Ich nehme einen Tweet von H. Rosenbusch vom 1.12.22 über diesen Artikel zum Anlaß, auf eine ausführliche Würdigung zu verweisen, die hier am 9.2.21 erschien:
Mehr Diktatur wagen
So lautet der erfreulich ehrliche Titel eines Gastbeitrags von Thomas Brussig auf sueddeutsche.de am 9.2. (Bezahlschranke). Natürlich soll er provozieren, und ich tue dem Autor den Gefallen. Er beginnt mit einer Täuschung:
»Die Corona-Krise ist auch bei sinkender Inzidenz eine Ohnmachtserfahrung geblieben. Trotz aller Beschränkungen des täglichen Lebens, trotz Impfbeginn ist ein Ende der Zumutungen nicht absehbar – obwohl es einige wenige Länder vermochten, das Virus auszuschalten. Die coronabedingte Ohnmachtserfahrung wurzelt darin, dass wir die Corona-Krise mit den Mitteln der Demokratie bewältigen müssen.«
Denn die Beschränkungen des täglichen Lebens stellen für die Menschen eine Ohnmachtserfahrung dar nicht etwa wegen eines Virus, sondern wegen politischer Entscheidungen, die wenig mit Mitteln der Demokratie zu tun haben, aber viel mit dem Wahn, das Virus auszuschalten.
Wenn das Volk falsch wählt
Es geht dem Autor nur vordergründig um eine vermeintliche Pandemie. An zwei Beispielen macht er deutlich, wie sehr er das dumme Volk verachtet, wenn es aus dem Ruder läuft. Zum einen geht es um Trump und "dass eine solche Figur überhaupt Wahlen gewinnen konnte", jemand, der "als peinlicher Präsident durchs Amt randalierte". In diesem Bild wird ausgeblendet, daß so ziemlich alle US-Präsidenten seit dem Kalten Krieg für Kriegsverbrechen, Interventionen in unfolgsamen Ländern und Rassismus zu Hause stehen – sie haben das in der Tat nicht ganz so pöbelhaft unternommen wie Trump. Nur dafür schämt sich der Autor fremd. Solange das Volk Verbrecher mit Manieren wählt, ist Demokratie in Ordnung.
Zum zweiten führt er den Brexit an. "Der Brexit hingegen machte Demokratie zur Karikatur". Denn nicht nur in einer Volksabstimmung entschieden sich die BritInnen nicht so wie erwartet: "Drei folgende Wahlen (zweimal Unterhaus, einmal Europaparlament) machten den Brexit endgültig zum demokratisch eingebetteten Wahnsinn." Es empört ihn, daß dieser Wahnsinn nicht so einfach rückgängig gemacht werden konnte wie die Volksentscheide in mehreren Ländern der EU gegen die neoliberale europäische Verfassung. Die konnte auf anderen (undemokratischen) Wegen umbenannt und etabliert werden. Bekanntlich läßt man bei derartigen Anlässen schon mal so oft wählen, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt.
Nur leicht mit einem "leider" kaschiert folgt die Bewunderung für China:
»Die Marktwirtschaft im Ein-Parteien-Staat glänzt mit Wachstumsraten, Wohlstand und technologischen Spitzenleistungen, ob in Architektur, Raumfahrt, KI…
Und leider findet sich – wieder mit China, ausgerechnet – auch ein Beispiel, dass ein autoritär verfasstes Land das Virus schnell loswurde und die zweite Welle rasch zum Erliegen brachte.«
Die heilige Kuh "Marktwirtschaft" ist der zentrale Bezugspunkt, da kann eine kommunistische Partei toleriert werden. Mit autoritären Verfasstheiten hatte Markwirtschaft oder weniger beschönigend der Kapitalismus noch nie ein Problem.
"Impotenz der Demokratie"
Der Autor wird als alternder Psychologe wissen, wie er zu diesem Begriff kommt. Update: Das ist Unfug, pardon. Der Mann hat ein Soziologiestudium begonnen und wurde dann Filmemacher.
