Wie das Gesundheitsministerium seine Maskengeschäfte geheim halten will

Darüber infor­miert unter die­sem Titel am 27.2.23 capi​tal​.de:

»Auch Karl Lauterbach ver­hin­dert Transparenz zu den Maskendeals sei­nes Vorgängers. Prozessunterlagen zei­gen, dass sein Ressort dabei auch zu selt­sa­men Behauptungen greift – wie angeb­li­che Sicherheitsrisiken für sei­ne Beamten. Jetzt hat ein Gericht die Behörde abgewatscht

Fast drei Jahre ist es her, dass der Staat in der Corona-Krise zum Großeinkäufer von Schutzmasken wur­de. Um an die damals knap­pen Masken zu kom­men, schlos­sen Bund und Länder teils aben­teu­er­li­che Deals. Bis heu­te lau­fen des­halb immer noch meh­re­re Dutzend Gerichtsverfahren. In den mei­sten Fällen kla­gen Lieferanten, die bis heu­te auf ihr Geld war­ten, gegen den Bund. Streitwert zuletzt: mehr als 400 Mio. Euro.

Unterlagen aus einem spe­zi­el­len Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln, die Capital vor­lie­gen, geben nun Einblicke in die Prozesstaktik des Bundesgesundheitsministeriums, gegen das sich die Klagen der Lieferanten rich­ten. Ein Unternehmer aus Offenburg hat­te von dem Ministerium unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Offenlegung von Dokumenten aus dem soge­nann­ten Open-House-Verfahren ver­langt – einem ver­ein­fach­ten Bestellverfahren, über das der dama­li­ge Minister Jens Spahn (CDU) Massen von Schutzmasken für 4,50 Euro je FF2-Maske einkaufte…

Im Zusammenhang mit Großaufträgen an die Schweizer Firma Emix ermit­telt auch die Staatsanwaltschaft Berlin wegen Korruptionsverdachts gegen einen bis heu­te amtie­ren­den Abteilungsleiter des Ministeriums. Im Fall Emix ent­schied das Kölner Verwaltungsgericht im Januar in einem par­al­le­len Verfahren, dass das Gesundheitsressort die Kommunikation des frü­he­ren Ministers Spahn mit der Emix-Vermittlerin Andrea Tandler her­aus­ge­ben muss, so weit dadurch kei­ne Geschäftsgeheimnisse berührt sind…

In dem Kölner Verfahren hat­te die vom Gesundheitsministerium man­da­tier­te Kanzlei Redeker Sellner Dahs gleich eine gan­ze Litanei von Gründen ange­ge­ben, die einer Herausgabe der Dokumente zum Open-House-Verfahren angeb­lich ent­ge­gen stün­den: der Arbeitsaufwand durch „meh­re­re Zehntausend zu sich­ten­de Seiten“, der das Ministerium von sei­nen „Kernaufgaben“ abhal­ten wür­de, der Datenschutz, das Urheberrecht, das Anwaltsgeheimnis, auf das sich auch die mit den Vorgängen befass­ten Juristen des Ministeriums beru­fen könn­ten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von betei­lig­ten Firmen, der beson­de­re Schutz des „Kerns der exe­ku­ti­ven Eigenverantwortung“ des Regierungshandelns, die Einstufung der von Lutz ange­for­der­ten Prüfberichte als ver­trau­li­che Verschlusssachen…

Ministerium sieht Bedrohung für Beamte

Um die Ansprüche auf Zugang zu den Dokumenten aus dem chao­ti­schen Einkaufsverfahren abzu­weh­ren, scheu­ten die Anwälte des Ministeriums auch vor selt­sam anmu­ten­den Argumenten nicht zurück. So tru­gen sie den Kölner Verwaltungsrichtern vor, im Fall einer Herausgabe der Prüfberichte zu rund 10.000 Maskentests und wei­te­rer Dokumente sei eine Gefährdung der „per­sön­li­chen Schutzgüter“ der betei­lig­ten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums zu erwar­ten. In ande­ren Worten: Die Sicherheit die­ser Beschäftigten wäre bedroht…

