Wie geil ist das denn?

Für sei­nen Namen kann der Autor* eines Beitrags vom 9.8. auf rbb24​.de nichts. Wohl aber für den Text, der einen zwi­schen Fassungslosigkeit und Amüsiertheit zurück­lässt. Er war­tet 4 Stunden auf ein Testergebnis, um tan­zen zu dür­fen, und fin­det das irgend­wie toll:

»Corona-Pilotprojekt der Berliner Clubs
Im Wunderland ohne Maske

Ein Raum voll mit Menschen, tan­zend, schwit­zend, jubelnd mit­ten in der Pandemie – aber als kon­trol­lier­tes Experiment. Haluka Maier-Borst hat mit­er­lebt, wie es sich als fei­ern­des Versuchskaninchen anfühlt.

Da bin ich also mit­ten in der Wilden Renate, einem bre­chend vol­len Club, den ich lie­be. Mitten in der Pandemie, die unse­ren Alltag bestimmt und fra­ge mich: Passiert das wirk­lich? Ich schaue zu mei­ner Begleitung, mei­ner Mitbewohnerin her­über und sehe in ihrem Gesicht, wie sich im sel­ben Takt wie die Lichtfarbe die Gefühle abwech­seln. Ungläubigkeit. Wir schau­en uns an. Euphorie. Wir grin­sen ver­schwö­re­risch wie zwei, die eine Goldmünze aus einem Museum gestoh­len haben. Freude. Wir umar­men uns, drücken uns. Ekstase. Wir jubeln. Wir im Wunderland.

Dabei tan­zen wir nur. Aber für die Zukunft. Für die Wissenschaft. Für Wochenenden, in denen "Corona" wie­der mehr für ein mexi­ka­ni­sches Bier steht, zu des­sen Geschmack man geteil­te Meinung haben kann. Und eben nicht für etwas, das unser aller Alltag bestimmt, dik­tiert und vie­les ver­un­mög­licht, so wie sol­che Abende – wenn­gleich aus ver­ständ­li­chen Gründen.

Der Weg bis in den Club war kei­ner, den man sich in 2019 hät­te vor­stel­len kön­nen. Wir gehen nicht ein­fach nur fei­ern. Wir sind Teil eines Pilotprojekts der Berliner Clubcomission und der Berliner Charité, das erör­tern soll, ob und wie Clubs sicher wie­der öff­nen kön­nen. Und das heißt für uns, anstatt am Freitagmittag zu ent­schei­den, was wir machen, haben wir uns die Karten für den Abend schon am Dienstagmittag durch ange­streng­tes Rumgeklicke im Netz ergattert…

Wir schaf­fen es recht­zei­tig. Während drau­ßen Leute mit Burger, Falafel, Wein und Bier ihr Wochenende in Kreuzberg ein­läu­ten, sit­zen wir in einem klei­nen Raum, strecken die Zunge raus und las­sen uns im Rachen her­um­krat­zen, damit wir auf Corona gete­stet wer­den. Dann Warten.

Eine Stunde ver­geht, wir essen etwas. Zwei Stunden ver­ge­hen, wir trin­ken einen Schnaps und legen uns bei­de nach einer lan­gen Woche kurz zu Hause hin. Denn schaf­fen wir es über­haupt sonst noch, durch­zu­fei­ern? Dritte Stunde. Was wenn etwas schief geht, unser Testergebnis nicht kommt? Eine befreun­de­te Kollegin fragt schon ner­vös per SMS, ob wir schon unser Ergebnis hät­ten. Eigentlich soll­te nach drei Stunden doch was kom­men. Vierte Stunde. Dann die Mail: Negativ, hier sind eure Tickets.

Wie wir an die dazu­ge­hö­ri­gen Bändchen kom­men, mit denen wir nun zwei Tage lang in sechs Berliner Clubs fei­ern dür­fen, ist nicht erklärt. Aber wir fah­ren auf gut Glück zur Wilden Renate. Ein letz­tes Mal leich­ter Nervenkitzel in der Schlange, der sich aber schon fast anfühlt wie an jedem nor­ma­len Wochenende…