»Ist diese "Impotenz der Demokratie" ein eingeschriebener Makel, oder kann der Pandemiebekämpfer seinen Werkzeugkoffer auch in einer Demokratie auspacken? Nun, der effektive Pandemiebekämpfer muss auf der Höhe der Forschung sein. Der demokratische Pandemiebekämpfer hingegen muss eine Mehrheit gewinnen, einen Konsens bilden und einen Kompromiss finden. Derlei ist der Wissenschaft fremd.«
Was er hier als demokratische Pandemiebekämpfung beschreibt, ist eine Schimäre. Zu keinem Zeitpunkt wurde auch nur ein Konsens unter VirologInnen gesucht, geschweige denn um einen Kompromiß mit anderen Disziplinen gerungen. Mehrheitsfindungen sind auf allen politischen Ebenen seit langem administrativem Durchregieren gewichen. Dennoch behauptet Brussig:
»Wie mit dem Coronavirus umzugehen ist, ist Behau der Wissenschaft, und nur der Wissenschaft. Dazu ein Gedankenexperiment: Angenommen, es gäbe ein Virus, so hervorragend übertragbar wie das Coronavirus, aber so tödlich wie der Tollwut-Erreger; eine Infektion wäre also das sichere Todesurteil. Da wäre es glatter Selbstmord, für Ratschläge aus der Wissenschaft erst nach Mehrheiten, Kompromissen und Konsensen zu suchen. So weit das Gedankenexperiment. Nun zurück zur Realität, in der das Coronavirus nicht jeden Erkrankten tötet, sondern nur einen von etwa 30. Dieser Umstand gaukelt vor, es gäbe Spielräume. Nur: Ab welchem Schwellenwert hat die Wissenschaft das Sagen? Wenn jeder Zweite stirbt? Genügt bereits jeder Zehnte? Die Antwort: Ab dem Punkt, an dem die Lage ernst ist. Und wenn täglich Menschen sterben in der Größenordnung von Flugzeugabstürzen, ist sie schon lange ernst.«
Wissenschaft als Religion
Sein Bild von Wissenschaft ist religiös. Als gebe es nicht selbst in der Medizin Prinzipien von Gutachten und Gegengutachten, neudeutsch peer reviews. Als existiere die von der Kanzel verkündete wissenschaftliche Wahrheit oder ein Wissenschafts-Papst (namens Drosten?). Als könne die Gesellschaft aus der wissenschaftlichen Erkenntnis der Atomspaltung nicht die Schlußfolgerung ziehen, damit Mordwaffen herzustellen, die Energieversorgung zu gestalten oder wegen ihres Gefährdungspotentials die Finger davon zu lassen.
Brussig betreibt ein perfides Spiel mit dem Sterben. Denn auch bei diesem Thema wird gesellschaftlich ausgehandelt oder über ökonomische und politische Macht bestimmt, welche Spielräume wem bei der Lebenserwartung zustehen. Es ist keine Frage der Wissenschaft, wenn jährlich Millionen Menschen verhungern oder an behandelbaren Krankheiten sterben. Der Zeitpunkt des Sterbens wird auch festgelegt über den Zugang zu sauberem Wasser, über die Arbeits- und Lebensbedingungen allgemein. Welche Krankheiten bekämpft werden und welche in welchen Weltgegenden toleriert werden von den nicht Betroffenen, ist eine Frage von Politik und Wirtschaft und keine der Wissenschaft.
