Wirtschaftliche Interessen des Prof. Drosten (II)

Man hüte sich vor einem grund­le­gen­den Fehler von Verschwörungstheoretikern: Der Blick auf ein­zel­ne Personen ver­stellt schnell den wich­ti­ge­ren auf Strukturen. Wenn nur von Bill Gates die Rede ist, kön­nen sich die Novartis, Pfizers, Roches, Sanofis & Co. ins Fäustchen lachen. Wenn wir uns auf Christian Drosten fokus­sie­ren, dür­fen wir nicht ver­ges­sen, unter wel­chen Bedingungen die gesam­te wis­sen­schaft­li­che Welt in einem pro­fit­ge­trie­be­nen Umfeld handelt.

Dennoch, eben weil es exem­pla­risch sein könn­te, lohnt sich ein Blick auf die lang­jäh­ri­gen Beziehungen des Herrn Drosten zu einer klei­nen medi­zin­tech­ni­schen Firma, aber auch zu den Großen im Business. Durch meh­re­re Zuschriften konn­te sich das Bild erhellen.

Im Beitrag Wirtschaftliche Interessen des Prof. Drosten wur­de die Grundlage die­ser Beziehung dar­ge­stellt: Im April 2003 mel­de­ten Drosten für das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, bei dem er beschäf­tigt war, und die Firmen TIB-MOLBIOL und artus GmbH die "Identifizierung des SARS-Coronavirus und Etablierung eines schnel­len dia­gno­sti­schen Testsystems".

Zeitgleich waren drei wei­te­re inter­na­tio­na­le Studien zu die­sem Thema erschie­nen, die Deutschen waren aber schnel­ler im Meldesystem. So ging der Ruhm an Drosten und das Patent an die artus GmbH.

artus und das Tropeninstitut waren bereits im Januar eine Kooperationsvereinbarung über die gemein­sa­me Entwicklung und Vermarktung von Diagnostik-Kits ein­ge­gan­gen. Das Unternehmen war eine Ausgründung von 6 Wissenschaftlern des Instituts. 2005 wur­de es für 39,2 Millionen US-Dollar in bar an die QIAGEN GmbH ver­kauft. Zwei Führungskräfte blie­ben meh­re­re Jahre im neu­en Unternehmen. (Handelsregister B des Amtsgerichts Hamburg Nummer der Firma: HRB 68844)

Es stellt sich die Frage, ob und wie das Institut, das ja an der Vermarktung betei­ligt war, vom Verkauf pro­fi­tiert hat.

Über die zwei­te Firma wur­de bei der Veröffentlichung der Studie bekanntgegeben:

»Es gibt kei­nen kom­mer­zi­el­len Anreiz für eine Zusammenarbeit zwi­schen dem Bernhard-Nocht-Institut und der Firma TIB MOLBIOL. Kein Mitarbeiter des Bernhard-Nocht-Instituts erhält Geld oder ande­re per­sön­li­che Vorteile von TIB MOLBIOL.

TIB MOLBIOL bie­tet Primer und Sonden für Laboratorien welt­weit mit Schwerpunkt auf Echtzeit-PCR-Anwendungen und der Entwicklung neu­er PCR-Assays«

Nun wird es eigent­lich erst rich­tig span­nend. Schauen wir dar­auf, wie sich die Zusammenarbeit von Herrn Drosten und der Firma TIB MOLBIOL im wei­te­ren ent­wickelt – ganz ohne kom­mer­zi­el­le Anreize.

Da gab es etwa 2007 in Berlin das 13. Klinisch-Mikrobiologisch-Infektiologisches Symposium. Gleich die erste Diskussionsrunde dort wur­de gelei­tet von Christian Drosten, inzwi­schen am Universitätsklinikum Bonn. Die offi­zi­el­le Broschüre zeigt die­se Grafik:

Links eini­ge der übli­chen Verdächtigen, die unei­gen­nüt­zig wis­sen­schaft­li­che Kongresse spon­sern. Rechts als Aussteller TIB MOLBIOL. Das beweist erst ein­mal nichts, wird aber im Zusammenhang interessant.

Denn die Kombination der Namen Christian Drosten und Olfert Landt, Gesellschafter der Firma, wird einem öfter begeg­nen. 10 Publikationen unter Beteiligung der bei­den Herren sind unten auf­ge­führt. Das Unternehmen macht kei­nen Hehl dar­aus, daß neben meh­re­ren Firmen auch die Charité zu sei­nen Parnern zählt. Link Auch das ist nicht mehr als der Normalzustand in der Wissenschaftslandschaft einer gewinn­ori­en­tier­ten Gesellschaft.


Am 17.1.2020 wird der WHO ein "Diagnostischer Nachweis von 2019-nCoV mit­tels Echtzeit-RT-PCR" gemel­det. Einreicher u.a. Christian Drosten und Olfert Landt.