"Hey, kannst die Maske jetzt abset­zen", sagt der Einlass. Ach stimmt. Wir im Wunderland, ohne Maske. Dafür mit viel Schweiß, feuch­ter Luft und Endorphinen. Ich genie­ße es, all die Sorgen los­zu­las­sen, die mir das Virus ein­ge­häm­mert hat. Ich hat­te Angst, wie ich auf die Situation im Club reagie­ren wür­de nach andert­halb Jahren mit andert­halb Meter Abstand. Ob ich panisch wer­de, wenn ich einen gedrängt vol­len Raum sehe, ein abso­lu­tes No-Go in einer Pandemie. Wie es sich anfühlt, Teil eines Experiments zu sein. Aber ich tan­ze nur. Werde eins mit der Masse, die zum Takt pul­siert wie ein eige­nes Lebewesen. Lasse mich erfas­sen von der Basswelle…

Wir fei­ern wei­ter, bis nur noch eine Tanzfläche offen ist. Bis nur noch bret­tern­de Bässe an uns rüt­teln, damit wir noch irgend­wie ein biss­chen län­ger tan­zen. Bis irgend­wann der letz­te Track gespielt ist und eine der Organisatorin durch den Club ruft. Sie dankt uns. Sie sagt: "Macht kei­nen Mist, kommt gut heim und lasst uns hof­fen, dass die Tests nach der Nacht nega­tiv aus­fal­len, damit wir das hier wie­der machen kön­nen." Ich den­ke, ja hof­fent­lich. Am 13. August, wenn wir alle unse­re Nachtestung hat­ten, wer­den wir es wissen.

Dann fragt mich einer mei­ner Nachtbekanntschaften, ob ich mor­gen Abend mit ins Kit-Kat kom­me. Einen Abend kön­ne man ja noch inner­halb des Modellversuchs fei­ern. Ja viel­leicht, wer weiß das schon. Aber nach dem Abend weiß ich, dass Berlins Clubs die Pandemie über­le­ben wer­den. Irgendwie. Definitiv. Und not­falls lass ich mir vor dem Wochenende dafür im Rachen krat­zen.«

Manchmal wün­sche ich mir, ich hät­te Psychologie studiert.

* In mei­ner Ignoranz habe ich in einer frü­he­ren Textversion Haluka für einen weib­li­chen Namen gehal­ten. Pardon!

15 Antworten auf „Wie geil ist das denn?“

  1. In kei­ner Studie ist es Pfizer/BioNTech (oder Moderna, AstraZeneca und Johnson&Johnson) gelun­gen, irgend­ei­ne Wirksamkeit der Impfung gegen den Tod an COVID oder eine kli­nisch rele­van­te Wirksamkeit gegen schwe­re Verläufe zu zeigen. 

    https://​www​.ach​gut​.com/​a​r​t​i​k​e​l​/​w​a​r​u​m​_​w​i​r​k​t​_​p​f​i​z​e​r​_​b​i​o​n​t​e​c​h​_​b​n​t​1​6​2​b​2​_​k​l​i​n​i​s​c​h​_​n​i​c​h​t​_​g​e​g​e​n​_​c​o​vid

  2. Die Dame hat bestimmt irgend­wann ein­mal auf einer Party eini­ge Technotanztabletten zu viel gefut­tert, seit­dem ist sie etwas crin­ge und redet in Zungen. Au weia. :))

  3. Das geht aber noch bes­ser: "Die lan­ge Nacht des Impfens ‑Bericht von Berlins erster Impfparty"
    https://​www​.ber​li​ner​-zei​tung​.de/​m​e​n​s​c​h​-​m​e​t​r​o​p​o​l​e​/​b​e​r​l​i​n​e​r​-​f​e​i​e​r​n​-​d​i​e​-​e​r​s​t​e​-​i​m​p​f​p​a​r​t​y​-​i​m​-​i​m​p​f​z​e​n​t​r​u​m​-​l​i​.​1​7​5​964

    Auszüge:
    "Bereits eine hal­be Stunde vor Beginn war­ten über 150 Menschen auf Einlass. Sie kom­men nicht nur, um zu tan­zen. Sie wol­len sich vor allem mit einem klei­nen Piks vor Corona schüt­zen.… 19 DJs sor­gen im Impfzentrum für Partystimmung – wie das DJ-Duo „Tiefschwarz“…
    Trotz der dröh­nen­den Elektrobeats kommt nach dem Betreten des Zentrums kaum Partystimmung auf. Zunächst gilt es erst ein­mal, die für die Impfung gegen Corona not­wen­di­gen medi­zi­ni­schen Schritte zu absol­vie­ren. Personalien wer­den auf­ge­nom­men, Pflegepersonal, das vor­ab nega­tiv auf Corona gete­stet wur­de, führt Belehrungen durch. Im Wartebereich fül­len die Besucher die Einverständniserklärungen aus.