Deshalb ist es eine Scheindiskussion, die der Autor vorführt:
»Die weiche Stelle unseres Systems zeigt sich in der Schwerfälligkeit und Unfähigkeit, notwendige Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Die Politik führt ihre Debatte von der Wissenschaft entkoppelt, viel zu oft fragen Politiker, "was" beziehungsweise "wie lange man (es) den Menschen noch zumuten kann". Als käme es darauf an. Hier tobt ein Virus, mit dem sich weder verhandeln noch das sich überzeugen oder einschüchtern lässt. Wollen wir das Virus loswerden, sind wir gezwungen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Dank der Wissenschaft wissen wir, welche Maßnahmen nötig sind, wir wissen sogar, welchen Preis wir zahlen müssen, wenn sie ausbleiben. Natürlich kann dagegen polemisiert oder protestiert werden, Prognosen können nach Belieben dramatisiert oder verharmlost werden. Aber das Geschehen wird durch einen Akteur dominiert, dem das alles egal ist.«
Gebt den Leugnern ihre Diktatur!
»Ist das Virus gebannt, kehren wir gerne zurück zur geliebten Normalität
"Mehr Diktatur wagen!" wäre das Gebot der Stunde. Dass ausgerechnet die Corona-Leugner eine "Corona-Diktatur" heraufziehen sehen, sollte erst recht Grund sein, sie zu wollen. Die Leugner sind außerstande, die Gefahr durch das Virus einzuschätzen, aber sie ahnen, wie ihr beizukommen ist. Ist das Virus gebannt (wie schnell das gehen kann, machten Südkorea oder Singapur vor), kehren wir zurück zur geliebten Normalität. Dass uns die Pandemie in einen Ausnahmezustand versetzt, ist wörtlich zu nehmen. Der Regelzustand bleibt die Demokratie, mit ihren Freiheiten und Grundrechten.«
Das verbindet die oben genannte Analyse "Die Lage ist ernst" mit dem von allen Diktatoren und Putschisten vorgetragenen Versprechen, nach Überwindung der Notlage zur Demokratie zurückzukehren.
»Die Demokratie sollte ihre Rituale und Umständlichkeiten nicht so wichtig nehmen, ihrer Legitimität zuliebe. Nichts wäre ihr so abträglich wie der Verdacht, dass sie nur um ihrer selbst willen existiert, jedoch nicht, weil sie die heutigen Probleme besser lösen kann als andere Staats- und Regierungsformen.«
Und dies unterscheidet DemokratInnen von Herrn Brussig. Für sie ist Demokratie nicht ein Mittel zur Behebung einer von Hohepriestern verkündeten "ernsten Lage", sondern nicht verhandelbare Grundlage gesellschaftlichen Lebens. Frau Merkel hat das Ziel einer "marktkonformen Demokratie benannt". Brussig überführt diesen Gedanken ins Extremistische. Seine Provokation folgt der von Sarrazin. Man wird ja noch mal sagen dürfen, ein bisschen Diktatur hat noch niemandem geschadet.
Hätten solche Texte nicht die erfahrenen Auswirkungen, wären sie
im Grunde völlig lächerlich und belanglos. Denn der Verfasser dieser Zeilen entlarvt sich mit jedem Wort selbst.
Ich kann mich darüber mittlerweile schon nicht mehr aufregen, da es einfach nur billig, durchschaubar, hohl und dumm ist.
Und die hohlsten Gestalten schreien ja bekanntlich am lautesten.
Er kommt aus der Komödie. (Übrigens er ist Buchautor: Helden wie wir, Am kurzen Ende der Sonnenallee…) Da hätte er bleiben sollen. Jetzt ist er nicht einmal mehr ein Narr, sondern nur noch närrisch.
Die C‑Krise haben mir vollends die Augen geöffnet:
Es geht nicht um links und rechts, es geht um oben und unten, um Kooperation vs Korruption, um die Frage welche Gang von welcher Straßenseite mich "regieren" (kontrollieren, ausplündern, untertänig machen) will. Staaten, Konzerne und die Hochfinanz sind siamesische Drillinge, die können nur zusammen reüssieren oder untergehen, aufgrund immanenter Hybris der Eliten und einem unfassbar duckmäuserischen "Volk" sowie aufgrund zwischenzeitlich ebenfalls unfassbarer technischen Möglichkeiten der Reg(ul)ierung ist der Zug schon aus dem Bahnhof raus, Orwell und Huxley waren die Genies des 20 Jahrhunderts, hört Euch auf youtube Interviews mit Huxley an, es ist als ob er über heute spricht, absolut zeitlos.
