Von Epidemien und Pseudo-Epidemien

Die Erkennung von ech­ten oder nur schein­ba­ren Bedrohungen durch Seuchen erlangt für die Gesellschaft eine zuneh­men­de Bedeutung. Prof. Christian Drosten [1]

Aktuell zeigt sich beson­ders dra­stisch, wie bedeu­tend die­se Erkenntnis ist – doch wie lässt sich Schein von Sein unter­schei­den? Am Anfang zumin­dest sieht alles gleich aus und beginnt bei­spiels­wei­se mit Atemwegsbeschwerden. So gesche­hen im Frühling 2006 im US-ame­ri­ka­ni­schen Bundesstaat New Hampshire, im Dartmouth Hitchcock Medical Center, Lebanon. Eine Ärztin quäl­te ein hart­näcki­ger Husten, wei­te­ren Angehörigen des Krankenhauspersonals ging es ähn­lich. Die Spezialistin für Infektionskrankheiten im Hause ver­mu­te­te einen Keuchhusten-Ausbruch und befürch­te­te ein Übergreifen auch auf die Patienten. [2]

Da die Kultur des Keuchhusten-Bakteriums Wochen dau­ert, ent­schied man sich für die PCR als schnel­les Nachweisverfahren. Insgesamt wur­den 1041 Tests durch­ge­führt, mit 98 posi­ti­ven Ergebnissen; wei­te­re 36 Diagnosen wur­den nach der Falldefinition gestellt .[3] Außerdem wur­de das epi­de­mi­sche Krisenmanagement akti­viert: „Mit Hilfe von frei­wil­li­gen Krankenschwestern und Ärzten wur­den 3599 Dosen Tdap-Impfstoff […] ver­ab­reicht und 72% des Krankenhauspersonals in Massenimpfungen erfasst. Verteilten 1364 Dosen Azithromycin […]. Angestellte wur­den beur­laubt, krank­ge­schrie­ben oder arbei­te­ten mit Masken, wäh­rend das Krankenhaus eini­ge nicht-essen­ti­el­le Aufgaben strich und Betten frei hielt. Die Maßnahmen waren ein groß­ar­ti­ger Erfolg: Dartmouth-Hitchcock hat erfolg­reich einen Ausbruch von Atemwegserkrankungen kon­trol­liert.“ [3]

Wäre man an die­sem Punkt ein­fach wie­der zur Tagesordnung über­ge­gan­gen, hät­ten alle Beteiligten hoch­zu­frie­den sein kön­nen. Stattdessen wur­de bei den­je­ni­gen mit Keuchhusten-Diagnose nach­träg­lich ver­sucht, Bakterien zu fin­den. Das ist der Goldstandard für dia­gno­sti­sche Tests bei Infektionskrankheiten: der Nachweis des Krankheitserregers. Er gelang in kei­nem Fall, es gab kei­ne Bakterien, damit kei­nen Keuchhusten, alle 98 PCR-Ergebnisse waren also falsch-posi­tiv. Das bedeu­tet umge­rech­net eine falsch-posi­ti­ve Rate von 9,4% und eine Spezifität von nur 90,6%. Die Überprüfung die­ser PCR-Ergebnisse mit einer auf­wen­di­ge­ren PCR, bei der die Reaktion nicht nur mit einem Gen, son­dern mit zwei Genen erfor­der­lich war, konn­te die Spezifität erheb­lich auf 99,9% verbessern.

Das war kein Einzelfall, es gab bereits meh­re­re durch das abso­lu­te Vertrauen auf die PCR ver­ur­sach­te Pseudo-Epidemien mit Keuchhusten. Die erste PCR mit einer ande­ren, auf­wen­di­ge­ren PCR zu über­prü­fen ist ein­fach und hät­te schon sehr viel frü­her gesche­hen kön­nen eben­so wie sero­lo­gi­sche Tests auf Antikörper und der Ansatz der Bakterienkultur. Es hät­te dann Hinweise auf Unstimmigkeiten gege­ben, denen man hät­te nach­ge­hen kön­nen. Das wur­de unter­las­sen, weil man kei­ner­lei Zweifel dar­an hat­te, das Richtige zu tun. Vor allem fehl­te das Verständnis für Tests, spe­zi­ell für die PCR und deren Grenzen: “Die wich­ti­ge Botschaft lau­tet, dass jedes Labor für falsch-posi­ti­ve Ergebnisse anfäl­lig ist. […] Kein ein­zi­ges Testergebnis ist abso­lut und das ist sogar noch wich­ti­ger bei einem Testergebnis, das auf der PCR basiert.” [2]

Bakterien sind ein­fa­cher zu kul­ti­vie­ren als Viren und so wer­den vira­le Pseudo-Epidemien noch weni­ger ent­deckt als bak­te­ri­el­le, da sie gar nicht erst gesucht wer­den. In die­sem Bereich ist seit Jahrzehnten die PCR in Gebrauch, und bei COVID-19 geschieht das mit einer Gutgläubigkeit, die erschreckend ist. Falsch-posi­ti­ve Ergebnisse gibt es angeb­lich nicht und Nachfragen beim Bundesministerium für Gesundheit, dem Robert-Koch-Institut, der Charité und TIB-Molbiol zur Spezifität der PCR wur­den bis­lang nicht beant­wor­tet. Stattdessen wur­de die PCR kur­zer­hand zu ihrem eige­nen Goldstandard und damit für unfehl­bar erklärt – so gesche­hen beim Paul-Ehrlich-Institut. [4] Das kennt man sonst vom Vatikan.

Was inter­es­siert da den „Corona-Papst“[5] noch sein klu­ges Geschwätz von gestern?


[1] https://​viro​lo​gie​-ccm​.cha​ri​te​.de/​u​e​b​e​r​_​d​a​s​_​i​n​s​t​i​t​ut/

[2] Gina Kolata: Faith in Quick Test Leads to Epidemic That Wasn’t (New York Times 22.01.2007) https://​www​.nyti​mes​.com/​2​0​0​7​/​0​1​/​2​2​/​h​e​a​l​t​h​/​2​2​w​h​o​o​p​.​h​tml

[3] Cough and cha­os: A fal­se out­break of per­tus­sis (RELIAS MEDIA 1.5.2007) https://​www​.reli​as​me​dia​.com/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​1​0​3​4​0​5​-​c​o​u​g​h​-​a​n​d​-​c​h​a​o​s​-​a​-​f​a​l​s​e​-​o​u​t​b​r​e​a​k​-​o​f​-​p​e​r​t​u​s​sis

[4] COVID-19-Tests: NAT-Test gilt als Goldstandard

https://​www​.pei​.de/​D​E​/​n​e​w​s​r​o​o​m​/​h​p​-​m​e​l​d​u​n​g​e​n​/​2​0​2​0​/​2​0​0​3​2​3​-​c​o​v​i​d​-​1​9​-​n​a​t​-​t​e​s​t​s​.​h​tml

[5] Virologe Christian Drosten ist Deutschlands Corona-Papst (Augsburger Allgemeine 16.03.2020)

https://​www​.augs​bur​ger​-all​ge​mei​ne​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​V​i​r​o​l​o​g​e​-​C​h​r​i​s​t​i​a​n​-​D​r​o​s​t​e​n​-​i​s​t​-​D​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​s​-​C​o​r​o​n​a​-​P​a​p​s​t​-​i​d​5​7​0​5​6​4​3​6​.​h​tml

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