Das Infektionsschutzgesetz sieht vor, daß Ansteckungsverdächtige, die der Quarantäne-Anordnung nicht nachkommen, zwangsweise in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses oder einer anderen geeigneten Einrichtung "abgesondert" werden können. Das ist sicher eine geeignete Maßnahme, um eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu verhindern. Allerdings sind von diesen Maßnahmen Menschen sehr unterschiedlich betroffen.
Eine Zielgruppe, die es besonders hart trifft, sind Geflüchtete. Der Flüchtlingsrat Brandenburg informierte gestern:
"Geflüchtete Menschen sind in Gemeinschaftsunterkünften, in denen sie sich Zimmer, Küche und Bad mit anderen teilen müssen, einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Eine Zwangsquarantäne von ganzen Stockwerken oder gesamten Unterkünften… wird hier billigend in Kauf genommen – inklusive der negativen sozialen und emotionalen Folgen, die das für die Menschen hat. Als Flüchtlingsrat beobachten wir eine sehr große Verunsicherung bei allen Geflüchteten, deren Unterkunft unter Quarantäne gestellt wird. Eine Informationsvermittlung, die Unsicherheit und Angst nehmen könnte, findet viel zu wenig statt. Häufig liegen zunächst keine schriftlichen Bescheide vom Gesundheitsamt vor, es mangelt an mehrsprachiger Übersetzung der Quarantäne-Informationen, für ihre Sorgen finden Geflüchtete keine Ansprechpartner_innen, eine Kommunikation auf Augenhöhe gibt es selten…
Eine Missachtung der Quarantäneanordnung hängt häufig auch mit dieser verfehlten Informations- und Aufklärungspolitik zusammen…
Darüber hinaus ist das Problem in weiten Teilen hausgemacht: Würden die Landkreise Geflüchtete dezentral in kleineren Wohneinheiten unterbringen, müssten sie auch nicht ganze Großunterkünfte unter Quarantäne stellen."
Darüber schreibt heute auch die junge Welt.
Bereits Mitte April hatte die taz berichtet, daß in NRW infizierte Flüchtlinge in der Abschiebehaftanstalt Büren interniert werden. Die Zeitung zitiert einen Flüchtlingshelfer:
'Eigentlich würden Menschen in vergleichbaren Fällen aus Seuchenschutzgründen in speziellen Krankenhäusern untergebracht. „Warum bei geflüchteten Menschen dieser Sonderweg eingeschlagen wird, bleibt offen“, so Gockel.
Die Haftanstalt in Büren sei für Quarantäne „überhaupt nicht geeignet“, sagte Gockel weiter. Weder gebe es ausreichend qualifiziertes medizinisches Personal noch sei das übrige Personal entsprechend geschult worden. Problematisch sei die Infektionsgefährdung der regulären Abschiebehäftlinge.
Gockel kritisierte die „Ausgangssituation“ dieser Fälle von Quarantäne-Haft. „Geflüchtete müssen weiterhin dicht an dicht in Lagern leben, statt sie in dezentrale Unterkünfte zu evakuieren.“ Es werde offenbar ein höheres Ansteckungsrisiko der in den Lagern Lebenden in Kauf genommen, gleichzeitig würden sie bei Verstößen gegen Quarantäne-Auflagen „unverhältnismäßig hart bestraft und in ein Gefängnis gesteckt“.'
Daß es, wenn wirtschaftliche Interessen im Spiel sind, auch andere Spielarten von Quarantäne gibt, schildert apotheke-adhoc.de am 9.4.:
"Wird die Apotheke aufgrund einer Infektion im Team komplett geschlossen, hat dies gravierende wirtschaftliche Folgen. Zwar geben 90 Prozent der Befragten an, dass es in ihrem Kollegenkreis bisher keine Covid-19-Erkrankung gab, dennoch mussten in den vergangenen Wochen bereits mehrere Apotheken aufgrund einer Infektion schließen.