Vor allem ist er vom Kulturjournalismus gleich nach der Wende hochgefeiert worden, weil er als Ossi einen so wahnsinnig witzigen "ersten" Wenderoman verfasst hat, soweit ich mich entsinne. Danach hatten es weniger witzige deutsch-deutsche Nachwenderomane von Ossis erheblich schwerer (ich weiß wovon ich übers Schreiben und Veröffentlichenwollen rede), in den Verlagen ernsthaft für eine Veröffentlichung auch nur bedacht zu werden, es sei sie waren konzentriert nur auf die reine piefige Schlechtigkeit des endlich überkommenen Ostens wie etwa "Der Turm". Das ging dann schon auch als einzig wahrer tiefer Nachwende-Wende-Roman…
"… Mehr Diktatur wagen …"
@ Thomas Brussig:
Mehr Faschismus, Sadismus etc. wagen?
So steht es um die "Demokratie":
https://pleiteticker.de/anti-lockown-protestwelle-in-china-wir-duerfen-nicht-vergessen-wer-auch-bei-uns-das-modell-china-wollte/
https://www.welt.de/wirtschaft/plus242380723/EU-Vier-Laender-blockieren-neues-Gesetz-fuer-Pressefreiheit-darunter-Deutschland.html
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus242380023/Wenn-jeder-dritte-Deutsche-die-repraesentative-Demokratie-verachtet.html
"»Die Marktwirtschaft im Ein-Parteien-Staat glänzt mit Wachstumsraten…"
Auf dem Weg:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/701167/Marktwirtschaft-ade-Staat-fuer-Haelfte-des-Wirtschaftswachstums-verantwortlich
Und so lange das Bundesverfassungsgericht weiterhin Arbeitsverweigerung betreibt,
https://www.heise.de/tp/features/Corona-Massnahmen-Karlsruhe-wollte-ganz-einfach-nicht-7346477.html
geht's "weiter so"
Dr. Norbert Häring
Die EU will unsere Gesundheitsdaten zur Ware machen und uns die Möglichkeiten nehmen, dem zu widersprechen
01. 12. 2022 | Mit einem der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannten Verordnungsentwurf zum „europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ will die EU-Kommission uns jede Möglichkeit nehmen, der Weitergabe unserer Gesundheits- und Krankheitsdaten für kommerzielle Zwecke zu widersprechen. Wenn diese Verordnung in Kraft tritt werden sämtliche (Schein-)Debatten um Opt-In und Opt-Out zur elektronischen Patientenakte in Deutschland Makulatur.
Ich muss bekennen, dass ich erst über eine Stellungnahme des Vereins Patientenrecht und Datenschutz zum Verordnungsentwurf der EU-Kommission “über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten”, darauf aufmerksam geworden bin, welche Ungeheuerlichkeiten die EU-Kommission für die Daten zu unserer körperlichen und geistigen Gesundheit und Krankheit plant.
Nach dem englischen Namen für den Gesundheitsdatenraum European Health Data Space wird die Verordnung kurz EHDS-Verordnung genannt.
Der Verein hat seine auf Englisch abgefasste Stellungnahme an die EU zum Verordnungsentwurf in deutscher Übersetzung auf seine Netzseite gestellt. Hier der Text:
Das Gesundheitsdaten-Ermächtigungsgesetz der EU-Kommission
Der Verordnungsentwurf sieht vor, die Gesundheitsdaten aller Bürger der EU verfügbar zu machen und zu monetarisieren. Entziehen könnten sich Patientinnen und Patienten dem nur, indem sie nicht mehr zum Arzt gehen. Der Verordnungsentwurf führt Projekte weiter, die in Deutschland und Frankreich bereits begonnen haben, und dort von Datenschützern scharf kritisiert werden:
Den französischen “Health Data Hub”, siehe die Kritik von La Quadrature du Net.