Tatsächlich waren im April 2022 Pläne einer Gruppe aus der Reichsbürger-Szene bekannt gewor­den, Lauterbach zu ent­füh­ren. Aber dass Drohungen gegen den in der Corona-Krise beson­ders expo­nier­ten Lauterbach breit auf nor­ma­le Beamte „aus­strah­len“, erschien auch dem Gericht etwas weit hergeholt…

Die im nüch­ter­nen Duktus der Verwaltungsjuristen gehal­te­ne Urteilsbegründung liest sich wie eine Klatsche für das Gesundheitsressort, des­sen Argumente gegen eine Offenlegung fast aus­nahms­los zurück­ge­wie­sen wer­den. Immer wie­der heißt es, die­se sei­en „unsub­stan­ti­iert“, „pau­schal“ oder es man­ge­le an der Darstellung „kon­kre­ter Tatsachen“. An einer Stelle watscht die Kammer das Ministerium und sei­ne Anwälte regel­recht ab: „Die Beklagte beschränkt sich – wie auch im Übrigen – auf die Darlegung all­ge­mei­ner und abstrak­ter Besorgnisse.“ Soll hei­ßen: Viel Geraune, wenig Konkretes…

Gericht: Ministerium „ergeht sich in Mutmaßungen“

Auch den Verweis des Ministeriums auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betei­lig­ter Firmen las­sen die Richter nicht gel­ten. Es sei nicht belast­bar begrün­det wor­den, wie Vorgänge aus dem Jahr 2020 zu einem abge­schlos­se­nen Verfahren noch heu­te rele­van­te Geschäftsgeheimnisse ent­hal­ten könn­ten – zumal es sich bei dem Open-House-Verfahren um einen ein­ma­li­gen Vorgang han­de­le. Ebenso rügen sie die Entscheidung des Ministeriums, die Prüfberichte zu den Maskentests als Verschlusssache ein­zu­stu­fen – etwas, das in erster Linie zum Schutz der äuße­ren und inne­ren Sicherheit der Bundesrepublik erfolgt…

Abgebügelt wur­de schließ­lich auch das Argument, ein Bekanntwerden der Namen von Beamten, die mit dem Open-House-Verfahren befasst waren, sei geeig­net, deren Sicherheit zu gefähr­den. Die Beklagte – also das Ministerium – habe dazu kei­ne „kon­kre­ten oder auch nur abstrak­ten“ Anhaltspunkte gelie­fert, schrei­ben die Richter, „viel­mehr ergeht sie sich in Mutmaßungen“…

In ihrem Urteil ent­schie­den die Kölner Richter, kei­ne Berufung zuzu­las­sen. Allerdings bleibt dem Gesundheitsministerium noch die Möglichkeit, vor dem nord­rhein-west­fä­li­schen Oberverwaltungsgericht in Münster die Zulassung der Berufung zu errei­chen. Zu der Frage, ob es dies plant, woll­te sich der Ministeriumssprecher auf­grund der lau­fen­den Prüfung nicht äußern…

EY macht Kasse, Deloitte steigt groß ein

Die Nachwehen der Masken-Geschäfte in der Frühphase der Corona-Krise 2020 blei­ben damit auch drei Jahre spä­ter eine Erlösquelle für diver­se Dienstleister des Bundes – allen vor­an für den Beratungskonzern EY. Inzwischen haben die Ausgaben an des­sen Rechtsberatungsarm EY Law nach Angaben des Lauterbach-Ressorts die Grenze von 40 Mio. Euro über­schrit­ten. Hinzu kom­men 36,8 Mio. Euro, die EY seit April 2020 als zen­tra­ler Dienstleister für die Abwicklung der Masken-Verträge erhal­ten hat. Damit sum­miert sich der Umsatz des EY-Konzerns, der wegen der Rolle sei­ner Wirtschaftsprüfer im Bilanzfälschungsskandal bei Wirecard in Deutschland mit Imageproblemen kämpft, mit dem Gesundheitsressort auf fast 80 Mio. Euro.