Die vor lan­ger Zeit seriö­se Neue Zürcher Zeitung mal­te am 31.3. die Story so aus:

»Ein Berliner Forscher wit­tert sei­ne Chance
Berlin, Deutschland, 10. Januar 2020: Der Forscher Olfert Landt hört kurz nach Neujahr von einer geheim­nis­vol­len Lungenkrankheit in China. Er wit­tert sei­ne Chance. In der Vergangenheit ent­wickel­te er bereits Tests für Sars und die Schweinegrippe. Nun arbei­tet er mit Virologen der Berliner Charité unter der Leitung von Christian Drosten zusammen.«

Der cle­ve­re Geschäftsmann wird stracks ein Forscher, der sich wie wei­land Humboldt dem geheim­nis­vol­len Amazonas der chi­ne­si­schen Lungenkrankheit wid­met. Nun (!) arbei­tet er mit Drosten zusam­men. Was für ein glück­li­cher Zufall für die Weltgesundheit, daß die bei­den sich in 20 Jahren nicht aus den Augen ver­lo­ren haben! Weiter heißt es:

»Als chi­ne­si­sche Virologen schliess­lich das Sars-CoV-2-Genom seziert und die Ergebnisse mit Forschern rund um den Globus geteilt haben, bringt LandtsFirma, TIB Molbiol Syntheselabor, umge­hend ein Test-Kit auf den Markt. Sein Telefon klin­ge­le seit­dem unun­ter­bro­chen, sag­te der Unternehmer und Forscher der Nachrichtenagentur Bloomberg. Der Umsatz habe sich im Februar gegen­über dem­sel­ben Monat 2019 verdreifacht.

Seine Maschinen lie­fen heiss, in der Nacht und auch am Wochenende, die Angestellten schö­ben Extraschichten, sagt Landt. TIB pro­du­ziert für die Weltgesundheitsorganisation (WHO), ausser­dem für natio­na­le Gesundheitsbehörden und Labors in 60 Ländern. Bis anhin konn­te TIB 40 000 Kits her­stel­len. Das reicht für 4 Mio. Tests. Ein Kit ver­kauft TIB für zir­ka 160 €. Die ein­zel­nen Tests sind nicht beson­ders teu­er. Es ist das Personal in den Spitälern, Testzentren und Labors, das die Kosten treibt.«

6.400.000 Euro Umsatz bei garan­tier­ter wei­te­rer Nachfrage stel­len eine net­te Public-pri­va­te-Partnership dar. Irritierend, daß er kei­ne drei Wochen zuvor dem Deutschlandfunk bekannte:

»Olfert zufol­ge ist es auch nicht teu­er, Coronatests zu pro­du­zie­ren. Wenn man sie in gro­ßen Mengen her­stellt, lägen die Materialkosten bei gut fünf Euro
Generell wer­de in Deutschland der­zeit genug auf Corona gete­stet, meint Olfert.«

Ob die letz­te Aussage von sei­nen Produktionskapazitäten bestimmt war oder ihn der Deutschlandfunk auch für einen Virologen hielt, obwohl er als Biochemiker vor­ge­stellt wird, muß offen bleiben.

Im Mai bemüht sich der Deutschlandfunk, der Profitgier ein mensch­li­ches Antlitz zu ver­lei­hen. Neben einem Bild mit der Unterschrift "Firmenchef Olfert Landt: In Krisenzeiten packt die Familie mit an" lesen wir:

»Der Berliner Unternehmer Olfert Landt ist seit 30 Jahren Experte im Aufspüren von Viren. Vor der Corona-Pandemie hat­te er es mit Sars, Mers und der Schweinegrippe zu tun. In der Coronakrise läuft sei­ne Firma erneut auf Hochtouren.«

Anders als in der NZZ wird hier gespro­chen von "mehr als 3 Millionen Corona-Testpakete[n] oder auch Test-Kits genannt". Was macht schon eine Million mehr oder weni­ger. Man glaubt ihm aufs Wort, wenn er sagt:

»Wir machen alles, was Kunden von uns erwar­ten. Das sind vor allem Infektionserreger wie Influenza, Noro-Virus oder Salmonella. Auch sexu­ell über­trag­ba­re Krankheiten, wir haben ein paar Sachen, die Richtung Krebs gehen.«

Im Beitrag kommt Herr Drosten nicht vor. Mit unse­rem Wissen kön­nen wir aber die fol­gen­den Worte einordnen:

»Nun, wie übri­gens schon 2010, geht der Umsatz durch die Decke. Vor rund 10 Jahren war es die Schweinegrippe und dies­mal das Corona-Virus.