Das deutsche “Forschungsdatenzentrum Gesundheit”, dessen Einsammeln von Patientendaten bei den Krankenkassen bereits Gegenstand einer Klage der Gesellschaft für Freiheitsrechte ist.
In einem Gutachten für diesen Prozess hat der Kryptografie-Professor Dominique Schröder aufgezeigt, dass bereits wenige Daten wie Wohnort, Alter und Diagnose ausreichen, um die betroffenen Personen identifizieren zu können, selbst wenn die Daten anonymisiert wurden.
Ziele des Verordnungsentwurfs
Der EU-Verordnungsentwurf verfolgt unterschiedliche Ziele, die ganz unterschiedlich legitim sind, und besser voneinander getrennt werden sollten:
Europaweite Normierung von Gesundheitsdaten und Vereinheitlichung von Systemen für elektronische Patientenakten
Grenzüberschreitender Austausch von Gesundheitsdaten, Datenübertragbarkeit von einem Mitgliedsstaat in den anderen, z.B. bei Grenzgängern, sowie Zugriff auf alle Verschreibungen aller Ärzte in der EU für Online-Apotheken wie DocMorris,
Pflicht für Ärzte, Krankenhäuser und andere Gesundheitsberufe (“Dateninhaber”), alle Daten über ihre Behandlungen in online abrufbaren, vereinheitlichten Patientenakten zu speichern,
Schaffung einer Infrastruktur für die kommerzielle “Sekundärnutzung” von Gesundheitsdaten. Dafür werden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Zugangsstellen einzurichten, die Verzeichnisse aller bei ihnen vefügbaren Gesundheitsdaten führen. Die Zugangsstellen können diese Gesundheitsdaten von den Dateninhabern anfordern, speichern und Datennutzern zur Verfügung stellen. Der Zugriff auf die Gesundheitsdaten kann bei Ärzten, aber auch bei Versicherungen oder Rechenzentren erfolgen. Zugriffsberechtigt soll jede Person oder Firma sein, die einen relativ komplizierten, ausreichend begründeten Antrag stellen kann. Die “Dateninhaber” (Ärzte, Versicherungen usw.) sollen für die Nutzung “ihrer” Daten Gebühren bekommen.
Der Entwurf gibt vor, dem Einzelnen mehr Kontrolle über die eigenen Daten zu geben, entzieht ihm aber tatsächlich das Recht, über deren Verwendung zu entscheiden. Am Gewinn aus der Nutzung ihrer Gesundheitsdaten werden die Betroffenen nicht beteiligt. Sie werden nicht darüber informiert, wer ihre Daten erhält und haben kein Widerspruchsrecht.
Wesentliches aus dem Verordnungsentwurf
Bemerkenswert ist eine Vielzahl von Ermächtigungen für die EU-Kommission, “delegierte Rechtsakte” zu erlassen. Es gibt im Verordnungsentwurf mindestens zehn davon. Damit können zum Beispiel weitere Pflichten für “Dateninhaber” (Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen) und weitere Befugnisse für “Zugangsstellen” eingeführt werden, die die dortigen Gesundheitsdaten abholen und verteilen sollen. Auflistungen von Rechten und Pflichten von Bürgern und Einrichtungen, die im Verordnungsentwurf stehen, soll die Kommission mit solchen delegierten Rechtsakten später alleine ändern können. Die Ermächtigungen sind so weit gefasst, dass die Kommission damit den Text der Verordnung weitgehend neu definieren könnte.