Neben Kanzleien mit deut­lich klei­ne­ren Honorarbudgets wie CMS oder Redeker ist inzwi­schen auch der EY-Konkurrent Deloitte groß im Geschäft. Ein frü­he­rer EY-Anwalt hat bei sei­nem Wechsel zu Deloitte jüngst eini­ge der Open-House-Klagen mitgenommen… 

Allerdings gibt es beim Bund in Sachen Masken bis heu­te auch immer noch etwas zu tun: Bei Hunderten von Millionen teu­er beschaff­ter Masken ist inzwi­schen das Haltbarkeitsdatum abge­lau­fen. Nun müs­sen sie fach­män­nisch ent­sorgt wer­den – auf Steuerzahlerkosten.«

4 Antworten auf „Wie das Gesundheitsministerium seine Maskengeschäfte geheim halten will“

  1. Jeder der sich damals mit dem Thema Masken beschäf­tig­te, hät­te fest­stel­len müs­sen, das zumin­dest am Beginn der Pandemie, es nicht mög­lich war, Masken in der gro­ssen Menge und in der ange­ge­ben Qualität her­zu­stel­len. Der ein­fa­che Grund:

    Meltblown-Vlies war vor die­ser Zeit ein "Nischenprodukt" – wie ein Beitrag im Managermazin im Mai 2020 (!!!) beweist:

    "Das gol­de­ne Vlies

    Der euro­pa­weit größ­te Hersteller des Materials ist ein Familienunternehmen aus dem nord­rhein-west­fä­li­schen Rhein-Sieg-Kreis, der 100-Mann-Betrieb Innovatec aus Troisdorf.

    … Wie groß ist Ihr Marktanteil?

    Krumme: Der liegt in Europa über 50 Prozent – aber Meltblown ist eine tota­le Nische.

    Für wie vie­le Masken reicht das Material denn, das Sie aktu­ell herstellen?

    Krumme: Für etwa 35 Millionen Masken pro Woche.

    … Das ist nicht viel.

    … Wir haben schon vor der Krise immer sie­ben Tage die Woche 24 Stunden gear­bei­tet. Deswegen kön­nen wir nicht mehr Schichten fah­ren. Solche Anlagen sind sehr groß und sehr teu­er – des­halb lau­fen sie Tag und Nacht."

    https://​www​.mana​ger​-maga​zin​.de/​u​n​t​e​r​n​e​h​m​e​n​/​a​r​t​i​k​e​l​/​g​r​u​n​d​s​t​o​f​f​-​f​u​e​r​-​f​f​p​-​m​a​s​k​e​n​-​w​i​e​-​i​n​n​o​v​a​t​e​c​-​m​i​t​-​r​u​n​-​a​u​f​-​m​e​l​t​b​l​o​w​n​-​u​m​g​e​h​t​-​a​-​1​3​0​6​9​1​3​.​h​tml

    Marktanteil 50 Prozent in Europa – 35 Mio pro Woche (!!!). Spätestens hier soll­te man sich fra­gen, woher das Vlies für 40, 50, oder 60 Mio Masken pro Tag (!!!) allei­ne für Deutschland kom­men soll. Zumal auch die­ses Vlies, nur durch zusätz­li­che sta­ti­sche Aufladung die ent­spre­chen­de Filterleistung errei­chen kann. Aus China!? Welches selbst Probleme hat­te – AFP vom 03.02.2020:

    https://​you​tu​.be/​G​E​9​J​k​M​d​X​UTs

    20 Mio pro Tag!? Alleine die Provinz Hubei (Hauptstadt Wuhan!) hat 58 Mio Einwohner.

    Was und wo hat das BMG ein­ge­kauft!? Hier:

    https://​you​tu​.be/​O​L​F​j​V​y​k​7​I2Y

    Zumindest schön blau sind sie ja!

