nach einem klaren Fall. Jedenfalls wenn man annimmt, daß die positiven Tests von Kontakten mit gleichermaßen positiv getesteten PatientInnen herrührten. Wie stets wäre es gewiß sinnvoller gewesen, Erkrankungen zu zählen. Ob das Verfahren zur Berechnung schlüssig ist, ist eine Betrachtung wert:
»Methoden
… Im September 2021 gaben die Teilnehmer an, welchen Maskentyp sie in den letzten 12 Monaten bei Kontakt mit Patienten mit COVID-19 außerhalb aerosolerzeugender Verfahren verwendet hatten (nur chirurgische Maske, beide Maskentypen und nur Beatmungsgeräte). Zur Bewertung der kumulativen Patientenexposition wurde die selbst angegebene Anzahl der Kontakte mit Patienten mit COVID-19 (Bereich, 0–100) mit der mittleren Kontaktdauer (Bereich, 1–60 Minuten) multipliziert. Die kumulative Patientenexposition wurde in 8 Kategorien eingeteilt, die durch Potenzen von 2 definiert wurden. Zu Beginn der Studie, im Januar und September 2021, wurden die Teilnehmer auf Antinukleokapsid-Antikörper untersucht.
Das Hauptergebnis war die SARS-CoV-2-Infektion während der Nachbeobachtung, d. h. ein selbstberichteter positiver Nasopharyngealabstrich und/oder eine Antinukleokapsid-Serokonversion gegenüber dem Ausgangswert. Die Odds Ratios (ORs) für den Anstieg der SARS-CoV-2-Positivität pro Verdoppelung der Kontaktzeit wurden getrennt für die Beschäftigten des Gesundheitswesens berechnet, die nur Atemschutzmasken verwendeten, und für diejenigen, die nur chirurgische oder beide Maskentypen benutzten…«
Wie auch immer, halten wir fest: 13 % der Beschäftigten ohne Kontakte zu PatientInnen wurden positiv getestet. Bei denen mit Kontakten waren es 21 % mit Atemschutzmasken, womit wohl FFP-2-Masken gemeint sind, und 35 % bei denen mit "chirurgischen/gemischten" Masken. Letzteres dürfte bedeuten, daß die HCW mal die eine, mal die andere Art trugen.
77 Prozent "geimpft"
Im übrigen waren 77 Prozent aller positiv Getesteten "geimpft", mehr als 40 Prozent hatten positive Haushalt-Kontakte, wie der einzigen Tabelle zu entnehmen ist:

Das alles hat die "Zeit"-Autorin ausgeblendet, als sie formulierte:
»Alles deutet darauf hin, dass sie auch für Laien vorteilhafter ist – selbst wenn man sie nicht herzlich liebt und nicht perfekt trägt. Eine nicht perfekt getragene FFP2-Maske ist besser als keine, und auch nicht schlechter als eine meist ebenfalls im Alltag nicht perfekt getragene chirurgische Maske.
Diejenigen, die das Gegenteil behaupten, haben dafür bis heute keinerlei Belege geliefert…
Für erfolgreiche Public-Health-Maßnahmen war es noch nie nötig, dass alle sich hundertprozentig an sie halten und alles richtig machen. 60, 70 oder 80 Prozent richtig getragene Masken dürften nach allem, was man weiß, ausreichen, um maßgebliche Effekte zu erzielen. Es käme ja auch kein Mensch auf die Idee zu verlangen, dass man sich vom Zähneputzen und Händewaschen befreien müsste, weil es ja die meisten etwas schlampig machen.
Dass man die Masken in diesem Winter noch brauchen wird, steht ebenfalls außer Zweifel: Schon jetzt ächzt das ausgelaugte Personal in den Kliniken…
Weder waren Masken der Hauptgrund für die Belastungen der Kinder in dieser Pandemie noch stören sie das Evolutionswunder Immunsystem, das wahrlich nicht mit jedem, noch dazu gefährlichen herumfliegenden Erreger kämpfen muss, um fit zu bleiben.
Meine Güte: Die Maske ist ein kleines Stück Vlies. Sie leistet gute Dienste zur Schadensbegrenzung. Man wird sie vielleicht nicht bis in alle Ewigkeit im Alltag brauchen, aber zumindest eine Weile dürfte sie doch noch nützlich sein: Solange man noch nicht so viel über dieses neue Sars-Virus weiß..«
An dieser Stelle habe ich kapituliert. Ich erinnere mich an einen Mitschüler, der tief und fest an die Heilige Dreifaltigkeit glaubte, was sein gutes Recht war. Eine Zeit lang hat er versucht, mich zu missionieren. Er wäre aber nie auf die Idee gekommen, mich zum Verzehr einer Hostie, des "Leibes Christi" zu zwingen. Ich gestehe auch Frau Schöps ihren Glauben zu. Auch sie sollte sich hüten, mir dessen Regeln aufzuzwingen. Zumal sie weder eine theologische noch gar eine medizinische Ausbildung hat.