Nach Art. 3 soll es ein “Recht natürlicher Personen” geben, “sofort, kostenlos und in einem leicht lesbaren gängigen und zugänglichen Format” auf die eigenen Gesundheitsdaten zuzugreifen und diese in einem standardisierten elektronischen Austauschformat zu erhalten. Die Veränderung gegenüber der bestehenden, entsprechenden Regelung aus der DSGVO (Art. 15 (3)) besteht im “Recht” auf sofortigen, d.h. Online-Zugriff. Die Mitgliedsstaaten müssen folglich Zugangsdienste für elektronische Gesundheitsdaten, und Proxy-Dienste einrichten, über die Patienten und ihre Vertreter diesen sofortigen Zugriff bekommen.
Nach Art. 4 müssen alle Ärzte der EU den Zugriff auf sämtliche Gesundheitsdaten der Personen bekommen, die sie behandeln, egal in welchen Mitgliedsstaat der EU diese gespeichert sind. Eine Möglichkeit der Patienten, den Zugriff z.B. eines Orthopäden auf die Aufzeichnungen der Psychotherapeutin zu verhindern, ist nicht vorgesehen. Vielmehr soll lediglich die Möglichkeit bestehen, ihre sämtlichen Gesundheitsdaten für bestimmte einzelne Behandler komplett zu sperren. In Notfällen dürfen diese aber trotzdem zugreifen.
Art. 7 sieht vor, dass alle Patienten elektronische Patientenakten (EPA) erhalten müssen und ihre Behandlungsdaten darin gespeichert werden müssen. Die derzeitige Rechtslage in Deutschland ist, dass die Betroffenen dem zustimmen müssen (opt-in). Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht stattdessen die grundsätzliche Anlage von Patienakten für alle Einwohner mit der Möglichkeit zum Widerspruch vor (opt-out). Der Verordnungsentwurf zum Europäischen Gesundheitsdatenraum schafft hingegen eine EPA-Pflicht für alle.
Die derart etablierten Datensammlungen, auch alle bereits existierenden Gesundheitsdaten-Sammlungen bei Krankenkassen, Privatversicherungen oder sonstigen “Dateninhabern”, sollen zur “Sekundärnutzung” freigegeben werden.
Art. 33 enthält eine Aufzählung, welche Daten zur Sekundärnutzung freigegeben sind, dazu gehören elektronische Patientenakten und “gesundheitsbezogene Verwaltungsdaten, einschließlich Daten zu Forderungen und Erstattungen”. Das bedeutet: Auch die deutschen Privatpatienten werden nicht mehr verschont. Die Versicherungen müssen auch ihre Abrechnungsdaten herausgeben.
Art. 34 listet auf, zu welchen Zwecken elektronische Gesundheitsdaten zur Sekundärnutzung verarbeitet werden dürfen. Dazu gehören “Überwachung der öffentlichen Gesundheit” und “Wissenschaftliche Forschung im Bereich des Gesundheits- und Pflegesektors”, “Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten für Produkte und Dienste, die zur öffentlichen Gesundheit oder sozialen Sicherheit beitragen”, sowie “Training, Erprobung und Bewertung von Algorithmen auch in Medizinprodukten, KI-Systemen und digitalen Gesundheitsanwendungen, die (…) hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Gesundheitsversorgung, Arzneimittel und Medizinprodukte gewährleisten”.
Der Fantasie sind also kaum Grenzen gesetzt. Einen Antrag auf Datenzugang kann nach Art. 45 “jede natürliche oder juristische Person” stellen.
Laut Art. 42 erhalten die “Dateninhaber” (Ärzte, Krankenhäuser, Versicherungen usw.) und auch die Zugangsstellen Gebühren für die Sekundärnutzung “ihrer” Daten.
Eine Vermarktung der Gesundheitsdaten ist gewollt. Eine Beteiligung der betroffenen Patienten am Erlös aus dieser Vermarktung ist nicht gewollt.
Nach Art. 44 werden diejenigen Daten zugänglich gemacht, “die für den Zweck der Verarbeitung relevant sind, den der Datennutzer im Datenzugangsantrag angegeben hat”. Wenn der Zweck z.B. Training von KI-Anwendungen ist, oder neue Präventionsprogramme, dann können Millionen Menschen von so einer Weitergabe ihrer Daten betroffen sein.