Olfert Landt hat in den ver­gan­ge­nen Jahrzehnten schon meh­re­re Virus-Ausbrüche beruf­lich beglei­tet. Dadurch sind lang­jäh­ri­ge Geschäftsbeziehungen beson­ders nach Asien gewachsen…

Olfert Landt scheint ein beson­de­res Gespür dafür zu haben, wel­cher Virustest unmit­tel­bar gebraucht wird.«

Man sieht die Kumpels direkt vor sich, wenn er von sei­ner Unternehmensgründung schwärmt:

»„Ich war Doktorand in der Bio-Chemie – also Protein-Engineering. Und wir brauch­ten die­se Oligonukleotide um Proteine zu ver­än­dern. Und dann haben wir im Institut so eine Maschine besorgt, und dann hat­ten wir plötz­lich sehr vie­le Freunde. In der Medizin, im Max-Plack-Institut, die wir ein­fach mit ver­sorgt haben. Da schien so etwas wie ein Markt zu sein. Dann haben wir eine Firma auf­ge­macht und haben eben die­se Produkte angeboten.“

Und seit­dem läuft das Geschäft. Seit Jahresbeginn jedoch mehr denn je…

Olfert Landt geht davon aus, dass das Geschäft mit dem Corona-Virus-Test sei­nen Betrieb zumin­dest noch in die­sem Jahr wei­ter­hin voll aus­la­sten wird. 18 Millionen Euro Umsatz mach­te TIB Molbiol im ver­gan­ge­nen Jahr, 2020 wird es wohl ein Vielfaches sein.

Der Geschäftsführer sieht müde aus: Trotz einer 100-Stunden-Woche ver­sucht er der­zeit, aus­rei­chend Schlaf zu bekom­men. Nicht ein­fach, sagt er.«

Herr Drosten wirkt hier unbe­fleckt. Es ist kei­ne Rede davon, daß er für gele­gent­li­che Tips wenig­stens mal zum Essen ein­ge­la­den wur­de. Das wür­de zwar in die Homestory pas­sen, wäre ver­mut­lich aber Verschwörungstheorie. Die Erfolgsgeschichte des Herrn Landt beschäf­tigt im übri­gen die gesam­te "seriö­se" Medienwelt. Niemand stellt Fragen. Im Gegenteil, etwa wenn die Süddeutsche Zeitung dem Manager einen Beitrag wid­met mit dem Titel "Das zöger­li­che Vorgehen war fatal und fahr­läs­sig". Da darf er die Geschichte ver­brei­ten, wie er zufäl­lig in der Charité Drosten trifft und sich die Beiden sagen: Das ist ganz schlimm in China, da müs­sen wir ran.

I N S T A N D e. V. Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medi­zi­ni­schen Laboratorien e. V. berich­tet am 17.4.2020 über eine Versuchsreihe zum Virusgenom-Nachweis SARS-CoV‑2 in Kooperation mit Prof. Dr. Christian Drosten. Mit dabei: TIB MOLBIOL.

(Hervorhebungen nicht in den Originalen.
Übersetzungen aus dem Englischen wie stets schnell und holp­rig mit Hilfe von trans​la​te​.goog​le​.com.)


Publikationen unter Beteiligung der Herren Drosten und Landt:

OP1‑2 Detection of pan­de­mic 2009 A/H1N1 virus by real-time PCR, 2009

Coordinated Implementation of Chikungunya Virus Reverse Transcription–PCR, 2009

Detection of influ­en­za A(H1N1)v virus by real-time RT-PCR., 2009

Eurosurveillance – View Article, 2012

Assays for labo­ra­to­ry con­fir­ma­ti­on of novel human coro­na­vi­rus (hCoV-EMC) infec­tions., 2012

Detection of a novel human coro­na­vi­rus by real-time rever­se-tran­scrip­ti­on poly­me­ra­se chain reac­tion., 2012

Novel coro­na­vi­rus asso­cia­ted with seve­re respi­ra­to­ry dise­a­se : Case defi­ni­ti­on and public health mea­su­res 24, 2013

Specific detec­tion by real-time rever­se-tran­scrip­ti­on PCR assays of a novel avi­an influ­en­za A(H7N9) strain asso­cia­ted with human spill­over infec­tions in China., 2013

An Observational, Laboratory-Based Study of Outbreaks of Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus in Jeddah and Riyadh, Kingdom of Saudi Arabia, 2014

Lineage-Specific Real-Time RT-PCR for Yellow Fever Virus Outbreak Surveillance, Brazil, 2017

(Der Beitrag wur­de am 14.6.2020 gering­fü­gig überarbeitet.)

6 Antworten auf „Wirtschaftliche Interessen des Prof. Drosten (II)“

  1. Irgendwie stimmt hier was nicht. Wenn 1Kit 100 Tests hat kostet der Test 1.60€. Die Materialkosten wer­den mit 5€ ange­ge­ben. Das gibt ein Verlust von 3.40€ pro Test. Wo soll da ein Gewinn sein?

    1. Da der VK-Preis des Kits bei 160 € liegt ist der Gewinn ergo 155 €, mit ein bischen Logik kommt man drauf, auch wenn im Text von "Test" die Rede ist.

  2. 5€ pro­duk­ti­ons­ko­sten, 160€ vk-preis.. 3100% erlös, von sol­chen gewinn­mar­gen träumt doch jeder drogendealer

    ein schelm, wer als grün­dungs­ge­ben­des lang­fri­sti­ges geschäfts­mo­dell freund­li­ches schü­ren von difu­sen pani­ken zur stei­ge­rung des ver­triebs frag­haf­ter dia­gno­sti­scher nach­weis­ver­fah­ren vermutet..

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