    "Von den rund 2.000 Azofarbstoffen, die im Farbmittelkatalog geli­stet wer­den, gel­ten etwa 500 als krebs­er­re­gend. In der Europäischen Union sind sie daher seit 1996 ver­bo­ten – in vie­len ande­ren Ländern nicht. Da sie gün­stig sind und für ein kräf­ti­ges Farbergebnis sor­gen, wer­den sie u.a. in Asien häu­fig eingesetzt.

    Zwar ist auch der Verkauf in der EU nicht gestat­tet; die Kontrolle erfolgt jedoch nur stich­pro­ben­ar­tig. In rund 5% aller unter­such­ten Fälle kön­nen ver­bo­te­ne Azofarbstoffe nach­ge­wie­sen werden. 

    … Neben den Chemikalien, die zum Färben ver­wen­det wer­den, kom­men sehr oft noch wei­te­re Substanzen zum Einsatz: Als „Hilfs- und Ausrüstungsmittel für Textilien“ sind rund 7.000 von ihnen defi­niert, davon wer­den etwa 700 regel­mä­ßig ein­ge­setzt: Sie sor­gen bei­spiels­wei­se dafür, dass Kleidung auf dem Transport nicht schim­melt, Hemden und Blusen knit­ter­arm blei­ben und Farben nicht ausbleichen.

    … Kleidung in kräf­ti­gen Rot- oder Blautönen benö­ti­gen dage­gen eine hohe Konzentration an Farbstoffen.

    Am schwie­rig­sten ist es, ein tie­fes Schwarz zu erzie­len. Dafür wer­den ver­schie­de­ne Farbpigmente ver­mischt, die nur durch den gro­ßen Einsatz von Halogenverbindungen oder Schwermetallen über­haupt an die Fasern gebun­den wer­den können."

    Und die Politik zwingt die Bürger sich dies vor Mund und Nase zu binden!

    Rechtsdepesche – 03.09.2020

    "Atemschutz­mas­ken – Quali­täts­män­gel, Betrug und Fälschungen

    … Das Gesamt­ge­sche­hen legt nahe, dass die zu Beginn der Pande­mie als sinn­voll erach­te­ten Ausnah­me­re­ge­lun­gen sich immer mehr als dubio­ses Betäti­gungs­feld für maxi­mal gewinn­ori­en­tierte Akteure entwi­ckelte. Begriffe wie „Sorgfalts­pflicht“ und „Quali­täts­si­che­rung“ rück­ten in den Hinter­grund – der schnel­le Profit regier­te, ohne Rücksicht auf Schäden und Verluste. …"

    https://​www​.rechts​de​pe​sche​.de/​a​t​e​m​s​c​h​u​t​z​m​a​s​k​e​n​-​q​u​a​l​i​t​a​e​t​s​m​a​e​n​g​e​l​-​b​e​t​r​u​g​-​u​n​d​-​f​a​e​l​s​c​h​u​n​g​en/

    Dem ist wohl nichts hinzuzufügen!

  2. In allen Bereichen die­se Beraterfirmen. Ich dach­te, dass wir die hoch bezahl­ten Beamten dafür ent­loh­nen, dass sie ihre Expertise ein­brin­gen. Wenn dem so ist, wofür bekom­men die Beraterfirmen Aufträge. Also ent­we­der ent­las­sen wir die schein­bar unfä­hi­gen Beamten oder wir ver­zich­ten auf Beraterverträge. Übrigens ver­zich­tet man statt­des­sen auf wich­ti­ge Studien um z.B. die Nebenwirkungen der Impfung zu erfor­schen. Dafür soll­te man Geld ausgeben.

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