Grundsätzlich sollen die Daten “in einem anonymisierten Format” herausgegeben werden (Art. 44 Abs. 2). Art. 44 Abs. 3 besagt jedoch wörtlich: “Kann der Zweck der Verarbeitung durch den Datennutzer unter Berücksichtigung der vom Datennutzer angegebenen Informationen nicht mit anonymisierten Daten erreicht werden, gewähren die Zugangsstellen für Gesundheitsdaten den Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten in einem pseudonymisierten Format.” Definitionen, was ein “anonymisiertes Format” oder ein “pseudonymisiertes Format” sind, fehlen.
Stellungnahme
Die Pflicht, Patientendaten zum Online-Zugriff bereitzuhalten und diese in elektronischen Patientenakten zu speichern, ist abzulehnen, denn hierdurch würden hochsensible Daten massiv gefährdet. Schon jetzt gehen wöchentlich Meldungen durch die Medien, wonach große Menge von Gesundheitsdaten aus Krankenhäusern oder Privatversicherungen gestohlen oder versehentlich veröffentlicht wurden. Jede Massensammlung von Gesundheitsdaten stellt ein hohes Risiko dar, weil ihr Netto-Wert alle Arten von kriminellen Aktivitäten anzieht.
Zudem enthält der Verordnungsentwurf keine Aussagen darüber, dass die Zugangsstellen oder die Dateninhaber ihre Daten innerhalb der EU speichern müssen. Es ist daher denkbar, dass sie ihre Datenverarbeitung an US-Cloud-Anbieter auslagern.
Grundsätzlich sollten Informationen aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis nicht an dritte Personen oder Stellen weitergegeben werden, ohne Zustimmung der Betroffenen in jedem Einzelfall. Die Weitergabe zu Abrechnungszwecken an Krankenkassen und Versicherungen sollte so restriktiv wie möglich gestaltet werden, sie darf nicht zum Einfallstor für den Datenhandel mit Patientenakten werden. Das ist erforderlich, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und die grundrechtlich garantierte Privatsphäre der Betroffenen zu schützen. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass Daten bei Rechtsanwälten erheblich besser geschützt sind, als solche bei Ärzten.
Die Vorschriften zur technischen Datensicherheit bei der Primären und Sekundären Datennutzung sind unzureichend. Vorschriften zur Entschädigung im Fall der Preisgabe von Gesundheitsdaten fehlen völlig. Bei derart weitreichenden Nutzungsrechten wäre eine verschuldensunabhängige Haftung zwingend, so dass die Betroffenen bei jeder Verletzung der Vertraulichkeit ihrer Daten eine volle Entschädigung erhalten. Umsetzen ließe sich dies durch einen Entschädigungsfonds, wie es ihn schon für Pauschalreisen oder Bank-Guthaben gibt. In diesen müssten alle Datennutzer einzahlen.
Laut Art. 168 Abs. 7 des “Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union” (AEUV) liegt “die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung” im alleinigen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten. Die Vorschriften zur Primären und Sekundären Datennutzung im Entwurf der EU-Verordnung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum greifen erheblich in die Verwaltung des Gesundheitswesens ein. Diese ist Aufgabe der Mitgliedsstaaten, nicht der EU-Organe.
Einzig die europaweite Normierung von Gesundheitsdaten und ihr grenzüberschreitender Austausch könnten durch eine EU-Verordnung geregelt werden.
Mit den Vorschriften zur Primären und Sekundären Datennutzung überschreitet die EU-Kommission ihren Kompetenzbereich. Wir fordern alle Beteiligten auf, die betreffenden Teile aus dem Verordnungsentwurf zu entfernen.