(Hervorhebungen nicht in den Originalen. Fußnoten und Verweise der Originale wurden hier weggelassen.)
Grundgütiger… das zweite Papierchen ist herzallerliebst, aber methodisch bestenfalls schlecht. Sinnlose Kovariablen, nicht weiter aufgeklärte inkonsistente Ergebnisse (bei den heldenhaften Supermaskenträgern gibt es keine kontinuierliche Korrelation zwischen Kontakten und positiven Tests), die beiden Hauptvariablen werden in einem Punkt zusammengefasst…
Nun gut, Frau Schöps hat das mit Sicherheit nicht gelesen. Wissenschaft und vor allem die grundlegenden Regeln der wissenschaftlichen Beweisführung sind wohl nicht so ihr Ding.
Niemand ist so leicht mit Grasnarbenwissenschaft zu beeindrucken und zu beeinflussen wie die zeitgenössischen Bilbüs (Bildungsbürgerinnen und ‑bürger), die ihre akademische Ausbildung wie eine Monstranz vor sich her tragen und daran nicht mehr vorbeigucken geschweige denn vorbeidenken können.
Wenn man Tabelle 4 aus dem ersten Paper anschaut, tendiert die Evidenz eher zwischen "insufficient" und "low"
https://www.acpjournals.org/doi/suppl/10.7326/L22-0272/suppl_file/L22-0272_Supplement.pdf
An dieser Stelle sollte man vielleicht auch auf die Einschätzung der Europäischen Gesundheitsbehörde ECDC verweisen und bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, dass Experten wie Frau Schöps uns immerhin ein Jahr lang erzählt haben, ein Stofflappen vor dem Gesicht wäre das Allheilmittel. Das ECDC schreibt: „Die Evidenz für die Wirksamkeit von medizinischen Gesichtsmasken zur Prävention von COVID-19 in der Bevölkerung ist mit einem kleinen bis mäßigen Schutzeffekt vereinbar, aber es bestehen erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Größe dieses Effekts. Die Evidenz für die Wirksamkeit von nicht-medizinischen Gesichtsmasken, Gesichtsschilden/Visieren und Atemschutzmasken in der Bevölkerung ist spärlich und von sehr geringer Gewissheit.“
https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/covid-19-face-masks-community-first-update.pdf
Und wo bleiben bei dieser Diskussion die syrischen Goldhamster aus dem amtlichen Evaluationsbericht?—Schlechte Recherche der "Zeit".
Und hier hat ein Amerikaner/Kanadier (?) eindrücklich die hohe Wirksamkeit (in Winterlandschaft) gezeigt.
https://www.youtube.com/watch?v=_fPfGU1MizY
Aus:
https://www.achgut.com/artikel/keine_evidenz_fuer_masken_im_alltag
"Weder waren Masken der Hauptgrund für die Belastungen der Kinder…"
Woher will sie das denn wissen?
"…in dieser Pandemie…"
In welcher Pandemie?
"…noch stören sie das Evolutionswunder Immunsystem, das wahrlich nicht mit jedem, noch dazu gefährlichen herumfliegenden Erreger kämpfen muss, um fit zu bleiben."
Die schädlichen Auswirkungen zeigen sich wahrscheinlich erst in Jahren oder Jahrzehnten!
"Schon jetzt ächzt das ausgelaugte Personal in den Kliniken…",
herrlich diese Empathie und dieses Einfühlungsvermögen den Pflegenden gegenüber. Die werden sich sicher über diese religiöse Lobrede bedanken und weiter unter ihren Masken ächzen, um solchen textenden Hohlköpfchen ein vermeintlich gutes Gewissen zu verschaffen.
Da fehlen einem schlicht und ergreifend die Worte ob all diesem
hirnerweichend dümmlichen Gefasels. Aber dieses Niveau scheint
sich ja mittlerweile etabliert zu haben (sowohl in den Redaktionen
als auch in der Politik und bei all den mitlaufenden Schreihälsen).
Das nennt man dann wohl menschliche Involution.
Denn wo steht geschrieben, daß wir uns immer weiterentwickeln
würden/müssten ?