Prof. Dr. Michael Esfeld, Wissenschaftsphilosoph an der Universität von Lausanne und selbst Mitglied der Leopoldina, der am 8.12. die Gesellschaft aufgefordert hatte, ihren Aufruf zum Lockdown zurückzuziehen (s. Aufforderung zum Rückzug der Leopoldina-Stellungnahme), hat ein Papier mit obigem Titel vorgelegt. Es kann hier geladen werden. Hier die Zusammenfassung:
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- »Es gibt keine stichhaltige wissenschaftliche Begründung für den Versuch, die Ausbreitung des Coronavirus durch zentrale staatliche Planung und mit massiven Eingriffen in die Grundrechte zu unterbinden.
- Unter utilitaristischen Kriterien erweist sich, dass die durch die staatlichen Zwangsmassnahmen wie ein Lockdown und dergleichen verursachten wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Folgeschäden um ein Vielfaches an verlorenen Lebensjahren höher sind, als die Lebensjahre, die durch solche Massnahmen in der akuten Situation gerettet werden könnten.
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- Unter deontologischen Kriterien gibt es keine Berechtigung dafür, in der vorliegenden, akuten Situation der Ausbreitung des Coronavirus Grundrechte auszusetzen und sich durch technokratische Planung des gesellschaftlichen bis hin zum familiären Leben über die Würde der betroffenen Menschen hinwegzusetzen.
- Statt fundierter Wissenschaft erleben wir aktuell ein Wiedererstarken des Szientismus und seines politischen Gebrauchs – der Idee, dass es ein naturwissenschaftliches Wissen gibt, das auch den Menschen und alle Aspekte unserer Existenz umfasst, und dass sich die Gesellschaft gemäss diesem Wissen planen und gestalten lässt.
- Dagegen ist Aufklärung geboten im Sinne eines Ausgangs aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, in die unsere Gesellschaft durch eine unheilige Allianz aus angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Zwangsmassnahmen hineinzulaufen droht.«
Die Ironie ist, die Aufklärung gab es schon mal. Als sei sie nie dagewesen, haben wir jetzt einen Bundeskanzler, der wie ein Teletabbi spricht und Regierungssprecher, die, wenn man sie nach einer Datengrundlage für ihr handeln fragt, antorten, alle Wissenschaftler wären sich einig und damit ihr Handeln begründen.
Eine hochhintelligente Analyse der gegenwärtigen Politik. Als weiterführende Lektüre empfehle ich Bertrand Russel: Formen der Macht.
Liberales Institut…
ganz böse: "zentrale staatliche Planung"
"utilitaristische Kriterien"
"staatliche Zwangsmaßnahmen"
"deontologische Kriterien"
"weitere Stiftungsratsmitglieder sind (…)Victoria Curzon-Price (ehemalige Präsidentin der Mont Pèlerin Society).[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Liberales_Institut
"Publikationen
Das Institut veröffentlicht neben Studien, Papers und Briefings die Buchreihe Edition Liberales Institut.
(…)
Zu teuer: Warum wir für unser Gesundheitswesen zu viel bezahlen. Zürich 2019.
Staatliche Regulierung: Wie viel und überhaupt? Zürich 2018.
(…)
Sackgasse Sozialstaat: Alternativen zu einem Irrweg. Zürich 2011."
https://de.wikipedia.org/wiki/Liberales_Institut
Selten so etwas wissenschaftlich versiertes und erfrischend Agendafreies gelesen:-)
@Dirk: Zutreffend analysiert. Was bedeutet das? Wie etwa durch Christian Lindner verkörpert gibt es durchaus unterschiedliche Interessen der verschiedenen Kapitalfraktionen. Längst nicht alle profitieren von Lockdown und Impfkampagne so wie die Automobil‑, Tourismus‑, Pharmaindustrie. Das trifft auf alle Politikbereiche zu. Gegenwärtig scheinen sich die Wirtschaftsgruppen durchzusetzen, die mit Umweltzerstörung, Kriegstreiberei und Pandemiefurcht Geld verdienen. Da kann es klug sein, die Widersprüche auszunutzen und, ohne sich mit ihnen gemein zu machen, die Fraktionen des Kapitals zu nutzen, die andere Schwerpunkte setzen. Nichts davon überwindet die Kapitalmacht, aber die schlimmsten Auswirkungen könnten eine Zeitlang vermieden werden.
Na wo bleiben denn die ganzen Volksverpetzer und Pseudolinke, die jetzt sofort die Nazikeule rausholen, um dem Mann Nähe zu Trump und der AfD zu unterstellen ? 😉
@Flo
15. Dezember 2020 um 10:04 Uhr
Da ist ein wenig Verständnis nötig. Wie schnell sind Sie bereit Ihr bisheriges politisches Selbstverständnis auf den Müll zu werfen? Das müssen aber alle bisherigen Rechten, Linksliberalen und Linken zur Zeit um mit den beobachtbaren Tatsachen zurecht zu kommen. Für mich ein Paradebeispiel die ehemalige Linke Leiperz, die in den letzten Tagen hier in einigen Threads aufschlug. Politisch, was das Urteilsvermögen angeht, einfach bankrott. Und die Rechten (AfD und Sympathisanten) sind das schon seit März, als es denen gar nicht autoritär-führungsmächtig-kopflos-devot genug sein konnte. – Wie es weiter gehen wird weiß wohl niemand. Lediglich der Kopf muss oben bleiben. Das ist gewiß.