Der Verordnungsentwurf zielt auch darauf ab, Gesundheitsdaten wirtschaftlich nutzbar zu machen. Damit tritt die EU in Wettstreit mit Ländern wie China, das bei der Veröffentlichung von Gesundheits-Massendaten seiner Bürger seit 2017 weltweit führend ist.
Einen solchen Konkurrenzkampf kann die EU aufgrund der unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen nur verlieren, dabei aber eine Abwärtsspirale in Gang setzen, wenn Länder versuchen, sich bei Datenschutz für ihre Bürger gegenseitig zu unterbieten. Stattdessen sollte sich die EU auf ihre Stärken besinnen und garantierte Grundrechte und verlässliche, hohe Datenschutzstandards im internationalen Wettbewerb als Vorteil nutzen.
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https://norberthaering.de/macht-kontrolle/raum-fuer-gesundheitsdaten/
@“Beeinflussung…: Ich wiederhole meine Bitte derart lange Artikel zusammenzufassen.
Hat unser kleiner Nachwuchs-Diktator Brussig eine Mission?
Oder doch eher einen Auftrag?
Wissenschaftlicher Evidenz folgend sind die mRNA-Injektionen mit der Entstehung von u.a. zahlreichen entzündlichen Erkrankungen in Verbindung zu bringen. Es liegen inzwischen insgesamt über 1000 peer-review Studien vor, die sich mit Nebenwirkungen diesbezüglich auseinandersetzen. Eine solche quantitative Anhäufung kann oder besser muss als absolut einmalig in der Medizingeschichte bezeichnet werden!
Hier nur auszugsweise einige der entzündlichen Erkrankungen (Fallbeispiele, Studien), deren Entstehung nachweislich mit den mRNA-Injektionen in Verbindung gebracht werden kann. Es liesen sich dazu jedoch noch zahlreiche andere nachweislich impfinduzierte Krankheitsbilder anführen, die aufgrund ihrer vorhandenen Symptomatiken ebenfalls massive Entzündungszustände hervorufen können.
https://archive.ph/uOs7P#selection-839.0–847.362
Offene Diktatur in Berlin:
"Klopf Klopf Klopf"
➡️@polizeiberlin_e
^tsm
—Polizei Berlin (@polizeiberlin) November 30, 2022 …"
"Klopf-Klopf …" hatte zwischen 1933 bis 1945 die SA bei ihnen und dem "System" missliebigen und unbeliebten Menschen gemacht. Die Berliner Polizei auf den Pfaden der SA?
https://reitschuster.de/post/klopf-klopf-klopf-wie-berlins-polizei-angst-schuert/
Jawoll, a bisserl Diktatur, denn es war ja auch nicht alles schlecht damals!
"…kehren wir zurück zur geliebten Normalität."
Absoluter Schwachsinn!!!
Nach all der Panikmache, dem Testwahn etc. einfach wieder "funktionieren" wie vorher?
Kinder & Jugendliche sehen ihre Mitmenschen als Gefährder oder Infektionsüberbringer bzw. Seuchenschleuder.
Viele schieben sich die giftigen Tests bei jedem Husten/Niesen in den Rüssel.
Wenn sie im Winter einkaufen oder sich sonstwie unter Leute begeben, ziehen sie "lieber mal" die Filtertüte ins Gesicht.
Und die sollen dann einfach zurück in den Normalmodus anno 2019?
Ich bin überzeugt, daß dies bei sehr vielen zu Lebzeiten nicht klappen wird, selbst wenn solch ein Theater nie mehr abgezogen würde.
Das sitzt zu tief!
Hier ein paar Folgen der gewagten Diktatur in "der Wissenschaft".
"Hexenjagd auf kritischen Professor: Arbeitsrecht, Meinungsfreiheit und Rechtstaat auf dem Prüfstand
1. Dezember 2022 von Prof. Dr. Stephan Sander-Faes"
https://tkp.at/2022/12/01/hexenjagd-auf-kritischen-professor-arbeitsrecht-meinungsfreiheit-und-rechtstaat-auf-dem-pruefstand/