Die gute Nachricht: Gemäß dem RKI ist es im Falle einer Infektion in der Apotheke nicht zwingend notwendig, alle Mitarbeiter unter Quarantäne zu stellen und die Offizin zu schließen. Stattdessen könne der Betrieb und damit die pharmazeutische Versorgung unter gewissen Voraussetzungen aufrechterhalten werden. Dieses Vorgehen stößt bei drei Viertel aller Befragten (75 Prozent) auf Zustimmung. Dabei ist der Zuspruch unter den befragten Inhabern am größten (97 Prozent)."
(Wikipedia weiß: Der Begriff Offizin benennt den Arbeits- und Verkaufsraum einer Apotheke.)
Wie anwalt.de erklärt, gilt eigentlich laut CoronaEinreiseVO eine allgemeine Zwangsquarantäne für die Dauer von zwei Wochen. Danach sind Einreisende
"… verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und diesen Aufenthaltsort für einen Zeitraum von 14 Tagen nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht zu verlassen."
Allerdings gibt es Ausnahmen zuhauf. Die Regelung
"… beinhaltet Generalklauseln, ist „schwammig“ formuliert, und ermöglicht weitreichende Ausnahmen und Gestattungen (in begründeten und infektionsschutzrechtlich vertretbaren Fällen)."
Wie lasch und unterschiedlich die Behörden mit zurückgeholten deutschen "Gestrandeten" verfahren sind, schreibt der Focus:
"Bei bestimmten stark betroffenen Ländern mussten die Piloten vor der Landung den Tower über den Gesundheitszustand ihrer Passagiere informieren. Reisende sollten Aussteigekarten mit Kontaktdaten und Aufenthaltsort ausfüllen. Reisende aus Risikogebieten, die zeitweise nur Teile eines Landes umfassten, wurden allerdings nicht grundsätzlich anders behandelt.
Das Vorgehen unterscheidet sich aber bislang bisher von Bundesland zu Bundesland: Am Flughafen Düsseldorf werden ankommende Passagiere im Terminal auf Plakataushängen und Monitoren über Verhaltensweisen und Hygieneempfehlungen informiert. Am Münchener Flughafen werden nach Angaben einer Sprecherin des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) grundsätzlich alle Rückkehrer per Informationsblatt des Bundesgesundheitsministeriums gebeten, sich 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben. Die Berliner Polizei informierte via Twitter, Ankommende aus dem Ausland würden angesprochen und auf die Notwendigkeit einer 14-tägigen Quarantäne hingewiesen."
Kurzer Prozess wurde im April dagegen Mit Saisonarbeitern gemacht:
"70 meist rumänische Bewohner in zwei Mehrfamilienhäusern in Hagen werden nun rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Dort sind 3 Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Viele Bewohner hielten sich aber offenbar nicht an die Quarantäne-Regeln… Bis 1. Mai werden die Häuser überwacht." Link
Ist das das gleiche LGL, wie jenes, welches bayrischen Abgeordneten vertrauliche Lageberichte erstellt?
https://heiko-frenzel.de/leak-lgl-papiere-widerlegen-corona-pandemie-und-offenbaren-luegen-der-regierung-16348/
Ich habe einen Sohn – er ist mein einziger noch lebender Verwandter, er lebt in Deutschland als praktizierender Arzt in freier Praxis. Ich lebe in Österreich und bin ÖSTERREICHERIN. Klar wollten wir einander sehen – der Preis war halt hoch denn das Prozedere ging so:
Man musste sich beim deutschen Außenamt melden, dass man nach Deutschland wolle, um die Quarantäne kontrollieren können und musste 10 Tage in Quarantäne. Bei der Heimreise wieder nach Österreich dasselbe quasi in lichtblau. Also insgesamt 20 Tage in Quarantäne. Ich habe es unterlassen ihn zu besuchen und er mich halt auch. Wenn man sich selten sieht, wie in diesem Fall, kann das ganz schön schmerzen. Und eine Quarantäne als Alleinstehende ist so lustig nicht. Wer besorgt mir was? Selbst wenn das regelbar wäre. Ich bin halt im 8. Dezennium meines Lebens und habe auch eine Zugehfrau. Aber die darf mir klar nicht helfen wenn ich in Quarantäne bin. Diese Regelungen konnten auch mit einem negativem Test nicht hintangehalten werden.
Und das in einem angeblich grenzenlosen Europa.