    Auf dem Weg in die Impfkabinen, wo die Vakzine von Biontech/Pfizer und Johnson & Johnson geimpft wer­den, geht es dank der hei­ßen Rhythmen der DJs schon locke­rer zu. Ein Piks, dann der Eintrag und Stempel in den Impfausweis – jetzt kann gefei­ert werden.
    Doch eine Impfparty ist nun ein­mal kei­ne ech­te wie in den Clubs. Richtiges Feiern mit Tanzen ist nicht mög­lich. In dem Wartebereich hin­ter den Impfkabinen, in dem sich jeder auch bei nor­ma­len Impfungen in der Arena unter ärzt­li­cher Kontrolle auf­hal­ten muss und Maskenpflicht besteht, sol­len die jun­gen Leute eher zu der Musik der DJs „chil­len“. Bereits vor der Arena machen Ordner den Impfwilligen klar, dass auch in der Halle die Abstandsregeln ein­ge­hal­ten und FFP2-Masken getra­gen wer­den müs­sen. „Tanzen geht da nun wirk­lich nicht“, sagt ein Helfer. Aber mit Getränken kön­ne man beim Chillen auf die Impfung ansto­ßen. „Nichts alko­ho­li­sches“, sagt der Helfer. „Es wird Wasser in Tetra-Paks gereicht.“
    Nach Ende der rund 30 Minuten lan­gen Erholungsphase, die für jeden Impfwilligen auch an nor­ma­len Tagen im Impfzentrum vor­ge­schrie­ben ist, gehen dann auch schon vie­le Gäste der Impfparty nach Hause.
    Das Impfzentrum hat sich in einem Club ver­wan­delt. Wegen der Abstandsregeln und Maskenpflicht war Tanzen nicht mög­lich. Die Besucher saßen nach der Impfung in der Halle, hör­ten die Musik."

    Die Impf-Szene schmeißt ein­fach die besten Partys in Berlin. Wasser aus dem Tetra-Pack trin­ken, gedie­gen in einem Wartebereich den drö­nen­den Beats der DJs lau­schen. Geiler geht es nicht, oder?

  4. Gilt das, was so etwas zusam­men­schmiert, heut­zu­ta­ge als Journalistin, oder ist es doch nur ein Depp? Wahrscheinlich beides.
    Zusatzfrage: Würden Sie so etwas wirk­lich the­ra­pie­ren wollen?

  5. Es war schon immer so, Jugend darf das!
    Endlos irren, platt eupho­risch, unwis­send, unre­flek­tiert sein. Teil der schlecht infor­mier­ten Mehrheit. 

    Dieses Dämchen hät­te sich frü­her besten­falls dem "Weissen Rösl" angeschlossen!
    Hat bestimmt eine gro­sse Karriere im ÖRR vor sich,

  6. Was wird Haluka wohl den­ken, wenn sie das in 10 Jahren noch mal liest. Wahrscheinlich hat man dann schon die näch­ste Pandemie aus­ge­ru­fen. Kandidaten gibt es ja genug. Oder aber wir alle leben dann eh nicht mehr, weil inzwi­schen die Erde ver­strahlt ist. Denn neben­bei wird auf­ge­rü­stet und militarisiert.
    Corona frisst Hirn. das scheint gewiss

  7. Ich bin zur Zeit in Ungarn, kom­plett Masken und Testfrei. Alle Menschen sind freund­lich, hocken zusam­men, fei­ern, lachen umar­men sich und beneh­men sich voll­kom­men natür­lich. Corona ist hier über­haupt kein Thema. Mir graust es schon, wenn ich wie­der nach Hause fah­re ins Land der Psychopathen.

  8. Tatsächlich schei­nen vie­le Menschen traumatisiert.
    Hier in Österreich müs­sen in Non-Food Geschäften kei­ne Masken getra­gen wer­den. Im "LIBRO" Buchladen hat mei­ne Frau die Kassiererin gefragt, war­um die Leute über­wie­gend Maske tra­gen? Die hat nur die Schultern gezuckt:"San Touristen…!"

    Soeben ist (mit ca 500m Luftlinie zum näch­sten Lebensmittelgeschäft, mit­ten auf dem Land in einem Dorf zwi­schen Wald und Wiesen) eine Dame mit ihrem Hund vor­bei gegan­gen – um den Ellbogen hat­te sie eine Maske gewickelt… viel­leicht gegen infi­zier­te Kühe?

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